Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_702/2023
Urteil vom 13. Februar 2024
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Bovey, Hartmann,
Gerichtsschreiber Buss.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Knakowski-Rüegg,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Konkurseröffnung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 15. August 2023 (PS230130-O/U).
Sachverhalt:
A.
Mit Eingabe vom 12. Mai 2023 stellte B.________ das Konkursbegehren über A.________ für eine Forderung von Fr. 292'734.15, abzüglich einer Teilzahlung von Fr. 80'000.--. Mit Urteil vom 30. Juni 2023 eröffnete das Bezirksgericht Zürich über A.________ den Konkurs.
B.
Die vom Schuldner gegen das Konkursdekret erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 15. August 2023 ab.
C.
Mit Eingabe vom 18. September 2023 ist A.________ an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und die Rückweisung der Angelegenheit an das Obergericht zu neuem Entscheid. Eventuell verlangt er die Rückweisung an das Bezirksgericht zur korrekten Durchführung des Verfahrens und zur erneuten Vorladung zur Konkursverhandlung unter Beachtung von Art. 168 SchKG. Im Falle einer reformatorischen Erledigung der Beschwerde durch das Bundesgericht sei die über ihn verfügte Konkurseröffnung aufzuheben.
Während das Obergericht auf eine Äusserung zum in der Beschwerde enthaltenen Gesuch um aufschiebende Wirkung verzichtet hat, beantragt B.________ (nachfolgend: Beschwerdegegner) dessen Abweisung. Mit Verfügung vom 12. Oktober 2023 wurde der Beschwerde in dem Sinne die aufschiebende Wirkung zuerkannt, als der Konkurs eröffnet bleibt, jedoch einstweilen Vollstreckungsmassnahmen zu unterbleiben haben.
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, in der Sache hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt.
Erwägungen:
1.
1.1. Gegen den Entscheid des oberen kantonalen Gerichts, das als Rechtsmittelinstanz über die Konkurseröffnung entschieden hat, ist die Beschwerde in Zivilsachen gegeben (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. d und Art. 75 Abs. 1 BGG ).
1.2. Der im kantonalen Verfahren unterlegene Beschwerdeführer ist vom angefochtenen Entscheid besonders berührt und daher zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann einzig vorgebracht werden, sie seien offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweis), oder sie würden auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (z.B. Art. 29 Abs. 2 BV oder Art. 8 ZGB) beruhen. Ausserdem muss in der Beschwerde aufgezeigt werden, inwiefern die Behebung der vorerwähnten Mängel für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 137 III 226 E. 4.2 mit Hinweis). Auch für die Rüge der offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung gilt das strenge Rügeprinzip nach Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 144 V 50 E. 4.1). Auf ungenügend substanziierte Rügen und rein appellatorische Kritik am Sachverhalt tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 142 III 364 E. 2.4; 140 III 264 E. 2.3).
2.
Anlass zur Beschwerde gibt eine Konkurseröffnung. Dabei macht der Beschwerdeführer - wie bereits in seiner kantonalen Beschwerde - keinen der gesetzlichen Konkursaufhebungsgründe im Sinne von Art. 174 Abs. 2 SchKG (Tilgung, Hinterlegung oder Gläubigerverzicht) geltend. Er stellt sich einzig auf den Standpunkt, er sei mangelhaft zur Konkursverhandlung vorgeladen bzw. ihm sei das rechtliche Gehör verweigert worden (dazu nachfolgende E. 3 und 4) und die Verwirkungsfrist gemäss Art. 166 Abs. 2 SchKG sei missachtet worden (dazu nachfolgende E. 5).
3.
3.1. Das Obergericht hat erwogen, die auf den 22. Juni 2023 angesetzte Verhandlung sei nicht verschoben worden; es sei dem Beschwerdeführer durch das Konkursgericht lediglich eine Fristerstreckung gewährt worden. Aus dem Datum des erstinstanzlichen Entscheids könne nicht abgeleitet werden, dass am 30. Juni 2023 eine Verhandlung über das Konkursbegehren stattgefunden habe, zu der der Beschwerdeführer nicht ordnungsgemäss vorgeladen worden wäre. Die Rüge der mangelhaften Vorladung zur Konkursverhandlung sei damit unbegründet.
3.2. Der Beschwerdeführer rügt eine aktenwidrige und damit offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG. Am 22. Juni 2023 habe keine Konkursverhandlung stattgefunden. Art. 235 Abs. 1 ZPO schreibe unmissverständlich vor, dass über jede Verhandlung ein Protokoll geführt werden müsse. Unter dem Datum des 22. Juni 2023 finde sich im Protokoll des Konkursgerichts aber kein solcher Eintrag. Jedenfalls sei der Entscheid über das Konkursbegehren zweifellos ausgesetzt worden, was einer Verschiebung gleichkomme. Die Konkurseröffnungsverhandlung habe klarerweise erst am 30. Juni 2023 stattgefunden, dem Tag, an dem über ihn der Konkurs eröffnet worden sei. Eine entsprechende Anzeige an die Parteien sei indes vollständig unterblieben.
3.3. Ist das Konkursbegehren gestellt, so wird den Parteien wenigstens drei Tage vorher die gerichtliche Verhandlung angezeigt, wobei den Parteien das Erscheinen zur Verhandlung explizit freigestellt ist (Art. 168 SchKG). Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer am 22. Mai 2023 zur Konkursverhandlung auf den 22. Juni 2023 ordnungsgemäss vorgeladen wurde und dass ihm vom Konkursrichter am 14. Juni 2023 anlässlich einer persönlichen Vorsprache am Schalter des Bezirksgerichts eine letzte Zahlungsfrist bis 29. Juni 2023, 9.00 Uhr, gewährt wurde. Dass die Annahme der Vorinstanz, die auf den 22. Juni 2023 angesetzte Konkursverhandlung - zu welcher unbestrittenermassen keine der Parteien erschienen ist - sei dadurch nicht verschoben worden und habe wie geplant stattgefunden, aktenwidrig oder willkürlich wäre, vermag der Beschwerdeführer mit der blossen Wiederholung seines im vorinstanzlichen Verfahren vorgetragenen Standpunkts nicht aufzuzeigen. Namentlich vermag er der Feststellung des Obergerichts nichts entgegenzusetzen, gemäss Aktenlage sei kein Hinweis an die Parteien ergangen, dass der Verhandlungstermin vom 22. Juni 2023 verschoben werde. Der Beschwerdeführer nimmt lediglich eine eigenständige Würdigung der Beweise vor, die er derjenigen des Obergerichts gegenüberstellt. Darauf ist nicht einzutreten (vgl. oben E. 1.4).
4.
4.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, der Beschwerdegegner habe am 3. April 2023 das Konkursbegehren zurückgezogen und am 12. Mai 2023 für einen noch bestehenden Forderungsbetrag von Fr. 212'734.15 neu gestellt. Das Konkursgericht habe ihm indes nie ein Doppel dieser Eingabe des Beschwerdegegners zugestellt. Auch von weiteren Eingaben des Beschwerdegegners habe er zunächst kein Doppel erhalten. Kopien dieser Unterlagen habe er vom Konkursgericht erst nach Zustellung des Konkurseröffnungsurteils erhalten. Die im Zusammenhang mit der Missachtung von Art. 136 lit. c ZPO und des "unbedingten Replikrechts" geltend gemachten Gehörsverweigerungen durch das Konkursgericht hätten automatisch - ohne Prüfung weiterer Voraussetzungen - zur Gutheissung der Beschwerde und zur Aufhebung des Konkursdekrets führen müssen. Indem das Obergericht den unbedingten Charakter des Anspruchs auf rechtliches Gehörs missachtet habe, habe es gegen Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK verstossen. Der Vorhalt des Obergerichts, dass er am Schalter des Konkursgerichts um Akteneinsicht hätte ersuchen können, heile den Verstoss des Konkursgerichts gegen Art. 136 lit. c ZPO nicht.
4.2. Die Rüge geht fehl. Richtig ist zwar, dass das Konkursbegehren eine Eingabe der Gegenpartei darstellt und als solche der Partei zuzustellen ist (Art. 136 lit. c ZPO). Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und dem Verbot des Rechtsmissbrauchs ist es indes nicht zulässig, Rügen von Verfahrensfehlern nicht umgehend oder erst im Rechtsmittelverfahren vorzubringen, wenn der Mangel schon vorher hätte festgestellt und gerügt werden können (BGE 141 III 210 E. 5.2; 135 III 334 E. 2.2; Urteil 5A_647/2022 vom 27. März 2023 E. 3.3.2). Wie erwähnt, wurde der Beschwerdeführer vorliegend bereits mit Schreiben vom 22. Mai 2023 zur Konkursverhandlung vorgeladen. Sodann ist er unstrittig am 14. Juni 2023 sowie 26. Juni 2023 persönlich am Schalter des Bezirksgerichts erschienen, ohne dass er dabei um Aushändigung einer Kopie des Konkursbegehrens bzw. einer weiteren Eingabe des Gläubigers (mit welcher sich dieser gegen weitere Erstreckungen der Zahlungsfrist ausgesprochen hat) ersucht hätte. Wenn die Vorinstanzen das Verhalten des Beschwerdeführers, erst einen Tag vor Ablauf der letztmaligen Zahlungsfrist um Zustellung der Doppel sämtlicher Gläubigereingaben zu ersuchen und die Verletzung des rechtlichen Gehörs zu monieren, als rechtsmissbräuchlich eingestuft haben, hält dies vor Bundesrecht ohne Weiteres stand. Dies umso mehr, als der Beschwerdeführer stets darüber im Bilde war, bis zu welchem Zeitpunkt er die für die Befriedigung des Gläubigers erforderlichen Mittel bereitzustellen hatte, um die Eröffnung des Konkurses abzuwenden. Vor Bundesgericht scheint der Beschwerdeführer denn auch selbst keinen Hehl daraus zu machen, dass er mit seinem derart spät gestellten Gesuch um Akteneinsicht bloss eine Verzögerung des Verfahrens bewirken wollte.
5.
5.1. Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend, die 15-monatige Frist zur Stellung des Konkursbegehrens im Sinne von Art. 166 Abs. 2 SchKG sei bereits am 2. Dezember 2022 abgelaufen, womit sich das Konkursbegehren vom 12. Mai 2023 infolge Verwirkung des Zahlungsbefehls als ungültig erweise. Es sei absolut unerfindlich, weshalb die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zur Auffassung gelangt sei, aus BGE 121 III 486 E. 3 ergebe sich, dass die 15-Monatsfrist (erst) mit der Zustellung des Pfandausfallscheins beginne.
5.2. Auch dieser Einwand verfängt nicht. Vorliegend steht fest, dass die Fortführung der Betreibung gestützt auf einen Pfandausfallschein verlangt wurde. Der Gläubiger kann nach Ausstellung des Pfandausfallscheins für den ungedeckt gebliebenen Betrag seiner Forderung die Betreibung auf Pfändung bzw. Konkurs einleiten. Betreibt er binnen Monatsfrist seit Erhalt des Pfandausfallscheins, muss er das Einleitungsverfahren nicht nochmals durchlaufen, sondern kann direkt das Fortsetzungsbegehren stellen (Art. 158 Abs. 2 SchKG; Urteil 5A_68/2014 vom 23. Mai 2014 E. 2.2.2). Bei der innert Monatsfrist nach Empfang des Pfandausfallscheins erfolgenden Betreibung ohne neuen Zahlungsbefehl handelt es sich um eine neue Betreibung (BERNHEIM/KÄNZIG/GEIGER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 24 zu Art. 158 SchKG). Die Konkursandrohung gründet diesfalls nicht auf einem in der ordentlichen Konkursbetreibung vollstreckbar gewordenen Zahlungsbefehl - auf welche sich die Art. 159 und 160 SchKG beziehen - sondern auf dem Pfandausfallschein selbst; der Inhalt dieser Urkunde muss also mit der Konkursandrohung korrespondieren (BGE 121 III 486 E. 3b). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers entspricht es nicht nur der herrschenden Lehre (NORDMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 14 zu Art. 166 SchKG; TALBOT, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs SchKG, 4. Aufl. 2017, N. 11 zu Art. 166 SchKG; COMETTA, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 4 zu Art. 166 SchKG; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. III, 2001, N. 27 zu Art. 166 SchKG), sondern auch dem vom Beschwerdeführer selbst zitierten bundesgerichtlichen Leitentscheid, dass das Zustellungsdatum des Zahlungsbefehls keine Rolle spielt, soweit - wie vorliegend - die in Art. 158 Abs. 2 SchKG statuierte Monatsfrist eingehalten wurde (BGE 121 III 486 E. 3). Wenn die Vorinstanzen zum Schluss gelangt sind, dass die in Art. 166 Abs. 2 SchKG statuierte 15-Monatsfrist angesichts des Datums der Ausstellung des Pfandausfallscheins (7. März 2022) im Zeitpunkt der Einreichung des Konkursbegehrens (12. Mai 2023) noch nicht abgelaufen gewesen sein kann, ist dies nach dem Gesagten nicht zu beanstanden.
6.
Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Da vorliegend die Anordnung der aufschiebenden Wirkung auf das Verbot beschränkt worden ist, während der Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens weitere Verwertungshandlungen vorzunehmen, erübrigt sich die Festsetzung eines neuen Konkursdatums (vgl. Urteil 5A_181/2018 vom 30. April 2018 E. 4).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, dem Konkursamt Fluntern-Zürich, dem Handelsregisteramt des Kantons Zürich und dem Betreibungsamt Zürich 7 mitgeteilt.
Lausanne, 13. Februar 2024
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: von Werdt
Der Gerichtsschreiber: Buss