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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_1146/2023, 6B_1147/2023  
 
 
Urteil vom 13. Mai 2024  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Muschietti, als präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Bundesrichter von Felten, 
Gerichtsschreiberin Andres. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, Stauffacherstrasse 55, Postfach, 8036 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Herausgabe von sichergestellten Gegenständen, 
 
Beschwerden gegen die Verfügungen des 
Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, 
vom 17. August 2023 (UH230221-O/U/GRO; 
UH230222-O/U/GRO). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat führte gegen die Beschwerdeführerin eine Strafuntersuchung. Am 30. Juni 2023 erhob sie Anklage beim Bezirksgericht Zürich wegen verschiedener Delikte, unter anderem wegen geringfügiger Sachentziehung zum Nachteil von B.________ und C.________. Bereits am 26. Juni 2023 verfügte die Staatsanwaltschaft, dass acht neue und drei gebrauchte Bodenfliesen bzw. zwei Pfannendeckel, die für das weitere Verfahren nicht mehr benötigt würden, gestützt auf Art. 267 StPO an B.________ bzw. C.________ herauszugeben seien. 
Das Obergericht des Kantons Zürich wies die gegen die beiden Herausgabeverfügungen gerichteten Beschwerden der Beschwerdeführerin mit Verfügungen vom 17. August 2023 ab, soweit es darauf eintrat. 
Die Beschwerdeführerin wendet sich mit zwei Beschwerden an das Bundesgericht und beantragt zusammengefasst, die obergerichtlichen Verfügungen und die Herausgabeverfügungen der Staatsanwaltschaft seien "für nichtig zu erklären und aufzuheben". 
 
2.  
Die Eingaben der Beschwerdeführerin richten sich gegen zwei verschiedene, inhaltlich jedoch weitgehend identische Verfügungen des Obergerichts, und stehen im gleichen sachlichen sowie prozessualen Zusammenhang. Die Beschwerdeführerin stellt in beiden Beschwerden die gleichen Anträge, und die Beschwerdebegründungen decken sich. Es rechtfertigt sich deshalb, die Verfahren 6B_1146/2023 und 6B_1147/2023 gestützt auf Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 Abs. 2 lit. b BZP [SR 273] zu vereinigen und die Beschwerden in einem Urteil zu behandeln (vgl. Urteil 7B_383/2023, 7B_384/2023 vom 14. Dezember 2023 E. 1 mit Hinweis). 
 
3.  
Bei den angefochtenen Verfügungen handelt es sich um andere selbstständig eröffnete Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 BGG. Als solche sind sie mit Beschwerde an das Bundesgericht grundsätzlich nur unmittelbar anfechtbar, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder - was vorliegend nicht der Fall ist - wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerdeführerin äussert sich nicht zu der Frage, ob die vorinstanzlichen Verfügungen einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Angesichts des Ausgangs des vorliegenden Verfahrens kann die Frage offen gelassen werden. 
 
4.  
Anfechtungsgegenstand bilden einzig die angefochtenen Verfügungen vom 17. August 2023 (Art. 80 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 142 I 155 E. 4.4.2). Auf ausserhalb des Streitgegenstands liegende Anträge, Rügen oder weitere Vorbringen ist daher von vornherein nicht einzutreten (vgl. Urteil 6B_892/2023 vom 14. Dezember 2023 E. 1.3 mit Hinweis). Die Rüge der Beschwerdeführerin, die Herausgabeverfügungen verletzten Art. 30 BV und Art. 6 EMRK, da sie dadurch genötigt würde, Angaben zu den Vorwürfen zu machen, ist neu (Art. 99 Abs. 2 BGG). Entsprechend äussert sich die Vorinstanz in den angefochtenen Verfügungen nicht dazu (Art. 80 Abs. 1 BGG). Darauf ist mangels Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs von vornherein nicht einzutreten. Gleiches gilt, soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die Staatsanwaltschaft habe in den Herausgabeverfügungen nicht begründet, weshalb die fraglichen Gegenständen den mutmasslich Geschädigten herauszugeben seien, und damit ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt. Auch diesen Einwand erhebt die Beschwerdeführerin erstmals vor Bundesgericht. 
 
5.  
In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Unerlässlich ist, dass auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingegangen und im Einzelnen aufgezeigt wird, worin eine vom Bundesgericht überprüfbare Rechtsverletzung liegt. Die beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerde an das Bundesgericht nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen. Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 205 E. 2.6 mit Hinweisen; Urteil 6B_337/2023 vom 4. Mai 2023 E. 2). 
 
6.  
 
6.1. Die Beschwerdeführerin macht einerseits zusammengefasst geltend, nicht die Staatsanwaltschaft, sondern das erstinstanzliche Gericht wäre für den Entscheid über die Herausgabe der Gegenstände zuständig gewesen, und bringt andererseits vor, es sei umstritten, wem die Gegenstände gehörten, bzw. diese gehörten ihr. Dabei setzt sie sich nur rudimentär mit den obergerichtlichen Erwägungen auseinander und zeigt nicht auf, inwiefern diese Recht verletzen. Folglich erweisen sich ihre Rügen grösstenteils als nicht hinreichend begründet, womit nicht darauf einzutreten ist. Dies ist insbesondere der Fall, soweit sie vorbringt, die Vorinstanz hätte ihren Beschwerden von Amtes wegen aufschiebende Wirkung erteilen müssen, argumentiert, die Strafanträge der mutmasslich Geschädigten seien bereits verjährt, soweit sie überhaupt gültig gewesen seien, oder geltend macht, die mutmasslich Geschädigten seien nicht einvernommen worden und hätten weder bestätigt, dass die sichergestellten Gegenstände ihnen gehörten, noch deren Herausgabe verlangt.  
 
6.2. Als unbegründet erweist sich das Vorbringen, die Staatsanwaltschaft sei zur Herausgabe der Gegenstände nicht zuständig gewesen. Die Vorinstanz weist darauf hin, dass die fraglichen Gegenstände lediglich sichergestellt und nicht beschlagnahmt worden seien. Damit kann sich der Antrag der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift, wonach das erstinstanzliche Gericht über die beschlagnahmten Gegenstände zu verfügen habe, entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht auf die fraglichen Gegenstände beziehen. Ferner führt die Vorinstanz zutreffend aus, dass das Verfahren mit Eingang der Anklageschrift beim Gericht rechtshängig wird und mit der Rechtshängigkeit die Befugnisse im Verfahren auf das Gericht übergehen (vgl. Art. 328 StPO), jedoch die Verfahrensleitung zum Zeitpunkt des Erlasses der Herausgabeverfügungen am 26. Juni 2023 noch bei der Staatsanwaltschaft lag. Gestützt auf die verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen (vgl. nachfolgende E. 6.3) ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der Herausgabeverfügungen nicht umstritten war, wem die fraglichen Gegenstände gehörten. Damit war die Staatsanwaltschaft zu diesem Zeitpunkt zuständig, vor der Anklageerhebung am 30. Juni 2023 über die fraglichen Gegenstände, die ihres Erachtens für das weitere Verfahren nicht mehr als Beweismittel benötigt würden, zu verfügen. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass die Vorinstanz über die von der Beschwerdeführerin erhobenen Beschwerden entschied, obwohl zwischenzeitlich die Befugnisse im Verfahren mit Eingang der Anklageschrift vom 30. Juni 2023 auf das erstinstanzliche Gericht übergegangen waren (vgl. Urteil 7B_383/2023, 7B_384/2023 vom 14. Dezember 2023 E. 3.3).  
 
6.3. Hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse erwägt die Vorinstanz, die Beschwerdeführerin habe ihren Eigentumsanspruch oder eine sonstige wirtschaftliche Berechtigung weder weiter begründet noch belegt. Sie habe in der Untersuchung nie geltend gemacht, dass die Gegenstände ihr gehörten. So habe sie in der polizeilichen Einvernahme vom 18. November 2020 angegeben, sie wisse nicht, wem die Bodenfliesen gehörten, bzw. zusammengefasst ausgesagt, sie habe die beiden Topfdeckel, die sich in der Originalverpackung befunden hätten, an sich genommen, da keine Gegenstände im Treppenhaus deponiert werden dürften. Anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 18. Oktober 2022 habe sie die Aussage verweigert und demnach auch nicht geltend gemacht, die Gegenstände würden ihr gehören (Verfügungen S. 3). Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz daraus schliesst, die Beschwerdeführerin vermöge ihren Anspruch nicht ansatzweise glaubhaft zu machen und verhalte sich überdies teilweise widersprüchlich. Gleiches gilt, soweit die Vorinstanz ausführt, die Beschwerdeführerin bringe keine Argumente dafür vor und es seien keine Hinweise ersichtlich, dass bzw. weshalb die fraglichen Gegenstände nicht den mutmasslich Geschädigten gehören sollten. Soweit die Beschwerdeführerin im Verfahren 6B_1147/2023 vorbringt, es sei unbestritten, dass sie geltend gemacht habe, die Sachen gehörten ihr, legt sie nicht dar, dass die gegenteilige vorinstanzliche Annahme willkürlich ist (zum Begriff der Willkür und zu den qualifizierten Begründungsanforderungen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG: BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5 und E. 2.6; 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Mit ihren Vorbringen, die sich grösstenteils auf unbelegte Behauptungen beschränken, zeigt die Beschwerdeführerin insgesamt nicht auf, dass die vorinstanzlichen Verfügungen rechtsfehlerhaft sind.  
 
7.  
Für die Entgegennahme und Behandlung von (allfälligen) Strafanzeigen ist das Bundesgericht im Übrigen nicht zuständig. 
 
8.  
Die Beschwerden sind im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit die Begründungsanforderungen überhaupt erfüllt sind und auf die Beschwerden eingetreten werden kann (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). 
Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Der verhältnismässig geringe Aufwand ist bei der Bemessung der Gerichtskosten zu berücksichtigen (Art. 66 Abs. 1 und Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Verfahren 6B_1146/2023 und 6B_1147/2023 werden vereinigt. 
 
2.  
Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 13. Mai 2024 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Muschietti 
 
Die Gerichtsschreiberin: Andres