Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_781/2022
Urteil vom 11. Januar 2024
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
Bundesrichter von Werdt, Bovey,
Gerichtsschreiber Zingg.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Betreibungsamt Appenzeller Vorderland,
1. B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Dieter Aebi,
2. Schweizerische Eidgenossenschaft,
vertreten durch das Departement Bau und Volks-wirtschaft des Kantons Appenzell Ausserrhoden, Kasernenstrasse 17a, 9102 Herisau,
dieses vertreten durch Rechtsanwalt Felix Ludwig,
3. C.________ AG,
4. D.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Heinrich Eggenberger.
Gegenstand
Sistierung eines Beschwerdeverfahrens betreffend Zuschläge in einer Grundstücksteigerung (Grundpfandverwertung),
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden, Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs, vom 13. September 2022 (AB 21 8).
Sachverhalt:
A.
Das Grundstück Nr. xxx in U.________ ist am 18. Juli 2008 in 23 Stockwerkeinheiten (aaa bis www) unterteilt worden. Die C.________ AG ist Eigentümerin von neun Stockwerkeinheiten. Diese sind seit dem 18. Juli 2008 mit Inhaberschuldbriefen belastet, die der B.________ AG als Sicherheit für einen Kredit an die Eigentümerin dienen. Die D.________ AG ist Eigentümerin des Grundstücks Nr. yyy in U.________, zu dessen Gunsten und zu Lasten des Stammgrundstücks Nr. xxx am 21. Juli 2010 zwei Dienstbarkeiten errichtet wurden. Sie umfassen ein Benützungsrecht an zehn oberirdischen Parkplätzen und an 24 Parkplätzen in der Tiefgarage.
B.
Auf Ersuchen der B.________ AG führt das Betreibungsamt Appenzeller Vorderland ein Grundpfandverwertungsverfahren gegen die C.________ AG durch. Die Versteigerung der neun Stockwerkeinheiten wurde vom Betreibungsamt auf den 25. November 2019 angesetzt. Am 25. Oktober 2019 erstellte es die Lastenverzeichnisse und stellte diese den Beteiligten zu. Die Bestreitungsfrist verlief unbenutzt. Am gleichen Tag ordnete das Betreibungsamt in den Steigerungsbedingungen den doppelten Aufruf der neun Stockwerkeinheiten an. Auf die von der D.________ AG dagegen erhobene Beschwerde trat das Obergericht Appenzell Ausserrhoden nicht ein (Verfahren Nr. AB 19 6). Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Am 22. Juni 2021 führte das Betreibungsamt die Grundstücksteigerung durch.
C.
Gegen die Steigerung erhob die D.________ AG mit Eingabe vom 2. Juli 2021 Beschwerde beim Obergericht Appenzell Ausserrhoden. Sie beantragte, die Zuschläge an die B.________ AG und an A.________ aufzuheben und den Vollzug mit Eigentumsübertragung und Löschung zweier zu Gunsten des Grundstücks Nr. yyy und zulasten des Grundstücks Nr. xxx im Grundbuch U.________ eingetragenen Dienstbarkeiten bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils über die von der D.________ AG angekündigte Zivilklage auszusetzen. Gleichzeitig verlangte sie den Ausstand der am Verfahren AB 19 6 beteiligten Personen und ersuchte um aufschiebende Wirkung.
Mit Verfügung vom 22. Juli 2021 trat das Obergericht auf das Gesuch um aufschiebende Wirkung nicht ein. Mit Zirkular-Beschlüssen vom 4. April 2022 hiess es die Ausstandsbegehren gut.
Mit Eingabe vom 21. Juli 2022 reichte die D.________ AG die vom Obergericht angeforderte zivilrechtliche Klageschrift ein. Zudem hielt sie am Sistierungsgesuch fest.
Die B.________ AG widersetzte sich mit Stellungnahme vom 2. August 2022 dem Sistierungsgesuch. Die übrigen Verfahrensbeteiligten verzichteten stillschweigend auf eine Vernehmlassung zum Sistierungsantrag.
Mit Verfügung vom 13. September 2022 sistierte das Obergericht das Beschwerdeverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des mit Klage vom 29. März 2022 angehobenen Zivilverfahrens.
D.
Gegen diese Verfügung hat A.________ (Beschwerdeführer) am 10. Oktober 2022 Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Er führt die Beschwerde in eigenem Namen und im Namen von nicht näher bezeichneten Stockwerkeigentümern bzw. einer Stockwerkeigentümergemeinschaft. Er beantragt, dass die Sistierung aufgehoben und über die Beschwerde vom 2. Juli 2021 entschieden wird.
Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen und Vernehmlassungen eingeholt. Das Obergericht hat mit Eingaben vom 19. Oktober und 8. Dezember 2022 auf Gegenbemerkungen verzichtet und auf die angefochtene Verfügung verwiesen. Die D.________ AG hat mit Beschwerdeantwort vom 16. Januar 2023 beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie einzutreten sei. Die übrigen Beteiligten (Betreibungsamt Appenzeller Vorderland, B.________ AG, Schweizerische Eidgenossenschaft und C.________ AG) haben sich nicht vernehmen lassen. Die eingegangenen Eingaben sind dem Beschwerdeführer zugestellt worden. Der Beschwerdeführer hat am 27. Januar 2023 repliziert. Die Replik ist den Beteiligten zugestellt worden. Weitere Eingaben sind nicht eingegangen.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob eine bei ihm eingereichte Beschwerde zulässig ist (BGE 145 I 121 E. 1; 143 III 140 E. 1; 141 III 395 E. 2.1).
1.1. Gegen den angefochtenen Entscheid steht die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich zur Verfügung (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c, Art. 75 BGG ). Die Rechtsmittelbelehrung gibt die Beschwerdefrist fälschlich mit dreissig statt mit zehn Tagen an (Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG). Der Beschwerdeführer hat die angefochtene Verfügung am 14. September 2022 in Empfang genommen, womit die am 10. Oktober 2022 der Post übergebene Beschwerde an sich verspätet wäre. Da dem nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer aus der mangelhaften Eröffnung keine Nachteile erwachsen dürfen (Art. 49 BGG; BGE 135 III 374 E. 1.2.2), ist die Beschwerde dennoch als rechtzeitig zu erachten.
1.2. Angefochten ist die Sistierung des Beschwerdeverfahrens vor Obergericht. Es handelt sich dabei um einen Zwischenentscheid, gegen den die Beschwerde - von hier nicht gegebenen Spezialfällen abgesehen (Art. 92 BGG) - grundsätzlich nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. a oder b BGG zulässig ist. Vorliegend fällt einzig die Variante von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG in Betracht. Die Beschwerde ist damit nur zulässig, wenn der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Es obliegt der beschwerdeführenden Partei darzutun, dass die Voraussetzungen gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG erfüllt sind, es sei denn, deren Vorliegen springe geradezu in die Augen (BGE 141 III 80 E. 1.2 mit Hinweis).
Das Bundesgericht verzichtet allerdings auf das Erfordernis eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils, wenn die beschwerdeführende Partei darlegt, dass die Sistierungsverfügung das Beschleunigungsgebot (Art. 29 Abs. 1 BV) verletzt (BGE 143 III 416 E. 1.4; 138 III 190 E. 6). Der Beschwerdeführer macht unter anderem geltend, die Bearbeitungszeit werde beträchtlich verlängert und die Sistierung widerspreche jeglicher Prozessökonomie und dem Beschleunigungsgebot. Ob seine Ausführungen den Begründungsanforderungen genügen (vgl. BGE 143 III 416 E. 1.4; 138 III 190 E. 6), kann angesichts des Nachfolgenden (unten E. 1.3) jedoch offenbleiben. Desgleichen braucht auch nicht geprüft zu werden, ob er einen Nachteil nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG darlegt. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass entgegen den missverständlichen Ausführungen in der Rechtsmittelbelehrung das Fehlen der Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG nicht zur Zulässigkeit der subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) führen würde. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde fällt gegen Entscheide der Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen ohnehin ausser Betracht (Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG) und zudem gilt Art. 93 BGG auch für die Verfassungsbeschwerde (Art. 117 BGG).
1.3. Nach Art. 76 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in Zivilsachen berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. b).
1.3.1. Gemäss den vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen hat der Beschwerdeführer zum Sistierungsgesuch der D.________ AG keine Stellung genommen. Diese Feststellung ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer bestreitet diese Feststellung nicht und er macht auch nicht geltend, er sei nicht zur Stellungnahme eingeladen worden. Der Beschwerdeführer stellte damit vor Obergericht keine Anträge im Sistierungspunkt, mit denen er hätte unterliegen können. Wer vor der Vorinstanz des Bundesgerichts keine Anträge gestellt hat, ist nicht zur Beschwerde berechtigt (BGE 133 III 421 E. 1.1; Urteile 5A_1036/2017 vom 23. März 2018 E. 1.2.2; 5D_14/2020 vom 28. Oktober 2020 E. 4.3.2). Der Beschwerdeführer legt nicht dar, dass sein Schweigen vor Obergericht nicht als stillschweigender Verzicht auf Stellungnahme zum Sistierungsgesuch und auf entsprechende Anträge aufgefasst werden dürfte und müsste, sondern dass er bloss säumig war (vgl. Urteil 4A_629/2017 vom 17. Juli 2018 E. 1, nicht publ. in: BGE 144 III 394; Urteil 5A_159/2014 vom 22. Januar 2015 E. 1.2). Er ist demnach nicht zur Beschwerde berechtigt.
1.3.2. Der Beschwerdeführer erhebt die Beschwerde nicht nur in eigenem Namen, sondern auch für nicht näher genannte Stockwerkeigentümer (Beschwerde) bzw. eine ebenfalls nicht näher bezeichnete Stockwerkeigentümergemeinschaft (Replik). Er macht geltend, er sei an der Stockwerkeigentümerversammlung vom 5. August 2022 als Rechtsvertreter der Stockwerkeigentümer bestimmt worden.
Am obergerichtlichen Verfahren sind - abgesehen von den Ersteigerern (oben lit. C) - weder einzelne Stockwerkeigentümer noch eine Stockwerkeigentümergemeinschaft (Art. 712l Abs. 2 ZGB) beteiligt. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern weitere Stockwerkeigentümer oder die Stockwerkeigentümergemeinschaft keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten haben sollten. Gemäss den Angaben des Beschwerdeführers ist er am 5. August 2022 als "Rechtsvertreter" bestimmt worden. Damit hätte er noch vor Erlass der Sistierungsverfügung um Beteiligung am obergerichtlichen Verfahren ersuchen können. Nach seinen Ausführungen in der Replik ist die Stockwerkeigentümergemeinschaft Partei des parallelen Zivilverfahrens. Dieser Umstand hätte erst recht Anlass gegeben, auch im nunmehr sistierten Beschwerdeverfahren um Beteiligung zu ersuchen. Die Beschwerde der Stockwerkeigentümer oder der Stockwerkeigentümergemeinschaft scheitert demnach an den Voraussetzungen von Art. 76 Abs. 1 lit. a BGG. Da der Beschwerdeführer die von ihm angeblich vertretenen Stockwerkeigentümer oder die angeblich vertretene Stockwerkeigentümergemeinschaft nicht genau bezeichnet, ist darauf zu verzichten, diese formell als Verfahrensbeteiligte aufzuführen und ihr bzw. ihnen das vorliegende Urteil separat zu eröffnen. Damit erübrigt sich eine Aufforderung zur Behebung allfälliger Mängel (Art. 42 Abs. 5 BGG).
1.4. Auf die Beschwerde kann damit insgesamt nicht eingetreten werden.
2.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat die D.________ AG angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Der Beschwerdeführer hat die D.________ AG mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden, Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs, mitgeteilt.
Lausanne, 11. Januar 2024
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Herrmann
Der Gerichtsschreiber: Zingg