Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 7} 
B 40/06 
 
Urteil vom 12. März 2007 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Lustenberger, Seiler, 
Gerichtsschreiber R. Widmer. 
 
Parteien 
S.________, 1972, Beschwerdeführer, vertreten durch den Rechtsdienst Integration Handicap, Bürglistrasse 11, 8002 Zürich, 
 
gegen 
 
1. Personalvorsorgestiftung der Firma X.________, vertreten durch Rechtsanwältin Roberta Papa, Lenz & Staehelin Rechtsanwälte, Bleicherweg 58, 8027 Zürich, 
2. Winterthur-Columna, Stiftung für die berufliche Vorsorge, Paulstrasse 9, 8400 Winterthur, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Berufliche Vorsorge, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 13. Februar 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1972 geborene S.________ arbeitete von Februar 1993 bis Ende Dezember 1996 als Lagerist und Maschinenführer bei der Firma Y.________. Für die berufliche Vorsorge war er bei der Personalvorsorgestiftung der Firma Z.________ versichert. Nachdem die Arbeitgeberfirma das Anstellungsverhältnis auf Ende Dezember 1996 gekündigt hatte, stellte S.________ am 9. Dezember 1996 Antrag auf Arbeitslosenentschädigung ab 1. Januar 1997. Er erklärte, eine Vollzeitstelle zu suchen und voll arbeitsfähig zu sein. Ab April 1997 war er in einem Einsatzprogramm beim Verein A.________! tätig. 1998 und 1999 war S.________ jeweils während einiger Wochen als Hilfskraft erwerbstätig, wurde jedoch bereits während der Probezeit entlassen, weil er für die entsprechenden Arbeiten als ungeeignet erachtet wurde. Gestützt auf eine Anmeldung vom 6. Juli 2000 sprach die IV-Stelle Zürich S.________ nach umfangreichen Abklärungen in medizinischer Hinsicht mit Verfügungen vom 12. Januar 2004 bei einem Invaliditätsgrad von 70 % rückwirkend ab 1. Juli 1999 eine ganze Invalidenrente zu. 
B. 
Am 17. Dezember 2004 liess S.________ beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Klage einreichen mit dem Antrag, die Personalvorsorgestiftung der Firma X.________ bzw. ihre Rechtsnachfolgerin, Winterthur-Columna, Stiftung für berufliche Vorsorge, sei zu verpflichten, ihm rückwirkend ab Januar 1998 eine Invalidenrente der beruflichen Vorsorge auf der Grundlage eines Invaliditätsgrades von 70 % auszurichten. Das Sozialversicherungsgericht gelangte zum Schluss, es sei nicht erstellt, dass S.________ spätestens seit 31. Januar 1997 (Ablauf der Nachdeckungsfrist) ununterbrochen zu mindestens 20 % in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkt gewesen ist. Es bestehe daher kein Anspruch auf Invalidenleistungen aus der beruflichen Vorsorge. Dementsprechend wies es die Klage mit Entscheid vom 13. Februar 2006 ab. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt S.________ beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die Winterthur-Columna zu verpflichten, ihm rückwirkend ab Januar 1998 eine Invalidenrente der beruflichen Vorsorge bei einem Invaliditätsgrad von 70 %, zuzüglich Zins zu 5 % seit Klageerhebung, auszurichten; eventuell sei die Personalvorsorgestiftung der Firma X.________ zur Erbringung der nämlichen Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge zu verpflichten. 
 
Die Winterthur-Columna und die Personalvorsorgestiftung der Firma X.________ schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Personalvorsorgestiftung beantragt eventualiter, die Sache sei zur Prüfung ihrer Passivlegitimation an das kantonale Gericht zurückzuweisen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
D. 
Der Instruktionsrichter holte in der Folge Beweisauskünfte bei der Firma C.________, vom 6. September 2006 und bei Dr. med. H.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, vom 8. September 2006 ein. Den Parteien wurde Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395). 
2. 
Im angefochtenen Entscheid sind die hier anwendbaren, bis Ende 2003 gültig gewesenen Bestimmungen über den Anspruch auf Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge (Art. 23 BVG), den Umfang der Invalidenleistungen (Art. 24 Abs. 1 BVG) und den Beginn des Anspruchs (Art. 26 BVG) sowie Beginn und Ende der Versicherung (Art. 10 Abs. 1 bis 3 BVG) zutreffend wiedergegeben. Richtig dargelegt hat die Vorinstanz auch die Rechtsprechung zur Leistungspflicht einer Vorsorgeeinrichtung für das nach Beendigung des Vorsorgeverhältnisses eingetretene Invaliditätsrisiko bei Vorliegen eines engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität (BGE 123 V 262 E. 1c S. 264, 120 V 112 E. 2c S. 117). Darauf kann verwiesen werden. 
3. 
Die Vorinstanz hat zu Recht festgehalten, dass die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist, unabhängig von der Invalidenversicherung zu prüfen ist. Eine Bindung an die Feststellungen der Invalidenversicherung besteht schon deshalb nicht, weil deren Verfügung nur der Winterthur-Columna, nicht aber der Personalvorsorgestiftung der Firma X.________, eröffnet wurde (BGE 129 V 73). 
4. 
Streitig und zu prüfen ist in erster Linie, ob die Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zu einer Erwerbsunfähigkeit und zur Zusprechung einer ganzen Rente der Invalidenversicherung ab 1. Juli 1999 führte, bis 31. Januar 1997 eingetreten ist, als die Nachdeckungsfrist gemäss Art. 10 Abs. 3 BVG endete; dabei ist erforderlich, dass sich die behauptete Arbeitsunfähigkeit im Arbeitsverhältnis, das über die Vorsorgepflicht den Versicherungsschutz begründet, konkret nachteilig bemerkbar gemacht hat (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts B 13/01 vom 5. Februar 2003). 
4.1 Dem Bericht der Psychiatrischen Poliklinik, Universitätsspital W.________, vom 10. Dezember 1996 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer vom 20. Mai bis 4. Juni 1996 erstmals behandelt wurde. Eine Arbeitsunfähigkeit aus psychischen Gründen wurde lediglich vom 21. bis 24. Mai 1996 bescheinigt. Am 10. Dezember 1996 schlug die Psychiatrische Poliklinik alsdann vor, der an einer Somatisierungsstörung leidende Versicherte solle auf eigenen Wunsch an einen niedergelassenen Psychiater (Dr. med. H.________) zur psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung vermittelt werden. Gegebenenfalls sei auch ein Therapieversuch mit einer antidepressiven Medikation wünschenswert. Von einer allfälligen Einschränkung der Arbeitsfähigkeit aus psychischen Gründen Ende 1996 ist in diesem Bericht nicht die Rede. Eine laut undatiertem Zeugnis der Frau Dr. med. O.________, zwischenzeitlich vom 21. August bis 30. September und vom 1. bis 30. Oktober 1996 bestehende Arbeitsunfähigkeit von 100 % und in der Folge 50 % steht offenbar im Zusammenhang mit einem Unfall und ist hier ausser Betracht zu lassen. Ab 13. Dezember 1996 bis 12. August 1998 wurde der Beschwerdeführer wegen der Somatisierungsstörung vom Psychiater Dr. med. H.________, behandelt (Zeugnis vom 28. August 2001). Aus den erwähnten und den weiteren medizinischen Unterlagen (Bericht der Psychiatrischen Universitätsspital W.________ vom 25. März 2002 und Gutachten des Psychiaters Dr. med. E.________ und des Psychologen lic. phil. R.________, vom 2. April 2003 kann nicht geschlossen werden, dass beim Versicherten bis 31. Januar 1997 aus psychischen Gründen eine erhebliche Arbeitsunfähigkeit von mindestens 20 % eingetreten war, welche ihn daran gehindert hätte, eine mit der bisherigen Tätigkeit vergleichbare Arbeit zu verrichten. Daran ändert die letztistanzlich eingereichte Zusammenfassung der Medizinischen Poliklinik des Universitätsspitals W.________ vom 5. September 1997 nichts, wurde doch auch darin keine Arbeitsunfähigkeit attestiert. Die Antworten des Dr. med. H.________ vom 16. März 2006 auf die ihm von der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers unterbreiteten Fragen sind ebenfalls wenig aufschlussreich, indem nähere Angaben zu Grad und Dauer der Arbeitsunfähigkeit während der Behandlung (13. Dezember 1996 bis 12. August 1998) fehlen. Soweit Dr. H.________ auf Fotokopien verweist, welche der Instruktionsrichter nachträglich im Rahmen einer Beweisauskunft bei ihm einverlangt hat, lässt sich daraus ebenfalls nichts für den Standpunkt des Beschwerdeführers gewinnen, handelt es sich dabei doch um den vorstehend zitierten Bericht der Psychiatrischen Poliklinik des Universitätsspitals W.________ vom 10. Dezember 1996 sowie einen Bericht des Dr. med. H.________ an Dr. med. C.________, vom 22. August 1998. In diesem finden sich ebenfalls keinerlei Hinweise darauf, dass der Versicherte im interessierenden Zeitraum bis Ende Januar 1997 in seiner Arbeitsfähigkeit erheblich eingeschränkt gewesen wäre. Es fehlen somit echtzeitliche Arztberichte, welche eine Arbeitsunfähigkeit im massgebenden Zeitraum dokumentieren würden. Hinzu kommt, dass der Versicherte sich im Antrag auf Arbeitslosenentschädigung vom 9. Dezember 1996 als voll vermittlungsfähig bezeichnete und sich ab 22. November 1996 nachweislich um Vollzeitstellen bemühte. Die Arbeitslosenentschädigung wurde sodann ebenfalls auf der Grundlage eines vollen Arbeitspensums ausgerichtet. Wie die Vorinstanz zu Recht ausgeführt hat, sind diese Umstände durchaus bedeutsam, indem sie nebst den fehlenden echtzeitlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen als Indizien dafür gelten können, dass der gegenüber der Arbeitslosenversicherung behaupteten eine tatsächliche Arbeitsfähigkeit entsprach. 
4.2 Die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhobenen Einwendungen sind nicht geeignet, den Eintritt einer relevanten Arbeitsunfähigkeit bis Ende Januar 1997 nachzuweisen. Es trifft zu, dass Dr. med. H.________ den Beschwerdeführer seit 13. Dezember 1996 wegen der Somatisierungsstörung behandelte. Dem Schreiben des Psychiaters vom 21. April 1997 an die Medizinische Klinik des Universitätsspitals W.________, das zeitlich nahe an der hier interessierenden Periode liegt, lässt sich indessen bloss entnehmen, dass zur Behandlung Medikamente (Demetrin und Deroxat) eingesetzt wurden. Dass die Einnahme dieser Arzneimittel zwangsläufig zu einer teilweisen Arbeitsunfähigkeit führt, ist indessen nicht ausgewiesen. Entgegen der Behauptung des Versicherten steht nicht fest, dass er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ende 1996 bereits über 20 % arbeitsunfähig war, zumal auch die Arbeitgeberfirma bei der Kündigung nicht auf eine gesundheitlich bedingte Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit Bezug nahm. Die neun Jahre nach der fraglichen Zeitspanne abgegebene Stellungnahme des Dr. H.________ vom 16. März 2006 hinsichtlich Arbeitsunfähigkeit vermag eine echtzeitliche Einschätzung nicht zu ersetzen. Zudem erklärte Dr. H.________ zwar, die Arbeitsunfähigkeit sei stark variabel gewesen und habe zeitweise auch 100 % betragen, schloss aber auch nicht aus, dass der Versicherte während der Behandlungsdauer (13. Dezember 1996 bis 12. August 1998) in der Lage gewesen wäre, eine Tätigkeit in der freien Wirtschaft auszuüben. Die Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zur Tätigkeit im Arbeitlosenprojekt A.________! ab 1. April 1997 sind nicht relevant. Sollte die Arbeitsunfähigkeit während dieser Beschäftigung eingetreten sein, wäre der Beschwerdeführer nicht mehr bei einer der beiden Beschwerdegegnerinnen versichert gewesen. Ebenso wenig können aus allfälligen Arbeitsunfähigkeitsperioden während der Tätigkeit im erwähnten Projekt sowie der frühzeitigen Beendigung der späteren Arbeitsverhältnisse Rückschlüsse auf die Einsatzfähigkeit im Januar 1997 gezogen werden. 
Soweit sich der Beschwerdeführer auf drei Urteile des Eidgenössischen Versicherungsgerichts beruft (Urteile B 50/99 vom 14. August 2000, B 12/03 vom 12. November 2003 und B 63/04 vom 28. Dezember 2004), ist ihm entgegenzuhalten, dass diese für den vorliegenden Fall keinen präjudizierenden Charakter haben, ging es in diesen drei Fällen doch um den Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bei Schubkrankheiten (Multiple Sklerose und Schizophrenie). Die eingereichte echtzeitliche Zusammenfassung der Medizinischen Poliklinik des Universitätsspitals W.________ vom 3. Oktober 1996 enthält keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und ist auch sonst wenig aussagekräftig. Die ein knappes Jahr später erstattete Zusammenfassung der gleichen Poliklinik enthält zwar ebenfalls eine Beurteilung, jedoch wiederum keine Angaben zu einer allfälligen Arbeitsunfähigkeit, was doch die Annahme als berechtigt erscheinen lässt, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum zwischen Ende 1996 und Mitte 1997 in seiner Leistungsfähigkeit nicht wesentlich eingeschränkt war. Der Umstand, dass der Versicherte seit 1996 praktisch ununterbrochen in psychiatrischer Behandlung steht und sich während dieser Zeit auch medikamentös behandeln lassen musste, trifft zu, kann aber den Nachweis für das Vorliegen einer länger dauernden Arbeitsunfähigkeit während des Versicherungsverhältnisses nicht erbringen. Da in den ärztlichen Unterlagen aus der in Frage stehenden Zeit keine ernsthaften Hinweise auf eine länger dauernde psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeit zu finden sind, vermag die Antwort der Ärzte der Psychiatrischen Universitätsspital W.________ vom 14. Mai 2002 auf die Frage nach dem Beginn der Arbeitunfähigkeit nicht zu überzeugen. Dass sich das psychische Zustandsbild spätestens im Mai 1996 drastisch verschlechtert habe, ist nicht ausgewiesen. Erst recht nicht erstellt ist, dass zu jenem Zeitpunkt eine psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeit ihren Anfang genommen hat. 
5. 
Entfällt ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Invalidenleistungen aus der beruflichen Vorsorge, braucht die Passivlegitimation der Beschwerdegegnerin 2 nicht näher geprüft zu werden. 
6. 
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Als mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute Organisationen haben die obsiegenden Vorsorgeeinrichtungen keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 2 OG; BGE 118 V 158 E. 7 S. 169). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt. 
Luzern, 12. März 2007 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: