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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
U 64/06{T 7} 
 
Urteil vom 11. April 2007 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Leuzinger, 
Gerichtsschreiber Krähenbühl. 
 
Parteien 
L.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hansjakob Zellweger, Bahnhofstrasse 8, 8580 Amriswil, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern, Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 26. Oktober 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.a Der 1968 geborene L.________ erlitt am 16. Mai 1995 beim Fräsen eines Schalbrettes wegen eines abgebrochenen Fräsblattsplitters eine Augenverletzung, was zunächst zu einem Verlust der Sehfunktion des rechten Auges führte. Zufolge eines erst Monate später entdeckten, im rechten Auge verbliebenen metallenen Fremdkörpers kam es am 22. Februar 1996 im Universitätsspital X.________ zu einer Enukleation dieses Auges. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), bei welcher L.________ im Zeitpunkt des Unfalles versichert war, gewährte im Hinblick auf den Verlust des rechten Auges unter anderem mit Verfügung vom 19. Juni 1997 eine Entschädigung für eine Integritätseinbusse von 35 %. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 7. August 1997 fest. 
 
Nachdem das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau die hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 15. April 1998 abgewiesen hatte, hob das Eidgenössische Versicherungsgericht auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin die beiden vorinstanzlichen Entscheide mit Urteil vom 21. September 1999 auf und wies die Sache zwecks Neubeurteilung des Integritätsschadens unter Mitberücksichtigung des nach der Enukleation zu Tage getretenen psychischen Gesundheitsschadens an die SUVA zurück. 
A.b Die SUVA zog in der Folge zwei Berichte der Frau Dr. med. W.________ vom Psychiatrischen Dienst Y.________ vom 17. Januar 2000 und 7. November 2003 sowie eine Stellungnahme der Frau Dr. med. K.________ von der anstaltsinternen Abteilung Versicherungsmedizin, Fachärztin FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 14. April 2004 bei. Gestützt auf diese Unterlagen sprach sie L.________ für die psychischen Unfallfolgen mit Verfügung vom 23. April 2004 eine zusätzliche Integritätsentschädigung von 20 % zu, was sie mit Einspracheentscheid vom 11. April 2005 bestätigte. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 26. Oktober 2005 ab. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt L.________ beantragen, es sei "die Integritätseinbusse aus psychischen Gründen auf 50 % (anstelle von bloss 20 %) zu bemessen"; eventuell sei die Sache "zur Durchführung eines umfassenden psychiatrischen Gutachtens an die SUVA zurückzuweisen". 
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (in der bis 31. Dezember 2006 gültig gewesenen Fassung; Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395). 
1.2 Die Überprüfungsbefugnis des Gerichts ist nicht auf die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens beschränkt, sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der angefochtenen Verfügung; es ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen (Art. 132 OG). 
2. 
Das kantonale Gericht hat die gesetzliche Grundlage für den Anspruch auf eine Integritätsentschädigung (Art. 24 Abs. 1 UVG) zutreffend dargelegt, worauf verwiesen wird. Richtig ist auch, dass bei einem Zusammenfallen mehrerer körperlicher oder geistiger Integritätsschäden aus einem oder mehreren Unfällen die Entschädigung nach der gesamten Beeinträchtigung festgesetzt wird und bereits nach dem Gesetz bezogene Entschädigungen prozentual angerechnet werden (Art. 36 Abs. 3 Satz 1 und 3 UVV; RKUV 1998 Nr. U 296 S. 235 E. 2a). Seitens des Gerichts nichts beizufügen ist ferner den vorinstanzlichen Ausführungen über die dem Arzt oder der Ärztin im Rahmen der Bestimmung einer Integritätsentschädigung zukommende Aufgabe (Thomas Frei, Die Integritätsentschädigung nach Art. 24 und 25 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung, Diss. Freiburg 1997, S. 68 und 200). Ausführungen zur Bemessung der Integritätsentschädigung (Art. 25 Abs. 1 UVG, Art. 36 Abs. 2 UVV, Anhang 3 zur UVV; BGE 124 V 29 E. 1b und c S. 32 mit Hinweisen) finden sich des Weiteren im Einspracheentscheid der SUVA vom 11. April 2005. 
3. 
3.1 Die SUVA stützt sich bei ihrer Festsetzung der Integritätsentschädigung auf die Beurteilung der Frau Dr. med. K.________ vom 14. April 2004, welcher im Wesentlichen zwei Stellungnahmen der Frau Dr. med. W.________ vom 7. November 2003 und vom 17. Januar 2000 zur Verfügung standen. Frau Dr. med. W.________ hat den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers über einen längeren Zeitraum hinweg beobachtet, weshalb deren Berichte als genügende Grundlage für eine abschliessende Beurteilung der diesem zustehenden Integritätsentschädigung betrachtet werden können, ohne dass es der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde eventualiter beantragten Rückweisung der Sache an die SUVA zur Einholung eines "umfassenden psychiatrischen Gutachtens" bedürfte. 
3.2 Für ein Abweichen von der von Frau Dr. med. K.________ aus den Darlegungen der Frau Dr. med. W.________ gezogenen, im Einspracheentscheid der SUVA vom 11. April 2005 zitierten Schlussfolgerung, wonach sich das Zustandsbild zunächst als Anpassungsstörung manifestiert hatte, sich nunmehr aber in Form einer depressiven, ängstlich-selbstbeobachtenden Symptomatik in mittelgradiger Ausprägung, vermindertem Selbstwerterleben und sozialem Rückzug chronifiziert hat, und der darauf basierenden Schätzung des Integritätsschadens auf 20 % besteht für das Gericht auch im Rahmen der ihm zustehenden Angemessenheitskontrolle (E.1.2 hievor) kein Anlass. Unbegründet ist insbesondere der gegenüber der SUVA erhobene Vorwurf, die ihr obliegende Untersuchungspflicht verletzt zu haben. Die Dres. med. W.________ und K.________ umschreiben den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers klar und unmissverständlich, sodass für die Einholung weiterer fachärztlicher Meinungsäusserungen keine Veranlassung bestand. Auch das Abstellen auf die Schätzung der Integritätseinbusse durch Frau Dr. med. K.________, deren Beurteilung des psychischen Gesundheitszustandes mit derjenigen durch Frau Dr. med. W.________ ohne weiteres vereinbar ist, lässt sich rechtfertigen, ist diese Fachärztin mit der Beurteilung von Integritätsschäden doch vertraut. 
3.3 Die weiteren Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sind ebenfalls nicht geeignet, den Einspracheentscheid der SUVA und den diesen bestätigenden Entscheid des kantonalen Gerichts in Frage zu stellen. Insbesondere können aus der Schwere des erlittenen Unfalles und der damaligen Begleitumstände von vornherein keine Schlüsse auf den allein massgebenden entschädigungsberechtigenden psychischen Gesundheitsschaden gezogen werden, ist dieser doch, wie im Einspracheentscheid der SUVA mit Recht festgehalten wird, einzig bezogen auf den medizinischen Befund im Zeitpunkt des Behandlungsabschlusses zu beurteilen. Auch daraus, dass das Eidgenössische Versicherungsgericht in seinem Urteil vom 21. September 1999 Anhaltspunkte für "eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung der psychischen Integrität" erkannt hat, kann der Beschwerdeführer hinsichtlich der Bemessung der Integritätsentschädigung nichts zu seinen Gunsten ableiten. Diese Anhaltspunkte boten Anlass für die seinerzeitige Rückweisung der Sache an die SUVA und können nicht schon als Feststellung einer Beeinträchtigung bestimmten Ausmasses betrachtet werden. Schliesslich sagt die nunmehr eingetretene und als erstellt geltende Chronifizierung des psychischen Leidens nichts über die Höhe der dem Beschwerdeführer deswegen zustehenden Integritätsentschädigung aus. 
3.4 Nicht ausser acht gelassen werden darf, dass der Beschwerdeführer mit der nachträglichen Zusprache einer 20 %igen Integritätsentschädigung für den psychischen Gesundheitsschaden zusammen mit der bereits früher gewährten 35 %igen Entschädigung zufolge Verlusts des rechten Auges insgesamt für die unfallbedingte Integritätseinbusse eine Entschädigung von 55 % erhält. Die Vorinstanz weist mit Recht darauf hin, dass dies auch angesichts der für andere Beeinträchtigungen der Integrität vorgesehenen Entschädigungen der konkreten Situation des Beschwerdeführers angemessen Rechnung trägt. 
4. 
Weil es um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen ging, fallen keine Verfahrenskosten an (Art. 134 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, als Versicherungsgericht, und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt. 
Luzern, 11. April 2007 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: