Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B_717/2024
Urteil vom 12. November 2024
I. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
Bundesrichter Denys, Muschietti,
Gerichtsschreiberin Erb.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Häusermann,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Landesverweisung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, vom
14. Februar 2024 (SST.2023.71).
Sachverhalt:
A.
A.________ ist russischer Staatsangehöriger, 39 Jahre alt und im Alter von 30 Jahren in die Schweiz gereist. 2016 wurde er als Flüchtling anerkannt und in der Schweiz vorläufig aufgenommen. 2021 aberkannte das Staatssekretariat für Migration (SEM) die Flüchtlingseigenschaft, hob die vorläufige Aufnahme in der Schweiz auf und ordnete den Vollzug der Weg- oder Ausweisung an mit einer Ausreisefrist bis zum 8. August 2021. Bis zu seiner Inhaftierung am 7. Januar 2021 war A.________ in der Schweiz auf Sozialhilfe angewiesen. Er hat Schulden von ein paar hunderttausend Franken. Mit seiner Ex-Partnerin hat er zwei minderjährige Töchter im Alter von vier bzw. sechs Jahren.
B.
Mit Urteil vom 12. Juli 2022 sprach das Bezirksgericht Kulm A.________ von verschiedenen Vorwürfen frei, jedoch schuldig der mehrfachen Tätlichkeiten, des Diebstahls, der mehrfachen Sachbeschädigung, des gewerbsmässigen Betrugs, des gewerbsmässigen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage, des unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe, der mehrfachen Drohung, der mehrfachen Beschimpfung, der versuchten Nötigung, des Hausfriedensbruchs, der Hinderung einer Amtshandlung, des Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen, der Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes und der mehrfachen Übertretung des Personenbeförderungsgesetzes. Es bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren, unter Anrechnung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft von 558 Tagen, sowie einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu Fr. 30.-- und einer Busse von Fr. 1'500.--. Es ordnete eine Landesverweisung für die Dauer von 10 Jahren sowie deren Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) an.
Auf Berufung von A.________ hin stellte das Obergericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 14. Februar 2024 eine Verletzung des Beschleunigungsgebots sowie die teilweise Rechtskraft des vorinstanzlichen Urteils fest. Es stellte das Verfahren hinsichtlich der mehrfachen Tätlichkeiten ein, sprach ihn von einem Vorwurf der Drohung frei und sprach ihn schuldig des gewerbsmässigen Betrugs, des Diebstahls, der mehrfachen Sachbeschädigung, der mehrfachen Drohung, des Hausfriedensbruchs, der versuchten Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, der mehrfachen Beschimpfung, der Hinderung einer Amtshandlung, des unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe, der mehrfachen Widerhandlung gegen das Personenbeförderungsgesetz, des Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung sowie der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz. A.________ wurde mit einer Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren, unter Anrechnung der Untersuchungshaft und des vorzeitigen Strafvollzugs von 1'140 Tagen, einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu Fr. 10.-- sowie einer Busse von Fr. 1'500.-- bestraft. Das Obergericht des Kantons Aargau ordnete wiederum eine Landesverweisung für die Dauer von 10 Jahren und deren Ausschreibung im SIS an (Ziff. 6).
C.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________, Ziff. 6 des Urteils des Obergerichts des Kantons Aargau vom 14. Februar 2024 sei aufzuheben und es sei keine Landesverweisung anzuordnen. Eventualiter sei Ziff. 6 aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Weiter beantragt er, die Akten des vorinstanzlichen Verfahrens seien vollumfänglich beizuziehen. A.________ stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen.
Erwägungen:
1.
Der Beschwerdeführer beanstandet die Landesverweisung.
1.1. Er macht geltend, die Vorinstanz verneine zu Unrecht das Vorliegen eines schweren persönlichen Härtefalls. Zudem gehe sie in ihren Eventualausführungen auch zu Unrecht von einem überwiegenden öffentlichen Interesse an einer Landesverweisung gegenüber seinen privaten Interessen an einem Verbleib in der Schweiz aus. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe die in seinem Heimatland drohende Gefahr für Leib und Leben in keiner Weise berücksichtigt; in diesem Zusammenhang sei ihr auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs sowie des Untersuchungsgrundsatzes vorzuwerfen. Überdies habe die Vorinstanz bei der Prüfung des schweren persönlichen Härtefalls das Recht auf Familienleben des Beschwerdeführers nicht bzw. fehlerhaft gewürdigt.
1.2. Die Vorinstanz verneint das Vorliegen eines schweren persönlichen Härtefalls i.S.v. Art. 66a Abs. 2 StGB. Sie fügt an, selbst wenn knapp von einem Härtefall ausgegangen würde, so würden die hohen öffentlichen Interessen an der Landesverweisung die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in der Schweiz deutlich überwiegen. Die Landesverweisung erweise sich sowohl unter dem Blickwinkel von Art. 66a Abs. 2 StGB als auch unter demjenigen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK als verhältnismässig und rechtskonform.
1.3.
1.3.1. Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB sieht für Ausländer, die wegen gewerbsmässigen Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 2 StGB verurteilt wurden, unabhängig von der Höhe der Strafe, die obligatorische Landesverweisung für 5-15 Jahre aus der Schweiz vor.
Der Beschwerdeführer ist russischer Staatsangehöriger tschetschenischer Ethnie und wurde wegen gewerbsmässigen Betrugs i.S.v. Art. 146 Abs. 2 StGB schuldig gesprochen. Demzufolge sind die Voraussetzungen für eine Landesverweisung gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB grundsätzlich erfüllt.
1.3.2. Gemäss Art. 66a Abs. 2 Satz 1 StGB kann das Gericht ausnahmsweise von einer Landesverweisung absehen, wenn diese für den Ausländer kumulativ (1.) einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und (2.) die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen (Art. 66a Abs. 2 Satz 1 StGB). Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren oder aufgewachsen sind (Art. 66a Abs. 2 Satz 2 StGB). Die Härtefallklausel von Art. 66a Abs. 2 StGB dient der Umsetzung des Verhältnismässigkeitsprinzips (Art. 5 Abs. 2 BV; BGE 149 IV 231 E. 2.1.1; 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.1.2 und 3.3.1). Sie ist restriktiv anzuwenden (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.3.1).
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung lässt sich zur kriteriengeleiteten Prüfung des Härtefalls im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB der Kriterienkatalog der Bestimmung über den "schwerwiegenden persönlichen Härtefall" in Art. 31 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) heranziehen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2 mit Hinweisen; 144 IV 332 E. 3.3.2). Zu berücksichtigen sind namentlich der Grad der (persönlichen und wirtschaftlichen) Integration, zu der die Beachtung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die Respektierung der Werte der Bundesverfassung, die Sprachkompetenzen, die Teilnahme am Wirtschaftsleben oder am Erwerb von Bildung zählen (Art. 58a Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration [AIG; SR 142.20]), die familiären Bindungen des Ausländers in der Schweiz bzw. in der Heimat, die Aufenthaltsdauer, der Gesundheitszustand und die Resozialisierungschancen (BGE 144 IV 332 E. 3.3.2; Urteile 6B_988/2023 vom 5. Juli 2024 E. 1.4.1; 6B_449/2023 vom 21. Februar 2024 E. 1.3.3; je mit Hinweisen).
Von einem schweren persönlichen Härtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB ist bei einem Eingriff von einer gewissen Tragweite in den Anspruch des Ausländers auf das in Art. 13 BV und Art. 8 EMRK verankerte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens auszugehen (BGE 149 IV 231 E. 2.1.1; Urteile 6B_228/2023 vom 8. Februar 2024 E. 2.4.2; 6B_33/2022 vom 9. Dezember 2022 E. 3.2.3; je mit Hinweisen).
1.3.3. Wird ein schwerer persönlicher Härtefall bejaht, entscheidet sich die Sachfrage in einer Interessenabwägung nach Massgabe der "öffentlichen Interessen an der Landesverweisung". Nach der gesetzlichen Systematik ist die obligatorische Landesverweisung anzuordnen, wenn die Katalogtaten einen Schweregrad erreichen, bei welchem die Landesverweisung zur Wahrung der inneren Sicherheit als notwendig erscheint. Diese Beurteilung lässt sich strafrechtlich nur in der Weise vornehmen, dass massgebend auf die verschuldensmässige Natur und Schwere der Tatbegehung, die sich darin manifestierende Gefährlichkeit des Täters für die öffentliche Sicherheit und die Legalprognose abgestellt wird (Urteile 6B_988/2023 vom 5. Juli 2024 E. 1.4.2; 6B_1144/2021 vom 24. April 2023 E. 1.2.5; je mit Hinweisen).
Art. 66a StGB ist EMRK-konform auszulegen. Die Interessenabwägung im Rahmen der Härtefallklausel von Art. 66a Abs. 2 StGB hat sich daher an der Verhältnismässigkeitsprüfung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK zu orientieren (BGE 145 IV 161 E. 3.4; Urteil 6B_988/2023 vom 5. Juli 2024 E. 1.4.2 mit Hinweis).
1.3.4. Berührt die Landesverweisung Gewährleistungen von Art. 8 Ziff. 1 EMRK, ist der Eingriff nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK zu rechtfertigen (BGE 146 IV 105 E. 4.2 mit Hinweis auf das Urteil des EGMR in Sachen I.M. gegen Schweiz vom 9. April 2019, Nr. 23887/16, § 68). Erforderlich ist zunächst, dass die aufenthaltsbeendende oder -verweigernde Massnahme gesetzlich vorgesehen ist, einem legitimen Zweck im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK entspricht (Schutz der nationalen oder öffentlichen Sicherheit, Aufrechterhaltung der Ordnung, Verhütung von Straftaten etc.) und verhältnismässig ist (BGE 146 IV 105 E. 4.2; 143 I 21 E. 5.1). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sind bei der Interessenabwägung im Rahmen von Art. 8 EMRK insbesondere Art sowie Schwere der Straftat, die Dauer des Aufenthalts im Aufnahmestaat, die seit der Tat verstrichene Zeit sowie das Verhalten des Betroffenen in dieser Zeit und der Umfang der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen im Aufnahme- sowie im Heimatstaat zu berücksichtigen (Urteile des EGMR E.V. gegen Schweiz vom 18. Mai 2021, Nr. 77220/16, § 34; M.M. gegen Schweiz vom 8. Dezember 2020, Nr. 59006/18, § 49; je mit Hinweisen; Urteile 6B_255/2021 vom 3. Oktober 2022 E. 1.3.5; 6B_1245/2021 vom 8. Juni 2022 E. 2.3.3). Die Konvention verlangt, dass die individuellen Interessen an der Erteilung beziehungsweise am Erhalt des Anwesenheitsrechts und die öffentlichen Interessen an dessen Verweigerung gegeneinander abgewogen werden (BGE 142 II 35 E. 6.1; Urteile 6B_629/2024 vom 21. Oktober 2024 E. 2.3.4; 6B_1234/2023 vom 11. Juli 2024 E. 3.3.2; je mit Hinweisen).
1.3.5. Für die Frage, ob der Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens "notwendig" im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK ist, sind nach der Rechtsprechung des EGMR nebst den zuvor erwähnten Kriterien (vgl. E. 1.3.3 oben; insbesondere Natur und Schwere der Straftaten, die Dauer des Aufenthalts im Lande, die seit der Begehung der Straftaten verstrichene Zeit, das Verhalten des Betroffenen in dieser Zeit sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen im Aufnahme- und im Heimatstaat) auch die Staatsangehörigkeit der betroffenen Familienmitglieder, die familiäre Situation des von der Massnahme Betroffenen, wie etwa die Dauer der Ehe oder andere Faktoren, welche für ein effektives Familienleben sprechen, eine allfällige Kenntnis des Ehegatten von der Straftat zu Beginn der familiären Bindung, ob Kinder aus der Ehe hervorgingen und falls ja, deren Alter, sowie die Schwierigkeiten, mit welchen der Ehegatte im Heimatland des anderen konfrontiert sein könnte, zu berücksichtigen (vgl. Urteile des EGMR Z. gegen Schweiz vom 22. Dezember 2020, Nr. 6325/15, § 57; I.M. gegen Schweiz vom 9. April 2019, Nr. 23887/16, § 69; Kissiwa Koffi gegen Schweiz vom 15. November 2012, Nr. 38005/07, § 63; Urteil 6B_629/2024 vom 21. Oktober 2024 E. 2.3.5 mit Hinweisen).
1.3.6. Gemäss der aus dem Ausländerrecht stammenden "Zweijahresregel" bedarf es bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren oder mehr ausserordentlicher Umstände, damit das private Interesse des Betroffenen an einem Verbleib in der Schweiz das öffentliche Interesse an einer Landesverweisung überwiegt. Dies gilt grundsätzlich sogar bei bestehender Ehe mit einer Schweizerin oder einem Schweizer und gemeinsamen Kindern (Urteile 6B_285/2024 vom 10. September 2024 E. 1.5.1; 6B_988/2023 vom 5. Juli 2024 E. 1.7.6; je mit Hinweisen).
1.3.7. Das durch Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV geschützte Recht auf Achtung des Familienlebens ist berührt, wenn eine staatliche Entfernungs- oder Fernhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass es dieser ohne weiteres möglich bzw. zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen. Zum geschützten Familienkreis gehört in erster Linie die Kernfamilie, d.h. die Gemeinschaft der Ehegatten mit ihren minderjährigen Kindern (BGE 144 I 266 E. 3.3; 144 II 1 E. 6.1; je mit Hinweisen).
1.3.8. Sind Kinder involviert, ist bei der Interessenabwägung als wesentliches Element zudem den Kindesinteressen und dem Kindeswohl Rechnung zu tragen (BGE 143 I 21 E. 5.5.1; Urteile 6B_228/2023 vom 8. Februar 2024 E. 2.4.2; 6B_1114/2022 vom 11. Januar 2023 E. 5; je mit Hinweisen). In Bezug auf die Kinder des von der Landesverweisung betroffenen Elternteils berücksichtigt die Rechtsprechung insbesondere, ob die Eltern des Kindes zusammenleben und ein gemeinsames Sorge- und Obhutsrecht haben oder, ob der von der Landesverweisung betroffene Elternteil das alleinige Sorge- und Obhutsrecht hat bzw. ob er gar nicht sorge- und obhutsberechtigt ist und seine Kontakte zum Kind daher nur im Rahmen eines Besuchsrechts pflegt (Urteil 6B_855/2020 vom 25. Oktober 2021 E. 3.3.2).
1.4. Die Vorinstanz prüft das Vorliegen eines schweren persönlichen Härtefalls anhand der gängigen Integrationskriterien.
1.4.1. Der Beschwerdeführer ist 39 Jahre alt und im Alter von 30 Jahren in die Schweiz gereist. Zuvor war er seit seinem 16. Lebensjahr in Deutschland. Er wurde mit Entscheid des SEM vom 10. Juni 2016 als Flüchtling anerkannt und vorläufig aufgenommen. Mit Entscheid vom 30. Juni 2021 aberkannte das SEM jedoch die Flüchtlingseigenschaft, da der Beschwerdeführer diese durch falsche Angaben bzw. Verschweigen wesentlicher Tatsachen erschlichen hatte. Es hob die vorläufige Aufnahme in der Schweiz auf und ordnete den Vollzug der Weg- oder Ausweisung an, wobei dem Beschwerdeführer eine Ausreisefrist bis zum 8. August 2021 angesetzt wurde. Wenn die Vorinstanz mehrfach betont, der Beschwerdeführer halte sich seither ohne gültigen Aufenthaltstitel in der Schweiz auf, so ist dies entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden. Auch die Aufenthaltsdauer spricht nicht für die Annahme eines schweren persönlichen Härtefalls. Dagegen wendet der Beschwerdeführer denn auch nichts ein (Art. 42 Abs. 2 BGG).
1.4.2. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer sei wirtschaftlich und beruflich so gut wie nicht integriert. Gestützt auf ihre verbindlichen Feststellungen (Art. 105 Abs. 1 BGG) hat er in Deutschland zwar die Hauptschule und das Berufscollege zum gelernten Tischler abgeschlossen, jedoch die meiste Zeit von Sozialhilfe gelebt. Auch in der Schweiz war er bis zu seiner Inhaftierung auf Sozialhilfe angewiesen. Im Sommer 2020 begann er ein Praktikum, wobei er bereits eine Zusage für eine Festanstellung hatte. Aufgrund einer zu verbüssenden Strafe musste er das Praktikum jedoch abbrechen. Abgesehen davon ist er nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Angesichts des Umstands, dass er gemäss eigenen Angaben Schulden von ein paar hunderttausend Franken hat, gibt die vorinstanzliche Einschätzung zu keinen Bemerkungen Anlass. Gleiches gilt für die vorinstanzlichen Ausführungen zu seiner persönlichen und gesellschaftlichen Integration, welche die Vorinstanz als durchschnittlich betrachtet. Der Beschwerdeführer spricht indes sehr gut deutsch, weshalb er sprachlich als gut integriert gilt.
1.4.3. Mit Blick auf eine mögliche Reintegration im Heimatland des Beschwerdeführers führt die Vorinstanz aus, er sei in Russland bzw. Tschetschenien geboren und habe 16 Lebensjahre dort verbracht, weshalb er mit der dortigen Kultur und Sprache bestens vertraut sei. Er habe Verwandte in Tschetschenien, zu denen er jedoch seit seinem vorzeitigen Strafvollzug keinen Kontakt mehr pflege. Zu Recht erachtet die Vorinstanz indes weder das Vorhandensein von Verwandten noch ein gutes Verhältnis zu diesen als Voraussetzung für eine Landesverweisung.
Die Vorinstanz setzt sich in diesem Zusammenhang auch mit allfälligen Vollzugshindernissen i.S.v. Art. 66d StGB auseinander (vgl. dazu ausführlich BGE 149 IV 231 E. 2.1.2 ff.). Solche spielen schon bei der strafgerichtlichen Anordnung der Landesverweisung nach Art. 66a Abs. 2 StGB, das heisst bei der dort vorgesehenen Interessenabwägung, eine Rolle (BGE 147 IV 453 E. 1.4.5; 145 IV 455 E. 9.4; je mit Hinweisen). Das Sachgericht berücksichtigt solche Hindernisse, soweit die unter Verhältnismässigkeitsaspekten erheblichen Verhältnisse stabil und die rechtliche Durchführbarkeit der Landesverweisung definitiv bestimmbar sind (Urteile 6B_988/2023 vom 5. Juli 2024 E. 1.8.1; 6B_33/2022 vom 9. Dezember 2022 E. 3.2.5; 6B_38/2021 vom 14. Februar 2022 E. 5.5.3; je mit Hinweisen). Liegt ein definitives Vollzugshindernis vor, so hat der Sachrichter auf die Anordnung der Landesverweisung zu verzichten (BGE 149 IV 231 E. 2.1.2; 147 IV 453 E. 1.4.5; 145 IV 455 E. 9.4; 144 IV 332 E. 3.3; je mit Hinweisen).
Die Vorinstanz führt zutreffend aus, bei der Auseinandersetzung mit möglichen Umständen, die eine individuell-persönliche Gefährdung begründen würden, treffe den Beschwerdeführer trotz Geltung des Untersuchungsgrundsatzes eine Mitwirkungspflicht (Urteile 6B_988/2023 vom 5. Juli 2024 E. 1.8.3; 6B_542/2023 vom 15. Februar 2024 E. 1.3.7.2; 6B_86/2022 vom 22. März 2023 E. 2.1.2; je mit Hinweisen). Was der Beschwerdeführer diesbezüglich in seiner Beschwerde vor Bundesgericht vorbringt, verfängt nicht. Er führt aus, die Lage in Russland sei aufgrund des anhaltend eskalierenden Krieges äusserst unberechenbar und gefährlich, weshalb dies im Rahmen der Beurteilung eines schweren persönlichen Härtefalls zu berücksichtigen sei. Jedoch reicht es nicht aus, pauschal geltend zu machen, die Vorinstanz hätte die Situation des Beschwerdeführers hinsichtlich der Landesverweisung nicht genüglich abgeklärt, ohne dabei aber diejenigen Umstände begründet vorzubringen, die in seiner konkreten Situation eine Gefährdungslage begründen würden. Gemäss den vorinstanzlichen Ausführungen hat es der Beschwerdeführer betreffend seine konkrete Lebenssituation bei allgemeinen Ausführungen belassen und sich lediglich dahingehend geäussert, er gehe davon aus, in Tschetschenien verprügelt zu werden und dass er sich anbieten müsse, um Vergebung erlangen zu können. Damit ist - mit der Vorinstanz - keine konkrete Gefahr für Leib und Leben, die einer Landesverweisung entgegenstehen würde (vgl. Art. 66d StGB), dargetan oder ersichtlich. Ein schwerer persönlicher Härtefall wird dadurch jedenfalls nicht begründet. Ebenso wenig liegt nach diesen Ausführungen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor.
Soweit sich der Beschwerdeführer zur Begründung seiner Rüge zudem auf Noven bezieht, ist darauf entgegen seiner Auffassung nicht einzugehen. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Dies ist bei der von ihm als Beweismittel eingereichten Aufforderung bzw. Einberufung zum Militärdienst vom Mai 2024 nicht der Fall. Gleiches gilt für den von ihm geschilderten Vorfall vom 22. März 2024 - das vorinstanzliche Urteil erging am 14. Februar 2024. Anzumerken bleibt, dass die Vollzugsbehörden zur Prüfung allfälliger Vollzugshindernisse, die zum Zeitpunkt des Sachurteils noch nicht feststehen, zuständig sind (Urteile 6B_988/2023 vom 5. Juli 2024 E. 1.8.1; 6B_33/2022 vom 9. Dezember 2022 E. 3.2.5; je mit Hinweisen).
1.4.4. Schliesslich prüft die Vorinstanz das Vorliegen eines schweren persönlichen Härtefalls auch unter dem Aspekt des Rechts des Beschwerdeführers auf Familienleben (Art. 8 EMRK). Sie führt aus, er sei von seiner ehemaligen Freundin, der Mutter seiner Töchter, getrennt; diese gehöre nicht mehr zu seiner Kernfamilie und sei nicht vom Schutzbereich von Art. 8 Ziff. 2 EMRK erfasst. Seine beiden Töchter im Alter von vier und sechs Jahren seien indes von einer Landesverweisung direkt betroffen. Jedoch hätte eine strafrechtliche Landesverweisung des Beschwerdeführers nicht das Auseinanderreissen einer intakten und tatsächlich gelebten Familiengemeinschaft zur Folge, zumal er bereits aktuell über keinen gültigen Aufenthaltstitel mehr verfüge und die Schweiz verlassen müsse. Dem Beschwerdeführer ist nicht zu folgen, wenn er in diesem Zusammenhang geltend macht, es sei absolut sachfremd und willkürlich, wenn die Vorinstanz den fehlenden gültigen Aufenthaltstitel in ihre Würdigung miteinbeziehe. Es gilt stets zu prüfen, ob eine Landesverweisung eine tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt (vgl. oben E. 1.3.7). Weshalb die Vorinstanz dabei nicht auf den Status des Beschwerdeführers eingehen dürfen sollte, erhellt nicht. Die Vorinstanz stellt weiter auch fest, der Beschwerdeführer habe seine Töchter seit seiner Inhaftierung am 7. Januar 2021 lediglich anlässlich zweier Gefängnisbesuche im Juni und Juli 2023 gesehen; der Kontakt sei seit Jahren stark eingeschränkt. Hinzu komme, dass er nie einen Unterhaltsbeitrag bezahlt habe, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre.
Der Beschwerdeführer führt dagegen aus, entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei durchaus von einer engen Vater-Tochter-Beziehung auszugehen. Er habe bis zur Verhaftung mit seinen Töchtern zusammengelebt und auch bis vor Familiengericht für Besuche seiner Töchter gekämpft. Während des Gefängnisaufenthalts sei es zu erheblichen Differenzen mit der Kindsmutter gekommen, was jedoch der Beziehung zu seinen Töchtern den engen Charakter nicht abspreche. Mit seiner Begründung vermag er aber weder eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung noch eine falsche Würdigung durch die Vorinstanz darzutun. Vielmehr belässt er es grösstenteils dabei, seine eigene Sicht der Dinge zu präsentieren, wobei er den Begründungsanforderungen vor Bundesgericht nicht zu genügen vermag (Art. 42 Abs. 2 BGG). Gestützt auf die vorinstanzlichen Feststellungen durfte die Vorinstanz eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Töchtern verneinen. Ihr kann ebenso wenig vorgeworfen werden, sie lasse die familiäre Situation des Beschwerdeführers in ihrer Härtefallprüfung ausser Acht, führt sie doch zu Recht aus, im Übrigen könne die Beziehung zu den Kindern in einem gewissen Masse über moderne Kommunikationsmittel oder allenfalls über bewilligungsfähige Kurzaufenthalte gepflegt werden (vgl. BGE 143 I 21 E. 5.3; vgl. auch Urteil 6B_255/2021 vom 3. Oktober 2022 E. 1.3.3 mit Hinweis). Dagegen wendet der Beschwerdeführer nichts ein.
1.5. Insgesamt durfte die Vorinstanz das Vorliegen eines schweren persönlichen Härtefalls i.S.v. Art. 66a Abs. 2 StGB bzw. Art. 8 Ziff. 1 EMRK verneinen.
Selbst bei Annahme eines schweren persönlichen Härtefalls wäre die durch die Vorinstanz angeordnete Landesverweisung rechtens. Die Vorinstanz erwägt zu Recht, die hohen öffentlichen Interessen an der Landesverweisung würden die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in der Schweiz deutlich überwiegen. Auch in dieser Hinsicht zeigt der Beschwerdeführer grösstenteils lediglich seine eigene Sicht der Dinge auf (Art. 42 Abs. 2 BGG); dies insbesondere, wenn er erneut von der drohenden unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben spricht. Er macht geltend, es dürfe nicht sein, dass die vorgeworfenen Bestellbetrüge in der Schweiz de facto höher gewichtet würden als Leib und Leben des Beschwerdeführers. Indes setzt er sich nicht mit der vorinstanzlichen Argumentation auseinander. Dies, obwohl die Vorinstanz nachvollziehbar ausführt, mit dem vom Beschwerdeführer begangenen Vermögensdelikt seien zwar nicht die höchsten Rechtsgüter betroffen, dennoch habe der Beschwerdeführer eine erhebliche kriminelle Energie offenbart. Sie berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren verurteilt wurde und damit bereits von hohen öffentlichen Interessen auszugehen ist (vgl. oben E. 1.3.6). Ausserordentliche Umstände werden weder dargetan noch sind solche ersichtlich. Ebenso geht die Vorinstanz zu Recht auf die zahlreichen früheren Verurteilungen des Beschwerdeführers ein und führt aus, bei ihm handle es sich um einen unbelehrbaren und regelmässigen Wiederholungstäter, der sich von Verurteilungen nicht abschrecken lasse und eine hohe Gleichgültigkeit und fehlenden Respekt gegenüber dem Straf- und Vollzugssystem zeige. Es ist nicht zu beanstanden und wird vom Beschwerdeführer auch nicht begründet gerügt, wenn die Vorinstanz gestützt darauf von einer negativen Legalprognose und insgesamt von hohen öffentlichen Interessen an einer Landesverweisung ausgeht, die seine privaten Interessen an einem Verbleib in der Schweiz überwiegen.
1.6. Die Landesverweisung erweist sich nach diesen Erwägungen als rechtskonform.
2.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers wird bei der Festsetzung der Gerichtskosten Rechnung getragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 12. November 2024
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
Die Gerichtsschreiberin: Erb