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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_192/2024  
 
 
Urteil vom 13. Mai 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Herrn Ali Tüm, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Thurgau, Multiplex 1, 
Langfeldstrasse 53a, 8510 Frauenfeld, 
Departement für Justiz und Sicherheit 
des Kantons Thurgau, Generalsekretariat, 
8510 Frauenfeld. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des 
Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 
14. Februar 2024 (VG.2023.84/E). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1966), türkischer Staatsangehöriger, reiste am 19. Oktober 2019 (erneut) in die Schweiz ein und stellte zum dritten Mal ein Asylgesuch. Dieses wurde mit Verfügung des Staatssekretariats für Migration (SEM) vom 1. April 2021 abgewiesen. Eine dagegen erhobene Beschwerde ist beim Bundesverwaltungsgericht hängig.  
 
1.2. Am 23. Januar 2020 hatte A.________ eine in der Schweiz niederlassungsberechtigte Landsfrau geheiratet. Nachdem das Migrationsamt des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 7. Juli 2021 ein von seiner Ehefrau gestelltes Familiennachzugsgesuch zu seinen Gunsten abgelehnt hatte, hob es diesen Entscheid am 8. Juni 2022 wiedererwägungsweise auf und erteilte A.________ eine an gewisse Bedingungen geknüpfte Aufenthaltsbewilligung.  
Am 28. Dezember 2022 teilte die Ehefrau mit, dass die eheliche Gemeinschaft seit 23. Oktober 2022 nicht mehr gelebt werde und die Eheleute seither in getrennten Haushalten wohnen würden. 
 
1.3. Mit Entscheid vom 15. Februar 2023 widerrief das Migrationsamt die Aufenthaltsbewilligung von A.________ und wies ihn an, die Schweiz innert 30 Tagen nach Rechtskraft des Entscheids zu verlassen. Dieser Entscheid wurde wiedererwägungsweise aufgehoben und durch einen Entscheid vom 23. Februar 2023 ersetzt. Darin widerrief das Migrationsamt die Aufenthaltsbewilligung von A.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. Die Wegweisung wurde aufgrund des hängigen Beschwerdeverfahrens in Asylsachen vorerst nicht vollzogen.  
 
1.4. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel wiesen das Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 30. Juni 2023 und das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 14. Februar 2024 ab.  
 
1.5. A.________ gelangt mit Beschwerde vom 21. April 2024 (Postaufgabe) an das Bundesgericht und beantragt, es sei der Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 19. März 2024 aufzuheben, es sei der rechtserhebliche Sachverhalt festzustellen und es sei das Migrationsamt anzuweisen, ihm die Aufenthaltsbewilligung zu belassen. Prozessual ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege.  
Es wurden keine Instruktionsmassnahmen angeordnet. 
 
2.  
 
2.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Zusammenhang mit Bewilligungen ausgeschlossen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen oder Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen betreffen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 und Ziff. 5 BGG). Ist die Zulässigkeit eines Rechtsmittels zweifelhaft, umfasst die Begründungspflicht gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG grundsätzlich auch die Eintretensvoraussetzungen (vgl. BGE 134 II 45 E. 2.2.3; 133 II 249 E. 1.1; Urteil 2C_682/2021 vom 3. November 2021 E. 1.1).  
 
2.2. Nach Art. 42 BGG haben Rechtsschriften an das Bundesgericht die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Die Begründung hat sachbezogen zu sein; die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheids massgeblichen Erwägungen plausibel aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2 mit Hinweisen).  
 
2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung bzw. die Beweiswürdigung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig bzw. willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (vgl. Art. 105 Abs. 2 BGG) und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (BGE 140 III 264 E. 2.3). Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (vgl. BGE 140 III 264 E. 2.3; 137 I 58 E. 4.1.2; 136 I 184 E. 1.2). Dies bedeutet, dass die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, klar und substanziiert aufzeigen muss, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein sollen (vgl. BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen).  
 
3.  
 
3.1. Vorliegend ist unbestritten, dass die Ehe des Beschwerdeführers mit einer in der Schweiz niederlassungsberechtigten Landsfrau am 23. Januar 2020 geschlossen und dass die eheliche Gemeinschaft am 23. Oktober 2022 aufgelöst wurde. Da die gelebte Ehe somit weniger als drei Jahre bestanden hat, macht der Beschwerdeführer zu Recht keinen Bewilligungsanspruch gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG (SR 142.20) geltend.  
Er beruft sich indessen auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG und bringt vor, eine Rückkehr in die Türkei sei ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich. 
 
3.2. Das Verwaltungsgericht hat - unter Berücksichtigung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. u.a. BGE 138 II 229 E. 3.1; 137 II 345 E. 3.2.1 f.; Urteile 2C_22/2023 vom 17. Oktober 2023 E. 7.3; 2C_827/2022 vom 31. März 2023 E. 3.2 f.; 2C_657/2021 vom 7. Februar 2022 E. 5.5) und gestützt auf die vorgelegten Beweismittel - das Vorliegen wichtiger persönlicher Gründe i.S.v. Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AIG geprüft und verneint. Es hat einerseits gestützt auf einen Bericht der Hausärztin des Beschwerdeführers erwogen, dass die gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers (insbesondere Leberkrebs) vor seiner Einreise in die Schweiz bestanden hätten, sodass es bereits an einem ausreichenden zeitlichen Konnex zu seiner in der Schweiz geschlossenen Ehe fehle. Unabhängig davon hat die Vorinstanz andererseits festgehalten, dass die Ärzte des Universitätsspitals Zürich am 20. Dezember 2021 beim Beschwerdeführer eine Lebertransplantation durchgeführt hätten. Im Anschluss darauf habe sich ein erfreulicher klinischer sowie laborchemischer Verlauf gezeigt und der Beschwerdeführer habe sich in einem guten Allgemeinzustand präsentiert. Auch der ehemalige Rechtsvertreter des Beschwerdeführers habe angegeben, dass die neue Leber sehr gut angenommen worden sei und der Beschwerdeführer seine berufliche Tätigkeit als Allrounder am 1. Mai 2022 wieder aufgenommen habe, wobei eine Steigerung auf 100% angedacht sei. Die weiteren vom Beschwerdeführer geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden seien gemäss dem angefochtenen Entscheid nicht belegt worden. Schliesslich hat das Verwaltungsgericht erwogen, dass die gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers in der Türkei behandelbar seien und dass er die Möglichkeit habe, Krankenversicherungsleistungen des dortigen Systems in Anspruch zu nehmen.  
 
3.3. Der Beschwerdeführer erhebt keinerlei Willkürrügen im Zusammenhang mit den vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen und der Beweiswürdigung in Bezug auf seinen Gesundheitszustand. Er beschränkt sich vielmehr darauf, zu behaupten, dass es ihm nach der Operation sehr schlecht gegangen sei und er eine IV-Anmeldung beim zuständigen Amt eingereicht habe. Sodann bringt er vor, er verfüge nicht über die finanziellen Mittel, um sich in der Türkei behandeln zu lassen, wobei er in keiner Weise dartut, dass und inwiefern die Vorinstanz in Willkür verfallen sei, indem sie zum Schluss gelangt ist, dass er in seiner Heimat eine Gesundheitsversorgung beantragen könnte. Folglich vermag er nicht substanziiert darzutun (vgl. E. 2.3 hiervor), dass das Verwaltungsgericht den massgebenden Sachverhalt betreffend seinen Gesundheitszustand und die Behandlungsmöglichkeiten in seiner Heimat offensichtlich unrichtig festgestellt bzw. die ins Recht gelegten Beweise willkürlich gewürdigt habe.  
 
3.4. Im Übrigen beschränkt sich der Beschwerdeführer darauf, die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG wiederzugeben und zu behaupten, dass er einen Bewilligungsanspruch habe, weil seine Beschwerden in der Schweiz bzw. während seiner Ehe entstanden seien. Damit gelingt es ihm indessen nicht rechtsgenüglich darzutun (Art. 42 Abs. 2 BGG), dass die Vorinstanz das Vorliegen wichtiger persönlicher Gründe i.S.v. Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG in bundesrechtswidriger Weise verneint habe.  
 
3.5. Ein anderweitiger Bewilligungsanspruch ist nicht ersichtlich und wird nicht substanziiert dargetan. So käme ein solcher gestützt auf den Schutz des Familienlebens (Art. 8 Ziff. 1 EMRK, Art. 13 Abs. 1 BV) nur infrage, wenn die jeweilige familiäre Beziehung tatsächlich gelebt würde (vgl. z.B. BGE 144 I 266 E. 3.3), was vorliegend nicht der Fall ist, zumal die eheliche Gemeinschaft des Beschwerdeführers aufgelöst wurde (vgl. auch Urteile 2C_720/2021 vom 26. Januar 2022 E. 10; 2C_925/2015 vom 27. März 2017 E. 8; 2C_1123/2014 vom 24. April 2015 E. 5). Ausser Betracht fällt sodann ein Bewilligungsanspruch gestützt auf den Schutz des Privatlebens (Art. 8 Ziff. 1 EMRK; Art. 13 Abs. 1 BV), da der Beschwerdeführer erst seit Juni 2022 im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung war und nichts darauf hinweist, dass er - trotz der kurzen Aufenthaltsdauer - als besonders integriert zu gelten habe (vgl. hierzu BGE 144 I 266 E. 3.5 und 3.9 und BGE 149 I 207 E. 5.3).  
 
3.6. Im Ergebnis erweist sich die Eingabe als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unzulässig bzw. offensichtlich unbegründet. Rügen bezüglich verfahrensrechtlicher Punkte, deren Verletzung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt und die das Gericht von der Prüfung der Sache bzw. der Bewilligungsfrage getrennt beurteilen kann ("Star"-Praxis; vgl. BGE 141 IV 1 E. 1.1; 137 II 305 E. 2; Urteil 2D_24/2022 vom 16. Juni 2022 E. 5.2), erhebt der Beschwerdeführer nicht, sodass es sich nicht rechtfertigt, die Sache unter dem Blickwinkel der subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) zu prüfen.  
 
4.  
 
4.1. Auf die offensichtlich unzulässige bzw. unbegründete Beschwerde ist mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. a und b) nicht einzutreten.  
 
4.2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Umständehalber wird auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 13. Mai 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov