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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_183/2024  
 
 
Urteil vom 12. September 2024  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Kiss, May Canellas, 
Gerichtsschreiber Tanner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Nicole Vögeli Galli, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
arbeitsrechtliche Forderung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 26. Februar 2024 (RA240004-O/Z02). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (Klägerin, Beschwerdeführerin) arbeitete als Praktikantin bei der Stiftung B.________ (Beklagte, Beschwerdegegnerin). 
Nach Beendigung dieser Anstellung klagte die Klägerin beim Einzelgericht im vereinfachten Verfahren am Bezirksgericht Bülach gegen die Beklagte. Sie verlangte von dieser, dass sie ihr Praktikumszeugnis und ihre Arbeitsbestätigung in einzelnen Punkten ändere. 
Mit Urteil vom 21. Dezember 2023 hiess das Einzelgericht am Bezirksgericht Bülach dieses Begehren teilweise gut und verpflichtete die Beklagte dazu, das Praktikumszeugnis bzw. die Arbeitsbestätigung der Klägerin teilweise zu ändern. 
 
B.  
Dagegen erhob die Klägerin mit Eingabe vom 2. Februar 2024 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer. Dabei beantragte sie verfahrensrechtlich, es sei die Beklagte superprovisorisch zu verpflichten, ihr ein Praktikumszeugnis und eine Arbeitsbestätigung mit den unangefochtenen Anordnungen des erstinstanzlichen Urteils auszustellen. 
Der Präsident der I. Zivilkammer, Oberrichter lic. iur. Andreas Huizinga, wies mit Verfügung vom 6. Februar 2024 dieses superprovisorische Massnahmebegehren ab. An diesem Entscheid wirkte als Gerichtsschreiberin MLaw Lisa Hengartner mit. Sie ist zusätzlich zu ihrer Anstellung als Obergerichtsschreiberin nebenamtliche Ersatzrichterin am Bezirksgericht Bülach. 
Mit Eingabe vom 10. Februar 2024 beantragte die Klägerin dem Obergericht den Ausstand des Oberrichters Huizinga und der Gerichtsschreiberin Hengartner. Zudem stellte sie den Antrag, deren letzte Prozesshandlung sei durch eine neue Spruchkörperbesetzung zu wiederholen. Das Obergericht wies mit Beschluss vom 26. Februar 2024 dieses Ausstandsgesuch ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht, den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 26. Februar 2024 aufzuheben und ihrem Ausstandsgesuch stattzugeben. Weiter seien sämtliche Entscheide und prozessleitenden Verfügungen von Oberrichter Huizinga und Gerichtsschreiberin Hengartner aufzuheben und das Verfahren durch eine unabhängige und unbefangene Spruchkörperbesetzung weiterzuführen. Sodann sei die Rechtsvertreterin der Beschwerdegegnerin, Rechtsanwältin Dr. Nicole Vögeli Galli, aus dem Rubrum des Bundesgerichts zu löschen und sowohl die Verfügung vom 6. Februar 2024 als auch der Beschluss vom 26. Februar 2024 entsprechend zu berichtigen. Die bundesgerichtlichen Sendungen seien der Beschwerdegegnerin direkt zuzustellen, solange sich eine allfällige neue berufliche Rechtsvertretung nicht durch eine gültige Vollmacht ausgewiesen habe. Weiter sei ihr umgehend ein neues Praktikumszeugnis und eine Arbeitsbestätigung auszustellen. Schliesslich sei ihrer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. 
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
Mit Verfügung vom 4. April 2024 sah die Präsidentin davon ab, bei der Beschwerdegegnerin eine Prozessvollmacht für deren Vertreterin, Rechtsanwältin Vögeli Galli, einzuholen. Sie trat zudem auf das Gesuch der Beschwerdeführerin um vorsorgliche Ausstellung eines Praktikumszeugnisses und einer neuen Arbeitsbestätigung nicht ein. Schliesslich wies sie deren Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung ab. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (vgl. Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 149 III 277 E. 3.1; 148 IV 155 E. 1.1; 145 II 168 E. 1). 
 
 
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid (Art. 92 Abs. 1 BGG) einer letzten kantonalen Zivilgerichtsinstanz (Art. 75 Abs. 1 BGG). Diese weist in einer arbeitsrechtlichen Angelegenheit betreffend Korrektur eines Arbeitszeugnisses ein Ausstandsbegehren ab. Die Beschwerdeführerin ist im vorinstanzlichen Verfahren mit ihren Anträgen unterlegen (Art. 76 Abs. 1 BGG). Sie hat zudem die Beschwerdefrist von Art. 100 Abs. 1 BGG eingehalten.  
 
1.2. In arbeitsrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde in Zivilsachen nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens Fr. 15'000.-- beträgt (Art. 85 Abs. 1 lit. b BGG). Streitigkeiten über die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses sind vermögensrechtlicher Natur (BGE 147 III 78 E. 6.8). Der Streitwert bestimmt sich hier in erster Linie aufgrund der übereinstimmenden Angaben der Parteien (BGE 116 II 379 E. 2b). Die Beschwerdeführerin äussert sich nicht zur Streitwerthöhe ihres Begehrens. Die Vorinstanz bezeichnete den Streitwert mit "weniger als Fr. 15'000.--". Es besteht kein Anlass, von dieser vorinstanzlichen Schätzung abzuweichen.  
Erreicht der Streitwert den massgebenden Betrag von Art. 74 Abs. 1 BGG nicht, ist die Beschwerde in Zivilsachen nur zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG). 
Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, dass der angefochtene Beschluss eine solche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Entsprechend ist die Beschwerde in Zivilsachen unzulässig. 
 
2.  
Die Eingabe der Beschwerdeführerin ist daher als subsidiäre Verfassungsbeschwerde zu behandeln (Art. 113 ff. BGG). 
Mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde kann ausschliesslich die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Diesbezüglich gilt eine qualifizierte Rügepflicht. Die beschwerdeführende Partei muss angeben, welches verfassungsmässige Recht verletzt wurde, und substanziiert darlegen, worin die Verletzung besteht (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 I 99 E. 1.7.2; 135 III 127 E. 1.6). 
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz zunächst eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör vor. Gemäss Art. 49 Abs. 2 ZPO hätten Oberrichter Huizinga und Gerichtsschreiberin Hengartner zu ihrem Ausstandsgesuch im vorinstanzlichen Verfahren persönlich Stellung beziehen müssen. Die Vorinstanz habe auf das Einholen einer solchen Stellungnahme verzichtet und damit gegen das Replikrecht von Art. 29 Abs. 2 BV verstossen.  
 
3.2. Art. 49 Abs. 2 ZPO bildet kein verfassungsmässiges Recht im Sinne von Art. 116 BGG. Die Verletzung dieser Bestimmung kann daher nicht selbstständig mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde gerügt werden.  
Zu prüfen bleibt aber, ob der Verzicht auf das Einholen einer Stellungnahme Art. 29 Abs. 2 BV verletzte, wie die Beschwerdeführerin behauptet. Der Anspruch auf rechtliches Gehör vermittelt einer Verfahrenspartei unter anderem das Recht, sich zu allen Stellungnahmen der anderen Beteiligten äussern zu können (BGE 146 III 97 E. 3.4.1; 139 I 189 E. 3.2). Das Replikrecht greift indessen nur dann, wenn bereits eine solche Stellungnahme vorliegt. Demgegenüber vermittelt es einer Partei keinen Anspruch darauf, dass das Gericht zuerst diese Stellungnahme einholt, damit danach repliziert werden kann. Folglich verstiess die Vorinstanz nicht gegen Art. 29 Abs. 2 BV
 
4.  
 
4.1. Die Beschwerdeführerin rügt weiter, ihr Anspruch auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht (Art. 30 Abs. 1 BV) sei verletzt worden. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, das erstinstanzliche Gericht habe im Praktikumszeugnis und in der Arbeitsbestätigung verschiedene Vertragsbeendigungszeitpunkte genannt. Dies könne offensichtlich nicht stimmen. Ungeachtet dessen hätten Oberrichter Huizinga und Gerichtsschreiberin Hengartner ihren superprovisorischen Antrag auf Korrektur dieser Datumsangaben abgewiesen und so die Falschbeurkundung des erstinstanzlichen Gerichts geschützt. Damit hätten sie sich krass rechtswidrig verhalten.  
 
4.2. Gemäss Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, Anspruch darauf, dass ihre Streitsache von einem unbefangenen, unvoreingenommenen und unparteiischen Richter beurteilt wird. Damit soll sichergestellt werden, dass keine sachfremden Umstände, die ausserhalb des Prozesses liegen, in sachwidriger Weise zugunsten oder zulasten einer Partei auf das gerichtliche Urteil einwirken (BGE 147 III 89 E. 4.1; 144 I 159 E. 4.3; 142 III 732 E. 4.2.2; mit Hinweisen).  
Dabei sind richterliche Verfahrensfehler und Fehlentscheide in der Regel nicht geeignet, den objektiven Anschein von Befangenheit im Sinne von Art. 30 Abs. 1 BV zu erwecken. Solches kann bloss dann angenommen werden, wenn besonders krasse oder wiederholte Irrtümer vorliegen, die als schwere Verletzung der Richterpflichten bewertet werden müssen, und sich in den Rechtsfehlern eine Haltung manifestiert, die objektiv auf fehlende Distanz und Neutralität schliessen lässt (Urteile 5D_48/2021 vom 7. Juni 2021 E. 4.1; 5A_308/2020 vom 20. Mai 2020 E. 2). 
Die Beschwerdeführerin vermag kein derartiges qualifiziertes gerichtliches Fehlverhalten aufzuzeigen. Die behauptete Falschdatierung des Praktikumszeugnisses und der Arbeitsbestätigung würden bloss redaktionelle Versehen bilden, die sich mit den entsprechenden prozessualen Mitteln beheben lassen. Sie begründen keine Befangenheit. 
 
5.  
 
5.1. Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, Gerichtsschreiberin Hengartner übe eine unzulässige Doppelrolle aus: Sie arbeite einerseits als Gerichtsschreiberin am Obergericht des Kantons Zürich und andererseits als Ersatzrichterin am Bezirksgericht Bülach. Damit sei sie eine Kollegin der erstinstanzlichen Gerichtsbesetzung, welche das willkürliche und krass fehlerhafte Urteil vom 21. Dezember 2023 gefällt habe.  
 
5.2. Ein kollegiales Verhältnis zwischen den haupt- und nebenamtlichen Mitgliedern eines Gerichts setzt für sich alleine noch keinen Ausstandsgrund (BGE 147 I 173 E. 5.2.1; 141 I 78 E. 3.3; 139 I 121 E. 5.2 5.4). Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, dass zwischen Gerichtsschreiberin Hengartner und der erstinstanzlichen Gerichtsbesetzung ein besonderes Näheverhältnis oder sonst Umstände bestehen, die Zweifel an ihrer Unabhängigkeit wecken.  
 
6.  
Die Beschwerdeführerin beantragt, Rechtsanwältin Vögeli Galli als Rechtsvertreterin der Beschwerdegegnerin aus dem Rubrum des Bundesgerichts zu löschen. Die Beschwerdegegnerin habe sich dem erstinstanzlichen Urteil vollumfänglich unterzogen und der Beschwerdeführerin vor Ablauf der Rechtsmittelfrist abgeänderte Praktikumszeugnis- und Arbeitsbestätigungsfassungen zugestellt. Damit habe die Beschwerdegegnerin auf einen Weiterzug des erstinstanzlichen Urteils verzichtet, was wiederum das Mandat von Rechtsanwältin Vögeli Galli beendet habe. 
Gemäss Art. 40 Abs. 2 BGG haben sich Parteivertreter und -vertreterinnen durch eine Vollmacht auszuweisen. Sie müssen grundsätzlich keine spezifisch auf das bundesgerichtliche Verfahren zugeschnittene Vollmacht einreichen. Vielmehr genügt in der Regel eine allgemeine Prozessvollmacht (Urteil 5A_252/2014 vom 10. Juni 2014 E. 2.1). Vorliegend deutet nichts darauf hin, dass Rechtsanwältin Vögeli Galli die Beschwerdegegnerin nicht mehr vertreten würde. Auch die Beschwerdeführerin vermag keine Anhaltspunkte für die behauptete Mandatsbeendigung darzutun. Entsprechend ist Rechtsanwältin Vögeli Galli weiterhin als Vertreterin der Beschwerdegegnerin im Rubrum aufzuführen. 
 
7.  
Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 26. Februar 2024 erweist sich als offensichtlich unbegründet. Sie ist im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
8.  
Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung setzt das Bundesgericht auch in arbeitsvertraglichen Streitigkeiten betreffend eines Ausstandsgesuchs eine Gerichtsgebühr fest (vgl. Art. 65 Abs. 4 lit. c BGG). Es bestehen keine hinreichenden Gründe, um vorliegend auf das Erheben von Kosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Soweit die Beschwerdeführerin allenfalls sinngemäss um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht, ist dieser Antrag wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin steht keine Parteientschädigung zu, da ihr im bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand entstanden ist (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. September 2024 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jametti 
 
Der Gerichtsschreiber: Tanner