Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
4A_66/2024
Urteil vom 13. Juni 2024
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Kiss, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Rüedi,
Bundesrichterin May Canellas,
Gerichtsschreiber Leemann.
Verfahrensbeteiligte
Tschechische Republik,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Xavier Favre-Bulle,
und Rechtsanwalt Dr. Hanno Wehland, Beschwerdeführerin,
gegen
1. A.________ N.V.,
2. B.________ Limited (vorher A1.________ Limited),
3. C.________ Limited,
4. D.________ S.à.r.l.,
alle vier vertreten durch Rechtsanwälte Frank Spoorenberg und Dr. Lukas Beeler sowie Rechtsanwältin Stephanie Huchler,
Beschwerdegegnerinnen.
Gegenstand
Internationale Schiedsgerichtsbarkeit,
Beschwerde gegen den Zwischenschiedsspruch vom 20. Dezember 2017 (No. 2013-35) und den Endschiedsspruch vom 15. Dezember 2023 (No. 2013-35) des Schiedsgerichts mit Sitz in Genf.
Sachverhalt:
A.
A.a. Die A.________ N.V. (Klägerin 1, Beschwerdegegnerin 1) ist eine Gesellschaft mit Sitz in U.________, Niederlande. Die B.________ Limited (vormals A1.________ Limited; Klägerin 2, Beschwerdegegnerin 2) und die C.________ Limited (Klägerin 3, Beschwerdegegnerin 3) sind Gesellschaften mit Sitz in V.________ bzw. W.________, Zypern. Die D.________ S.à.r.l. (Klägerin 4, Beschwerdegegnerin 4) ist eine Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg.
Die Klägerinnen tätigten unter anderem Investitionen im Solarenergiesektor der Tschechischen Republik (Beklagte, Beschwerdeführerin). Konkret investierten sie in die tschechische Gesellschaft E.________. Diese wurde 2007 gegründet und ist ihrerseits Aktionärin von elf nach tschechischem Recht gegründeten Unternehmen, die in der Tschechischen Republik Photovoltaikanlagen besitzen und betreiben.
A.b. Seit den frühen 1990er Jahren hatte die Tschechische Republik ihre Gesetzgebung angepasst, um erneuerbare Energiequellen zu fördern. So wurden im Jahr 1992 steuerliche Anreize für den Betrieb von Photovoltaikanlagen eingeführt.
Die Förderung erneuerbarer Energiequellen ist seit Mitte der 1990er Jahre auch ein Ziel der Europäischen Union (EU). Nach ihrem EU-Beitritt im Mai 2004 brachte die Tschechische Republik Gesetze auf den Weg, um die nicht bindenden EU-Ziele zu erreichen.
Im Jahr 2005 wurde ein Gesetz zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen verabschiedet. Dieses verpflichtete die Netzbetreiber, vorrangig Strom aus Anlagen für erneuerbare Energien zu kaufen, und zwar zu einem Preis, der staatlich festgelegt wurde. Dieser Preis pro Kilowattstunde (Feed-in-Tariff oder FiT) wurde auf der Grundlage der Investitions- und Betriebskosten der Anlagen für erneuerbare Energien in einer bestimmten Kategorie berechnet und war für 15 Jahre (bzw. 20 Jahre) garantiert.
A.c. Ab Ende 2008 führte ein deutlicher Preisverfall bei den für Solaranlagen benötigten Komponenten zu einer als "Solarboom" bezeichneten, weit über den Erwartungen liegenden Zunahme von Investitionen in Solaranlagen in der Tschechischen Republik. Dieser "Solarboom" fiel in eine turbulente politische Zeit, die zur Einsetzung einer Übergangsregierung führte. Darüber hinaus litt die Tschechische Republik unter den Auswirkungen der globalen Wirtschaftskrise von 2008.
In der Folge beschloss die tschechische Regierung angesichts der starken Zunahme von Investitionen im Solarenergiebereich, die bestehenden Anreize für Investitionen zu reduzieren. Am 16. November 2009 gab der tschechische Minister für Industrie und Handel auf einer Pressekonferenz bekannt, dass er den Regulator ermächtigen werde, die FiT und die damit zusammenhängenden Preisgarantien anzupassen. Die entsprechende Bestimmung des Gesetzes zur Förderung erneuerbarer Energien wurde per 20. Mai 2010 abgeschafft; betroffen waren alle Anlagen, die nach dem 1. Januar 2011 an das Netz angeschlossen wurden.
Die Tschechische Republik verabschiedete in der Folge eine Reihe weiterer Massnahmen zur Änderung des Einkommenssteuergesetzes und des Gesetzes zur Förderung erneuerbarer Energien, so unter anderem eine Solarabgabe auf Umsätze aus Solaranlagen, die zwischen 1. Januar 2009 und 31. Dezember 2010 errichtet wurden. Am 1. Januar 2011 beendete die Tschechische Republik alle Fördermassnahmen für Photovoltaikanlagen, die nach dem 1. März 2011 in Betrieb genommen wurden und deren maximale Leistung einen bestimmten Wert überschritt, hob die Einkommenssteuerbefreiung auf und änderte die Vorschriften für die steuerliche Abschreibung. Schliesslich wurden weitere Massnahmen eingeführt und alle Verträge zwischen Erzeugern erneuerbarer Energien und Netzbetreibern, die dem FiT unterlagen, per 31. Dezember 2012 beendet.
A.d. Verschiedene Investoren beschwerten sich in der Folge über die von der Tschechischen Republik getroffenen Massnahmen, so auch die Klägerinnen.
B.
B.a. Am 8. Mai 2013 leiteten die Klägerinnen gestützt auf Art. 26 des Vertrags vom 17. Dezember 1994 über die Energiecharta (SR 0.730.0), verschiedene bilaterale Investitionsschutzabkommen sowie Art. 3 der Arbitration Rules of the United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL Rules) ein Schiedsverfahren gegen die Beklagte ein mit dem - im Verfahrensverlauf geänderten - Rechtsbegehren, die Beklagte sei wegen Verletzung der abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge zur Zahlung von Schadenersatz von insgesamt mindestens CZK 1'769.8 Mio. zu verurteilen.
Der Permanent Court of Arbitration (PCA) bestimmte Genf als Sitz des mit drei Schiedsrichtern besetzten Schiedsgerichts.
Die Beklagte erhob unter anderem verschiedene Einwände gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts mit Sitz in Genf.
B.b. Am 20. Dezember 2017 fällte das Schiedsgericht einen als "Partial Award" bezeichneten Schiedsentscheid.
Es verneinte seine Zuständigkeit bezüglich einiger der geltend gemachten Ansprüche (Dispositiv lit. a-c) und wies einzelne Ansprüche in der Sache ab (Dispositiv lit. g-j). Im Übrigen bejahte das Schiedsgericht seine Zuständigkeit und - dem Grundsatz nach - die Haftung der Beklagten (Dispositiv lit. d-f), wobei über die Höhe des Schadenersatzes später zu entscheiden sei (Dispositiv lit. k).
Mit Beschwerde vom 1. Februar 2018 focht die Beklagte den "Partial Award" vom 20. Dezember 2017 beim Bundesgericht an und beantragte unter Berufung auf Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG dessen Aufhebung, dies mit Ausnahme derjenigen Teile des Dispositivs, in denen die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts festgestellt oder bestimmte Teile der Klage abgewiesen wurden.
Mit Urteil 4A_80/2018 vom 7. Februar 2020 wies das Bundesgericht die Beschwerde ab und schützte den positiven Zuständigkeitsentscheid des Schiedsgerichts vom 20. Dezember 2017.
B.c. Mit Eingabe vom 4. März 2021 bestritt die Beklagte gestützt auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 6. März 2018 C-284/216
Slowakische Republik gegen Achmea BV (nachfolgend Achmea-Urteil) erneut die Zuständigkeit des Schiedsgerichts (nachfolgend Achmea-Einwand). Die Klägerinnen bestritten die Zulässigkeit dieses Einwands.
Mit Entscheid vom 22. Juli 2021 erklärte das Schiedsgericht den von der Beklagten gegen die schiedsgerichtliche Zuständigkeit erhobenen Achmea-Einwand als unzulässig.
Nach einem weiteren Schriftenwechsel fand zwischen 23. und 25. Mai 2022 in Wien eine mündliche Verhandlung statt.
Mit Endschiedsspruch ("Final Award") vom 15. Dezember 2023 verpflichtete das Schiedsgericht mit Sitz in Genf die Beklagte zur Zahlung von insgesamt CZK 350.1512 Mio. zuzüglich Zins an die Klägerinnen.
C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beklagte dem Bundesgericht, es seien der Zwischenschiedsspruch (Partial Award) vom 20. Dezember 2017 und der Endschiedsspruch (Final Award) vom 15. Dezember 2023 des Schiedsgerichts mit Sitz in Genf aufzuheben.
Die Beschwerdegegnerinnen beantragen, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. Das Schiedsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Die Parteien haben repliziert und dupliziert.
Erwägungen:
1.
Nach Art. 54 Abs. 1 BGG ergeht der Entscheid des Bundesgerichts in einer Amtssprache, in der Regel in jener des angefochtenen Entscheids. Wurde dieser in einer anderen Sprache abgefasst, bedient sich das Bundesgericht der von den Parteien verwendeten Amtssprache. Der angefochtene Entscheid ist in englischer Sprache abgefasst. Da es sich dabei nicht um eine Amtssprache handelt, ergeht der Entscheid des Bundesgerichts praxisgemäss in der Sprache der Beschwerde (BGE 142 III 521 E. 1).
2.
Die Beschwerdegegnerinnen bringen vor, aufgrund der früheren Tätigkeit von Rechtsanwalt Wehland beim Permanent Court of Arbitration liege ein Interessenkonflikt vor, der die fehlende Postulationsfähigkeit der beiden Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin nach sich ziehe. Die Beschwerdeführerin bestreitet sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht das Vorliegen eines Interessenkonflikts und stellt auch die in der Beschwerdeantwort geltend gemachten Auswirkungen auf das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren in Abrede.
Mit Blick auf den Ausgang des Verfahrens wird darauf verzichtet, auf den behaupteten Interessenkonflikt und dessen mögliche Auswirkungen näher einzugehen.
3.
Im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ist die Beschwerde in Zivilsachen unter den Voraussetzungen der Art. 190-192 IPRG (SR 291) zulässig (Art. 77 Abs. 1 lit. a BGG).
3.1. Der Sitz des Schiedsgerichts befindet sich vorliegend in Genf. Die Parteien hatten im massgebenden Zeitpunkt ihren Sitz ausserhalb der Schweiz (Art. 176 Abs. 1 IPRG).
Soweit das Schiedsgericht mit Partial Award vom 20. Dezember 2017 seine Zuständigkeit und (dem Grundsatz nach) die Haftung der Beklagten bejahte (Dispositiv lit. d-f), handelt es sich dabei um einen Zwischenentscheid (vgl. BGE 143 III 462 E. 3.1). Dieser konnte nach Massgabe von Art. 190 Abs. 3 IPRG mit Beschwerde angefochten werden.
Beim Endschiedsspruch ("Final Award") vom 15. Dezember 2023 handelt es sich um einen anfechtbaren Endentscheid, gegen den die Beschwerde nach Art. 190 Abs. 2 IPRG zulässig ist.
3.2. Zulässig sind allein die Rügen, die in Art. 190 Abs. 2 IPRG abschliessend aufgezählt sind (BGE 134 III 186 E. 5; 128 III 50 E. 1a; 127 III 279 E. 1a). Nach Art. 77 Abs. 3 BGG prüft das Bundesgericht nur die Rügen, die in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden sind. Diese Bestimmung sieht das Rügeprinzip und damit eine ähnliche Obliegenheit vor wie Art. 106 Abs. 2 BGG für die Rüge der Verletzung von Grundrechten oder von kantonalem und interkantonalem Recht (BGE 134 III 186 E. 5; Urteil 4A_244/2023 vom 3. April 2024 E. 4.1, zur Publ. vorgesehen). Die Anforderungen an die Begründung der Schiedsbeschwerde sind demnach erhöht. Die beschwerdeführende Partei muss einen der abschliessend aufgeführten Beschwerdegründe geltend machen und ausgehend vom angefochtenen Schiedsspruch präzise aufzeigen, inwiefern der geltend gemachte Grund die Gutheissung der Beschwerde rechtfertigen soll (Urteile 4A_244/2023 vom 3. April 2024 E. 4.1 mit Hinweisen, zur Publ. vorgesehen). Appellatorische Kritik ist unzulässig (BGE 134 III 565 E. 3.1; 119 II 380 E. 3b).
Da die Begründung in der Beschwerdeschrift enthalten sein muss, kann die beschwerdeführende Partei nicht auf die Behauptungen, Beweise und Beweisangebote verweisen, die in den Rechtsschriften des Schiedsverfahrens enthalten sind. Ebenso wenig darf die beschwerdeführende Partei die Replik dazu benutzen, tatsächliche oder rechtliche Gründe geltend zu machen, die sie nicht rechtzeitig - d.h. vor Ablauf der nicht erstreckbaren Beschwerdefrist (Art. 190 Abs. 4 IPRG i.V.m. Art. 47 Abs. 1 BGG) - vorgebracht hat, oder um nach Fristablauf eine ungenügende Begründung zu ergänzen (Urteile 4A_244/2023 vom 3. April 2024 E. 4.1 mit Hinweisen, zur Publ. vorgesehen; 4A_478/2017 vom 2. Mai 2018 E. 2.2 mit Hinweisen).
4.
4.1. Gegen den Zwischenentscheid vom 20. Dezember 2017 hatte die Beschwerdeführerin - soweit das Schiedsgericht damit seine Zuständigkeit bejahte - Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Diese wurde vom Bundesgericht mit Urteil 4A_80/2018 vom 7. Februar 2020 abgewiesen. Die Beschwerde war gegen den genannten Zwischenentscheid betreffend die Zuständigkeit nach Art. 190 Abs. 3 IPRG nur aus den in Art. 190 Abs. 2 lit. a und b IPRG genannten Gründen zulässig. Die Rüge der Gehörsverletzung (Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG) konnte, wie auch die weiteren Rügen nach Art. 190 Abs. 2 IPRG, nur erhoben werden, soweit sie unmittelbar die Zuständigkeit des Schiedsgerichts betrafen (BGE 140 III 477 E. 3.1, 520 E. 2.2.3). In Bezug auf die vom Schiedsgericht mit dem Zwischenentscheid vom 20. Dezember 2017 (dem Grundsatz nach) bejahte Haftbarkeit der Beschwerdeführerin war die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs demgegenüber nach Art. 190 Abs. 3 IPRG nicht zulässig; diese kann nunmehr mit der Beschwerde gegen den Endschiedsspruch vom 15. Dezember 2023 erhoben werden (dazu unten E. 5).
4.2. Nicht angefochten werden kann der Endschiedsspruch demgegenüber wegen angeblich fehlender Zuständigkeit des Schiedsgerichts (Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG). Diese Rüge konnte und musste gegen den Zwischenentscheid vom 20. Dezember 2017 erhoben werden; die entsprechende Beschwerde blieb jedoch erfolglos (Urteil 4A_80/2018 vom 7. Februar 2020).
Den Zwischenentscheid vom 22. Juli 2021, mit dem das Schiedsgericht den von ihr erhobenen Achmea-Einwand als unzulässig erklärte, focht die Beschwerdeführerin nicht beim Bundesgericht an. Entgegen den Vorbringen in der Beschwerde handelte es sich bei diesem Zwischenentscheid keineswegs bloss um eine "Prozessverfügung des Schiedsgerichts zur Organisation des weiteren Verfahrens". Vielmehr beurteilte das Schiedsgericht damit eingehend und ausschliesslich ("Decision on the Admissibility of the
Achmea Objection"), ob der nachträglich erhobene Einwand, wonach das Achmea-Urteil des EuGH vom 6. März 2018 der schiedsgerichtlichen Zuständigkeit entgegenstehe, als unzulässig zu gelten hat ("The Tribunal therefore declares the Respondent's objection to the Tribunal's jurisdiction based on the
Achmea Judgment inadmissible"). Entgegen dem, was die Beschwerdeführerin anzunehmen scheint, weist auch nichts auf einen bloss provisorischen Charakter des Zwischenentscheids vom 22. Juli 2021 hin. Mit der Weigerung, den neuen Einwand zuzulassen, hat das Schiedsgericht unmissverständlich und für den Endentscheid bindend zum Ausdruck gebracht, an seinem vorangegangenen (positiven) Zuständigkeitsentscheid festzuhalten, weshalb darin ein Zwischenentscheid über die Zuständigkeit im Sinne von Art. 186 Abs. 3 IPRG zu erblicken ist (vgl. bereits Urteil 4A_187/2020 vom 23. Februar 2021 E. 5.2.2 betr. einen erneut erhobenen Einwand). Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe den schiedsgerichtlichen Zwischenentscheid vom 22. Juli 2021 nicht anfechten können, verfängt daher nicht.
Entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin trifft auch nicht zu, dass das Schiedsgericht mit Sitz in Genf mit dem Endschiedsspruch vom 15. Dezember 2023 "erneut seine Zuständigkeit bejaht" habe, weshalb die unter Berufung auf Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG erhobene Rüge, das Schiedsgericht habe mit dem Endschiedsspruch vom 15. Dezember 2023 einen unrichtigen Zuständigkeitsentscheid gefällt, von vornherein ins Leere zielt. Abgesehen davon wären die von der Beschwerdeführerin nunmehr vor Bundesgericht ins Feld geführten Umstände, die angeblich erst nach dem Zwischenentscheid vom 22. Juli 2021 eingetreten sein sollen, rechtzeitig im Schiedsverfahren vorzubringen gewesen. Sie erstmals im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens zu rügen, widerspricht Treu und Glauben, weshalb die Rügegründe ohnehin verwirkt wären (vgl. BGE 130 III 66 E. 4.3 mit Hinweisen).
Die Rüge, das Schiedsgericht habe einen unrichtigen Zuständigkeitsentscheid gefällt (Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG), zielt insgesamt ins Leere. Darauf ist nicht einzutreten.
5.
Die Beschwerdefü hrerin rügt, das Schiedsgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG).
5.1. Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG lässt die Anfechtung allein wegen der zwingenden Verfahrensregeln gemäss Art. 182 Abs. 3 IPRG zu. Danach muss das Schiedsgericht insbesondere den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör wahren. Dieser entspricht - mit Ausnahme des Anspruchs auf Begründung - dem in Art. 29 Abs. 2 BV gewährleisteten Verfassungsrecht. Die Rechtsprechung leitet daraus insbesondere das Recht der Parteien ab, sich über alle für das Urteil wesentlichen Tatsachen zu äussern, ihren Rechtsstandpunkt zu vertreten, ihre entscheidwesentlichen Sachvorbringen mit tauglichen sowie rechtzeitig und formrichtig angebotenen Mitteln zu beweisen, sich an den Verhandlungen zu beteiligen und in die Akten Einsicht zu nehmen (BGE 147 III 379 E. 3.1, 586 E. 5.1; 142 III 360 E. 4.1.1; 130 III 35 E. 5; je mit Hinweisen).
Der Anspruch auf rechtliches Gehör in einem kontradiktorischen Verfahren nach Art. 182 Abs. 3 und Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG umfasst nach ständiger Rechtsprechung nicht auch den Anspruch auf Begründung eines internationalen Schiedsentscheids (BGE 134 III 186 E. 6.1 mit Hinweisen). Dennoch ergibt sich daraus eine minimale Pflicht der Schiedsrichter, die entscheiderheblichen Fragen zu prüfen und zu behandeln. Diese Pflicht verletzt das Schiedsgericht, wenn es aufgrund eines Versehens oder eines Missverständnisses rechtserhebliche Behauptungen, Argumente, Beweise oder Beweisanträge einer Partei unberücksichtigt lässt. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich das Schiedsgericht ausdrücklich mit jedem einzelnen Vorbringen der Parteien auseinandersetzen muss (BGE 142 III 360 E. 4.1.1; 133 III 235 E. 5.2 mit Hinweisen).
5.2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, das Schiedsgericht habe in seinem Zwischenschiedsspruch vom 20. Dezember 2017 den von den Beschwerdegegnerinnen geltend gemachten Ansprüchen wegen Verletzung des in den einschlägigen Investitionsschutzabkommen enthaltenen Schutzstandards dem Grunde nach stattgegeben und zugleich angeordnet, dass die Beurteilung der Höhe des daraus resultierenden Schadenersatzanspruchs im Rahmen eines separaten Verfahrensabschnitts vorzunehmen sei. Dabei habe es das Schiedsgericht schlichtweg unterlassen, sich mit dem entscheidungserheblichen Rechtsvortrag der Beschwerdeführerin zum zwingend zu berücksichtigenden Anwendungsvorrang des Europarechts auseinanderzusetzen.
Die Beschwerdeführerin habe im Schiedsverfahren ausführlich zur Bedeutung des Europarechts für die Entscheidungsfindung vorgetragen und dabei eindringlich auf den von den EU-Mitgliedstaaten vereinbarten Anwendungsvorrang des Europarechts gegenüber den einschlägigen Investitionsschutzabkommen verwiesen. Dabei habe sie insbesondere die sich aus dem Anwendungsvorrang des Europarechts ergebenden Folgen betont: So sei das Europarecht Teil des im Schiedsverfahren anwendbaren Rechts und die in den einschlägigen Investitionsschutzabkommen enthaltenen Schutzstandards, einschliesslich des Grundsatzes der gerechten und billigen Behandlung, seien im Lichte des Europarechts auszulegen, um einen Konflikt mit Letzterem zu vermeiden und so eine europarechtskonforme Anwendung sicherzustellen. Zudem könnten die entsprechenden Schutzstandards mit Blick auf den Vorrang des Europarechts keine Anwendung finden, wenn eine europarechtskonforme Auslegung nicht möglich sei und somit ein Konflikt mit Europarecht bestehe.
5.3. Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Ansicht sind dem Schiedsgericht ihre Vorbringen zum Anwendungsvorrang des Europarechts und dessen angebliche Auswirkung auf die in den einschlägigen Investitionsschutzabkommen enthaltenen Schutzstandards nicht entgangen. Wie sie selber einräumt, führt es die betreffenden Argumente zum Anwendungsvorrang des Europarechts im Zwischenentscheid vom 20. Dezember 2017 vielmehr im Einzelnen auf. Das Schiedsgericht weist im Rahmen seiner Beurteilung unter dem Titel "D. The Relevance of the EU State Aid Rules and Decisions" sodann eigens darauf hin, dass die Parteivorbringen zu diesem Thema sowohl die Frage der Haftung als auch diejenige der Höhe der Entschädigung beträfen, dass in diesem Verfahrensabschnitt jedoch nur auf die für die Haftbarkeit der Beschwerdeführerin massgebenden Punkte eingegangen werde. Aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt sich, dass es dem Argument der Beschwerdeführerin nicht folgte, wonach EU-Recht der grundsätzlichen Haftbarkeit der Beschwerdeführerin entgegenstehe. Der Umstand, dass sich das Schiedsgericht in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich mit den - relativ allgemein gehaltenen - Vorbringen der Beschwerdeführerin im Einzelnen auseinandersetzte, bedeutet keine Gehörsverletzung.
Im Übrigen erwog das Schiedsgericht im Endschiedsspruch unter dem Titel "F. EU State Aid Rules", mit der Beschwerdeführerin sei zwar davon auszugehen, dass die EU-Regeln betreffend staatliche Beihilfen im Rahmen der Bemessung des Schadenersatzes zu berücksichtigen seien, es wies jedoch ihren Einwand zurück, wonach gestützt darauf eine Entschädigung ganz zu verweigern sei. Damit brachte es einmal mehr zum Ausdruck, dass es dem Argument, wonach die vorgebrachten Argumente zu einem Ausschluss der Haftung insgesamt führen müssten, nicht folgte.
Es trifft demnach nicht zu, dass das Schiedsgericht aufgrund eines Versehens oder eines Missverständnisses die Argumente der Beschwerdeführerin zum Vorrang des EU-Rechts unberücksichtigt gelassen hätte. Die Rüge der Gehörsverletzung ist unbegründet.
6.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG ).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 42'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerinnen für das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 52'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Schiedsgericht mit Sitz in Genf schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 13. Juni 2024
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Kiss
Der Gerichtsschreiber: Leemann