Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_269/2023
Urteil vom 13. April 2023
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
Bundesrichter von Werdt, Schöbi,
Gerichtsschreiber Möckli.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Florian Hausherr,
Beschwerdeführerin,
gegen
B.________,
vertreten durch Advokat Dr. Jascha Schneider-Marfels,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
elterlichen Sorge, Besuchsrecht,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Aargau, Kammer für Kindes- und
Erwachsenenschutz, vom 20. Februar 2023 (XBE.2022.76).
Sachverhalt:
A.
Die Parteien sind die nicht miteinander verheirateten und nicht zusammen lebenden Eltern eines am 28. Dezember 2019 geborenen Sohnes.
B.
Mit Schreiben vom 1. Februar 2022 beantragte der Vater sinngemäss die Neuregelung der elterlichen Sorge und des Besuchsrechts. Mit Entscheid vom 21. Juni 2022 (begründete Ausfertigung vom 26. September 2022) stellte das Familiengericht Kulm das Kind unter die gemeinsame elterliche Sorge und errichtete eine Beistandschaft, wobei es der Beiständin u.a. die Regelung des Besuchsrechts übertrug.
Dagegen erhob die Mutter eine Beschwerde, mit welcher sie die alleinige elterliche Sorge und die Gewährung eines Besuchsrechts nur in ihrer Anwesenheit forderte. Mit Entscheid vom 20. Februar 2023 hob das Obergericht des Kantons Aargau den erstinstanzlichen Entscheid in Bezug auf die Errichtung einer Beistandschaft auf und wies die Sache zur Regelung des väterlichen Besuchsrechts an das Familiengericht zurück; im Übrigen (d.h. betreffend das Sorgerecht) wies es die Beschwerde ab. Zur Begründung führte es aus, dass die gemeinsame elterliche Sorge die Regel bilde und kein schwerer Dauerkonflikt vorliege, welcher sie ausgeschlösse; in Bezug auf das Besuchsrecht erwog es, dass dessen Regelung Sache des Gerichtes und nicht der Beiständin sei.
C.
Mit Beschwerde vom 3. April 2023 gelangt die Mutter an das Bundesgericht mit den Begehren, der obergerichtliche Entscheid sei aufzuheben und es sei in der Sache neu zu entscheiden, eventualiter sei diese zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen.
Erwägungen:
1.
In Bezug auf kantonal letztinstanzliche Entscheide in Kindesangelegenheiten steht die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich offen (Art. 72 Abs. 1 und Art. 75 Abs. 2 BGG ), soweit es sich um einen Endentscheid handelt (Art. 90 BGG); auf Letzeres wird noch zurückzukommen sein.
2.
Die Rechtsmittel nach dem Bundesgerichtsgesetz sind reformatorisch (vgl. Art. 107 Abs. 2 BGG). Daher darf sich die beschwerdeführende Partei nicht darauf beschränken, die Aufhebung oder Kassation des angefochtenen Entscheides zu beantragen; vielmehr ist ein Antrag in der Sache zu stellen. Es ist demnach anzugeben, welche Punkte des Entscheides angefochten und welche Abänderungen beantragt werden (BGE 133 III 489 E. 3.1; 134 III 379 E. 1.3; 137 II 313 E. 1.3; 147 I 89 E. 1.2.5).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht, wenn keine konkreten Anträge in der Sache gestellt werden, sondern nebst der Kassation lediglich verlangt wird, "es sei in der Sache neu zu entscheiden". Umso weniger genügt ein solch allgemeines Begehren, als der angefochtene Entscheid nur teilweise ein Endentscheid ist, nämlich in Bezug auf die Regelung der elterlichen Sorge. In Bezug auf die Errichtung einer Beistandschaft bzw. die Regelung des Besuchsrechts liegt hingegen ein Rückweisungsentscheid und damit ein das Verfahren nicht abschliessender Zwischenentscheid vor (BGE 144 III 253 E. 1.3; 144 IV 321 E. 2.3), der im bundesgerichtlichen Verfahren nur unter den besonderen Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG anfechtbar ist (BGE 145 III 42 E. 2.1), wobei diese in der Beschwerde im Einzelnen darzulegen sind (BGE 137 III 324 E. 1.1; 141 III 80 E. 1.2; 141 IV 289 E. 1.3). Eine solche Darlegung erfolgt nicht ansatzweise.
3.
Was die (verbleibende) Frage der elterlichen Sorge anbelangt, gebricht es nicht nur an einem konkreten Begehren in der Sache, sondern weitgehend auch an einer hinreichenden Begründung. Es ist zu beachten, dass der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich ist (Art. 105 Abs. 1 BGG) und diesbezüglich nur eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung gerügt werden kann, für welche das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG ), was bloss appellatorische Kritik am Sachverhalt ausschliesst (BGE 142 III 364 E. 2.4; 144 V 50 E. 4.2; 145 II 32 E. 2.1). Sodann hat die Beschwerde in rechtlicher Hinsicht eine Begründung zu enthalten, in welcher in gedrängter Form dargelegt wird, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), was eine sachbezogene Auseinandersetzung mit dessen Begründung erfordert (BGE 140 III 115 E. 2; 142 III 364 E. 2.4).
Die Beschwerdeführerin macht geltend, vorliegend stünden gar nicht Kommunikationsprobleme oder ein schwerwiegender Dauerkonflikt zwischen den Eltern im Vordergrund, sondern vielmehr gebe das Verhalten des Kindesvaters Anlass zur Sorge, was das Obergericht weitgehend verkannt habe. Indes hat das Obergericht in diesem Kontext nichts übersehen und ist zweitens nicht zu erkennen, inwiefern die konkreten Vorbringen geeignet sein könnten, die gemeinsame elterliche Sorge auszuschliessen:
Es geht u.a. darum, dass der Vater vor drei Jahren das Kind bzw. damals den Säugling als "kleinen eifersüchtigen Wichser" bezeichnet hatte. Das Obergericht erachtete dies als verbale Entgleisung, hielt indes fest, der Vater habe die Aussage umgehend relativiert und sich bei der Mutter entschuldigt. Auch die allgemein grobe Ausdrucksweise des Vaters ist im angefochtenen Entscheid ausdrücklich erwähnt und ebenso, dass die Aussagen der Mutter zum Kokainmissbrauch, zur Fahrweise und zum Verhalten des Vaters protokolliert worden seien. Das Obergericht befand, all dies stehe der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht im Weg. Im Zusammenhang mit dem weiteren Vorbringen der Mutter, er übe Druck auf die Beiständin aus, hielt das Obergericht fest, es sei nicht ersichtlich, inwiefern dies im Zusammenhang mit der Sorgerechtslegelung relevant sein soll.
Weder ist im Zusammenhang mit den vorstehend erwähnten Elementen eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung noch ist im Absehen von der Einvernahme der Beiständin ein Verstoss gegen Art. 53 ZPO oder eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erkennen. Die Beschwerdeführerin möchte offensichtlich Kriterien, wie sie für die Obhutszuteilung und allenfalls für die Ausgestaltung des Besuchsrechts relevant sind, beurteilt wissen. Bei der elterlichen Sorge geht es jedoch nicht um den konkreten Umgang mit dem Kind, sondern um Grundsatzentscheide bei der Lebensplanung des Kindes (BGE 142 III 502 E. 2.4.1). Die gemeinsame elterliche Sorge bildet von Gesetzes wegen den Grundsatz und ist nur ganz ausnahmsweise nicht angezeigt, wenn nämlich ein sich auf alle Kindesbelange erstreckender schwerwiegender elterlicher Dauerkonflikt oder eine anhaltende Kommunikationsunfähigkeit verunmöglicht, dass die Eltern bei den zu treffenden Grundsatzentscheidungen zusammenwirken können, und eine Alleinzuteilung der elterlichen Sorge die negativen Auswirkungen für das Kind beseitigen oder mildern würde (vgl. BGE 141 III 472 E. 4.6 und 4.7; 142 III 1 E. 3.3; 142 III 197 E. 3.5). Zu all dem äussert sich die Beschwerdeführerin nicht und es wäre im Übrigen auch nicht ersichtlich, inwiefern der angefochtene Entscheid diesbezüglich Recht verletzen soll.
4.
Zusammenfassend ergibt sich, dass keine genügenden Rechtsbegehren gestellt werden und bereits aus diesem Grund auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann, dass es aber weitestgehend auch an einer hinreichenden Beschwerdebegründung fehlen würde, welche ebenfalls eine Eintretensvoraussetzung bildet.
5.
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Beiständin und dem Obergericht des Kantons Aargau, Kammer für Kindes- und Erwachsenenschutz, mitgeteilt.
Lausanne, 13. April 2023
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Herrmann
Der Gerichtsschreiber: Möckli