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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_1067/2021  
 
 
Urteil vom 11. Mai 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Bovey, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Kanton Luzern, 
2. Einwohnergemeinde Luzern, 
6000 Luzern, 
3. Reformierte Kirchgemeinde Luzern, 
6000 Luzern, 
alle drei vertreten durch das Steueramt der Stadt Luzern, Hirschengraben 17, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 16. November 2021 
(2C 21 70). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 1. Juli 2021 gelangten der Kanton Luzern sowie die Einwohnergemeinde und reformierte Kirchgemeinde Luzern, vertreten durch das Steueramt der Stadt Luzern, an das Bezirksgericht Luzern. Sie beantragten gestützt auf Art. 190 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG die Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung über die A.________ AG mit Sitz in U.________. Das Bezirksgericht entsprach dem Gesuch und eröffnete am 24. August 2021 den Konkurs über die A.________ AG.  
 
A.b. Dagegen wandte sich die A.________ AG an das Kantonsgericht Luzern, welches ihre Beschwerde mit Entscheid vom 16. November 2021 guthiess und das Konkurserkenntnis aufhob. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die Kosten des Konkursamtes auferlegte es der A.________ AG.  
 
B.  
Die A.________ AG ist mit Eingabe vom 27. Dezember 2021 (Postaufgabe) an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt (sinngemäss) eine Aufhebung der ihr im kantonalen Verfahren auferlegten Kosten und die Zusprechung einer Parteientschädigung. 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, indes keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den angefochtenen Entscheid ist die Beschwerde in Zivilsachen gegeben (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. d und Art. 75 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Die Beschwerdeführerin, deren Beschwerde im kantonalen Verfahren gutgeheissen wurde, ist als Gemeinschuldnerin von der Kostenregelung zu ihren Lasten besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung. Insoweit ist sie zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).  
 
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind nur soweit zulässig, als erst der vorinstanzliche Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher auszuführen ist (BGE 133 III 393 E. 3).  
 
2.  
Anlass zur Beschwerde gibt die Kostenregelung eines kantonalen Beschwerdeverfahrens, das ein Konkurserkenntnis zum Gegenstand hatte. 
 
2.1. Gegen das Konkurserkenntnis steht die Beschwerde offen (Art. 174 Abs. 1 SchKG; Art. 309 lit. b Ziff. 7 i.V.m. Art. 319 lit. a ZPO). Das weitere Verfahren richtet sich nach Art. 320 ff. ZPO. Über die Prozesskosten des Beschwerdeverfahrens wird nach Verfahrensausgang oder nach Ermessen entschieden (Art. 106, Art. 107 ZPO). Unnötige Prozesskosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht hat (Art. 108 ZPO).  
 
2.2. Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass die Voraussetzungen für eine Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung gemäss Art. 190 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG nicht gegeben sind, und wies das entsprechende Gesuch der Beschwerdegegner ab. Sie auferlegte den Beschwerdegegnern die Gerichtskosten der ersten Instanz. Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren von Fr. 750.-- sowie die Kosten des Konkursamtes auferlegte sie der Beschwerdeführerin; eine allfällige Restanz sei ihr zurückzuerstatten. Diese Kostenverteilung begründete die Vorinstanz mit dem Kostenverursacherprinzip (E. 2.4.1).  
 
2.3. Die Beschwerdeführerin wehrt sich gegen die Auferlegung von Kosten durch die Vorinstanz und verlangt zudem eine Parteientschädigung, insbesondere für den Aufwand ihres Steuervertreters.  
 
2.3.1. Den Beschwerdegegnern wird vorgeworfen, entgegen besserem Wissen und damit rechtsmissbräuchlich ein Konkursbegehren gestellt zu haben. Sie sei in den letzten 23 Jahren ihren Verpflichtungen stets nachgekommen und zum massgeblichen Zeitpunkt hätten keine Betreibungen von Dritten aus der ordentlichen Geschäftstätigkeit bestanden. Damit habe von einer Einstellung der Zahlungen gemäss Art. 190 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG nicht die Rede sein können. Dieser Umstand sei bei der Verlegung der Prozesskosten angemessen zu berücksichtigen. Mit diesen Vorbringen lässt die Beschwerdeführerin ausser Acht, dass die Vorinstanz ihr in der Sache gefolgt ist und das Konkurserkenntnis aufgehoben hat. Zudem hat sie den Beschwerdegegnern die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auferlegt. Die Voraussetzungen einer Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung sind damit an dieser Stelle nicht zu erörtern.  
 
2.3.2. Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet auch das Verhalten der Beschwerdegegner im Veranlagungs- und Inkassoverfahren der Steuerforderungen, welches von der Beschwerdeführerin als unverhältnismässig und zudem als Verstoss gegen die Regeln von Treu und Glauben gerügt wird. Welche Rolle der als Steuervertreterin der Beschwerdeführerin bezeichneten B.________ AG gegenüber den Behörden zukommen sollte, ist daher vorliegend nicht von Bedeutung. Ebenso kann sich das Bundesgericht nicht mit Fragen des materiellen Steuerrechts, d.h. den Grenzen und dem Verbot der konfiskatorischen Besteuerung, befassen, wie die Beschwerdeführerin dies verlangt. Auf ihre diesbezüglichen Vorbringen und Anträge ist daher nicht einzugehen.  
 
2.4. Zu prüfen ist vom Bundesgericht einzig, inwieweit die Vorinstanz der Beschwerdeführerin Kosten auferlegen durfte, obwohl diese in der Sache obsiegt hatte.  
 
2.4.1. Die Vorinstanz berief sich bei der Kostenregelung auf das Verursacherprinzip. Demnach hat unnötige Kosten zu bezahlen, wer sie verursacht hat (Art. 108 ZPO). Nach Ansicht der Vorinstanz hätte die Beschwerdeführerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren aufzeigen können, dass sie ihre Zahlungen nicht eingestellt habe. Da sie davon abgesehen habe, habe sie die Aufwendungen des Konkursamtes und der kantonalen Beschwerdeinstanz verursacht.  
 
2.4.2. Die Beschwerdeführerin bestreitet allerdings, vom Konkursgericht überhaupt zur Stellungnahme eingeladen worden zu sein. Das entsprechende Schreiben vom 6. Juli 2021 sie bei ihr nie angekommen. Mit diesem Vorbringen widerspricht sie bloss der Feststellung der Vorinstanz, wonach die Aufforderung zur Stellungnahme per Einschreiben verschickt und an das Domizil der Beschwerdeführerin adressiert worden sei. Dort habe am 7. Juli 2021 um 11.30 Uhr die Zustellung stattgefunden. Die Unterschrift der Empfangsperson könne für "B.________" stehen. Zudem habe die Beschwerdeführerin das genannte Schreiben im kantonalen Beschwerdeverfahren selber aufgelegt, ohne anzugeben, wie sie in dessen Besitz gekommen sei. Damit bestünden - so die Vorinstanz - keine Zweifel an einer rechtlich korrekten Zustellung der Sendung. Die Beschwerdeführerin habe es mithin selber zu verantworten, dass sie ihren Standpunkt gegenüber dem Konkursgericht nicht habe vernehmen lassen. Inwiefern die Vorinstanz von einem offensichtlich falschen Sachverhalt ausgegangen sei, begründet die Beschwerdeführerin nicht. Feststellungen über den Prozesssachverhalt sind verbindlich (BGE 140 III 16 E. 1.3.1). Die Beschwerdeführerin begnügt sich mit der allgemeinen Aussage, es fehle an einem lückenlosen Nachweis der Zustellung durch die Post. Zudem unterschreibe der Postbote in Pandemiezeiten oft selber. Darin ist keine rechtsgenüglich begründete Willkürrüge zu erkennen, welche die vorinstanzliche Feststellung in Bezug auf die Einladung zur Stellungnahme entkräften könnte.  
 
2.4.3. Gestützt auf den festgestellten Sachverhalt erweist sich die Kostenauflage für das kantonale Beschwerdeverfahren und die Aufwendungen des Konkursamtes nicht als bundesrechtswidrig. Eine gesetzwidrige Ermessensbetätigung im Rahmen von Art. 108 ZPO (Urteil 5A_519/2019 vom 29. Oktober 2019 E. 3.5) wird nicht dargetan, wenn das Kantonsgericht die Kostenverursachung mit der Gutheissung der Beschwerde infolge von zulässigen und entscheiderheblichen unechten Noven begründet hat (Art. 174 Abs. 1, Art. 194 SchKG). Dass das Vorbringen von Tatsachen und Beweismitteln, welche schon von Anfang an in den Prozess hätten eingeführt werden können, zur Kostenpflicht nach Art. 108 ZPO führen kann, ist anerkannt (SCHMID/JENT-SØRENSEN, Kurzkommentar ZPO, 3. Aufl. 2021, N. 2 zu Art. 108; TAPPY, in: Commentaire romand, Code de procédure civile, 2. Aufl. 2019, N. 5 zu Art. 108). Die Beschwerdeführerin legt sodann nicht dar, inwiefern die Vorinstanz Recht verletzt habe, wenn sie angeordnet hat, dass das Konkursamt (nach Begleichung der eigenen Kosten) nur die verbleibende Restanz der Beschwerdeführerin zurückzuerstatten habe. Die Anwendung des Grundsatzes, dass ein Gläubiger nicht für die Konkurskosten haften soll, wenn die Konkurseröffnung gestützt auf vom Schuldner eingereichte zulässige Noven aufgehoben wird (vgl. NORDMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 12 zu Art. 169), wird nicht in Frage gestellt und ist hier nicht weiter zu erörtern. Schliesslich war die Vorinstanz nicht gehalten, die Zusprechung einer Parteientschädigung zu prüfen. Bei entsprechenden Vorkehren der Beschwerdeführerin wäre die Inanspruchnahme dieser Behörde nicht erforderlich gewesen. Ob der Beschwerdeführerin ein Verhalten vorwerfbar ist, spielt hingegen keine Rolle (BGE 141 III 426 E. 2.4.4).  
 
3.  
Nach dem Gesagten ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Ausgangsgemäss werden die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, dem Konkursamt Luzern-Stadt, dem Handelsregisteramt des Kantons Luzern, dem Grundbuchamt Luzern-Ost, Geschäftsstelle Kriens, und dem Betreibungsamt Luzern mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 11. Mai 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante