Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
9C_593/2023
Urteil vom 11. Juli 2024
III. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Stadelmann, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterinnen Moser-Szeless, Scherrer Reber,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.
Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle Luzern,
Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
Beschwerdeführerin,
gegen
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kreso Glavas,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 11. August 2023 (5V 22 290).
Sachverhalt:
A.
A.a. Die 1963 geborene A.________ meldete sich im Dezember 2005 erstmals bei der Invalidenversicherung (IV) zum Leistungsbezug an. Nach Einholung eines Gutachtens des ABI (Ärztliches Begutachtungsinstitut GmbH) vom 26. Oktober 2006 sprach ihr die IV-Stelle Luzern eine Dreiviertelsrente mit Wirkung ab 1. Oktober 2005 zu (Verfügung vom 12. September 2007). Eine im Jahr 2009 vorgenommene revisionsweise Prüfung ergab einen unveränderten Rentenanspruch.
A.b. Im Rahmen eines im November 2013 eingeleiteten Rentenrevisionsverfahrens stellte die Verwaltung der Versicherten in einem ersten Vorbescheid vom 12. Mai 2014 die Einstellung der Rente in Aussicht. Auf den Einwand der A.________ hin liess die IV-Stelle die Versicherte erneut begutachten. Gestützt auf die der Versicherten im ABI-Gutachten vom 30. Dezember 2014 attestierte Arbeitsfähigkeit von 80 % in einer leidensangepassten Tätigkeit erliess die IV-Stelle am 9. Juni 2015 einen zweiten, ebenso auf Aufhebung der Rente lautenden Vorbescheid. Nachdem A.________ Einwand erhoben, unter Berufung auf verschiedene ärztliche Berichte eine Verschlechterung des Rückenleidens geltend gemacht und sich mehreren Operationen unterzogen hatte, holte die IV-Stelle bei der Swiss Medical Assessment- and Business-Center (SMAB) AG ein weiteres polydisziplinäres Gutachten ein, welches am 27. November 2020 erstattet wurde und ebenfalls zu einer Arbeitsfähigkeit von 80 % in einer leidensangepassten Tätigkeit gelangte. Die IV-Stelle nahm berufliche Abklärungen vor, bevor sie in einem dritten Vorbescheid am 29. Juni 2021 ankündigte, die Rente einzustellen (Invaliditätsgrad von 12 %), wogegen A.________ Einwand erhob. Nach weiteren beruflichen Abklärungen hielt die IV-Stelle an der Revision und der Einstellung der Invalidenrente auf das Ende des (der Zustellung der Verfügung) folgenden Monats fest (Verfügung vom 15. Juli 2022).
B.
Beschwerdeweise liess A.________ die Aufhebung der Verfügung vom 15. Juli 2022 beantragen. Es sei ihr mindestens eine halbe Invalidenrente auszurichten. Eventualiter seien vor der Aufhebung der Rente berufliche Massnahmen durchzuführen. Subeventualiter sei durch das Gericht vorab eine Begutachtung anzuordnen. Mit Urteil vom 11. August 2023 hiess das angerufene Kantonsgericht Luzern die Beschwerde in dem Sinne teilweise gut, als es die Verfügung vom 15. Juli 2022 aufhob und die Sache an die IV-Stelle zurückwies, damit sie nach weiteren Abklärungen gemäss den Erwägungen neu verfüge. Weiter entschied es, dass die Versicherte bis zum Erlass der neuen Verfügung weiterhin Anspruch auf eine Dreiviertelsrente habe. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Dispositiv Ziffer 1). Die Gerichtskosten von Fr. 900.- überband es den Parteien je zur Hälfte (Ziffer 2). Weiter verpflichtete es die IV-Stelle, der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. 1'750.- zu bezahlen (Ziffer 3).
C.
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, Dispositiv Ziffer 1 und 2 des angefochtenen Urteils seien aufzuheben. Es sei die Richtigkeit der Verfügung vom 15. Juli 2022 zu bestätigen. In prozessualer Hinsicht ersucht sie darum, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
In ihrer Vernehmlassung vom 23. Mai 2024 lässt A.________ beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne, und das Urteil vom 11. August 2023 zu bestätigen. Weiter ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Darüber hinaus sei im Urteil zu vermerken, dass Dispositiv Ziffer 3 des angefochtenen Urteils, welche die Parteientschädigung betreffe, nicht angefochten worden und damit in Rechtskraft erwachsen sei. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zulässig gegen Endentscheide (Art. 90 BGG), Teilentscheide (Art. 91 BGG), selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und den Ausstand (Art. 92 BGG) sowie gegen andere selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde ( Art. 93 Abs. 1 lit. a und b BGG ).
1.2. Im angefochtenen Rückweisungsentscheid wird die IV-Stelle verpflichtet, Eingliederungsmassnahmen zu prüfen und anzuordnen, und im Falle, dass die Durchführung solcher Massnahmen wegen des Widerstands der Versicherten erfolglos abgebrochen werden müsste, ein Mahn- und Bedenkzeitverfahren durchzuführen sowie der Versicherten bis zum Erlass der neuen Verfügung eine Dreiviertelsrente auszurichten. Dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG, der nur unter den Voraussetzungen von Abs. 1 derselben Bestimmung selbstständig angefochten werden kann (BGE 133 V 477 E. 4.2). Wird eine Behörde durch einen Rückweisungsentscheid gezwungen, eine ihrer Auffassung nach rechtswidrige neue Verfügung zu erlassen, stellt dies einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG dar (BGE 133 V 477 E. 5.2). Indem die Vorinstanz die Revisionsverfügung vom 15. Juli 2022 aufhob und die IV-Stelle zur Prüfung von beruflichen Massnahmen sowie allenfalls zur Durchführung eines Mahn- und Bedenkzeitverfahrens verpflichtete, zwang sie die IV-Stelle - zumindest vorübergehend, ungeachtet des Abklärungsergebnisses - von einer Rentenaufhebung abzusehen und die Dreiviertelsrente weiter auszurichten. Da die entsprechende Anordnung des kantonalen Gerichts für die IV-Stelle damit einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirkt, ist auf die Beschwerde einzutreten (vgl. Urteil 9C_754/2014 vom 11. Juni 2015 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 141 V 385, aber in: SVR 2015 IV Nr. 35 S. 110; Urteile 8C_579/2015 vom 14. April 2016 E. 1.2; 9C_231/2015 vom 7. September 2015 E. 1.1).
2.
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ), sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 145 V 57 E. 4.2). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG ).
2.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung weist damit die Tragweite von Willkür auf. Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Eine Sachverhaltsfeststellung ist etwa dann offensichtlich unrichtig, wenn das kantonale Gericht den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat. Solche Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips (Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 144 V 50 E. 4.2).
3.
3.1. Das Urteil vom 11. August 2023 blieb insoweit unangefochten, als die Vorinstanz entschied, die IV-Stelle habe ihre Rentenverfügung vom 12. September 2007 aufgrund einer anspruchserheblichen Verbesserung des Gesundheitszustandes zu Recht in Revision gezogen und eine Rentenaufhebung wäre gestützt auf den ermittelten, nicht mehr rentenbegründenden Invaliditätsgrad grundsätzlich gerechtfertigt. Ebenso wenig wird von der Beschwerde führenden IV-Stelle beanstandet, dass sie gemäss dem kantonalen Urteil vor der revisionsweisen Rentenaufhebung grundsätzlich berufliche Eingliederungsmassnahmen hätte prüfen müssen, weil die Beschwerdegegnerin im Zeitpunkt des Revisionsentscheides seit mehr als 15 Jahren eine Rente bezogen hatte und über 55 Jahre alt war (vgl. dazu BGE 145 V 209 E. 5.1).
3.2. Streitig ist einzig, ob das kantonale Gericht bundesrechtskonform erkannte, dass die Beschwerdeführerin den Nachweis des bei der Beschwerdegegnerin fehlenden subjektiven Eingliederungswillens nicht erbracht habe und deshalb vor der Rentenaufhebung nicht ohne Durchführung des Mahn- und Bedenkzeitverfahrens auf berufliche Eingliederungsmassnahmen hätte verzichten dürfen.
4.
4.1. Der Anspruch auf Massnahmen beruflicher Art setzt grundsätzlich (vgl. auch E. 6.3) voraus, dass neben der objektiven auch die subjektive Eingliederungsfähigkeit (vgl. zu diesen Erfordernissen: SILVIA BUCHER, Eingliederungsrecht der Invalidenversicherung, 2011, Rz. 124 und 539) mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgewiesen ist (BGE 145 V 2 E. 4.3.3.2; SVR 2023 IV Nr. 11 S. 32, 9C_131/2022 E. 2.3.1; vgl. auch MEYER/REICHMUTH, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum IVG, 4. Aufl. 2022, N. 2 zu Art. 8a IVG). Fehlt der Eingliederungswille, d.h. ist die Eingliederungsbereitschaft aus invaliditätsfremden Gründen nicht gegeben, darf die Rente ohne vorgängige Prüfung von Massnahmen der (Wieder-) Eingliederung und ohne Durchführung des Mahn- und Bedenkzeitverfahrens nach Art. 21 Abs. 4 ATSG herabgesetzt oder aufgehoben werden (Urteile 9C_289/2022 vom 27. Juli 2023 E. 6.2.2; 9C_541/2020 vom 1. März 2021 E. 4.4.2; 9C_50/2020 vom 9. Juli 2020 E. 3.1 und 9C_797/2018 vom 10. September 2019 E. 5.1; KASPAR GERBER, in: Thomas Gächter [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Sozialversicherungsrecht, IVG, Bern 2022, N. 264 zu Art. 28 IVG). Von einem fehlenden Eingliederungswillen darf indessen nur dann ausgegangen werden, wenn er mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststeht (Urteile 8C_200/2023 vom 6. November 2023 E. 4.3.1; 9C_407/2021 vom 17. Mai 2022 E 6.3.1 und 9C_231/2015 vom 7. September 2015 E. 4.2; ANNE-SYLVIE DUPONT, in: Commentaire romand, Loi sur la partie générale des assurances sociales, 2018, N. 72 zu Art. 21 ATSG). Zur Beantwortung der Frage, ob bei der versicherten Person ein Eingliederungswille bzw. eine entsprechende Motivation vorhanden ist, sind insbesondere die gegenüber der Verwaltung und den medizinischen Experten gemachten Aussagen betreffend Krankheitsüberzeugung bzw. Arbeitsmotivation zu berücksichtigen. Ebenfalls von Belang sein können die im Vorbescheidverfahren und vor dem kantonalen Versicherungsgericht gemachten Ausführungen respektive gestellten Anträge (Urteile 9C_289/2022 vom 27. Juli 2023 E. 6.2.2; 9C_541/2020 vom 1. März 2021 E. 4.4.2; 9C_50/2020 vom 9. Juli 2020 E. 3.1 und 9C_797/2018 vom 10. September 2019 E. 5.1).
4.2. Die vorinstanzlichen Feststellungen zum Eingliederungswillen der versicherten Person sind, da sie eine Tatfrage betreffen, für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Urteile 9C_442/2017 vom 8. Juni 2018 E. 3.2.4; 9C_559/2012 vom 27. November 2012 E. 5).
5.
5.1. Die Vorinstanz erwog, dass die Beschwerdegegnerin gegenüber dem internistischen und dem psychiatrischen SMAB-Gutachter ihren Eingliederungswillen bekundet, sich gegenüber dem orthopädischen Gutachter aber gegenteilig geäussert habe, lasse den Schluss auf eine fehlende subjektive Eingliederungsfähigkeit nicht zu. Es stimme mit dem von der Beschwerdegegnerin selber bei der Begutachtung klar geäusserten Eingliederungswillen überein, dass ein solcher auch vom Rechtsvertreter sowie von ihrem Sohn und ihrer Tochter bestätigt worden sei. Den gegenüber zwei Gutachtern gemachten Aussagen dürfe, da es sich um die erstmalige Befragung durch Dritte gehandelt habe, grosses Gewicht beigemessen werden. Der Inhalt des nachfolgenden Arbeitsvermittlungs-Erstgesprächs vom 29. September 2021 sei zwischen den Parteien umstritten, doch sei dies hier nicht ausschlaggebend, denn solange der Eingliederungswille nicht überwiegend wahrscheinlich ausgeschlossen werden könne, sei der Verzicht auf ein Mahn- und Bedenkzeitverfahren unzulässig. Der Beschwerdeführerin gelinge der Nachweis der fehlenden subjektiven Eingliederungsfähigkeit nicht. In Anbetracht der dargelegten Aktenlage genüge die Durchführung eines Arbeitsvermittlungs-Erstgespräches für den erforderlichen Beweis jedenfalls nicht, dies umso weniger, als die Beschwerdeführerin berufliche Massnahmen zumindest in Erwägung gezogen habe. Damit sei die subjektive Eingliederungsfähigkeit von der Verwaltung noch im September 2021 bejaht worden; dass sie nachträglich weggefallen wäre, sei nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt. Es überzeuge nicht, dass die Beschwerdeführerin die Versicherte in den fast acht Monaten zwischen dem Arbeitsvermittlungs-Erstgespräch (29. September 2021) und der Rentenaufhebung (15. Juli 2022) nicht mehr kontaktiert habe und dann ohne weitere Abklärungen zur subjektiven Eingliederungsfähigkeit auf dieses Erstgespräch zurückgreifen wolle. Die Erklärung der Beschwerdegegnerin im Fragebogen vom 16. Dezember 2020, wonach sie sich wegen einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit von 80 bis 100 % nie um Stellen beworben habe, schliesse den subjektiven Eingliederungswillen nicht aus, da die wiederkehrenden Operationen jeweils zu immerhin vorübergehenden Arbeitsunfähigkeiten von 100 % geführt hätten. Aus all diesen Gründen und mit Blick auf die beschwerdegegnerischen Vorbringen im Vorbescheidverfahren sei der Verzicht auf die Durchführung eines Mahn- und Bedenkzeitverfahrens vor der Rentenaufhebung nicht rechtens.
5.2. Die IV-Stelle macht geltend, das kantonale Gericht habe die Beweise unvollständig und rechtsfehlerhaft gewürdigt, unhaltbare Schlüsse aus ihnen gezogen, den Sachverhalt für die Beurteilung der umstrittenen Frage nicht umfassend und rechtsgenüglich festgestellt sowie den Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit rechtsfehlerhaft angewendet. Es habe einseitig auf einzelne Aussagen der Beschwerdegegnerin abgestellt und wichtige, für den Ausgang des Verfahrens entscheidende Beweismittel nicht beachtet, so insbesondere das Gespräch mit der Eingliederungsberatung und die Angaben im ersten Fragebogen Arbeitsvermittlung. Berücksichtige man das Verhalten und die Angaben der Beschwerdegegnerin seit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit in der angestammten Tätigkeit zeige sich, dass zu keinem Zeitpunkt ein subjektiver Eingliederungswille bzw. eine entsprechende Motivation vorhanden gewesen sei. Mit dem (erst aufgrund des dritten Vorbescheides) formal vom Rechtsvertreter gestellten Antrag auf berufliche Massnahmen und einer formalen Erklärung (die von den bisherigen Angaben deutlich abweiche) könne kein Eingliederungswille begründet werden. Weiter habe das kantonale Gericht nicht nach den geltenden Beweisregeln beurteilt, welche der beiden möglichen Sachverhaltsvarianten die wahrscheinlichere bzw. überwiegend wahrscheinlich sei, und stattdessen ausgeführt, solange der Eingliederungswille nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne, dürfe auf ein Mahn- und Bedenkzeitverfahren nicht verzichtet werden. Der geforderte
Nachweis des Fehlens der subjektiven Eingliederungsfähigkeit könne kaum erbracht werden; als negative Tatsache sei das Nichtvorhandensein eines Eingliederungswillens aus äusseren Indizien zu schliessen. Auch die Vorinstanz sei nicht zum Ergebnis gelangt, dass der subjektive Eingliederungswille überwiegend wahrscheinlich ausgewiesen sei, wie dies aber erforderlich wäre, um den Anspruch auf berufliche Massnahmen und damit die Notwendigkeit eines Mahn- und Bedenkzeitverfahrens zu begründen.
5.3. Die Beschwerdegegnerin hält die Einwendungen der IV-Stelle für unbegründet. Das kantonale Gericht habe zu Recht erkannt, dass ein Mahn- und Bedenkzeitverfahren hätte durchgeführt werden müssen. Aus den Akten ergebe sich, dass sie depressionsbedingt unschlüssig gewesen sei und sich in einem labilen Zustand befunden habe. Aus diesem Grund hätte sie Unterstützung und Beratung seitens der IV-Stelle gebraucht.
6.
6.1. Gestützt auf die verbindlichen (vgl. E. 4.2) vorinstanzlichen Feststellungen zur Frage der subjektiven Eingliederungsfähigkeit, welche aufgrund der Rügen der IV-Stelle (punktuell) um weitere entscheidrelevante (vgl. E. 4.1) Elemente ergänzt werden können (Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 143 V 19 E. 6.1.3 in fine), präsentiert sich der Sachverhalt wie folgt.
6.1.1. Gegenüber den medizinischen Fachpersonen äusserte sich die Beschwerdegegnerin widersprüchlich. Bereits anlässlich der (nach dem ersten Vorbescheid zur Rentenaufhebung erfolgten) Begutach-tung durch das ABI (Gutachten vom 30. Dezember 2014) gab sie an, sich keine Berufstätigkeit mehr vorstellen zu können. In diesem Sinne bezog sie auch nach dem zweiten Vorbescheid gegenüber dem orthopädischen SMAB-Gutachter Stellung, während sie gegenüber dem internistischen und dem psychiatrischen SMAB-Gutachter ihren Eingliederungswillen bekundete (Gutachten vom 27. November 2020).
6.1.2. Im Rahmen des ersten, von ihr am 16. Dezember 2020 unterzeichneten Fragebogens Arbeitsvermittlung gab die Beschwerdegegnerin an, sie habe sich nie um Stellen beworben, weil sie seit 2004 80-100 % arbeitsunfähig sei. Auf die beiden darin gestellten Fragen, ob sie bereit sei, Stellen mit einem ihr als zumutbar erachteten Arbeitspensum von 80 % anzutreten bzw. sich regelmässig selbst und auch bei von der IV zugewiesenen Stellen zu bewerben, kreuzte sie zwei Mal die Antwort "nein" an, wobei sie oberhalb der ersten Antwort notierte "unrealistisch, daher [nein]" und bei der zweiten als Grund nannte, dass sie seit 2004 80-100 % arbeitsunfähig sei. In einem zweiten, am 17. September 2021 unterzeichneten Fragebogen Arbeitsvermittlung gab sie wiederum an, sie habe sich seit 2004 nie um Stellen beworben, kreuzte nun aber bei beiden Fragen die Antwort "ja" an und erklärte, sie sei gewillt und bereit, wieder in die Arbeitswelt zurückzukehren, benötige aber die Unterstützung der IV bei den Bewerbungen und beim Lebenslauf, da sie keinen PC und keine PC-Kenntnisse habe. Im Erstgespräch Arbeitsvermittlung, das am 29. September 2021, mithin kurze Zeit später, stattfand, soll sich die Versicherte dann wieder - zumindest nach dem dazu erstellten Protokoll, die Äusserungen sind unter den Parteien umstritten - mehrmals dahingehend geäussert haben, dass sie sich aktuell nicht im Stande fühle, einer Arbeit nachzugehen. Weiter soll sie, auf die widersprüchlichen Aussagen in den beiden Fragebogen angesprochen, wiederholt haben, dass sie sich nicht in der Lage fühle, eine Arbeit nach den ergonomischen Vorgaben ausführen zu können; den zweiten Fragebogen habe ihre Tochter ausgefüllt und sie verstehe die Forderung des Anwaltes (nach beruflichen Massnahmen) nicht. Im Abschlussbericht vom 6. Oktober 2021 hielt die Eingliederungsberatung Arbeitsvermittlung schliesslich als Ergebnis fest, dass eine Eingliederung nicht möglich sei; die Versicherte fühle sich nicht in der Lage, einer Arbeit nachzugehen.
6.1.3. Was die rechtsprechungsgemäss ebenfalls zu berücksichtigenden Anträge der Versicherten anbelangt, erklärte sich die Beschwerdegegnerin im ersten Vorbescheidverfahren am 26. Mai 2014 formal zu Wiedereingliederungsmassnahmen bereit, wobei sich diese Bereitschaft gemäss dem Einwandschreiben des Rechtsvertreters vom 2. Juni 2014 auf eine Tätigkeit in einem 40 %-Pensum gemäss der bisherigen Zumutbarkeitsbeurteilung bezog. Alsdann liess sie im Rahmen des zweiten Vorbescheidverfahrens überhaupt keine Eingliederungsmassnahmen mehr beantragen. Anders verhielt es sich wiederum im gegen den dritten Vorbescheid gerichteten Einwand, in welchem ihr Rechtsvertreter die IV-Stelle dazu aufforderte, umgehend berufliche Massnahmen ernsthaft zu prüfen und auszuprobieren, wozu die Versicherte "ihre volle Mitwirkung" anbiete. Damit übereinstimmend liess die Beschwerdegegnerin im vorinstanzlichen Prozess ihr Begehren um berufliche Eingliederungsmassnahmen erneuern.
6.2. Die in E. 6.1.1-6.1.3 geschilderten, widersprüchlichen Äusserungen zeigen die Ambivalenz der Beschwerdegegnerin gegenüber beruflichen Massnahmen, indem sich ihre Einstellung zu entsprechenden Vorkehren immer wieder änderte. Es trifft zu, dass sie dabei wiederholt eine ablehnende Haltung einnahm, wobei sie angab, sich überhaupt keine Erwerbstätigkeit mehr vorstellen zu können. Allerdings scheint dafür im Wesentlichen ihre subjektive Krankheitsüberzeugung im Sinne von überhöhten gesundheitsbezogenen Bedenken verantwortlich zu sein. Dass die versicherte Person ihren Gesundheitszustand dergestalt abweichend von der ärztlichen Einschätzung auffasst, genügt indessen für sich alleine nicht, die subjektive Eingliederungsfähigkeit in Frage zu stellen (Urteil 9C_368/2012 vom 28. Dezember 2012 E. 3.2; vgl. auch ANDREAS BRUNNER/DORIS VOLLENWEIDER, in: Basler Kommentar, Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts, 2020, N. 87 zu Art. 21 ATSG). Insbesondere nach einem langjährigen Rentenbezug (wie er auch hier vorliegt) muss es kein Zeichen vorwerfbarer Motivationsdefizite sein, wenn es der versicherten Person Mühe bereitet, sich von der Vorstellung, leistungseingeschränkt zu sein, zu lösen (vgl. dazu auch ANDREAS TRAUB, Mahn- und Bedenkzeitverfahren vor einer Rentenherabsetzung, SZS 2018 S. 448 ff., 450). Vielmehr kann eine solche Krankheitsüberzeugung ein subjektives Eingliederungshindernis darstellen, welchem gerade mit dem Angebot von beruflichen Massnahmen angemessen begegnet werden könnte (vgl. dazu Urteile 8C_93/2023 vom 5. Juli 2023 E. 3.2; 8C_682/2018 vom 21. Februar 2019 E. 7.1; 9C_469/2016 vom 22. Dezember 2016 E. 7). Ein Wille zur Eingliederung kann der Beschwerdegegnerin nicht abgesprochen werden, denn sie zeigte sich immer wieder willens, eine Arbeit aufzunehmen (in welchem Sinne sie sich namentlich gegenüber dem internistischen und dem psychiatrischen SMAB-Gutachter äusserte), und ersuchte wiederholt explizit um entsprechende Unterstützung durch die IV-Stelle (so im zweiten, am 17. September 2021 unterzeichneten Fragebogen und im Rahmen der Begehren, welche sie im ersten und im dritten Vorbescheidverfahren sowie im vorinstanzlichen Prozess stellen liess). Mit anderen Worten ändert der Einbezug der weiteren, von der IV-Stelle als entscheidrelevant betrachteten Unterlagen nichts daran, dass nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, der Beschwerdegegnerin fehle der Eingliederungswille, was aber vorausgesetzt wäre für das von der IV-Stelle gewählte Vorgehen, die Rente ohne Durchführung des Mahn- und Bedenkzeitverfahrens einzustellen.
6.3. Der VolIständigkeit halber sei erwähnt, dass der IV-Stelle auch nicht beigepflichtet werden kann, soweit sie dafürhält, der Eingliederungswille müsse überwiegend wahrscheinlich ausgewiesen sein, um den Anspruch auf berufliche Massnahmen zu begründen. Mit Blick darauf, dass rentenbeziehende Personen nicht nur einen Anspruch, sondern auch eine Pflicht haben, an zumutbaren Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen (BGE 145 V 2 E. 4.3.1), erkannte das Bundesgericht unlängst, dass die subjektive Eingliederungsfähigkeit der rentenbeziehenden Person keine Voraussetzung für die Durchführung solcher Massnahmen bildet, auch wenn deren Vorhandensein die Eingliederungswirksamkeit erhöht (BGE 145 V 2 E. 4.3.3).
6.4. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzte, indem sie erkannte, die IV-Stelle habe vor der Rentenaufhebung ein Mahn- und Bedenkzeitverfahren durchzuführen, weil nicht überwiegend wahrscheinlich feststehe, dass der Beschwerdegegnerin der Eingliederungswille fehle. Die Beschwerde ist mithin abzuweisen.
6.5. Bleibt es beim angefochtenen Urteil, erübrigen sich Ausführungen zur in der beschwerdegegnerischen Vernehmlassung thematisierten fehlenden Anfechtung der Parteientschädigung (vgl. Sachverhalt lit. C) und zur darin geforderten "Mitwürdigung" des Schreibens vom 18. Januar 2021, welches der beschwerdegegnerische Rechtsvertreter zum integrierenden Bestandteil seiner Eingabe erklärt hatte.
7.
Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegenstandslos.
8.
Bei diesem Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und der Beschwerdegegnerin überdies eine Parteientschädigung auszurichten ( Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG ). Das von der Beschwerdegegnerin gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist damit gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 11. Juli 2024
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Stadelmann
Die Gerichtsschreiberin: Keel Baumann