Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_395/2024
Urteil vom 11. Oktober 2024
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
Bundesrichter Haag, Müller,
Gerichtsschreiber Dold.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Einwohnergemeinde Zeihen, handelnd durch den Gemeinderat,
Bahnhofstrasse 4, 5079 Zeihen,
Regierungsrat des Kantons Aargau, Regierungsgebäude, 5001 Aarau,
handelnd durch das Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau, Rechtsabteilung,
Entfelderstrasse 22, Buchenhof, 5001 Aarau.
Gegenstand
Gesamtrevision Nutzungsplanung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 3. Kammer, vom 28. Mai 2024 (WBE.2023.365 / SW / we).
Sachverhalt:
A.
Die Gemeinde Zeihen im Kanton Aargau beabsichtigt, ihre Nutzungsplanung Siedlung und Kulturland umfassend zu revidieren. Vom 1. bis 30. Juni 2021 legte der Gemeinderat Zeihen zu diesem Zweck die Gesamtrevision Nutzungsplanung Siedlung und Kulturland, bestehend aus der Bau- und Nutzungsordnung (BNO), dem Bauzonenplan und dem Kulturlandplan, öffentlich auf. Dagegen erhob A.________ Einwendung. Nachdem an der am 20. September 2021 durchgeführten Einwendungsverhandlung keine Einigung erzielt werden konnte, wies der Gemeinderat am 17. Mai 2022 die Einwendung ab, soweit er darauf eintrat.
Am 10. Juni 2022 beschloss die Einwohnergemeindeversammlung die Gesamtrevision der Nutzungsplanung Siedlung und Kulturland. Ein Referendum wurde nicht ergriffen.
Gegen den Beschluss der Einwohnergemeindeversammlung erhob A.________ beim Regierungsrat des Kantons Aargau Beschwerde. Der Regierungsrat wies das Rechtsmittel mit Beschluss vom 20. September 2023 ab, soweit er darauf eintrat. Mit Beschluss vom gleichen Datum genehmigte er die Nutzungsplanungsrevision.
Eine von A.________ gegen die beiden Beschlüsse des Regierungsrats erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 28. Mai 2024 ab, soweit es darauf eintrat.
B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 27. Juni 2024 beantragt A.________ sinngemäss und im Wesentlichen, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und sein Grundstück sei der Zone WG2 zuzuweisen oder er sei für den Eigentumseingriff zu entschädigen.
Das Verwaltungsgericht und die Gemeinde haben auf eine Stellungnahme ausdrücklich verzichtet. Der Regierungsrat hat sich nicht vernehmen lassen.
Erwägungen:
1.
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG ). Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Er ist als Eigentümer der Parzelle Nr. 219, die von der Wohn- und Gewerbezone in eine reine Wohnzone umgezont werden soll, nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind, ist auf die Beschwerde unter Vorbehalt der nachfolgenden Erwägungen einzutreten.
1.2. Im Laufe des Rechtsmittelverfahrens kann sich der Streitgegenstand verengen bzw. um nicht mehr strittige Punkte reduzieren, grundsätzlich jedoch nicht erweitern oder inhaltlich verändern (BGE 142 I 155 E. 4.4.2; 136 II 457 E. 4.2; je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer verlangt, es sei ihm eine Enteignungsentschädigung auszurichten, falls sein Grundstück nicht der Zone WG2 zugewiesen werde. Entschädigungsansprüche wegen Enteignung bildeten im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht jedoch nicht Streitgegenstand und der Beschwerdeführer behauptet auch nicht, dass sich das Verwaltungsgericht damit hätte befassen müssen. Darauf ist deshalb nicht einzutreten (vgl. in diesem Zusammenhang Urteil 1C_473/2017 vom 3. Oktober 2018 E. 2.6 mit Hinweisen, in: ZBl 127/2019 S. 672 [Grundsätze zur Entschädigungspflicht bei einer Ab- bzw. Umzonung]).
1.3. In der Begründung der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Verletzung von Grundrechten, einschliesslich die willkürliche Anwendung von kantonalem und kommunalem Recht, prüft das Bundesgericht nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Insofern gelten qualifizierte Begründungsanforderungen. Soweit diese nicht eingehalten sind, ist auf die Rügen nicht einzutreten (zum Ganzen: BGE 147 II 44 E. 1.2; 145 I 26 E. 1.3; je mit Hinweisen).
Der Beschwerdeführer führt unter dem Titel "Anerkennung der Verfahrensmängel BNO Gemeinde Zeihen" aus, die bis vor Verwaltungsgericht getragene Forderung, Verfahrensmängel der BNO-Revision (mangelhafte Mitwirkung) anzuerkennen, müsse er wohl abschreiben, da offenbar alles den gängigen Normen entspreche. Eine hinreichend substanziierte Rüge, dass der angefochtene Entscheid in diesem Punkt gegen Bundesrecht verstösst, bringt er nicht vor.
In anderem Zusammenhang macht er geltend, er habe das Gefühl gehabt, dass das Verwaltungsgericht seine Replik nicht gewürdigt habe. So lese er in dessen Urteil nirgendwo etwas zur vermuteten Vetternwirtschaft. Sofern der Beschwerdeführer beabsichtigte, damit eine Verletzung der Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) zu rügen, ist sein Vorbringen ebenfalls nicht hinreichend substanziiert: Was es mit der vermuteten Vetternwirtschaft auf sich hat und weshalb dieser Umstand entscheidrelevant gewesen sei soll, legt er nicht dar. Darauf ist deshalb nicht weiter einzugehen.
2.
2.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 8, 9 und 26 BV . Er wehrt sich gegen die Umzonung der in seinem Eigentum stehenden Parzelle Nr. 219 von der Wohn- und Gewerbezone in eine reine Wohnzone, konkret von der Zone WG3 in die Zone W2. Er bringt vor, dass damit erhebliche Nutzungseinschränkungen verbunden seien. Zunächst werde dadurch die Ausnützungsziffer von 0.6 auf 0.4 reduziert. § 36 BNO sehe zwar vor, dass die Ausnützungsziffer unter gewissen Voraussetzungen auf 0.7 erhöht werden könne. Sein Vorschlag, stattdessen die Ausnützungsziffer für die Zonen WG2 und W2 generell auf 0.6 festzulegen, wäre jedoch für die Grundeigentümerschaft eine mildere Massnahme. Weiter sei zu berücksichtigen, dass er seine Liegenschaft zwar momentan nicht gewerblich nutze, sich dies aber jederzeit ändern könne. Es gebe gute Argumente, diese und die vier benachbarten Parzellen Nrn. 920, 220, 781 und 221 nicht der Zone W2 zuzuweisen. Dagegen spreche insbesondere die Lage an der Oberzeiherstrasse und unmittelbar zwischen der Dorfkernzone D und der Zone WG2. Weiter sei die Ungleichbehandlung gegenüber den weiter südlich gelegenen Parzellen Nrn. 283 und 306, die neu der Zone WG2 zugeteilt würden, ungerechtfertigt. Da diese beiden Parzellen an eine Wohn- und Landschaftsschutzzone angrenzten und im ISOS-Perimeter lägen, gehörten sie und nicht seine eigene Parzelle in die Zone W2.
2.2. Planungsmassnahmen, die bisher zulässige Nutzungsmöglichkeiten einschränken, müssen verhältnismässig sein, damit sie mit der Eigentumsgarantie vereinbar sind (Art. 26 und Art. 36 Abs. 3 BV ).
Das Verwaltungsgericht wog die relevanten öffentlichen und privaten Interessen gegeneinander ab. Es legte dar, der Anteil der Mischzonen sei bisher sehr hoch gewesen, weshalb das Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) des Kantons Aargau der Gemeinde empfohlen habe, diesen zu reduzieren, um die Entwicklung eines funktionierenden Zentrums zu fördern. Mit der Zuweisung der Gebiete 81 und 82 (wozu die Parzelle des Beschwerdeführers gehört) in die Zone W2 sei die bereits bestehende Wohnnutzung berücksichtigt und eine grosse, zusammenhängende, an die Dorfkernzone angrenzende Wohnzone geschaffen worden. Das öffentliche Interesse an dieser Planungsmassnahme überwiege das private Interesse des Beschwerdeführers. Letzteres sei als sehr geringfügig zu qualifizieren. Denn konkrete Pläne für eine zukünftige gewerbliche Nutzung hege der Beschwerdeführer nicht. Und zudem seien auch in der Zone W2 Kleinbetriebe zugelassen, sofern es sich um nicht störende Betriebe handle (§ 9 BNO).
Diese Ausführungen lassen keine Bundesrechtsverletzung erkennen. Dass mit einer Reduktion der Mischzonen ausserhalb des Dorfzentrums und damit einer verstärkten Konzentration von mässig störenden Betrieben im Dorfzentrum dessen Funktion bzw. Bedeutung gestärkt wird, leuchtet ein und liegt im öffentlichen Interesse. Das private Interesse des Beschwerdeführers an einer Beibehaltung der Zuordnung seiner Parzelle zur Zone WG2 wiegt dagegen weniger schwer. Diesbezüglich durfte das Verwaltungsgericht zum einen berücksichtigen, dass die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten für ihn nicht einschneidend ist, da gemäss § 9 BNO Kleinbetriebe (Gewerbe, Dienstleistungsbetriebe) in den Wohnzonen W2 und W3 zugelassen sind, sofern es sich um nicht störende Betriebe handelt. Zum andern trug es zu Recht auch dem Umstand Rechnung, dass der Beschwerdeführer keine konkreten Pläne für eine Nutzung hat, die aufgrund der Umzonung obsolet geworden wären (vgl. Urteil 1C_305/2015 vom 14. Dezember 2015 E. 6.4). Eine Verletzung der Eigentumsgarantie liegt in dieser Hinsicht nicht vor.
Dasselbe gilt in Bezug auf die Ausnützungsziffer. § 36 BNO knüpft die Erhöhung der Ausnützungsziffer im Einzelfall ("Nutzungsbonus") an die Voraussetzung, dass sich die Gebäude gut in das Quartierbild einpassen. Damit wird die Verdichtung mit einer qualitativ hochwertigen Innenentwicklung verknüpft. Eine generelle, voraussetzungslose Erhöhung der Ausnützungsziffer, wie sie der Beschwerdeführer fordert, hätte diese Wirkung nicht. Es handelt sich deshalb zwar möglicherweise um eine mildere, aber nicht um eine gleich geeignete Massnahme (vgl. BGE 147 I 346 E. 5.5 mit Hinweisen). Somit liegt auch in dieser Hinsicht keine Verletzung der Eigentumsgarantie vor.
2.3. Zur Rüge der rechtsungleichen Behandlung erwog das Verwaltungsgericht, die Parzelle Nr. 219 des Beschwerdeführers liege im Hauptsiedlungsgebiet der Gemeinde Zeihen. Sie grenze direkt an die Dorfkernzone und sei zusammen mit weiteren Parzellen mit ausschliesslicher Wohnnutzung einer grösseren zusammenhängenden Fläche der Zone W2 zugewiesen worden. Die Parzellen Nrn. 283 und 306 hingegen lägen ausserhalb des geschlossenen Siedlungsgebiets an der Oberzeiherstrasse zwischen Zeihen und Oberzeihen. Sie gehörten nun zu einer sechs Parzellen umfassenden zusammenhängenden Fläche entlang der Oberzeiherstrasse, die in der Zone WG2 liege. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer - anders als die Eigentümer der Parzellen Nrn. 283 und 306 - keine konkreten Absichten betreffend eine gewerbliche Nutzung seiner Liegenschaft geäussert habe.
Der Grundsatz rechtsgleicher Behandlung hat im Raumplanungsrecht nur eine abgeschwächte Bedeutung. Es liegt in der Natur der Raumplanung, dass die Gebiete, in denen gewisse Nutzungen erlaubt oder aber ausgeschlossen sind, irgendwie bezeichnet und von anderen Gebieten abgegrenzt werden müssen. Parzellen ähnlicher Lage und Art können daher unter Vorbehalt des Willkürverbots (Art. 9 BV) völlig verschieden behandelt werden (BGE 142 I 162 E. 3.7.2 mit Hinweisen).
Die Argumente, welche die Vorinstanz für die gewählte Zonierung angeführt hat (Schaffung einer zusammenhängenden Fläche, die zur Zone W2 gehört und an die Dorfkernzone angrenzt), sind haltbar. Die Lage der Parzelle Nr. 219 unterscheidet sich von den beiden vom Beschwerdeführer zum Vergleich angeführten Parzellen, denn diese befinden sich ausserhalb des zusammenhängenden Siedlungsgebiets. Zudem ist nicht erkennbar, weshalb der Ortsbildschutz nicht gewährleistet werden könnte, wenn Letztere der Zone WG2 zugewiesen werden. Eine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots ist vor diesem Hintergrund zu verneinen.
3.
Die Beschwerde ist aus diesen Erwägungen abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 2 f. BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Einwohnergemeinde Zeihen, dem Regierungsrat des Kantons Aargau und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 11. Oktober 2024
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Kneubühler
Der Gerichtsschreiber: Dold