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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 177/02 
 
Urteil vom 13. März 2003 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Schön, Bundesrichter Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiber Scartazzini 
 
Parteien 
D.________, 1937, Beschwerdeführer, vertreten 
durch Rechtsanwalt Jürg Uhlmann, Vorstadt 40/42, 8201 Schaffhausen, 
 
gegen 
 
Arbeitsamt des Kantons Schaffhausen, Mühlentalstrasse 105, 8200 Schaffhausen, Beschwerdegegner 
 
Vorinstanz 
Kantonale Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung Schaffhausen, Schaffhausen 
 
(Entscheid vom 24. Oktober 2001) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Verfügung vom 5. September 2000 wurde der 1937 geborene D.________ vom Arbeitsamt des Kantons Schaffhausen wegen vorsätzlicher Vereitelung des Arbeitseinsatzes bzw. dessen Verlängerung bei der Firma X.________ AG für die Dauer von 35 Tagen ab 3. Juli 2000 in der Anspruchsberechtigung eingestellt. 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies die Kantonale Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung Schaffhausen mit Entscheid vom 24. Oktober 2001 ab. 
C. 
D.________ beantragt mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und der Einstellungsverfügung. Er macht geltend, nicht der ganze Umfang der von ihm geplanten und schliesslich absolvierten Ferien habe dazu geführt, dass die Arbeitgeberin das Anstellungsverhältnis lediglich bis zum 28. Juli 2000 laufen liess, denn allein schon die Teilnahme an der einwöchigen Hochzeit seiner Tochter in Jugoslawien hätte zu diesem Ergebnis geführt. 
 
Das Arbeitsamt schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Staatssekretariat für Wirtschaft auf eine Stellungnahme verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen über die den Arbeitslosen obliegende Schadenminderungspflicht, insbesondere über die Pflichten der versicherten Personen im Hinblick auf die Vermeidung oder Verkürzung von Arbeitslosigkeit und den Nachweis entsprechender Anstrengungen (Art. 17 Abs. 1 AVIG), über den Einstellungstatbestand (Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG) und die nach dem Grad des Verschuldens zu bemessende Einstellungsdauer (Art. 30 Abs. 3 Satz 3 AVIG in Verbindung mit Art. 45 Abs. 2 AVIV) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
Zu ergänzen ist, dass Zweck der Einstellung in der Anspruchsberechtigung eine angemessene Mitbeteiligung der versicherten Person am Schaden ist, den sie der Arbeitslosenversicherung in schuldhafter Weise natürlich und adäquat kausal verursacht hat (BGE 126 V 523, 124 V 227 Erw. 2b mit Hinweisen). In beweisrechtlicher Hinsicht müssen die dem Einstellungstatbestand zu Grunde liegenden Tatsachen mit dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erfüllt sein (BGE 126 V 360 Erw. 5b, 125 V 195 Erw. 2, je mit Hinweisen; Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Bd. Soziale Sicherheit, Rz 693). 
 
Erwähnt sei zudem, dass gemäss Rechtsprechung der Einstellungstatbestand der Nichtannahme einer zugewiesenen zumutbaren Arbeit auch dann erfüllt ist, wenn die versicherte Person die Arbeit zwar nicht ausdrücklich ablehnt, es aber durch ihr Verhalten in Kauf nimmt, dass die Stelle anderweitig besetzt wird. Arbeitslose Versicherte haben bei den Verhandlungen mit dem künftigen Arbeitgeber klar und eindeutig die Bereitschaft zum Vertragsabschluss zu bekunden, um die Beendigung der Arbeitslosigkeit nicht zu gefährden (BGE 122 V 38 Erw. 3b mit Hinweisen; Thomas Nussbaumer, a.a.O., Rz 704). 
 
Zu ergänzen ist schliesslich, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 5. September 2000) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b). 
2. 
Nicht mehr streitig ist, dass es dem Versicherten zumutbar war und von ihm im Rahmen der Schadenminderungspflicht verlangt werden konnte, die Arbeit bei der X.________ AG aufzunehmen. Unbestritten ist zudem, dass sich der Beschwerdeführer auf Anweisung des Arbeitsamtes des Kantons Schaffhausen hin bei der genannten Firma gemeldet hat, dass eine Anstellung indessen nicht für die den Bedürfnissen der X.________ AG entsprechende Zeitdauer vom 3. Juli bis Anfang September sondern lediglich für die Zeit vom 7. Juli bis 28. Juli 2000 zu Stande gekommen ist. Streitig ist der Grund für dieses zeitlich beschränkte Zustandekommen der Anstellung. Zu prüfen ist daher, ob bzw. in welchem Ausmass dem Versicherten ein Verschulden daran zugeschrieben werden kann. 
2.1 Arbeitsamt und Vorinstanz begründen die Einstellungsverfügung damit, dass der ursprüngliche Arbeitsbeginn am ersten Arbeitstag des Monats Juli 2000, nämlich am Montag, dem 3. Juli 2000, und nicht erst am Freitag, dem 7. Juli 2000, geplant war. Was die Dauer des Arbeitsverhältnisses anbelangt, gingen sie davon aus, dass der Arbeitseinsatz vom 3. Juli bis mindestens 8. September 2000 gedauert hätte. In Bezug auf Ferienwünsche befand die Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe bei der Bewerbung für die fragliche Zwischenverdienst-Stelle erklärt, er könne nur einen Monat lang arbeiten, da er anschliessend Ferien für die Dauer eines Monats beziehe. Durch die Geltendmachung dieses Ferienanspruchs habe sich einerseits der Vertragsabschluss verzögert und anderseits die Einsatzdauer des Versicherten verkürzt. Angesichts der Tatsache, dass die X.________ AG wegen dringenden Termingeschäften derart in Not war, dass sie den Beschwerdeführer statt für rund zehn Wochen auch nur für drei Wochen eingestellt hat, sei davon auszugehen, dass die Darstellung des Arbeitsamtes mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch insofern zutreffe, als dieses behauptet hatte, für die Teilnahme an der Hochzeit seiner Tochter wäre dem Versicherten eine Woche Ferien gewährt worden. 
2.2 Der Beschwerdeführer macht demgegenüber im Wesentlichen geltend, es lasse sich insbesondere aus dem Verhandlungsprotokoll vom 24. Oktober 2001 ohne weiteres entnehmen, dass der Arbeitgeber auch dann auf seine Dienste hätte verzichten wollen, wenn er zwecks Teilnahme an der Hochzeit seiner Tochter nur eine Woche Ferien bezogen hätte. Der vom Arbeitsamt als Zeuge einvernommene Vertreter der Arbeitgeberin H.________ habe anlässlich der Verhandlung klar und deutlich geantwortet, ihm für die Teilnahme an der Hochzeit seiner Tochter eine Woche Ferien zu gewähren wäre nicht möglich gewesen. Wenn die Vorinstanz die Aussagen des Zeugen H.________ so interpretiere, dass die Arbeitgeberin unter diesen Umständen den Versicherten dennoch bis Ende August 2000 beschäftigt hätte, sei dies eine willkürliche Würdigung von Zeugenaussagen. 
3. 
3.1 In einem Kurzprotokoll über das rechtliche Gehör vom 17. Juli 2000 hatte das Arbeitsamt vermerkt, nach eigenen Informationen würde Herr H.________ dem Versicherten, was die Hochzeit der Tochter angehe, insofern entgegenkommen, dass er ihn für eine Woche beurlauben würde. Diese Aussage wurde in der Verfügung vom 5. September 2000 und im kantonalen Beschwerdeverfahren (Vernehmlassung vom 14. März 2001 und Duplik vom 2. Mai 2001) wiederholt. Anlässlich der Verhandlung vom 24. Oktober 2001 stellte der Vertreter des Arbeitsamtes dem Zeuge die Frage, ob es möglich gewesen wäre, dass der Beschwerdeführer während des Anstellungsverhältnisses eine Woche Ferien für die Hochzeit seiner Tochter bezogen hätte. H.________ beantwortete sie folgendermassen: "Nein, da der Lehrling in den Ferien war. Die Termine waren so geplant, weil man die Produkte in Container verladen musste. Der Arbeitseinsatz war deshalb in Stunden vorgegeben. Ich musste eine andere Lösung suchen." 
3.2 Was der Versicherte in seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorbringt, ist insofern stichhaltig, als die oben erwähnte Aussage von H.________ eindeutig zum Ausdruck brachte, dass allein schon die Teilnahme des Beschwerdeführers an der Hochzeit seiner Tochter zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der X.________ AG geführt hätte. Die Befragung des Zeugen konnte somit die Behauptung des Beschwerdeführers klären, dass die Arbeitgeberin auch dann auf seine Dienste verzichtet hätte, wenn er im Monat August 2000 lediglich eine Woche Ferien bezogen hätte. 
 
Aus dieser Beweiswürdigung ergibt sich, dass die Vorinstanz bei ihrer Beurteilung zu Unrecht zum Schluss gelangte, nach überwiegender Wahrscheinlichkeit sei die Einsatzdauer des Arbeitsverhältnisses nicht deshalb verkürzt worden, weil der Beschwerdeführer eine ihm zustehende Ferienwoche beziehen wollte, sondern weil er von Anfang an geltend gemacht habe, er würde den ganzen Monat August 2000 nicht arbeiten. 
3.3 Was die Dauer der Einstellung betrifft, haben Verwaltung und Rekurskommission ein schweres Verschulden angenommen und im hiefür geltenden Rahmen von 31 bis 60 Tagen (Art. 45 Abs. 2 AVIV) die Sanktion auf 35 Tage festgesetzt. Nach dem Gesagten entspricht das Verhalten des Beschwerdeführers jedoch nicht einem schweren Verschulden, das die vom Arbeitsamt verhängte und von der Vorinstanz bestätigte Einstellungsdauer in der Anspruchsberechtigung unter Berücksichtigung des ihnen zustehenden Ermessens (BGE 123 V 152 Erw. 2 mit Hinweisen) angemessen erscheinen lässt. 
 
 
Der kantonale Entscheid und die Verwaltungsverfügung müssen daher insofern aufgehoben werden, als der Versicherte damit in der Anspruchsberechtigung wegen verkürzter Einsatzdauer in der zugewiesenen Stelle eingestellt wurde. Die Sache ist jedoch an das Arbeitsamt zurückzuweisen, damit dieses darüber befinde, in welchem Ausmass das Verhalten des Versicherten die Aufnahme der Tätigkeit bei der X.________ AG hinausgezögert hat und aus diesem Grund eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung zu erfolgen hat. 
4. 
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 134 OG). Der Beschwerdeführer obsiegt nach dem Gesagten mit dem Hauptantrag, weshalb ihm eine Parteientschädigung für den vorliegenden Prozess zuzusprechen ist (Art. 159 Abs. 1 OG). Da im Bereich der Arbeitslosenversicherung kein bundesrechtlicher Anspruch im Sinne von Art. 104 lit. a OG auf Parteientschädigung besteht (vgl. Art. 103 AVIG), ist es nicht Sache des Eidgenössischen Versicherungsgerichts, die Vorinstanz zur Zusprechung einer Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu verpflichten. Der Beschwerdeführer hat jedoch die Möglichkeit, beim kantonale Gericht einen entsprechenden Antrag zu stellen. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid der Kantonalen Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung Schaffhausen vom 24. Oktober 2001 und die Verfügung des Arbeitsamtes des Kantons Schaffhausen vom 5. September 2000 aufgehoben werden und die Sache an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen wird, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Das Arbeitsamt des Kantons Schaffhausen hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Kantonalen Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung Schaffhausen, der Kantonalen Arbeitslosenkasse Schaffhausen, der Arbeitslosenkasse SMUV, Schaffhausen, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 13. März 2003 
 
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: