Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_69/2020
Urteil vom 12. Januar 2022
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, von Werdt, Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiber Möckli.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Simone Tschopp,
Beschwerdeführer,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Roger Lerf,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Abänderung des Kindesunterhalts,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Zivilkammer, vom 18. Dezember 2019 (ZK 19 428 / ZK 19 429).
Sachverhalt:
A.
Die Parteien sind die unverheirateten Eltern von zwei Kindern mit Jahrgängen 2006 und 2008. Mit Unterhaltsverträgen aus den Jahren 2007 bzw. 2008 verpflichtete sich der Vater zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen pro Kind von Fr. 600.-- bis zum vollendeten 6. Altersjahr, von Fr. 650.-- bis zum vollendeten 12. Altersjahr und von Fr. 700.-- bis zur Volljährigkeit bzw. dem Abschluss der Ausbildung.
B.
Mit Schlichtungsgesuch vom 21. Oktober 2015 und Klage vom 7. März 2016 verlangte der Vater eine angemessene Reduktion der Unterhaltsbeiträge.
Gestützt auf ein Gesuch der Mutter wurden diese ab dem 1. Mai 2016 durch den Sozialdienst Oberes Emmental bevorschusst.
In der Folge beschränkte das Regionalgericht Emmental-Oberaargau das Verfahren mit Verfügung vom 20. November 2018 auf die Frage der Passivlegitimation und mit Entscheid vom 25. Juni 2019 traf es die Feststellung, dass die Passivlegitimation für den Zeitraum vom 1. November 2015 bis 30. April 2016 gegeben sei (Ziff. 1) und für den Zeitraum ab dem 1. Mai 2016 fehle (Ziff. 2).
In Bezug auf Ziff. 2 reichte der Vater eine Berufung ein. In teilweiser Gutheissung modifizierte das Obergericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 18. Dezember 2019 den erstinstanzlichen Entscheid dahingehend, dass es die Klage nicht generell ab dem 1. Mai 2016, sondern nur für den Zeitraum vom 1. Mai 2016 bis zum obergerichtlichen Entscheid mangels Passivlegitimation abwies und die Sache für die sich daran anschliessende Zeit zur materiellen Beurteilung an das Regionalgericht zurückwies.
C.
Dagegen hat der Vater am 27. Januar 2020 beim Bundesgericht eine Beschwerde in Zivilsachen eingereicht mit dem Begehren, das Regionalgericht Emmental-Oberaargau sei anzuweisen, den Sozialdienst Oberes Emmental für die Zeit ab dem 1. Mai 2016 nebst ihm und der Mutter von Amtes wegen als Partei am Verfahren zu beteiligen, wobei die Verfahrensrollen von Amtes wegen zu bezeichnen seien, und dem Eventualbegehren, es sei festzustellen, dass die Passivlegitimation der Mutter auch für den Zeitraum vom 1. Mai 2016 bis 18. Dezember 2019 (Datum Berufungsentscheid) gegeben sei. Ferner verlangt er die unentgeltliche Rechtspflege.
Der im Rubrum der Beschwerde aufgeführte und deshalb ebenfalls zu einer Vernehmlassung eingeladene Sozialdienst hält mit Schreiben vom 18. Februar 2020 fest, sich nicht vernehmen lassen zu können, da er nie in das obergerichtliche Verfahren einbezogen worden und durch die Komplexität der Streitsache überfordert sei; er fühle sich als Spielball der Parteien und müsse die Unterhaltsbeiträge wohl oder übel bevorschussen, solange ein gültiger und vollstreckbarer Titel vorliege.
Mit Vernehmlassung vom 5. März 2020 schliesst die Mutter auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Erwägungen:
1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Teilentscheid, mit welchem die zivilrechtliche Klage auf Abänderung des Kindesunterhaltes für eine bestimmte Zeitspanne (ab Beginn der Bevorschussung bis zum obergerichtlichen Urteil) abgewiesen wurde; die Beschwerde in Zivilsachen steht somit offen (Art. 72 Abs. 1, Art. 75 Abs. 1 und Art. 91 BGG ).
Gegenstand der Beschwerde bildet die Frage der Passivlegitimation bei einer vom Unterhaltsschuldner eingeleiteten Abänderungsklage, wenn während des hängigen Prozesses neu eine Bevorschussung der Unterhaltsbeiträge einsetzt. Das Obergericht hat die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Passivlegitimation des bevorschussenden Gemeinwesens (dazu E. 2) bedauert, diese aber strikt umgesetzt und sich als Folge schwergewichtig zur (fehlenden) Möglichkeit eines wie auch immer gearteten Einbezuges des Gemeinwesens in das bereits hängige Abänderungsverfahren geäussert (dazu E. 3). Der Beschwerdeführer versucht im Hauptstandpunkt, prozessuale Möglichkeiten für einen Parteiwechsel oder eine Einbindung des Gemeinwesens aufzuzeigen, und macht im Eventualstandpunkt geltend, dass das Kind im Abänderungsverfahren auch nach der Aufnahme der Bevorschussung allein passivlegitimiert bleibe (dazu E. 4). Der Hauptstandpunkt des Beschwerdeführers lässt sich nicht umsetzen (dazu E. 5). Indes hat das Bundesgericht heute in einem zur Publikation bestimmten Urteil (Nr. 5A_75/2020) eine Änderung der Rechtsprechung vorgenommen und entsprechend kann das Eventualbegehren gutgeheissen werden (dazu E. 6).
2.
Bevorschusst das Gemeinwesen familienrechtliche Unterhaltsbeiträge, subrogiert es gestützt auf Art. 131a Abs. 2 oder Art. 289 Abs. 2 ZGB in den Unterhaltsanspruch. Kernpunkt ist dabei die Frage, was Gegenstand der Subrogation ist und was dies für die Sachlegitimation bei Unterhaltsklagen bedeutet, namentlich für die Passivlegitimation bei der Abänderungsklage, wenn der Unterhaltsschuldner ein Herabsetzungs- oder Aufhebungsbegehren stellt. Die jüngere bundesgerichtliche Rechtsprechung hierzu lässt sich wie folgt zusammenfassen:
BGE 137 III 193 lag der Fall zugrunde, dass die kantonalen Instanzen dem bevorschussenden Gemeinwesen verweigerten, gegen den säumigen Elternteil eine Schuldneranweisung gemäss Art. 291 ZGB zu verlangen, dies mit der Begründung, die Bevorschussung betreffe die Vergangenheit, die Schuldneranweisung hingegen die Zukunft, weshalb sie bei der Subrogation nicht als Nebenrecht habe auf das Gemeinwesen übergehen können. Das Bundesgericht hielt demgegenüber dafür, dass die Möglichkeit der Schuldneranweisung dem bevorschussenden Gemeinwesen angesichts des sich aus der Botschaft zur Revision des Kindesverhältnisses ergebenden Willens des Gesetzgebers (BBl 1974 II 64 f.) und der herrschenden Meinung zustehen müsse, und es versuchte dies in E. 3.8 des Entscheides rechtsdogmatisch damit zu erklären, dass die Subrogation nicht nur die vom Gemeinwesen effektiv vorschussweise geleisteten Unterhaltsbeiträge umfasse, sondern der Anspruch auf Unterhalt bzw. das Stammrecht als solches den Gegenstand der Subrogation gemäss Art. 289 Abs. 2 ZGB bilde.
Im Urteil 5A_634/2013 vom 12. März 2014 E. 4.1 bestätigte das Bundesgericht die Sichtweise, dass die Subrogation auch zukünftige Unterhaltsleistungen umfasse, von denen feststehe, dass sie bevorschusst würden, und hielt fest, bei nur teilweiser Subrogation (d.h. wenn das Gemeinwesen nicht den gesamten zivilrechtlichen Unterhalt bevorschusst) brauche es deshalb eine Koordination dahingehend, dass sich eine vom Unterhaltsschuldner eingereichte Abänderungsklage gegen das Kind und das Gemeinwesen gemeinsam richten müsse.
Im Urteil 5A_499/2015 vom 20. Januar 2016 E. 2.3 schützte das Bundesgericht die Auffassung der Vorinstanz, dass bei Bevorschussung des gesamten Unterhaltes sich die Abänderungsklage exklusiv gegen das Gemeinwesen zu richten habe und eine gegen das Kind eingereichte Abänderungsklage mangels Passivlegitimation abzuweisen sei, wobei es die Auffassung vertrat, dass diese Prüfung angesichts der für Kindesunterhalt geltenden Untersuchungsmaxime von Amtes wegen vorzunehmen und eine Einlassung seitens des Kindes nicht möglich sei.
In BGE 143 III 177 bekräftigte das Bundesgericht den - in BGE 137 III 193 im Kontext mit der Schuldneranweisung, welche als Nebenrecht auf das bevorschussende Gemeinwesen übergehe, geäusserten - Gedanken, wonach Gegenstand der Subrogation nach Art. 289 Abs. 2 ZGB nicht nur die effektiv bevorschussten, sondern auch die künftigen Unterhaltsleistungen seien, deren Bevorschussung bereits bewilligt sei. Damit werde der Grundsatz durchbrochen, wonach der Zedent der Adressat von Willenserklärungen des Schuldners bleibe, welche das Schuldverhältnis als Ganzes beträfen, und die Subrogation in das Stammrecht habe insofern "überschiessende Wirkung", als die Einwirkungsmöglichkeiten des Gemeinwesens bei der Abänderungsklage nicht auf die tatsächlich bevorschussten oder noch zu bevorschussenden Unterhaltsansprüche beschränkt sei. Dennoch tangiere die Subrogation die Gestaltungsrechte und prozessualen Befugnisse des Kindes hinsichtlich des Dauerschuldverhältnisses nicht, sondern dieses bleibe bei der Abänderungsklage selbst dann neben dem Gemeinwesen passivlegitimiert, wenn jenes in zeitlicher und quantitativer Hinsicht vollständig in den Unterhaltsanspruch subrogiert habe. Überdies befand das Bundesgericht, dass Unterhaltsbeiträge nur dann und insoweit bereits auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Abänderungsklage herabgesetzt werden könnten, als keine Bevorschussung stattgefunden habe, denn mit einer rückwirkenden Herabsetzung würde auch die Subrogation und damit der Rechtsgrund für die bereits erfolgte Bevorschussung wegfallen.
In den seitherigen Urteilen 5A_643/2016 vom 21. Juni 2017, 5A_847/2018 vom 6. Dezember 2019, 5A_694/2019 vom 24. Februar 2020, 5A_943/2019 vom 29. April 2020 (indirekt, Rückweisung) und 5D_211/2019 vom 29. Mai 2020 bestätigte das Bundesgericht die Sichtweise, wie sie in BGE 143 III 177 zum Ausdruck kam, und hielt dafür, dass bei Bevorschussung des Unterhalts zufolge Subrogation das Kind und das Gemeinwesen gemeinsam einzuklagen seien, ansonsten es an der Passivlegitimation fehle.
Im Urteil 5A_694/2019 vom 24. Februar 2020 befand das Bundesgericht ausserdem, die Erwägung des Appellationshofes, bei der in BGE 143 III 177 vorgegebenen gemeinsamen Passivlegitimation handle es sich um eine notwendige Streitgenossenschaft, sei jedenfalls nicht unhaltbar.
3.
Das Obergericht befolgte im angefochtenen Entscheid strikt die in E. 2 dargestellte bundesgerichtliche Rechtsprechung zur "gemeinsamen" Passivlegitimation von Kind und bevorschussendem Gemeinwesen ab dem Zeitpunkt der Bevorschussung - obwohl fraglich sei, inwiefern das Gemeinwesen ein praktisches Interesse an einem Eintritt in das Abänderungsverfahren habe, zumal das betroffene Kind bzw. dessen Vertreter in einem deutlich engeren Bezug zum Streitgegenstand stehe und bei der praktischen Umsetzung zahlreiche Unklarheiten und Schwierigkeiten bestünden, auf welche auch die Lehre hinweise - und verneinte in der Folge die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verletzung von Art. 286 Abs. 2 ZGB und Art. 169 OR sowie von Art. 49 BV.
Es warf aber die Frage auf, ob Anlass bestehe, auch für die Zeit nach Eintritt der Rechtskraft des obergerichtlichen Urteils weiterhin von einer "gemeinsamen" Passivlegitimation von Kind und bevorschussendem Gemeinwesen auszugehen, was das Bundesgericht soweit ersichtlich bislang nicht geklärt habe. Es verneinte einen entsprechenden Bedarf und hiess die Berufung deshalb teilweise gut, unter diesbezüglicher Rückweisung der Sache zur materiellen Beurteilung.
Hingegen schützte das Obergericht die Klageabweisung für die Zeit ab der Bevorschussung bis zur Rechtskraft des obergerichtlichen Urteils, indem es wie gesagt die in E. 2 dargestellte bundesgerichtliche Rechtsprechung befolgte und in prozessualer Hinsicht die Möglichkeit verneinte, das Gemeinwesen ab dem Zeitpunkt der Bevorschussung in das Verfahren einzubeziehen. Es hielt fest, dass für einen Parteiwechsel nach Art. 83 Abs. 1 ZPO zwingend die Zustimmung des Erwerbers erforderlich wäre und der Sozialdienst als bevorschussendes Gemeinwesen es ausdrücklich abgelehnt habe, in den Prozess einzutreten. Abgesehen davon trete beim Parteiwechsel nach Art. 83 Abs. 1 ZPO der Erwerber nach dem expliziten Wortlaut der Norm "an die Stelle" des Veräusserers; dies verhalte sich aber vorliegend gerade nicht so, weil gemäss BGE 143 III 177 E. 6.3.3 und 6.3.6 das Kind selbst bei vollständiger Bevorschussung weiterhin neben dem Gemeinwesen passivlegitimiert bleibe. Sodann kenne die Zivilprozessordnung das Instrument der Beiladung nicht; möglich wäre einzig eine Anfrage nach Art. 56 ZPO zur Teilnahme am Prozess, was aber der Sozialdienst wie gesagt klar abgelehnt habe. Ferner hat das Obergericht die Argumentation des Beschwerdeführers verworfen, wonach das Gemeinwesen als notwendiger Streitgenosse nicht unbedingt am Prozess teilnehmen müsse, weil im Sinn von Art. 70 Abs. 2 ZPO die Handlungen des Kindes auch für das säumige Gemeinwesen wirken würden, indem es das Vorliegen einer notwendigen Streitgenossenschaft verneint hat. Frage sei vielmehr, ob dem Sozialdienst überhaupt Parteistellung zukommen könne, wenn er damit nicht einverstanden sei. Eine gesetzliche Grundlage für eine Prozessstandschaft fehle aber und eine gewillkürte Prozessstandschaft sei dem schweizerischen Recht fremd.
4.
Vorab macht der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 52 ZPO bzw. Art. 29 BV geltend mit der Begründung, es sei ihm nicht zuzumuten, seine Klage für die Zeit ab der Bevorschussung zurückzuziehen und eine neue Klage einzureichen, die sich nur in der zusätzlichen Nennung des Gemeinwesens auf der beklagtischen Seite unterscheide. Umso mehr wäre dies stossend, als der Sozialdienst ausdrücklich erklärt habe, am Prozess nicht interessiert zu sein. All dies würde nicht der Verwirklichung des materiellen Rechts dienen, sondern wäre reiner Selbstzweck. Das Obergericht halte denn auch selbst fest, dass es unbefriedigend sei, wenn dem Kind die alleinige Passivlegitimation fehle.
Indes besteht der Beschwerdeführer in der Folge nicht darauf, dass die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu ändern sei, weil er diese als gefestigt betrachtet, sondern er versucht, mit verschiedenen Begründungslinien zum Ergebnis zu gelangen, dass die erst während des bereits hängigen Abänderungsprozesses aufgenommene Bevorschussung zu einem Übergang der Passivlegitimation auf das Gemeinwesen und einem automatischen Parteiwechsel führen müsse.
Im Einzelnen macht der Beschwerdeführer diesbezüglich geltend, im angefochtenen Entscheid werde nicht dargelegt, inwiefern zu "allen Rechten" im Sinn von Art. 289 Abs. 2 ZGB bzw. zu den "Nebenrechten" im Sinn von Art. 170 Abs. 1 OR nicht auch die Prozessführungsbefugnis bzw. Prozessführungslast gehöre und wieso das Gemeinwesen gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung, auf welche das Obergericht verweise, lediglich an der Passivlegitimation des Kindes "teilhaben" und dieses nicht als beklagte Partei ersetzen soll. Bei Renten werde zwischen dem nicht abtretbaren Stammrecht und den Einzelforderungen unterschieden. Mit der Bevorschussung dieser Einzelforderungen müsse als Nebenrecht auch die Passivlegitimation bzw. die prozessuale Stellung auf das Gemeinwesen übergehen, und es müsse zu einem automatischen Parteiwechsel kommen, denn die Forderung gehe in dem Zustand über, in welchem sie sich im Zeitpunkt der Legalzession befinde, und das Prozessführungsrecht sei in diesem Zeitpunkt bereits betätigt gewesen. Insofern müsse es aufgrund der materiellen Rechtslage ohne Zutun der Parteien auch zum Parteiwechsel im Abänderungsverfahren kommen.
Was sodann Art. 83 ZPO anbelange, werde dieser in erster Linie im Kontext des gewillkürten Parteiwechsels diskutiert. Dort gehe es um die (freiwillige) Veräusserung, während es hier um eine Legalzession gehe und folglich der Parteiwechsel in Bezug auf die bevorschussten Einzelforderungen ipso iure eintreten müsse. Rein praktisch müsse es dem Gemeinwesen aber trotzdem freistehen, ob es überhaupt am Prozess teilnehmen oder sich im Sinn einer uneigentlichen Prozessstandschaft vom Unterhaltsberechtigten vertreten lassen wolle. Insofern sei der in der Berufungsschrift erfolgte Hinweis auf Art. 70 Abs. 2 ZPO berechtigt gewesen, zumal dem erstinstanzlichen Urteil habe entgegengesetzt werden müssen, dass bei nachträglicher Bevorschussung gerade keine aktive Beteiligung des Gemeinwesens am Verfahren erforderlich sei, damit dieses seinen Fortgang nehmen könne. Jedenfalls dürfe das Zivilverfahren nicht einfach ins Leere laufen, wenn das Gemeinwesen nachträglich bevorschusse, aber am Abänderungsverfahren nicht teilnehmen wolle.
Zur Begründung des Eventualstandpunktes macht der Beschwerdeführer geltend, dass die zivilprozessrechtliche Passivlegitimation keine formelle Eigenschaft sei, die beispielsweise mit einer Veräusserung untergehe; ausschlaggebend sei vielmehr die materielle Rechtslage. Solange der Erwerber nicht in den Prozess eintrete, behalte die veräussernde Partei das Prozessführungsrecht. Vorliegend würden die verfallenen Einzelforderungen den Gegenstand der Subrogation bilden. Sei in diesem Zeitpunkt ein Abänderungsverfahren hängig, sei die Höhe der zedierten Forderung noch offen, weil sich die Höhe der Unterhaltspflicht während der Dauer des Verfahrens in der Schwebe befinde. Im Übrigen könne der Schuldner gegenüber dem Erwerber sämtliche Einreden und Einwendungen geltend machen, die schon bestanden hätten, als er von der Abtretung Kenntnis erhalten habe. Das Gemeinwesen erwerbe demnach eine Forderung, deren Höhe noch in der Schwebe sei. Deshalb verliere der Unterhaltsberechtigte die Sachlegitimation im Herabsetzungsverfahren nicht, zumal er dem Gemeinwesen gemäss Art. 171 Abs. 1 OR für den Bestand der Forderung hafte und gemäss Art. 10 Abs. 3 GIB/BE (Gesetz über Inkassohilfe und Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen) für zu viel Empfangenes rückerstattungspflichtig wäre. Insofern bestehe nach wie vor ein rechtlich geschütztes Interesse an der Beurteilung des Herabsetzungsbegehrens zwischen dem Unterhaltsschuldner und dem Unterhaltsberechtigten. Dafür könne auch die bundesgerichtliche Formel sprechen, wonach das Gemeinwesen an der Passivlegitimation des Unterhaltsberechtigten bloss "teilhabe". Verbleibe dem Unterhaltsberechtigten das Prozessführungsrecht, bleibe seine Passivlegitimation bestehen, zumal er dem Gemeinwesen das herabsetzende Urteil aus einem bereits hängigen Abänderungsprozess entgegensetzen können müsse.
5.
Der Hauptstandpunkt des Beschwerdeführers, wonach - unter der Hypothese, dass die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung befolgt und somit von einer (wie auch immer) geteilten Passivlegitimation von Kind und Gemeinwesen bei der vom Unterhaltsschuldner eingeleiteten Abänderungsklage ausgegangen wird - der Einbezug des erst während des hängigen Abänderungsverfahrens die Bevorschussung aufnehmenden Gemeinwesens nicht an prozessualen Hürden scheitern darf, ist nachvollziehbar, lässt sich aber rechtlich nicht umsetzen; keine der beschwerdeweise vorgetragenen Möglichkeiten, wie das Gemeinwesen einbezogen werden könnte, lässt die verneinenden Erwägungen des angefochtenen Entscheides als rechtsverletzend erscheinen:
Ein Parteiwechsel nach Art. 83 ZPO scheitert an der in BGE 143 III 177 geäusserten Vorgabe, dass das Kind und das Gemeinwesen "gemeinsam" passivlegitimiert seien, und vorliegend insbesondere auch an der Weigerung des Sozialdienstes, am Verfahren teilzunehmen; eine entsprechende Erklärung ist für einen Parteiwechsel unabdingbar (statt vieler: GROSS/ZUBER, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Band I, N. 9, 16 und 18 zu Art. 83 ZPO).
Die Annahme einer notwendigen Streitgenossenschaft im Sinn von Art. 70 ZPO setzt nach der Legaldefinition voraus, dass mehrere Personen an einem Rechtsverhältnis beteiligt sind, über das nur mit Wirkung für alle entschieden werden kann, was sich in der Regel aus dem materiellen Recht ergibt und typischerweise bei einem Gesamthandverhältnis der Fall ist (statt vieler: GROSS/ZUBER, a.a.O., N. 7 zu Art. 70 ZPO). Bei der Zession geht indes die Forderung vom Zedenten auf den Zessionar über; nicht nur vor der Abtretung, sondern auch nach dem Forderungsübergang hat immer bloss eine Person Gläubigerstellung und damit die Sachlegitimation. Mithin scheitert auch der Erklärungsversuch des Beschwerdeführers, das Kind könnte im Sinn von Art. 70 Abs. 2 ZPO den Prozess als Prozessstandschafter weiterführen, wenn das Gemeinwesen wie vorliegend keine Lust an der Prozessführung habe und am Verfahren nicht teilnehmen wolle.
Weiter hat das Obergericht zutreffend erwähnt, dass der schweizerischen Zivilprozessordnung die "Beiladung" fremd ist (vgl. RUGGLE, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, N. 25 zu Art. 70 ZPO; DOMEJ, in: Kurzkommentar ZPO, 3. Aufl. 2021, N. 14 zu Art. 70 ZPO; SCHWANDER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2016, N. 13 zu Art. 83 ZPO), was im Kontext mit der Passivlegitimation bei der Abänderungsklage auch das Bundesgericht festgehalten hat (BGE 143 III 177 E. 6.1 und 6.3.5; Urteile 5A_634/2013 vom 12. März 2014 E. 4.2; 5A_694/2019 vom 24. Februar 2020 E. 4.2).
Vertiefende Erörterungen zur prozessualen Umsetzung der bisherigen Rechtsprechung erübrigen sich jedoch insofern, als mit dem bereits erwähnten Urteil 5A_75/2020 vom 12. Januar 2022 eine Änderung der Rechtsprechung in Bezug auf den Gegenstand der Subrogation vorgenommen worden ist, aus welcher sich zwangsläufig ergibt, dass bei der vom Unterhaltsschuldner angehobenen Abänderungsklage einzig das Kind bzw. dessen gesetzlicher Vertreter passivlegitimiert ist (dazu E. 6).
6.
Das Urteil 5A_75/2020 lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass der Unterhaltsprozess grundsätzlich ein zivilprozessuales Zweiparteienverfahren zwischen dem Unterhaltsschuldner und dem Kind (bzw. seinem Vertreter) ist und sich der Unterhaltsanspruch des Kindes unmittelbar aus dem Kindesverhältnis ergibt (Art. 276 ZGB). Soweit das Gemeinwesen Unterhaltsbeiträge bevorschusst, subrogiert es in diese (Art. 289 Abs. 2 ZGB). Dabei geht nicht das Stammrecht über, sondern die daraus abgeleiteten, tatsächlich bevorschussten einzelnen Unterhaltsbeiträge. Gegenstand der Abänderungsklage ist indes die neue Quantifizierung des Stammrechtes und entsprechend liegt die Passivlegitimation unabhängig von einer allfälligen Bevorschussung immer beim Kind oder dessen Vertreter. Wird auch während des Abänderungsverfahrens weiter bevorschusst (oder wie vorliegend die Bevorschussung überhaupt erst aufgenommen), ist die Höhe der einzelnen Unterhaltsbeiträge bis zur definitiven Quantifizierung des Stammrechtes im neuen Titel in Schwebe. Wird darin der Unterhalt herabgesetzt oder die Unterhaltspflicht sogar ganz aufgehoben, entfällt rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Klageeinleitung im betreffenden Umfang die materielle Grundlage bzw. der Gegenstand der Subrogation. Die Folgen der "Überbevorschussung" richten sich nach dem kantonalen öffentlichen Recht. Für Einzelheiten kann auf das Urteil 5A_75/2020 vom 12. Januar 2022 E. 6 verwiesen werden.
Für das vorliegende Verfahren bedeutet dies, dass der Beschwerdeführer, welcher seine Abänderungsklage gegen das Kind richtete, nicht nur bei der Klageeinleitung den richtigen Passivlegitimierten ins Recht gefasst hat, sondern dass das Kind auch während des ganzen Verfahrens passivlegitimiert blieb. Demnach ist der angefochtene Entscheid in dahingehender Gutheissung des Eventualbegehrens aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen worden ist, und die Angelegenheit zusätzlich auch für die Zeit ab der Aufnahme der Bevorschussung bis zum Vorliegen des obergerichtlichen Entscheides zur materiellen Beurteilung an das Regionalgericht zurückzuweisen.
Ferner ist die Sache in Bezug auf die Regelung der Kosten des Berufungsverfahrens entsprechend dem neuen Ausgang des Verfahrens an das Obergericht zurückzuweisen (Art. 68 Abs. 5 BGG).
7.
Angesichts der konkreten Umstände wird auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 BGG) und die Rechtsanwältin des Beschwerdeführers zufolge Gutheissung seines Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege und amtlicher Verbeiständung ( Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG ) aus der Bundesgerichtskasse entschädigt. Die Beschwerdegegnerin hat kein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt und muss deshalb ausgangsgemäss die Kosten ihrer Rechtsvertretung selbst zu übernehmen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
In dahingehender Gutheissung des Eventualbegehrens wird der Entscheid des Obergerichtes des Kantons Bern vom 18. Dezember 2019 insoweit aufgehoben, als in Ziff. 1 die Abänderungsklage abgewiesen wurde, und die Angelegenheit wird insgesamt zur materiellen Beurteilung an das Regionalgericht Emmental-Oberaargau zurückgewiesen.
Ferner wird die Sache zur neuen Regelung der Kosten des Berufungsverfahrens an das Obergericht zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
In Gutheissung des betreffenden Gesuches wird der Beschwerdeführer durch die ihm vertretende Rechtsanwältin verbeiständet und diese aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 2'000.-- entschädigt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialdienst Oberes Emmental und dem Obergericht des Kantons Bern, 1. Zivilkammer, mitgeteilt.
Lausanne, 12. Januar 2022
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Herrmann
Der Gerichtsschreiber: Möckli