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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess {T 7} 
C 7/06 
 
Urteil vom 11. Dezember 2006 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Seiler; Gerichtsschreiberin Polla 
 
Parteien 
Z.________, 1967, Beschwerdeführer, vertreten 
durch die Winterthur-ARAG Rechtsschutz, Gartenhofstrasse 17, 8004 Zürich, 
 
gegen 
 
Unia Arbeitslosenkasse, Zentralverwaltung Zürich, Strassburgstrasse 11, 8004 Zürich, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 30. November 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1967 geborene Z.________ war bis 31. Mai 2002 als Webpublisher/Webmaster in der Firma X.________ AG im Umfang von wöchentlich 33,6 Stunden tätig. Daneben arbeitete er seit Mai 1999 während rund acht Stunden pro Woche als Sicherheitsmitarbeiter/Türsteher in der Firma Y.________ AG. Nach Verlust der Arbeitsstelle bei der X.________ AG bezog Z.________ ab 1. Juni 2002 bis zum Antritt einer Vollzeitstelle am 13. April 2004 Taggelder der Arbeitslosenversicherung. Mit Verfügung vom 14. Mai 2004 forderte die Arbeitslosenkasse GBI (heute: Unia Arbeitslosenkasse) zu viel ausbezahlte Versicherungsleistungen in der Höhe von Fr. 8998.95 mit der Begründung zurück, die Tätigkeit bei der Y.________ AG sei zu Unrecht als Nebenverdienst eingestuft und bei der Zwischenverdienstberechnung nicht korrekt berücksichtigt worden. Auf Einsprache hin korrigierte die Arbeitslosenkasse erneut die Höhe des versicherten Verdienstes, welcher Fr. 6872.- (anstelle von Fr. 7093.-) betrage und setzte die Rückforderungssumme auf nunmehr Fr. 7357.45 herab (Verfügung vom 18. Oktober 2004). Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 23. Dezember 2004 fest. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht das Kantons Zürich in dem Sinne teilweise gut, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Sache an die Unia Arbeitslosenkasse zurückgewiesen wurde, damit diese im Sinne der Erwägungen die Taggeldberechnung für die Zeit von Juni 2002 bis April 2004 vornehme und die daraus resultierende Rückforderung neu berechne (Entscheid vom 30. November 2005). 
C. 
Z.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, es sei in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides festzustellen, dass die Rückforderung der Beschwerdegegnerin verwirkt sei. 
Sowohl die Arbeitslosenkasse als auch das Staatssekretariat für Wirtschaft haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Der Einspracheentscheid ist am 23. Dezember 2004 und damit nach Inkrafttreten des ATSG auf den 1. Januar 2003 ergangen. Die Rückerstattung betrifft indes sowohl vor wie auch nach diesem Zeitpunkt ausgerichtete Arbeitslosentaggelder. Ob unter diesen Umständen Art. 25 ATSG oder - für die bis 31. Dezember 2002 ausbezahlten Betreffnisse - die bis Ende 2002 geltende Rückerstattungsordnung (Art. 95 Abs. 2 AVIG [in der bis dahin gültig gewesenen Fassung]) anwendbar ist, kann offen bleiben, da die nach dem ATSG massgeblichen Grundsätze aus der früheren Regelung und Rechtsprechung hervorgegangen sind (BGE 130 V 319 Erw. 5.1 und 5.2; vgl. zur Frage des anwendbaren Rechts: Urteil B. vom 23. August 2006 [C88/04] Erw. 3). 
1.2 Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze zur Bemessung des versicherten Verdienstes (Art. 23 AVIG in Verbindung mit Art. 37 Abs. 1 AVIV [in der hier anwendbaren, bis Ende Juni 2003 in Kraft gestandener Fassung]; BGE 126 V 207), zum Zwischenverdienst (Art. 24 AVIG in der bis Ende Juni 2003 gültig gewesenen und in der ab 1. Juli 2003 in Kraft stehenden Fassung) sowie zum Verhältnis von Zwischen- und Nebenverdienst (BGE 125 V 475, 123 V 233 Erw. 3c und 2, 120 V 518 Erw. 3) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt hinsichtlich der Bestimmungen über die Rückforderung unrechtmässig bezogener Leistungen der Arbeitslosenversicherung (Art. 95 Abs. 1 AVIG [in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung], BGE 122 V 368 Erw. 3 mit Hinweisen; Art. 25 ATSG [in Kraft seit 1. Januar 2003]) und die dazu nach der Rechtsprechung notwendigen Voraussetzungen für ein wiedererwägungs- oder revisionsweises Zurückkommen auf die formell rechtskräftig verfügte oder formlos erfolgte Leistungszusprechung (Art. 53 ATSG; BGE 129 V 110 Erw. 1.1 mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen. 
2. 
2.1 Es steht fest und ist letztinstanzlich unstrittig, dass der Beschwerdeführer zu Unrecht Leistungen der Arbeitslosenversicherung bezogen hat, welche die Verwaltung zurückfordern musste (Art. 95 Abs. 1 AVIG, Art. 25 Abs. 1 ATSG). Das kantonale Gericht hat dabei zutreffend erwogen, dass hinsichtlich der Höhe des versicherten Verdienstes vom ursprünglich ermittelten versicherten Verdienst von Fr. 6947.- auszugehen ist, da die von der Verwaltung vorgenommene Korrektur auf Fr. 6872.- unter dem Titel der Wiedererwägung mangels zweifelloser Unrichtigkeit der ersten Berechnung nicht statthaft ist. Im Übrigen sind mit der Vorinstanz die Voraussetzungen für eine wiedererwägungsweise Rückforderung grundsätzlich erfüllt. 
2.2 Mit Blick auf die Tätigkeit bei der Y.________ AG ist dem kantonalen Gericht ebenfalls insoweit beizupflichten, als nicht nur derjenige Teil des Einkommens, der in die Ermittlung des versicherten Verdienstes miteinbezogen worden ist (Fr. 1053.20), bei der Berechnung der Höhe des Zwischenverdienstes hätte beachtet werden sollen, sondern auch derjenige Einkommensanteil, der aus der vorgenommenen Erweiterung des Arbeitspensums resultierte. Denn bei einem in den sechs Monaten nach Anmeldung zum Leistungsbezug bei der Arbeitslosenversicherung durchschnittlich um Fr. 578.55 gegenüber den sechs Monaten vor Arbeitslosigkeit erhöhten Einkommen ist durchaus von einer erheblichen Ausweitung des Nebenverdienstes auszugehen (BGE 123 V 233 Erw. 3c und d). Der durch diese merkliche Steigerung des Nebenverdienstes während der Arbeitslosigkeit erzielte Mehrverdienst hätte demzufolge ebenfalls als Zwischenverdienst angerechnet werden müssen (Urteil R. vom 28. Februar 2001 [C 186/00] Erw. 2c; Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Bd. Soziale Sicherheit, S. 132 Rz 346 in fine in Verbindung mit Fn 687; vgl. Kreisschreiben des seco über die Arbeitslosenentschädigung [KS-ALE Januar 2003] C 8). Dies hat die Arbeitslosenkasse unterlassen. Wenn die Vorinstanz die Neuberechnung nur hinsichtlich Fr. 1537.- übersteigender Einkünfte zugelassen hat, lässt sich dies unter dem Gesichtspunkt der zweifellosen Unrichtigkeit nicht beanstanden. 
3. 
3.1 Zu prüfen bleibt, ob die Rückforderung verwirkt ist, wie der Beschwerdeführer geltend macht, wobei sich die Verwirkungsfrage nur unter dem Blickwinkel der relativen einjährigen Frist stellt, wogegen die absolute Verwirkungsfrist von fünf Jahren jedenfalls gewahrt ist. Entscheidend ist somit, ob die für die Fristwahrung relevante (SVR 2004 ALV Nr. 5 S. 13 Erw. 4.3) Verfügung vom 14. Mai 2004 innert Jahresfrist, nachdem die Kasse in Beachtung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, dass die Voraussetzungen für eine Rückerstattung bestehen (BGE 122 V 274 f. Erw. 5a mit Hinweisen), ergangen ist. Um diese Voraussetzungen beurteilen zu können, müssen der Verwaltung alle im konkreten Einzelfall erheblichen Umstände zugänglich sein, aus deren Kenntnis sich der Rückerstattungsanspruch dem Grundsatz nach und in seinem Ausmass gegenüber einem bestimmten Rückerstattungspflichtigen ergibt. Für die Beurteilung des Rückerstattungsanspruchs genügt es nicht, dass der Kasse bloss Umstände bekannt waren, die möglicherweise zu einem solchen Anspruch führen können, oder dass dieser Anspruch bloss dem Grundsatz nach, nicht aber in masslicher Hinsicht feststeht; das Gleiche gilt, wenn nicht feststeht, gegen welche Person sich die Rückforderung zu richten hat (SVR 2004 ALV Nr. 5 S. 13 mit Hinweisen). 
3.2 Zu Recht wies die Vorinstanz darauf hin, dass die sich der Arbeitslosenkasse stellende Frage nach dem Umfang des anzurechnenden Zwischenverdienstes Monat für Monat neu zu beantworten war. Der Versicherte hat unbestrittenermassen die jeweils erzielten Zwischenverdienste korrekt und vollständig mit den hiezu notwendigen Formularen "Angaben der versicherten Person" für die massgeblichen Monate Juni 2002 bis April 2004 sowie den entsprechenden "Bescheinigungen über Zwischenverdienst" der Arbeitslosenkasse gemeldet. Damit besass die Kasse Ende jeden Monats die erforderlichen Angaben, um die Höhe der Taggeldentschädigung unter Berücksichtigung der jeweils tatsächlich erzielten Zwischenverdienste korrekt berechnen zu können. Aus den eingereichten Zwischenverdienstformularen ergab sich, dass das Arbeitspensum in der Firma Y.________ AG keineswegs konstant war und folglich auch der hieraus erzielte Verdienst monatlich schwankte. Da im Rahmen der Arbeitslosigkeit eine merkliche Steigerung des Nebenverdienstes erfolgte, durfte es nicht bei der einmal nach der Anmeldung zum Leistungsbezug getroffenen Qualifikation des Einkommens aus dieser Tätigkeit bleiben (Aktennotiz vom 10. Juni 2002). Ob ein anzurechnender Zwischenverdienst oder ein unberücksichtigt zu bleibender Nebenverdienst vorliegt, hat die Kasse bei schwankenden Verdienstverhältnissen - systembedingt - für jede Kontrollperiode separat zu prüfen. Dies hat die Verwaltung hier unterlassen, sondern in der Folge die einmal getroffene Ausscheidung des Einkommens über Fr. 1053.20 als Nebenverdienst nicht mehr in Frage gestellt, obwohl hiezu die Angaben in den monatlich eingereichten Zwischenverdienstformularen allen Anlass boten. Ausschlaggebend für die Beantwortung der Verwirkungsfrage sind somit weder der Zeitpunkt der internen Revision (9. Februar 2004) - als die Verwaltung den Fehler tatsächlich erkannte - noch die Bestätigung des Versicherten vom 20. Januar 2003 bezüglich des Umfangs seiner Stellensuche, wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht wird, zumal der Rückforderungsanspruch auf eine unrechtmässig ausgerichtete monatliche Entschädigung solange nicht verwirken kann, als diese einzelne Leistung im Rahmen der gesamten Anspruchsberechtigung tatsächlich noch nicht ausbezahlt war (BGE 122 V 276 Erw. 5b/bb). Bezüglich der länger als ein Jahr vor Erlass der Verfügung vom 14. Mai 2004 ausbezahlten Arbeitslosenentschädigungen (Juni 2002 bis April 2003) hingegen ist der Rückforderungsanspruch der Arbeitslosenkasse nach dem Gesagten verwirkt, dagegen nicht mit Bezug auf die später (ab Mai 2003) bis und mit Juni 2004 ausgerichteten Leistungen. 
4. 
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend hat der teilweise obsiegende Beschwerdeführer Anspruch auf eine reduzierte Parteientschädigung (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 Abs. 1 und 3 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 30. November 2005 und der Einspracheentscheid der Unia Arbeitslosenkasse vom 23. Dezember 2004 aufgehoben, und es wird die Sache an die Unia Arbeitslosenkasse zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen die Höhe des Taggeldanspruchs für die Zeit von Mai 2003 bis April 2004 neu festsetze und die daraus resultierende Rückforderung neu verfüge. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 11. Dezember 2006 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: