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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6S.15/2005 /pai 
 
Sitzung vom 12. Mai 2005 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly, Karlen, Zünd, 
Gerichtsschreiber Borner. 
 
Parteien 
S.________, 
Beschwerdeführer 1, 
C.________, 
Beschwerdeführer 2, 
beide vertreten durch Fürsprecher Jürg Wernli, 
 
gegen 
 
Schweizerische Bundesanwaltschaft, 
Taubenstrasse 16, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Parteientschädigung, 
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesstrafgerichts, Strafkammer, vom 22. September 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
C.________ vertrat als amtlicher Verteidiger die Interessen von S.________, dem von der Anklage Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug, Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage, Erschleichung einer falschen Beurkundung und mehrfache Geldwäscherei vorgeworfen wurde. 
 
Das Bundesstrafgericht setzte dem Anwalt Frist für die Eingabe der Kostennote am Ende der Parteiverhandlung auf "20. September 2004, eintreffend". C.________ faxte am Freitag, den 17. September 2004, eine Übersicht seiner Kostennote im Umfang von total Fr. 114'405.50 mit dem Hinweis, die detaillierten Beilagen sende er per Post. Das Bundesstrafgericht berücksichtigte die angekündigten Beilagen infolge Fristversäumnisses nicht und sprach C.________ mit Urteil vom 22. September 2004 eine Parteientschädigung nach Ermessen von insgesamt Fr. 49'156.85 zu. 
B. 
C.________ führt in seinem eigenen Namen und im Namen von S.________ Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei bezüglich dessen Ziff. V 7. (Parteientschädigung) aufzuheben und die Entschädigung für die amtliche Verteidigung gestützt auf die Kostennote vom 17. September 2004 festzusetzen, eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit einer Nichtigkeitsbeschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 129 IV 216 E. 1). 
2. 
Ein Rechtsmittel ist nur zulässig, wenn ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Das Rechtsschutzinteresse zeigt sich im praktischen Nutzen, den die erfolgreiche Beschwerde dem Beschwerdeführer eintragen würde, oder (anders gesagt) in der Abwendung eines wirtschaftlichen, ideellen, materiellen oder anders gearteten Nachteils, den die angefochtene Verfügung für den Beschwerdeführer zur Folge hätte (BGE 104 Ib 245 E. 5b mit Hinweisen; Erhard Schweri, Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen, Bern 1993, S. 80 N 224). 
Der Beschwerdeführer 1 ist dem Bund zum Ersatz der Kosten der amtlichen Verteidigung verpflichtet, wenn er nicht oder sobald er nicht mehr bedürftig ist (angefochtener Entscheid S. 94 Ziff. 15.3). Eine Gutheissung der Beschwerde könnte allenfalls dazu führen, dass sich die Ersatzpflicht des Beschwerdeführers 1 gegenüber dem Bund erhöhen würde. Das ist nicht in seinem Interesse. Damit entfällt die Legitimation des Beschwerdeführers 1. Es besteht auch nicht die Gefahr, dass sich der amtliche Verteidiger bei ihm schadlos hält, wenn die staatliche Entschädigung nicht dem vollen Honorar entsprechen sollte, denn dazu ist er nicht befugt (BGE 108 Ia 11 E. 1; 117 Ia 22 E. 4e S. 26; 122 I 322 E. 3b). 
3. 
Im Folgenden ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer 2 befugt ist, in eigenem Namen mit Beschwerde ans Bundesgericht zu gelangen. 
3.1 Art. 270 BStP bestimmt, welche Personen zur Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert sind. Diese Aufzählung ist nach Lehre und Rechtsprechung abschliessend (BGE 62 I 59 E. 2; Erhard Schweri, a.a.O., S. 79 N 222; Gilbert Kolly, Le pourvoi en nullité à la Cour de cassation pénale du Tribunal fédéral, Bern 2004, S. 19 Ziff. 3.1; Martin Schubarth, Nichtigkeitsbeschwerde 2001, Bern 2001, S. 37 lit. k, wirft die Frage auf, ob der Katalog in Art. 270 BStP abschliessend ist und verweist dabei insbesondere auf Art. 76 des Entwurfs zum Bundesgerichtsgesetz [E BGG], dessen Wortlaut offen gehalten ist). Mit der Änderung des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht (SR 313.0) vom 22. Dezember 1999, in Kraft seit 1. Januar 2002, steht nun die Nichtigkeitsbeschwerde in gewissen Fällen auch dem Bundesanwalt und der verfahrensbeteiligten Verwaltung offen. 
 
Der amtliche Verteidiger ist in den erwähnten Bestimmungen nicht als Beschwerdeführer aufgeführt, weshalb er gestützt auf diese zur Nichtigkeitsbeschwerde auch nicht legitimiert ist. 
3.2 Die staatsrechtliche Beschwerde ist - abgesehen von hier nicht zutreffenden Ausnahmen - nur zulässig gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide (Art. 84 f. OG). 
 
 
 
Das Bundesstrafgericht ist keine kantonale Instanz, weshalb die Eingabe des Beschwerdeführers 2 auch nicht als staatsrechtliche Beschwerde entgegengenommen werden kann. 
3.3 Der Entscheid des Bundesstrafgerichts über die Parteientschädigung an den amtlichen Verteidiger ist eine behördliche Anordnung im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützt (Reglement über die Entschädigungen in Verfahren vor dem Bundesstrafgericht vom 11. Februar 2004 [SR 173.711.31]). Es stellt sich deshalb die Frage, ob der amtliche Verteidiger Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben kann (Art. 97 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG). 
 
Doch bereits in den Reigen der möglichen Vorinstanzen gemäss Art. 98 OG liesse sich das Bundesstrafgericht nur schwerlich einordnen. Zudem ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig gegenüber Verfügungen auf dem Gebiet des Strafrechts und des Strafverfahrens, die nicht den Strafvollzug betreffen (Art. 100 lit. f OG; BGE 96 I 88 E. 1; 98 Ib 400 E. 2; 102 Ib 35 E. 1; 122 IV 365 E. 1b/dd S. 371). Wenn sie in der Hauptsache nicht zulässig ist, ist sie es nach dem Grundsatz der Einheit des Prozesses auch nicht für Zwischenentscheide, Entscheide über Verfahrenskosten und Parteientschädigungen, die unentgeltliche Rechtspflege oder prozessdisziplinarische Massnahmen (Art. 101 lit. a und b OG; BGE 119 Ib 412 E. 2a) und entsprechend auch nicht für die Festlegung des Honorars des amtlichen Verteidigers. 
3.4 Das neue Bundesgerichtsgesetz umschreibt die Legitimation zur Erhebung der Beschwerde in Strafsachen offener als der heute anwendbare Art. 270 BStP (Art. 76 E BGG). Beschwerdeberechtigt ist danach, "wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat" und ein rechtliches Interesse an der Aufhebung oder Änderung des Entscheides hat, wobei der Kreis der Beschwerdeberechtigten in Anlehnung an die heutige Regelung umschrieben wird, allerdings nicht abschliessend, was sich aus der Verwendung des Wortes "insbesondere" ergibt. Eine Vorwirkung dieses noch nicht verabschiedeten Gesetzes fällt allerdings nicht in Betracht, weshalb offen bleiben kann, ob der amtliche Verteidiger Teilnehmer im Sinne von Art. 76 E BGG ist und ihm - obwohl nicht ausdrücklich erwähnt - die Beschwerdebefugnis zukommt. 
3.5 Mit dem Erlass des Bundesstrafgerichtsgesetzes (SGG; SR 173.71) wurden verschiedene Änderungen bisherigen Rechts vorgenommen. Art. 270 BStP war davon nicht betroffen (vgl. Anhang zu Art. 32 Abs. 1 SGG). Als Übergangsbestimmung wurde festgelegt, dass gegen Entscheide der Strafkammer Nichtigkeitsbeschwerde beim Kassationshof des Bundesgerichts geführt werden kann, dass sich das Verfahren nach den Art. 268 - 278bis BStP richtet, Art. 269 Abs. 2 jedoch keine Anwendung findet, und dass der Bundesanwalt zur Beschwerde berechtigt ist (Art. 33 Abs. 3 lit. b SGG). Handelt es sich um eine von der Rechtsprechung zu schliessende Lücke, wenn in der zitierten Bestimmung der amtliche Verteidiger nicht als beschwerdeberechtigte Person angeführt wird? 
 
Dafür mag sprechen, dass der amtliche Verteidiger gegen die Festsetzung seines Honorars durch kantonale Gerichte immerhin staatsrechtliche Beschwerde erheben kann. Das Bundesgericht prüft dabei allerdings nur, ob verfassungsmässige Rechte verletzt worden sind, namentlich ob das Honorar willkürlich tief festgesetzt worden ist, während im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde die Anwendung von Bundesrecht frei zu prüfen wäre. Aus der Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen kantonale Festsetzungen des Honorars lässt sich daher nicht zwingend folgern, dass dem amtlichen Verteidiger auch gegen die Festsetzung des Honorars durch das Bundesstrafgericht ein Rechtsmittel zustehen muss. Das ist um so weniger der Fall, als die Rechtsordnung weitere Beispiele kennt, wo gegen die Festsetzung des Honorars eines amtlichen Verteidigers oder unentgeltlichen Vertreters kein Rechtsmittel vorgesehen ist. So können entsprechende Entscheide im Asylrekursverfahren nicht angefochten werden, und wenn die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts das Honorar des amtlichen Verteidigers festlegt, ist dagegen ebenfalls kein Rechtsmittel gegeben, weil Entscheide dieser Kammer nur anfechtbar sind, wenn es sich um Zwangsmassnahmen handelt (Urteil des Bundesgerichts 1S.3 und 4/2004 vom 13. August 2004). Es besteht demnach im Bundesrecht kein allgemeiner Grundsatz, wonach der amtliche Verteidiger die Festlegung seines Honorars müsste anfechten können. Von einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes, welche eine richterliche Lückenfüllung nötig machen würde, kann daher nicht gesprochen werden. 
 
Schliesslich ist die rechtliche Situation des amtlichen Verteidigers wertungsmässig nicht gleichgelagert wie diejenige der nach Art. 270 BStP Legitimierten. Legitimiert zur Erhebung der Nichtigkeitsbeschwerde sind - mit Ausnahme der Behörden - ausschliesslich Personen, die durch Strafen und/oder Massnahmen des Strafurteils direkt betroffen sind. Demgegenüber stellt der Entscheid über die Entschädigung des amtlichen Verteidigers lediglich eine Nebenfolge des Strafverfahrens dar. 
4. 
Die Beschwerdeführer 1 und 2 dringen mit ihren Begehren nicht durch. Ausgangsgemäss haben sie die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 278 Abs. 1 BStP). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird den Beschwerdeführern 1 und 2 unter solidarischer Haftung auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Schweizerischen Bundesanwaltschaft und dem Bundesstrafgericht, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 12. Mai 2005 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: