Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
4A_89/2024
Urteil vom 13. März 2024
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Kiss, May Canellas,
Gerichtsschreiber Dürst.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Sören Schwieterka,
Beschwerdeführer,
gegen
B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stefan Klass und Rechtsanwältin Anja Fuchs-Hodel,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Gesellschaftsrecht; Antrag um Sistierung und Vertretungsverbot,
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 22. Dezember 2023
(1C 23 17).
Sachverhalt:
A.
A.a. Die B.________ AG (Klägerin, Beschwerdegegnerin) reichte am 11. Mai 2022 gegen A.________ (Beklagter, Beschwerdeführer) beim Bezirksgericht Luzern eine Schadenersatzklage aus gesellschaftsrechtlicher Verantwortlichkeit ein.
A.b. In seiner Klageantwort vom 12. September 2022 beantragte der Beklagte die Abweisung der Klage, soweit darauf eingetreten werden könne. Weiter stellte er folgende Verfahrensanträge:
" 1. Es sei gegenüber Dr. Stefan Klass und den übrigen Mitarbeitern der BRUHIN KLASS AG ein Vertretungsverbot auszusprechen und der Klägerin Gelegenheit einzuräumen, einen neuen Rechtsbeistand zu bestellen.
2. Es sei das Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung der gegen den Beklagten durch die Klägerin eingereichten Strafanzeige zu sistieren. "
A.c. Mit Verfügung vom 24. April 2023 wies das Bezirksgericht die beiden Verfahrensanträge ab.
B.
B.a. Am 8. Mai 2023 erhob der Beklagte beim Kantonsgericht Luzern Berufung, eventualiter Beschwerde gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Luzern. Er beantragte, der angefochtene Zwischenentscheid vom 24. April 2023, eventualiter die angefochtene prozessleitende Verfügung vom 24. April 2023, sei aufzuheben und die gestellten Verfahrensanträge seien gutzuheissen. Zusätzlich beantragte er, es sei auf die Klage vom 11. Mai 2022 mangels Postulationsfähigkeit der Rechtsvertreterin der Klägerin nicht einzutreten.
B.b. Mit Entscheid vom 22. Dezember 2023 trat das Kantonsgericht des Kantons Luzern auf die Berufung nicht ein. Auf die Beschwerde gegen den abgewiesenen Antrag um Sistierung des Verfahrens trat das Kantonsgericht mangels hinreichender Beschwerdebegründung nicht ein. Die Beschwerde hinsichtlich des beantragten Vertretungsverbots wies das Kantonsgericht ab. Zum Vorwurf des Interessenkonflikts stützte es sich auf ein Verfahren vor der Aufsichtsbehörde über die Rechtsanwälte des Kantons Zug sowie darauffolgende Gerichtsverfahren (vgl. Urteil 2C_865/2022 vom 12. Dezember 2023). Der Beklagte vermöge den Feststellungen, Erwägungen und Ergebnissen der besagten Behörden und Gerichte nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen. Ein konkreter Interessenkonflikt bzw. ein konkretes Risiko eines Interessenkonflikts sei vorliegend nicht dargetan. Eine bloss abstrakte Möglichkeit des Auftretens gegenseitiger Interessenlagen reiche nicht aus, um auf eine unzulässige Doppelvertretung zu schliessen.
C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht, der Entscheid des Kantonsgerichts des Kantons Luzern vom 22. Dezember 2023 sei aufzuheben und die in der Klageantwort gestellten Verfahrensanträge seien vollumfänglich gutzuheissen. Zudem sei auf die Klage vom 11. Mai 2022 mangels Postulationsfähigkeit der Rechtsvertreterin der Beschwerdegegnerin nicht einzutreten.
Auf die Einholung von Vernehmlassungen zur Beschwerde wurde verzichtet.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist. Immerhin sind die sachverhaltlichen Grundlagen, auf die sich die Zulässigkeit der Beschwerde stützt, von den Beschwerdeführenden darzulegen, soweit sie nicht auf der Hand liegen (BGE 145 I 121 E. 1; 143 III 140 E. 1, je mit Hinweisen).
1.1. Die Beschwerde in Zivilsachen ist zulässig gegen Endentscheide, worunter solche Entscheide zu verstehen sind, die den Prozess beenden, sei es insgesamt (Art. 90 BGG), sei es hinsichtlich eines Teils der gestellten Begehren, die unabhängig von den anderen beurteilbar sind (Art. 91 lit. a BGG), sei es nur für einen Teil der Streitgenossen (Art. 91 lit. b BGG). Ebenfalls zulässig ist die Beschwerde gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide, welche die Zuständigkeit oder den Ausstand betreffen (Art. 92 BGG). Gegen andere selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die sofortige Beschwerde nur unter den alternativen Voraussetzungen nach Art. 93 Abs. 1 lit. a und b BGG zulässig (BGE 144 III 475 E. 1 mit Hinweisen).
1.2. Die Verfügung der Erstinstanz hinsichtlich Sistierung und Vertretungsverbot schliesst das erstinstanzliche Verfahren nicht ab und betrifft weder die Zuständigkeit noch den Ausstand. Es handelt sich deshalb um einen "anderen selbständig eröffneten" Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG. Der darüber ergangene, vorliegend angefochtene Rechtsmittelentscheid der Vorinstanz vom 22. Dezember 2023 ist seinerseits ein Zwischenentscheid nach Art. 93 Abs. 1 BGG (vgl. BGE 139 V 339 E. 3.2, 600 E. 2.1, 604 E. 2.1; Urteile 4A_448/2023 vom 14. November 2023 E. 1.1; 4A_532/2023 vom 3. November 2023 E. 2).
1.3. Gegen Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG).
Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden aus prozessökonomischen Gründen bildet eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 144 III 475 E. 1.2; 141 III 80 E. 1.2; 134 III 188 E. 2.2; 133 III 629 E. 2.1). Diese Ausnahme ist restriktiv zu handhaben, zumal die Parteien keiner Rechte verlustig gehen, wenn sie einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG nicht selbstständig anfechten, können sie ihn doch mit dem Endentscheid anfechten, soweit er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG; BGE 144 III 475 E. 1.2; 138 III 94 E. 2.2; 135 I 261 E. 1.2; 134 III 188 E. 2.2; 133 III 629 E. 2.1; 133 IV 288 E. 3.2). Dementsprechend obliegt es der beschwerdeführenden Partei darzutun, dass die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich in die Augen springt (BGE 142 III 798 E. 2.2; 141 III 80 E. 1.2; 137 III 324 E. 1.1; 134 III 426 E. 1.2 in fine; 133 III 629 E. 2.3.1 und 2.4.2).
1.4. Der Beschwerdeführer hält dafür, ihm drohe durch den angefochtenen Entscheid ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG.
1.4.1. Der nicht wieder gutzumachende Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss ein Nachteil rechtlicher Natur sein, der auch durch einen späteren günstigen Endentscheid nicht oder nicht gänzlich beseitigt werden kann, wogegen rein tatsächliche Nachteile wie die Verfahrensverlängerung oder -verteuerung nicht ausreichen (BGE 149 II 170 E. 1.3; 144 III 475 E. 1.2; 142 III 798 E. 2.2; 141 III 80 E. 1.2; je mit Hinweisen). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bewirkt ein Entscheid, mit dem der Rechtsvertretung einer Partei (wegen eines durch das Anwaltsgesetz verpönten Interessenkonflikts) untersagt wird, die Partei zu vertreten, für diese einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil. Dieser kann auch durch den Endentscheid nicht mehr behoben werden, nachdem der Prozess vollständig mit einem anderen Anwalt durchgeführt wurde (Urteile 4A_448/2023, a.a.O., E. 1.1; 4A_7/2023 vom 28. Februar 2023 E. 1.1; 5A_311/2022 vom 9. November 2022 E. 2.2.2; 4A_25/2022 vom 11. Februar 2022 E. 4.2 je mit weiteren Hinweisen). Diese Rechtsprechung lässt sich gemäss konstanter Praxis nicht auf die umgekehrte Konstellation übertragen, in der das Gericht die Einrede der Postulationsunfähigkeit abweist und der Anwalt zur Vertretung der Gegenpartei zugelassen wird. Die dabei erlittenen Nachteile der anderen Partei sind grundsätzlich rein tatsächlicher Natur, die durch einen späteren günstigen Entscheid behoben werden können (Urteile 5A_830/2023 vom 8. Februar 2024 E. 1.1.; 5A_311/2022, a.a.O., E. 2.2.2; 4A_25/2022, a.a.O., E. 4.2; 4A_635/2021, vom 5. Januar 2022 E. 5.2; 4A_313/2020 vom 1. Oktober 2020 E. 3; 4A_589/2018 vom 29. Mai 2019 E. 4; 4A_436/2015 vom 17. Mai 2016, E. 1.2.2)
1.4.2. Der angefochtene Entscheid führt dazu, dass der Beschwerdeführer trotz des geltend gemachten Interessenkonflikts zu dulden hat, dass die Beschwerdegegnerin im hängigen Verfahren weiterhin durch den betreffenden Rechtsanwalt bzw. Anwälte aus derselben Kanzlei vertreten wird. Gemäss konstanter bundesgerichtlicher Praxis bewirkt ein solches Urteil keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil i.S.v. Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG. Der Beschwerdeführer macht zwar geltend, dass der einem Interessenkonflikt unterliegende Rechtsvertreter die Parteirechte der Beschwerdegegnerin wahrnehmen könne, dies im " Hinblick auf die Verfahrensfairness einen unzulässigen Einfluss auf die Feststellung des Sachverhalts " habe und damit " einen nicht leicht wiedergutzumachenden Eingriff in die Verfahrens- bzw. Verteidigerrechte " bewirke. Damit bringt er jedoch keine konkreten Gründe vor, die eine Abweichung von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung rechtfertigen. Die Voraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist daher offensichtlich nicht erfüllt.
1.5. Der Beschwerdeführer beruft sich alternativ auf die Eintretensvoraussetzung gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG.
1.5.1. Macht die beschwerdeführende Partei geltend, die Voraussetzung des Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG sei erfüllt, dass mit einem Endentscheid ein bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart werden könnte, ist zu differenzieren: Geht bereits aus dem angefochtenen Urteil oder der Natur der Sache hervor, dass ein bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erforderlich sein wird, darf auf lange Ausführungen verzichtet werden. Andernfalls hat die beschwerdeführende Partei im Einzelnen darzutun, welche Tatfragen offen sind und welche weitläufigen Beweiserhebungen in welchem zeit- oder kostenmässigen Umfang erforderlich sind. Zudem hat sie unter Aktenhinweisen darzulegen, dass die betreffenden Beweise im kantonalen Verfahren bereits angerufen oder entsprechende Anträge in Aussicht gestellt wurden (BGE 133 III 629 E. 2.4.2; 133 IV 288 E. 3.2). Das Bundesgericht prüft frei, ob die Voraussetzung, dass bei einer Gutheissung der Beschwerde ein bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart werden kann, erfüllt ist (BGE 133 IV 288 E. 3.2; Urteil 4A_30/2023 vom 4. September 2023 E. 1.2.1 mit Hinweisen).
1.5.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass bei Gutheissung seiner Beschwerde und des Vertretungsverbots " grundsätzlich alle Rechtsschriften der postulationsunfähigen Rechtsvertretung der Beschwerdegegnerin aus dem Recht zu weisen " seien, die Beschwerdegegnerin somit gar nie eine Forderungsklage gegen den Beschwerdeführer eingereicht habe und das Verfahren in der Hauptsache als gegenstandslos abzuschreiben sei.
Für die klageeinleitende Rechtshandlung ist die Postulationsfähigkeit zwar eine Zulässigkeitsvoraussetzung (Art. 59 Abs. 1 ZPO). Bei Fehlen dieser Voraussetzung muss gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung der betroffenen Person jedoch eine Frist angesetzt werden, damit sie den Mangel beheben kann (BGE 147 III 351 E. 6.3, mit Hinweisen). Diese Fristansetzung ist auch Teil des streitgegenständlichen Verfahrensantrags des Beschwerdeführers. Würde sein Verfahrensantrag wie beantragt gutgeheissen, so wäre der Beschwerdegegnerin eine Frist zur Bestellung eines neuen Rechtsbeistandes zu setzen. Inwiefern damit ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein Beweisverfahren gespart werden könnte, begründet der Beschwerdeführer nicht hinreichend und scheidet offensichtlich aus. Der Beschwerdeführer äussert sich auch nicht zum Widerspruch zwischen seinem erstinstanzlichen Antrag um Fristansetzung und seinem im Beschwerdeverfahren gestellten Antrag um Nichteintreten mangels Postulationsfähigkeit. Damit ist die Zulässigkeit der Beschwerde gegen die angefochtene Verfügung auch unter der Voraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ebenfalls offensichtlich nicht erfüllt.
1.6. Soweit der Beschwerdeführer seine Beschwerde auch auf den Sistierungsantrag bezieht, begründet er nicht, inwiefern die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt sein sollen.
1.7. Auf die offensichtlich unzulässige Beschwerde ist damit nicht einzutreten (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG).
2.
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind dem Ausgang des Verfahrens entsprechend dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, da ihr aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand entstanden ist (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 13. März 2024
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jametti
Der Gerichtsschreiber: Dürst