Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_809/2022
Urteil vom 11. Oktober 2022
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Gerichtsschreiberin Ivanov.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch
Dr. Pandora Kunz-Notter und Hannes Walz, Rechtsanwälte,
gegen
1. B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Gerhard Schnidrig,
2. Einwohnergemeinde U.________, Interkommunale Abfallkommission IAK, U.________ BE, vertreten durch Rechtsanwalt Martin Buchli,
3. Regierungsstatthalteramt W.________,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Submission,
Beschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Instruktionsrichterin, vom 26. September 2022 (100.2022.92X6-Z).
Erwägungen:
1.
1.1. Mit Verfügung vom 16. Dezember 2021 erteilte die Einwohnergemeinde U.________ als Sitzgemeinde für die Interkommunale Abfallkommission (nachfolgend: die Vergabestelle) der B.________ AG (nachfolgend: Zuschlagsempfängerin) den Zuschlag für die Kehricht- und Sperrgutsammlung 2023-2032 im Gebiet V.________.
Eine dagegen erhobene Beschwerde der zweitplatzierten A.________ wies der Regierungsstatthalter des Amtes W.________ mit Entscheid vom 21. März 2022 ab.
1.2. Gegen diesen Entscheid reichte die A.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern ein und ersuchte um Erteilung der aufschiebenden Wirkung.
Mit Verfügung vom 26. September 2022 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichterin, das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerde erscheine gestützt auf eine summarische Prüfung als aussichtslos bzw. nicht ausreichend begründet.
1.3. Die A.________ gelangt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 6. Oktober 2022 (Postaufgabe) an das Bundesgericht und beantragt, es sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und es sei ihrer Beschwerde an das Verwaltungsgericht aufschiebende Wirkung zu erteilen. Sodann ersucht sie, vorab superprovisorisch, um aufschiebende Wirkung für das bundesgerichtliche Verfahren.
Mit Formularverfügung vom 7. Oktober 2022 wurde angeordnet, dass bis zum Entscheid über das Gesuch um aufschiebende Wirkung alle Vollziehungsvorkehrungen zu unterbleiben hätten.
Es wurden keine weiteren Instruktionsmassnahmen angeordnet.
2.
2.1. Die angefochtene Verfügung stellt einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid über vorsorgliche Massnahmen dar (Art. 93 Abs. 1 BGG). Solche Zwischenentscheide können vor Bundesgericht unter anderem angefochten werden, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Diese Voraussetzung ist vorliegend rechtsprechungsgemäss erfüllt, kann doch die Vergabestelle, wenn der angefochtene Zwischenentscheid Bestand hat und damit der Beschwerde vor Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung versagt wird, den Vertrag mit der Zuschlagsempfängerin abschliessen. Der Beschwerdeführerin würde dann voraussichtlich nur noch die Aussicht auf Schadenersatz (Sekundärrechtsschutz) verbleiben (vgl. Urteile 2C_327/2022 vom 26. Juli 2022 E. 2.2 mit Hinweisen; 2C_718/2020 vom 11. Januar 2021 E. 1.2).
2.2. Nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens (vgl. BGE 143 II 425 E. 1.3; 138 II 501 E. 1.1; 134 V 138 E. 3) folgt der Rechtsweg bei Zwischenentscheiden demjenigen der Hauptsache (vgl. BGE 137 III 380 E. 1.1; Urteile 2C_477/2021 vom 24. Juni 2021 E. 1.2; 2C_1062/2020 vom 25. März 2021 E. 1.1).
Auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur unter den kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen von Art. 83 lit. f BGG zulässig (vgl. BGE 140 I 285 E. 1.1; 134 II 192 E. 1.2; 133 II 396 E. 2.1). Ansonsten steht im Bereich des kantonalen öffentlichen Beschaffungswesens die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff.) zur Verfügung (vgl. auch Urteil 2C_611/2011 vom 16. Dezember 2011 E. 3).
Die Frage nach dem zulässigen Rechtsmittel kann vorliegend offenbleiben, da sich die Kognition des Bundesgerichts sowohl nach Art. 98 BGG, welcher auf Entscheide über vorsorgliche Massnahmen anwendbar ist, als auch nach Art. 116 BGG auf die Verletzung verfassungsmässiger Rechte beschränkt (vgl. auch Urteil 2C_951/2019 vom 16. Juli 2020 E. 3).
2.3. Das Bundesgericht prüft Rügen wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte nur insofern, als sie in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden sind (qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht; vgl. Art. 106 Abs. 2 und Art. 117 BGG ; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.1; 146 III 303 E. 2; 142 III 364 E. 2.4; 135 III 232 E. 1.2). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 143 I 1 E. 1.4; 134 II 349 E. 3; 133 II 396 E. 3.2).
2.4. Entscheidet eine Behörde über eine vorsorgliche Massnahme, tut sie dies anhand der ihr bis dahin zur Verfügung stehenden Akten aufgrund einer bloss summarischen Prüfung, ohne sich bereits vertieft mit den sich stellenden Sach- und Rechtsfragen auseinanderzusetzen (BGE 139 III 86 E. 4.2; 131 III 473 E. 2.3). Das Bundesgericht legt sich seinerseits bei der Überprüfung von Entscheiden einer verwaltungsunabhängigen richterlichen Behörde über vorsorgliche Massnahmen besondere Zurückhaltung auf: Es hebt deren Entscheid nur auf, wenn die Vorinstanz ihr Ermessen überschritten oder missbraucht hat, oder wenn sie wesentliche Tatsachen völlig übersehen und Interessen ausser Acht gelassen oder offensichtlich falsch bewertet hat (BGE 129 II 286 E. 3; für das Submissionsrecht vgl. u.a. Urteile 2C_951/ 2019 vom 16. Juli 2020 E. 4.2; 2D_31/2016 vom 2. Februar 2017 E. 2.3; jeweils mit Hinweisen).
2.5. Gemäss der angefochtenen Verfügung hatte die Beschwerdeführerin im vorinstanzlichen Verfahren die Auffassung vertreten, dass die Zuschlagsempfängerin vom Vergabeverfahren hätte ausgeschlossen werden müssen. Aus diesem Grund erachtete sie ihre Beschwerde an das Verwaltungsgericht als nicht aussichtslos.
Die Vorinstanz hat dargelegt, unter welchen Voraussetzungen die Vergabebehörde Anbieterinnen von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschliessen kann (vgl. Art. 24 Abs. 1 der vorliegend anwendbaren Verordnung vom 16. Oktober 2002 über das öffentliche Beschaffungswesen [ÖBV; BAG 02-072]; in Kraft bis 31. Januar 2022). Sie hat sodann die Bewertung des Angebots der Zuschlagsempfängerin hinsichtlich der hier strittigen Kriterien ("Garagierungsstandort", Einsatz eines Fahrzeugs, das mindestens die Abgasnorm "Euro 6" einhält, Wägesystem), unter Berücksichtigung des der Vergabebehörde dabei zukommenden Ermessensspielraums, summarisch geprüft und ist zum Ergebnis gelangt, dass die Vergabestelle das Transparenzgebot in Verbindung mit dem Gleichbehandlungsgebot eingehalten habe. Ferner hat sie festgehalten, dass die Vergabestelle weder willkürlich gehandelt noch ihre Sorgfaltspflichten bei der Prüfung des Angebots der Zuschlagsempfängerin verletzt habe. Gestützt auf diese summarische Prüfung hat die Vorinstanz erwogen, dass die bei ihr eingereichte Beschwerde aussichtslos bzw. nicht hinreichend begründet sei, sodass die Voraussetzungen für die Erteilung der aufschiebenden Wirkung gemäss dem anwendbaren kantonalen Recht nicht erfüllt seien (Art. 14 Abs. 3 des Gesetzes vom 11. Juni 2002 über das öffentliche Beschaffungswesen [ÖBG; BAG 02-092; in Kraft bis 31. Januar 2022] i.V.m. Art. 17 Abs. 1 der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen in der hier massgebenden Fassung vom 25. November 1994/15. März 2001 [aIVöB] und Art. 33 Abs. 1 ÖBV).
2.6. Die Beschwerdeführerin bringt vor, es lägen im vorliegenden Fall "klare Rechtsverletzungen" vor, weshalb die aufschiebende Wirkung im vorinstanzlichen Verfahren zu erteilen sei. Zur Begründung führt sie über weite Strecken aus, weshalb die Vergabestelle aus ihrer Sicht verschiedene Vergabe- und Rechtsgrundsätze (Transparenz-, Gleichbehandlungs- und Sorgfaltspflichtgebot, Willkürverbot, Prinzip von Treu und Glauben) nicht eingehalten haben soll. Ihre Kritik richtet sich indessen überwiegend gegen die Bewertung des Angebots der Zuschlagsempfängerin durch die Vergabestelle und nicht gegen die vorinstanzlichen Erwägungen, die zur Abweisung ihres Gesuchs um aufschiebende Wirkung geführt haben.
Eine solche Begründung, die primär die Hauptsache bzw. das Hauptverfahren betrifft, erfüllt die Voraussetzungen von Art. 98 bzw. Art. 116 BGG - auf welche in der Beschwerdeschrift im Übrigen in keiner Weise Bezug genommen wird - nicht, da die Beschwerdeführerin nicht substanziiert aufzeigt, inwiefern der angefochtene Zwischenentscheid über vorsorgliche Massnahmen verfassungsmässige Rechte verletzt (vgl. E. 2.3 hiervor; vgl. auch Urteil 2C_281/2022 vom 28. April 2022 E. 2.3). Soweit sie ausführt, ihre Beschwerde könne gestützt auf eine
prima-facie -Würdigung in keiner Weise als aussichtslos bzw. nicht ausreichend begründet i.S.v. Art. 14 Abs. 3 ÖBG, Art. 17 Abs. 1 der aIVöB und Art. 33 ÖBV bezeichnet werden, verkennt sie, dass diese Bestimmungen keine verfassungsmässigen Rechte darstellen.
Vor diesem Hintergrund genügen ihre Ausführungen den qualifizierten Rüge- und Substanziierungsanforderungen für Verfassungsrügen (vgl. E. 2.3 hiervor) in Bezug auf den angefochtenen Entscheid über vorsorgliche Massnahmen, welcher alleiniger Verfahrensgegenstand bildet, nicht.
2.7. Die Beschwerde enthält offensichtlich keine hinreichende Begründung (Art. 108 Abs. 1 lit. b und Art. 106 Abs. 2 [allenfalls i.V.m. Art. 117] BGG). Es ist darauf mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 108 BGG nicht einzutreten. Mit dem vorliegenden Entscheid wird das Gesuch der Beschwerdeführerin um aufschiebende Wirkung für das bundesgerichtliche Verfahren gegenstandslos. Der superprovisorisch angeordnete Vollzugsstopp fällt dahin.
3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die reduzierten Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Zuschlagsempfängerin, die nicht zur Vernehmlassung eingeladen worden ist, sind keine entschädigungspflichtigen Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren entstanden. Entsprechend ist sie auch nicht zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Die Vergabestelle hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt die Präsidentin:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Instruktionsrichterin, mitgeteilt.
Lausanne, 11. Oktober 2022
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov