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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
8C_438/2018  
 
 
Urteil vom 10. August 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiberin Elmiger-Necipoglu. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich, Zürcherstrasse 8, 8400 Winterthur, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosenentschädigung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 2. Mai 2018 (AL.2017.00038). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ war vom 1. Januar 2004 bis 31. März 2012 als kaufmännischer Leiter und Geschäftsführer bei der Firma B.________ AG angestellt. Am 2. April 2012 beantragte er bei der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich die Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung. Mit Verfügung vom 3. April 2012 verneinte diese den Anspruch mit der Begründung, dass der Versicherte als Liquidator (weiterhin) die Entscheidungen der Firma massgeblich beeinflussen könne und deshalb zum Personenkreis gehöre, der von Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG erfasst werde. Mit Schreiben vom 28. März (recte Juli) 2012 teilte der Versicherte der Arbeitslosenkasse mit, dass die Firma zwischenzeitlich gelöscht worden sei und beantragte erneut Arbeitslosenentschädigung. Am 16. Oktober 2012 befand das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich, dass die Rahmenfrist zum Leistungsbezug ab dem 24. Juli 2012 eröffnet werde, stellte eine Beitragszeit von 20,233 Monate fest und gab A.________ ferner bekannt, dass er einen Anspruch auf höchstens 400 Taggelder habe. Am 18. Dezember 2013 gelangte der Versicherte an die Arbeitslosenkasse und ersuchte um Ausrichtung von 520 Taggeldern. Am 9. Januar 2014 trat das Amt für Wirtschaft und Arbeit zuerst verfügungsweise und am 2. Juni 2014 schliesslich mit Einspracheentscheid auf das Gesuch um Verschiebung der Rahmenfrist für den Leistungsbezug infolge verspäteter Eingabe nicht ein. Die dagegen gerichtete Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 21. Dezember 2015 gut und wies die Angelegenheit an die Arbeitslosenkasse zurück, damit sie das Gesuch vom 18. Dezember 2013 materiell behandle und über die Höhe des Taggeldanspruchs entscheide.  
 
A.b. Ohne vorgängig eine einsprachefähige Verfügung zu erlassen, bestätigte das Amt für Wirtschaft und Arbeit mit Einspracheentscheid vom 9. Mai 2016 den Höchstanspruch von 400 Taggeldern. Eine hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht mit Entscheid vom 25. August 2016 gut und wies die Arbeitslosenkasse an, über den Taggeldanspruch eine Verfügung und hernach gegebenenfalls einen Einspracheentscheid zu erlassen.  
 
A.c. Am 18. Oktober 2016 verfügte das Amt für Wirtschaft und Arbeit, dass dem Versicherten ein Anspruch auf höchstens 400 Taggelder zustehe. Diese Verfügung wurde auf Einsprache hin mit Einspracheentscheid vom 13. Januar 2017 bestätigt.  
 
B.   
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 2. Mai 2018 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________ sinngemäss, der angefochtene Gerichts- sowie Einspracheentscheid seien aufzuheben, und es seien ihm 520 Taggelder auszurichten. 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG).  
 
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzt hat, als es den Anspruch des Beschwerdeführers auf 400 Taggelder bestätigte. 
 
3.   
 
3.1. Für den Leistungsbezug und für die Beitragszeit gelten, sofern das Gesetz nichts anderes vorsieht, zweijährige Rahmenfristen (Art. 9 Abs. 1 AVIG). Die Rahmenfrist für den Leistungsbezug beginnt mit dem ersten Tag, für den sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 9 Abs. 2 AVIG). Die Rahmenfrist für die Beitragszeit beginnt zwei Jahre vor diesem Tag (Art. 9 Abs. 3 AVIG).  
Art. 27 Abs. 1 AVIG sieht vor, dass innerhalb der Rahmenfrist für den Leistungsbezug (Art. 9 Abs. 2 AVIG) sich die Höchstzahl der Taggelder nach dem Alter der Versicherten sowie nach der Beitragszeit (Art. 9 Abs. 3 AVIG) bestimmt. Die versicherte Person hat Anspruch auf höchstens 400 Taggelder, wenn sie eine Beitragszeit von insgesamt 18 Monaten nachweisen kann (Art. 27 Abs. 2 lit. b AVIG); höchstens 520 Taggelder, wenn sie eine Beitragszeit von mindestens 22 Monaten nachweisen kann und dass 55. Altersjahr zurückgelegt hat (Art. 27 Abs. 2 lit. c Ziff. 1 AVIG). 
 
3.2. Gemäss Art. 27 ATSG sind die Versicherungsträger und Durchführungsorgane der einzelnen Sozialversicherungen verpflichtet, im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereiches die interessierten Personen über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären (Abs. 1). Jede Person hat Anspruch auf grundsätzlich unentgeltliche Beratung über ihre Rechte und Pflichten, wobei Art. 27 Abs. 1 ATSG eine allgemeine und permanente Aufklärungspflicht der Versicherungsträger und Durchführungsorgane stipuliert, die nicht erst auf persönliches Verlangen der interessierten Personen zu erfolgen hat (BGE 131 V 372 E. 4.1 S. 477; Urteil [des Eidgenössischen Versicherungsgerichts] C 138/05 vom 3. Juli 2006 E. 3.1 mit Hinweisen, in: ARV 2006 S. 295). Dafür zuständig sind die Versicherungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind. Nach der gleichzeitig mit dem ATSG am 1. Januar 2003 in Kraft gesetzten Ausführungsbestimmung des Artikels 19a AVIV klären die in Art. 76 Abs. 1 lit. a-d AVIG genannten Durchführungsstellen die Versicherten über ihre Rechte und Pflichten auf, insbesondere über das Verfahren der Anmeldung und über die Pflicht, Arbeitslosigkeit zu vermeiden und zu verkürzen (Abs. 1).  
 
3.3. Art. 27 Abs. 2 ATSG beschlägt ein individuelles Recht auf Beratung durch den zuständigen Versicherungsträger. Jede versicherte Person kann vom Versicherungsträger im konkreten Einzelfall eine unentgeltliche Beratung über ihre Rechte und Pflichten verlangen (BGE 131 V 472 E. 4.1 S. 476). Sinn und Zweck der Beratungspflicht ist, die betreffende Person in die Lage zu versetzen, sich so zu verhalten, dass eine den gesetzgeberischen Zielen des jeweiligen Erlasses entsprechende Rechtsfolge eintritt (BGE 131 V 472 E. 4.3 S. 478; Urteile 8C_475/2009 vom 22. Februar 2010 E. 2.1, in: SVR 2010 UV Nr. 28 S. 113, und I 714/06 vom 20. April 2007 E. 4.1, in: SVR 2008 IV Nr. 10 S. 30; ULRICH MEYER, Grundlagen, Begriff und Grenzen der Beratungspflicht der Sozialversicherungsträger nach Art. 27 Abs. 2 ATSG, in: Sozialversicherungsrechtstagung 2006, S. 9 ff., insb. S. 14 u. 25). Das Bundesgericht hat bisher offen gelassen, wo die Grenzen der in Art. 27 Abs. 2 ATSG verankerten Beratungspflicht in generell-abstrakter Weise zu ziehen sind. Es hat jedoch entschieden, dass es auf jeden Fall zum Kern der Beratungspflicht gehört, die versicherte Person darauf aufmerksam zu machen, ihr Verhalten könne eine der Voraussetzungen des Leistungsanspruchs gefährden (BGE 131 V 472 E. 4.3 S. 480, Urteil 8C_332/2011 vom 11. Oktober 2011 E. 5.1.1 f.).  
 
3.4. Eine ungenügende oder fehlende Wahrnehmung der Beratungspflicht nach Art. 27 Abs. 2 ATSG kommt gemäss konstanter (BGE 124 V 215 E. 2b/aa S. 221; 112 V 115 E. 3b S. 120; Urteil 8C_383/2010 vom 28. September 2010 E. 5.1.3 mit diversen Hinweisen) und unter der Herrschaft des ATSG weitergeltender Rechtsprechung (BGE 131 V 472 E. 5 S. 481) einer falsch erteilten Auskunft des Versicherungsträgers gleich. Dieser hat in Nachachtung des Vertrauensprinzips hierfür einzustehen, sofern sämtliche Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutzes erfüllt sind (BGE 143 V 341 E. 5.2.1; Urteile 8C_332/2011 vom 11. Oktober 2011 E. 5.1.3 und 8C_383/2010 vom 28. September 2010 E. 5.1.3).  
 
4.  
 
4.1. Das kantonale Gericht kam zum Schluss, dass der Beschwerdeführer in der massgebenden Rahmenfrist vom 24. Juli 2010 bis 23. Juli 2012 für die vom 24. Juli 2010 bis 31. März 2012 ausgeübte Tätigkeit bei der Firma B.________ AG eine Beitragzeit von 20,333 Monaten aufweise, was in Anwendung von Art. 27 Abs. 2 lit. b AVIG einen Höchstanspruch von 400 Taggeldern innerhalb der Rahmenfrist für den Leistungsbezug ergebe (Art. 9 Abs. 2 AVIG). Der Beschwerdeführer geht demgegenüber davon aus, dass er sämtliche Voraussetzungen erfülle, um Anspruch auf 520 Taggelder zu haben.  
 
4.2. Letzterem ist insofern beizupflichten, als er mit Jahrgang 1955 bereits im Jahre 2010 das gesetzliche Minimalalter erreicht hatte (55. Altersjahr, Art. 27 Abs. 2 lit. c Ziff.1 AVIG). Allerdings muss gemäss Art. 27 Abs. 2 lit. c AVIG kumulativ dazu eine Beitragszeit von mindestens 22 Monaten nachgewiesen werden, was vorliegend gerade nicht zutrifft, wenn mit der Vorinstanz die massgebende Rahmenfrist für die Beitragszeit auf den Zeitraum vom 24. Juli 2010 bis 23. Juli 2012 festgesetzt wird. Unbestrittenermassen ging der Beschwerdeführer seit der Beendigung seines Angestelltenverhältnisses bei der Firma B.________ AG am 31. März 2012 bis zur Löschung derselben keiner beitragspflichtigen Tätigkeit nach, sodass während dieser Zeit Beitragslücken entstanden sind.  
 
5.   
 
5.1. Der Beschwerdeführer bestreitet hauptsächlich die von der Verwaltung festgelegte Rahmenfrist vom 24. Juli 2010 bis 23. Juli 2012 und vertritt - zumindest implizit - die Meinung, dass ihm die Rahmenfrist bereits ab der Erstanmeldung per 1. April 2012 hätte eröffnet werden sollen. Die Rahmenfrist für die Beitragszeit sei entsprechend vom 1. April 2010 bis 31. März 2012 festzusetzen, womit 24 Beitragsmonate resultieren würden. Damit ergäbe sich ein Anspruch auf die Höchstzahl von 520 Taggeldern (Art. 27 Abs. 2 lit. c AVIG). Die Verfügung vom 3. April 2012, worin ein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab 1. April 2012 wegen arbeitgeberähnlicher Stellung verneint wurde, sei entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen infolge Verletzung der Informationspflicht durch die Verwaltung (Art. 27 Abs. 2 ATSG) nicht in Rechtskraft erwachsen.  
 
5.2. Die Vorinstanz hat dazu erwogen, dass der Beschwerdeführer mit der Rüge der Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflicht nicht durchdringe. Wie es sich damit verhält, kann offen bleiben. Denn spätestens am 16. Oktober 2012, als die Verwaltung dem Beschwerdeführer mitteilte, dass die Rahmenfrist ab Löschung der Firma eröffnet werde, die Beitragszeit sich dadurch auf 20,233 Monate reduziere, und sich demnach ein Anspruch auf 400 Taggelder ergebe, hätte dieser die Tragweite der Verfügung vom 3. April 2012 erkennen und entsprechend handeln bzw. Einsprache erheben müssen. Doch selbst wenn in Nachachtung des Vertrauensprinzips der 16. Oktober 2012 als fristauslösendes Datum für die Rechtsmittelfrist bestimmt werden würde, wäre das mit 18. Dezember 2013 datierte Schreiben des Versicherten, in welchem er kundtut, dass er mit der Berechnung der Beitragszeit nicht einverstanden ist, offensichtlich verspätet. Damit wäre selbst dann, wenn mit dem Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 27 Abs. 2 ATSG durch die Verwaltung bejaht würde, die Verfügung vom 3. April 2012 in Rechtskraft erwachsen.  
 
5.3. Wie die Vorinstanz im Übrigen zutreffend erwogen hat, liegen unbestrittenermassen auch keine Umstände vor, die eine Revision oder eine Wiedererwägung (Art. 53 ATSG) der Verfügung vom 3. April 2012 rechtfertigen würden. In diesem Zusammenhang prüfte die Vorinstanz denn auch die vom Beschwerdeführer eingereichten Unterlagen betreffend seiner Tätigkeit als Liquidator. Unerheblich ist, entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung, wann genau er diese eingereicht hat. Fest steht, dass dies nach Eintritt der Rechtskraft der Verfügung vom 3. April 2012 erfolgte.  
 
5.4. Hat die Vorinstanz demnach kein Bundesrecht verletzt, als sie von der Rechtskraft der Verfügung vom 3. April 2012 ausging, so hat sie die Rahmenfrist für die Beitragszeit zu Recht auf den 24. Juli 2010 bis 23. Juli 2012 festgelegt, wodurch sich in Anwendung von Art. 27 Abs. 2 lit. b AVIG ein Höchstanspruch auf 400 Taggelder innerhalb der Rahmenfrist für den Leistungsbezug ergibt. Die Beschwerde ist somit abzuweisen.  
 
6.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der unterliegende Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 10. August 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Elmiger-Necipoglu