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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_225/2009 
 
Urteil vom 13. Juli 2009 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Favre, Präsident, 
Bundesrichter Ferrari, Mathys, 
Gerichtsschreiberin Binz. 
 
Parteien 
X._______, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Dr. Stefan Suter, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Gewerbsmässiger Betrug, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 10. Dezember 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
X._______ wurde am 6. Oktober 1997 mit seinem Personenwagen in einen Verkehrsunfall verwickelt, bei welchem er ein Schleudertrauma erlitt. Obschon er spätestens nach sechs Wochen leichter Nackenschmerzen wieder beschwerdefrei war, gab er bei den folgenden ärztlichen Untersuchungen an, weiterhin unter den Folgen des Unfalls zu leiden und deshalb nicht arbeiten zu können. Auf Basis der ausgestellten Arztzeugnisse zahlten ihm die SUVA, das Fürsorgeamt der Stadt Basel, die öffentliche Arbeitslosenkasse Basel-Stadt sowie die IV-Stelle Basel-Stadt zwischen 1997 und 2005 zu Unrecht insgesamt Fr. 205'000.-- aus. 
 
B. 
Das Strafgericht Basel sprach X._______ mit Urteil vom 17. Mai 2006 unter anderem des mehrfachen gewerbsmässigen Betrugs schuldig und verurteilte ihn zu 4 Jahren Freiheitsstrafe. Dagegen appellierte X._______. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt bestätigte mit Urteil vom 10. Dezember 2008 den Schuld- und Strafpunkt. 
 
C. 
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X._______, das Urteil des Appellationsgerichts sei aufzuheben. Er sei von der Anklage des gewerbsmässigen Betrugs im Fall I (Anklageschrift Ziffer 1) freizusprechen, und er sei wegen den restlichen Anklagepunkten zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten zu verurteilen. Zudem ersucht X._______ um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde richtet sich gegen den Schuldspruch des gewerbsmässigen Betrugs (Anklageschrift Ziffer 1). 
 
1.1 Gemäss Art. 146 Abs. 1 StGB macht sich des Betrugs namentlich schuldig, wer in der Absicht, sich oder einen anderen unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen anderen am Vermögen schädigt. 
Die Erfüllung des Tatbestands erfordert eine arglistige Täuschung. Arglist wird - soweit sich das Opfer nicht in leichtfertiger Weise seiner Selbstschutzmöglichkeiten begibt - in ständiger Rechtsprechung bejaht, wenn der Täter ein ganzes Lügengebäude errichtet oder sich besonderer Machenschaften oder Kniffe bedient. Arglist ist aber auch schon bei einfachen falschen Angaben erfüllt, wenn deren Überprüfung nicht oder nur mit besonderer Mühe möglich oder nicht zumutbar ist, und wenn der Täter den Getäuschten von der möglichen Überprüfung abhält oder nach den Umständen voraussieht, dass dieser die Überprüfung der Angaben auf Grund eines besonderen Vertrauensverhältnisses unterlassen werde (s. BGE 135 IV 76 E. 5.2 S. 79 ff. mit Hinweisen). 
 
1.2 Die Vorinstanz führt aus, für die Beurteilung, ob ein Betrug vorliege, sei die exakte medizinische Diagnose des Krankheitsbildes als solche nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Zu prüfen sei vielmehr, ob der Beschwerdeführer seine Beschwerden gegenüber den Ärzten derart geschildert habe, dass diese ihm zu Unrecht eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hätten. Das Gutachten des Zentrums für versicherungsmedizinische Begutachtung ZVMB GmbH MEDAS (nachfolgend ZVMB-Gutachten) vom 12. September 2005 erkläre, dem Beschwerdeführer sei es immer wieder gelungen, Ärzte zu finden, die seine subjektiven Beschwerden und Angaben zu vermeintlichen gesundheitlichen Störungen "ohne medizinische Objektivierung in Beeinträchtigungen auf dem Boden medizinischer Störbilder verwandelt" hätten. Die Vorinstanz hält fest, es seien keine ausreichenden Anhaltspunkte für das objektive Vorliegen eines dauerhaft relevanten und unfallbedingten gesundheitlichen Schadens erkennbar. Die vom Strafgericht aufgezählten Tätigkeiten des Beschwerdeführers würden nichts anderes als den Schluss zulassen, dass er die bei den Ärzten behaupteten Beschwerden nicht oder zumindest nicht im genannten Ausmass gehabt haben könne. Das Strafgericht habe zudem zu Recht eine arglistige Täuschung bejaht, weil beim Vorliegen eines Schleudertraumas Rückschlüsse aus den vorhandenen Beschwerden unerlässlich seien, so dass die Ärzte zu einem grossen Teil von den Angaben des Beschwerdeführers abhängig gewesen seien. Die Ärzte hätten darauf vertrauen dürfen, dass der Patient die Fragen wahrheitsgemäss beantworte (angefochtenes Urteil E. 1 S. 4 ff.). 
 
1.3 Der Beschwerdeführer bringt vor, die Annahme des Betrugs gründe auf dem ZVMB-Gutachten, welches in Widerspruch zu anderen ärztlichen Berichten und Gutachten stehe. Der Bericht des Kantonsspitals vom 31. März 2002 halte ausdrücklich fest, dass das neuropsychologische Beschwerdebild mit Sicherheit direkt adäquat auf das Unfallereignis vom 6. Oktober 1997 zurückzuführen sei und weitere ärztliche Berichte eine traumatische Hirnverletzung bestätigen würden. Der Ausführung der Vorinstanz, eine exakte medizinische Diagnose des Krankheitsbildes sei nicht von ausschlaggebender Bedeutung, könne nicht gefolgt werden. Die Anmeldung bei der IV und bei der SUVA sei durch die beteiligten Ärzte erfolgt. Weil sich die Vorinstanz mit seinem Einwand, sie hätte eine mittelbare Täterschaft prüfen müssen, nicht auseinandersetze, verletze sie seinen Anspruch auf rechtliches Gehör sowie den Anklagegrundsatz. Die Ärzte hätten auch während des Verfahrens und in Kenntnis der Vorwürfe an ihrer eigenen Diagnose festgehalten und seien deshalb nicht willenlose Werkzeuge gewesen. Er habe beantragt, die Ärzte mit einer abweichenden Meinung zum ZVMB-Gutachten als Zeugen zu befragen. Die Vorinstanz sei diesem Antrag nicht gefolgt, was einen schweren Verfahrensfehler darstelle. Der Beschwerdeführer hält fest, seinen Ausführungen entsprechend fehle es nicht nur an der Täuschung, sondern auch an der Arglist. Die Subsumtion der Vorinstanz sei gefährlich, weil medizinische Probleme oft nicht eindeutig feststellbar seien. Schliesslich seien die Zahlungen zu Lasten der öffentlichen Arbeitslosenkasse erfolgt, weil er unbestrittenermassen über keine Arbeitsstelle verfügt habe. Weil die Anklageschrift nicht schildere, inwiefern die Arbeitslosenkasse arglistig getäuscht worden sein soll, liege eine Verletzung des Anklagegrundsatzes vor. 
 
1.4 Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde zu begründen. Die Begründung hat in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 Satz 1 BGG). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG, BGE 133 Il 249 E. 1.4.2 S. 254). Der Beschwerdeführer bringt nicht substantiiert vor, inwiefern die Vorinstanz die von ihm genannten Verfassungsrechte (u.a. Anspruch auf rechtliches Gehör, Anklagegrundsatz) verletzt haben soll, indem sie auf das ZVMB-Gutachten abstellt. Seine Ausführungen erschöpfen sich in einer appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil und genügen den Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG nicht. Darauf ist nicht einzutreten. 
 
1.5 Wie die Vorinstanz in tatsächlicher Hinsicht verbindlich festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), litt der Beschwerdeführer nicht - oder zumindest nicht im genannten Ausmass - an den behaupteten Beschwerden. Der Beschwerdeführer hat die Ärzte über das Vorhandensein der Beschwerden getäuscht. Die SUVA sowie die IV hat er nicht nur mittels Arztzeugnissen, sondern auch unmittelbar getäuscht, unter anderem anlässlich ärztlicher Untersuchungen durch den SUVA-Kreisarzt und Gesprächen mit der IV (s. erstinstanzliches Urteil E. 3c S. 68 mit Hinweisen). Sein Einwand zur unmittelbaren Täterschaft erweist sich demnach als unbehelflich. Weiter hat bereits das Strafgericht berücksichtigt, dass die Sozialhilfe der Stadt Basel und die öffentliche Arbeitslosenkasse aufgrund der fehlenden Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers im Umfang des Notbedarfs tatsächlich leistungspflichtig waren und hat den Deliktsbetrag entsprechend reduziert (s. erstinstanzliches Urteil E. 3c S. 69). Die Vorinstanz hat ausreichend begründet, wieso die Täuschung arglistig ist. Nach dem Gesagten verletzt der Schuldspruch des gewerbsmässigen Betrugs kein Bundesrecht. 
 
2. 
Somit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Rechtsbegehren des Beschwerdeführers erschienen von vornherein aussichtslos, weshalb sein Ersuchen um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung abzuweisen ist. Seiner finanziellen Lage ist mit herabgesetzten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 13. Juli 2009 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Favre Binz