Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_160/2021
Urteil vom 11. März 2022
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter von Werdt, Schöbi,
Gerichtsschreiber Dürst.
Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Hermann Just,
Beschwerdeführerin,
gegen
1. B.B.________,
2. C.B.________,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Claudio Allenspach,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Provisorische Rechtsöffnung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts von Graubünden, Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, vom 16. Februar 2021 (KSK 18 28).
Sachverhalt:
A.
A.a. Mit Kaufvertrag vom 27. August 2010 kauften B.B.________ und C.B.________ von der A.________ AG das Grundstück Nr. xxx in U.________. Mit Nachtrag zum Kaufvertrag vom 12. August 2011 vereinbarten die Parteien unter anderem eine Höherbaubeschränkung zu Gunsten des Grundstücks Nr. xxx und zu Lasten der Grundstücke Nr. yyy und zzz, die beide zu diesem Zeitpunkt noch im Eigentum der A.________ AG standen.
A.b. Am 1. bzw. 2. Mai 2013 schlossen die Parteien eine weitere Vereinbarung. Darin enthalten sind folgende Klauseln:
" 5. A.________ AG verpflichtet sich, die Grundbuchanmeldung serklärung betreffend den Nachtrag zum Kaufvertrag vom 12. August 2011 zu unter zeichnen und diesen den Eheleuten B.________ auszuhändigen, sobald folgende Voraussetzungen seitens den Eheleuten B.________ erfüllt sind.
a. Eintragung Dienstbarkeit gemäss Ziff. 3 hiervor in das Grundbuch U.________
b. Unterzeichnung der definitiven Mehr/Minderkostenabrechnung
c. Vollständige Bezahlung Kaufpreis und sowie der Mehr-/Minderkosten
6. A.________ AG leistet den Eheleuten B.________ eine Konventionalstrafe für den Fall, dass die Grundstücke Nr. yyy und Nr. zzz im Grundbuch U.________ verkauft werden, bevor die Höherbaubeschränkung gemäss Nachtrag zum Kaufvertrag vom 12. August 2011 auf diesen Grundstücken eingetragen worden ist. Die Konventionalstrafe beträgt pro zu belastendes Grundstück Fr. 50'000.--. Die Geltendmachung weiteren Schadens bleibt vorbehalten. "
A.c. Mit Zahlungsbefehl vom 18. Januar 2018 leiteten B.B.________ und C.B.________ gegen die A.________ AG Betreibung für den Betrag von Fr. 50'000.-- zzgl. Zins von 5% seit 12. September 2017 ein. Die A.________ AG erhob Rechtsvorschlag.
B.
Am 29. Januar 2018 ersuchten B.B.________ und C.B.________ das Regionalgericht Imboden für die besagte Betreibungsforderung um provisorische Rechtsöffnung. Mit Entscheid vom 19. März 2018 wies das Regionalgericht das Rechtsöffnungsgesuch ab. Dagegen gelangten B.B.________ und C.B.________ mit Beschwerde vom 27. April 2018 an das Kantonsgericht von Graubünden. Das Kantonsgericht hiess mit Entscheid vom 16. Februar 2021 die Beschwerde gut, hob den erstinstanzlichen Entscheid auf und erteilte die provisorische Rechtsöffnung für Fr. 50'000.-- zuzüglich Zins.
C.
Mit Beschwerdeeingaben vom 26. Februar 2021 und 22. März 2021 wendet sich die A.________ AG (Beschwerdeführerin) an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des Entscheids des Kantonsgericht von Graubünden vom 16. Februar 2021 sowie die Abweisung des Rechtsöffnungsgesuchs. Eventualiter verlangt sie die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht.
Mit Verfügung vom 1. März 2021 erkannte das Bundesgericht der Beschwerde superprovisorisch die aufschiebende Wirkung zu; nach Anhörung von B.B.________ und C.B.________ (Beschwerdegegner) bestätigte das präsidierende Mitglied der II. zivilrechtlichen Abteilung diese Anordnung (Verfügung vom 15. März 2021).
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen in der Sache eingeholt.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht auf Rechtsmittel hin über eine vermögensrechtliche Schuldbetreibungs- und Konkurssache geurteilt hat (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 75 und Art. 90 BGG ). Die gesetzliche Streitwertgrenze von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) ist erreicht, die Beschwerdefrist (Art. 100 i.V.m. Art. 45 Abs. 1 BGG) eingehalten. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 BGG; BGE 140 III 86 E. 2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 142 III 364 E. 2.4).
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind nur soweit zulässig, als erst der vorinstanzliche Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher auszuführen ist (BGE 133 III 393 E. 3).
2.
Anlass zur Beschwerde gibt die vereinbarte Konventionalstrafe als provisorischer Rechtsöffnungstitel. Die Erstinstanz kam mit ihrer Auslegung zum Ergebnis, dass die mit der Konventionalstrafe gesicherte Pflicht der Beschwerdeführerin zur Eintragung der Höherbaubeschränkung gemäss Ziff. 6 der Vereinbarung vom 1. bzw. 2. Mai 2013 voraussetze, dass die Beschwerdegegner ihrerseits die in Ziffer 5 lit. a bis c der Vereinbarung aufgeführten Pflichten erfüllt haben. Die Vorinstanz prüfte die Auslegung der Erstinstanz als Rechtsfrage frei und kam zum gegenteiligen Ergebnis; die Ziffern 5 und 6 seien unabhängig voneinander und stünden in keinem Austauschverhältnis.
3.
Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe ihre Kognition gemäss Art. 320 ZPO überschritten. Die Erstinstanz habe die Konventionalstrafe subjektiv ausgelegt. An diese Sachverhaltsfeststellung sei die Vorinstanz grundsätzlich gebunden gewesen und hätte gemäss Art. 320 lit. b ZPO davon nur abweichen dürfen, wenn diese offensichtlich unrichtig gewesen wäre, was nicht der Fall sei.
3.1.
3.1.1. Beruht die Betreibungsforderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen (Art. 82 Abs. 1 SchKG).
Das Rechtsöffnungsverfahren ist ein Urkundenprozess: Die Prüfungszuständigkeit des Rechtsöffnungsrichters umfasst ausschliesslich Fragen im Zusammenhang mit der Tauglichkeit der präsentierten Urkunden (BGE 142 III 720 E. 4.1; 133 III 645 E. 5.3). Ziel des Verfahrens ist nicht die Feststellung des materiellen Bestandes der in Betreibung gesetzten Forderung, sondern lediglich die Anerkennung des Vorliegens einer vollstreckbaren Urkunde dafür (BGE 138 III 583 E. 6.1.1; 132 III 140 E 4.1.1; 58 I 363 E. 2). Zweck des Verfahrens der provisorischen Rechtsöffnung ist es, rasch - im summarischen Verfahren (Art. 251 lit. a ZPO) - über die Beseitigung des Rechtsvorschlags zu entscheiden und die Parteirollen für einen allfälligen ordentlichen Prozess festzulegen. Dass dabei auch gewisse materiellrechtliche Punkte zu klären sind, ändert an der Rechtsnatur des Verfahrens der provisorischen Rechtsöffnung nichts (BGE 136 III 566 E. 3.3; 133 III 399 E. 1.5).
3.1.2. Eine Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 1 SchKG liegt vor, wenn daraus der vorbehalts- und bedingungslose Wille des Betriebenen hervorgeht, dem Betreibenden eine bestimmte oder leicht bestimmbare Geldsumme zu zahlen (BGE 145 III 20 E. 4.1.1; 139 III 297 E. 2.3.1; 136 III 624 E. 4.2.2). Eine schriftlich vereinbarte Konventionalstrafe gemäss Art. 160 OR berechtigt zur Rechtsöffnung, wenn gleichzeitig der Beweis der Vertragsverletzung erbracht wird (Urteile 5A_1015/2020 vom 30. August 2021 E. 3.2.2; 5A_946/2020 vom 8. Februar 2021 E. 3.2; 5A_867/2018 vom 4. März 2019 E. 4.1.1).
Die Prüfung, ob die vorgelegte Urkunde als Rechtsöffnungstitel taugt, ist nicht der Sachverhaltsfeststellung, sondern der Rechtsanwendung zuzuordnen, die auch im Verfahren auf provisorische Rechtsöffnung von Amtes wegen erfolgt (Art. 57 ZPO; vgl. Urteile 5A_437/2020 vom 17. November 2020 E. 4.2.1; 5A_1026/2018 vom 31. Oktober 2019 E. 3.2.2; 5A_46/2018 vom 4. März 2019 E. 3.1). Dies gilt auch im Beschwerdeverfahren (vgl. Urteil 5A_437/2020 vom 17. November 2020 E. 4.2.1). Das Rechtsöffnungsgericht hat den Rechtsöffnungstitel objektiv anhand des Vertrauensprinzips auszulegen (Urteile 5A_595/2021 vom 14. Januar 2022 E. 6.2.1; 5A_1015/2020 vom 30. August 2021 E. 3.2.3; 5A_89/2019 vom 1. Mai 2019 E. 5.1.3; vgl. auch BGE 143 III 564 E. 4.4.3 m.w.H.). Der auf Zahlung eines bestimmten oder bestimmbaren Betrags gerichtete Wille des Schuldners hat deutlich aus der bzw. den vorgelegten Urkunden hervorzugehen (BGE 145 III 20 E. 4.3.3; 5A_1015/2020 vom 30. August 2021 E. 3.2.3. m.w.H.). Bei der Ermittlung des Parteiwillens ist nicht nur der reine Wortlaut, sondern auch der Vertragszweck zu beachten; eine abschliessende Ermittlung des Parteiwillens bzw. die abschliessende Vertragsauslegung ist jedoch nicht Sache des Rechtsöffnungsrichters (Urteile 5A_914/2020 vom 28. April 2021 E. 3.1, 4.2; 5A_136/2020 vom 2. April 2020 E. 3.4.1; 5A_99/2017 vom 17. August 2017 E. 3). I st der Sinn der Erklärung durch Auslegung nicht klar zu ermitteln, darf die provisorische Rechtsöffnung nicht erteilt werden. In diesem Fall ist es Sache des ordentlichen Gerichts, über die Schuldpflicht zu urteilen (Urteile 5A_595/2021 vom 14. Januar 2022 E. 6.2.1; 5A_940/2020 vom 27. Januar 2021 E. 3.2.2).
3.2. Die Erstinstanz hat in ihrer Auslegung von Ziff. 5 und 6 der Vereinbarung erwogen, dass durch Auslegung der wirkliche Parteiwille zu ermitteln sei. Die Parteien seien sich über die Auslegung der beiden Ziffern jedoch nicht einig. Es würde in der Folge den Rahmen eines Rechtsöffnungsverfahrens sprengen, eine "umfassende Vertragsauslegung" vorzunehmen. Die Erstinstanz zog schliesslich in ihrer Auslegung die "liquiden Auslegungsmitteln" des Wortlauts und des Gesamtzusammenhangs bei und kam zum Ergebnis, dass die in Ziffer 5 lit. a bis c aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sein müssten, bevor die Anmeldung der Höherbaubeschränkung im Grundbuch gemäss Ziff. 6 zu erfüllen sei.
3.3. Die vorliegend zu beantwortende Frage dreht sich nicht darum, ob die Beschwerdeführerin die Anmeldung der Höherbaubeschränkung als mit der Konventionalstrafe gemäss Ziff. 6 der Vereinbarung bewährte Pflicht tatsächlich vorgenommen hat, oder ob die Beschwerdegegner ihrer Pflichten gemäss Ziff. 5 der Vereinbarung nachgekommen sind. Die Streitfrage beschlägt einzig das Verhältnis dieser beiden Pflichten zueinander und somit die Eignung der vereinbarten Konventionalstrafe als Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 1 SchKG. Die Vorinstanz prüfte diese Frage wie die Erstinstanz in Übereinstimmung mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung als Rechtsfrage und legte die Vereinbarung anhand des Vertrauensprinzips aus.
Die Beschwerdeführerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Erstinstanz in ihren Erwägungen auf eine Prüfung des wirklichen Willens und auf Art. 18 OR hinwies. Dieser Teil der erstinstanzlichen Begründung kann jedoch nicht gesondert betrachtet werden und spricht für sich nicht für eine subjektive Auslegung als Tatfrage. Die Auslegung nach dem Vertrauensprinzip gestützt auf die Urkunde ergibt sich aus der dargelegten Natur des Rechtsöffnungsverfahrens. Dies hat auch die Erstinstanz erkannt, indem sie auf die Grenzen der Auslegung im Rechtsöffnungsverfahren hinwies. Innerhalb dieser Grenzen hätte die Erstinstanz entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin auch nicht zuerst explizit zum Auslegungsergebnis kommen müssen, der wirkliche Wille der Parteien sei nicht feststellbar, bevor sie zu einer Auslegung nach dem Vertrauensprinzip schritt. Aus dem Umstand, dass die Erstinstanz im Rahmen des Rechtsöffnungsverfahrens keine umfassende Auslegung des Vertrages vorgenommen hat, kann die Beschwerdeführerin gerade nicht ableiten, es handle sich um eine subjektive Auslegung als Tatfrage. Die Erstinstanz lehnte die Rechtsöffnung entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin auch nicht aufgrund eines unklaren Auslegungsergebnisses bzw. eines nicht unmissverständlich geäusserten Willens zur Zahlung der Konventionalstrafe ab. Das Auslegungsergebnis ist insofern klar, als sich die Erstinstanz für eine Abhängigkeit der Ziff. 5 und 6 der Vereinbarung bzw. ein Austauschverhältnis aussprach und anschliessend in tatsächlicher Hinsicht prüfte, ob die Voraussetzungen von Ziff. 5 erfüllt sind.
3.4. Es ist nach dem Gesagten der Vorinstanz keine Verletzung ihrer Kognition gemäss Art. 320 ZPO vorzuwerfen, wenn sie die Auslegung der Erstinstanz auf auf entsprechende Einwände der Beschwerdegegner hin frei überprüfte.
4.
Die Auslegung des Verhältnisses von Ziff. 5 zu Ziff. 6 der Vereinbarung durch die Vorinstanz unter Berücksichtigung des Zwecks der Konventionalstrafe sowie das im Vergleich mit der Erstinstanz Gegenteilige Auslegungsergebnis beanstandet die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht nicht im Einzelnen, weshalb darauf auch nicht weiter einzugehen ist. Die weiteren Vorhalte der Beschwerdeführerin beziehen sich einzig darauf, dass die Beschwerdegegner im vorinstanzlichen Verfahren keine Willkür i.S.v. Art. 320 lit. b ZPO geltend zu machen im Stande gewesen seien sowie auf die Anwendung der Basler Rechtsöffnungspraxis hinsichtlich des Austauschverhältnisses. Diese Vorbringen sind in der Folge unbeachtlich.
5.
Nach dem Gesagten ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss trägt die Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Den Beschwerdegegner ist keine Parteientschädigung zuzusprechen, da sie im Verfahren um die Gewährung der aufschiebenden Wirkung unterlegen sind und in der Sache nicht zur Vernehmlassung eingeladen wurden (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, mitgeteilt.
Lausanne, 11. März 2022
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Escher
Der Gerichtsschreiber: Dürst