Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B_399/2021
Urteil vom 13. Juli 2022
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
Bundesrichterin van de Graaf,
Bundesrichter Hurni,
Gerichtsschreiberin Unseld.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Fürsprecher Dieter Caliezi,
Beschwerdeführer,
gegen
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Landesverweisung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Strafkammer, vom 4. November 2020 (SK 20 255).
Sachverhalt:
A.
Das Regionalgericht Bern-Mittelland sprach A.________ am 29. Januar 2020 der mengenmässig qualifizierten, banden- und gewerbsmässigen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig, begangen durch Einfuhr und Beförderung von mindestens 13'890 g Kokaingemisch (brutto) resp. mindestens 7'067 g reinem Kokain (Ziff. III.1.), durch Besitz, Beförderung und Veräusserung von mindestens 11'900 g Kokaingemisch (brutto) resp. mindestens 6'052,4 g reinem Kokain (Ziff. III.2.) und durch Besitz, Beförderung und Anstaltentreffen zum Veräussern von 1'990 g Kokaingemisch (brutto) resp. 1'920 g Kokaingemisch (netto) resp. 1'015,5 g reinem Kokain (Ziff. III.3.). Es verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten. Zudem ordnete es die Landesverweisung von A.________ für sieben Jahre an sowie die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem (SIS). Die Staatsanwaltschaft und A.________ erhoben gegen dieses Urteil Berufung.
B.
Das Obergericht des Kantons Bern stellte im Urteil vom 4. November 2020 die Rechtskraft der erstinstanzlichen Schuldsprüche gemäss Dispositiv-Ziff. III.2. und III.3 fest. Es erklärte A.________ der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, mengenmässig qualifiziert, banden- und gewerbsmässig begangen durch Einfuhr und Beförderung von mindestens 12'890 g Kokaingemisch (brutto) resp. mindestens 6'548,1 g reinem Kokain, schuldig und bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von 6 ¾ Jahren. Es ordnete dessen Landesverweisung für die Dauer von neun Jahren sowie die Ausschreibung der Landesverweisung im SIS an.
C.
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil vom 4. November 2020 sei teilweise aufzuheben und es sei auf eine Landesverweisung zu verzichten. Eventualiter sei die Landesverweisung auf fünf Jahre zu reduzieren. A.________ stellt ein Gesuch um aufschiebende Wirkung sowie um unentgeltliche Rechtspflege.
D.
Das präsidierende Mitglied der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts erklärte das Gesuch um aufschiebende Wirkung mit Verfügung vom 9. April 2021 für gegenstandslos (vgl. Urteil 6B_506/2017 vom 14. Februar 2018 Sachverhalt D).
Erwägungen:
1.
1.1. Der Beschwerdeführer rügt, es liege ein persönlicher Härtefall vor, wobei sein privates Interesse am Verbleib in der Schweiz aufgrund des lediglich tiefen bis mittleren Verschuldens, seiner guten Entwicklung seit seiner Verurteilung, insbesondere im Strafvollzug, seines stabilen Umfeldes und der daraus resultierenden guten Prognose im Vergleich zum öffentlichen Interesse an seiner Landesverweisung überwiege. Er lebe seit über 20 Jahren in der Schweiz, er sei hier beruflich und sozial integriert und er habe nur selten Sozialhilfe beziehen müssen. Vor den im vorliegenden Verfahren beurteilten Drogendelikten habe er zudem keine schwerwiegenden Straftaten begangen. Er habe vor seiner Verhaftung mit seiner Ehefrau und seiner achtjährigen Tochter, welche in der Schweiz eingeschult sei, zusammengelebt. Er pflege auch zu seinem 19-jährigen Sohn, der bei der Ex-Frau lebe, guten und einigermassen engen Kontakt. Die Landesverweisung führe entweder zur Trennung von seiner Familie oder dazu, dass die Familie aus ihrem jetzigen Leben herausgerissen werde, was insbesondere der Tochter grosse Schwierigkeiten bereiten würde. Er habe eine enge Beziehung zu seinen Familienmitgliedern und insbesondere zu seinen beiden Kindern und seiner jetzigen Ehefrau. Zu seinem Herkunftsland verfüge er über keine festen Verbindungen, weshalb nicht davon auszugehen sei, dass eine Wiedereingliederung ohne erhebliche Probleme gelingen würde.
1.2.
1.2.1. Art. 66a Abs. 1 lit. o StGB sieht für Ausländer, die wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 2 BetmG verurteilt wurden, unabhängig von der Höhe der Strafe, die obligatorische Landesverweisung für 5-15 Jahre aus der Schweiz vor. Gemäss Art. 66a Abs. 2 Satz 1 StGB kann das Gericht ausnahmsweise von einer Landesverweisung absehen, wenn diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen. Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren oder aufgewachsen sind (Art. 66a Abs. 2 Satz 2 StGB).
1.2.2. Die Härtefallklausel von Art. 66a Abs. 2 StGB dient der Umsetzung des Verhältnismässigkeitsprinzips (Art. 5 Abs. 2 BV; BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 145 IV 364 E. 3.2; 144 IV 332 E. 3.1.2 und 3.3.1). Für einen Verzicht auf die Landesverweisung gestützt auf Art. 66a Abs. 2 StGB müssen die in dieser Bestimmung erwähnten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein. Erforderlich ist einerseits, dass die Landesverweisung für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde, und andererseits, dass die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.3).
1.2.3. Ob ein schwerer persönlicher Härtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB vorliegt, bestimmt sich anhand der gängigen Integrationskriterien (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2 und 3.4.4; 144 IV 332 E. 3.3.2). Zu berücksichtigen sind namentlich der Grad der (persönlichen und wirtschaftlichen) Integration, einschliesslich familiäre Bindungen des Ausländers in der Schweiz bzw. in der Heimat, die Aufenthaltsdauer, der Gesundheitszustand und die Resozialisierungschancen (vgl. Art. 31 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; SR 142.201]; BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.3.2; Urteile 6B_1368/2020 vom 30. Mai 2022 E. 4.3.1 mit Hinweisen). Von einem schweren persönlichen Härtefall ist in der Regel bei einem Eingriff von einer gewissen Tragweite in den Anspruch des Ausländers auf das in Art. 13 BV und Art. 8 EMRK verankerte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens auszugehen (Urteile 6B_1024/2021 vom 2. Juni 2022 E. 3.3; 6B_1368/2020 vom 30. Mai 2022 E. 4.3.1; je mit Hinweisen).
Art. 66a StGB ist EMRK-konform auszulegen. Die Interessenabwägung im Rahmen der Härtefallklausel von Art. 66a Abs. 2 StGB hat sich daher an der Verhältnismässigkeitsprüfung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK zu orientieren (BGE 145 IV 161 E. 3.4; Urteile 6B_1245/2021 vom 8. Juni 2022 E. 2.3.3; 6B_1024/2021 vom 2. Juni 2022 E. 3.3; 6B_304/2021 vom 2. Juni 2022 E. 2.3.4; je mit Hinweisen).
1.2.4. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sind bei der Interessenabwägung im Rahmen von Art. 8 EMRK insbesondere Art sowie Schwere der Straftat, die Dauer des Aufenthalts im Aufnahmestaat, die seit der Tat verstrichene Zeit sowie das Verhalten des Betroffenen in dieser Zeit und der Umfang der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen im Aufnahme- sowie im Heimatstaat zu berücksichtigen (Urteile des EGMR
E.V. gegen Schweiz vom 18. Mai 2021, Nr. 77220/16, § 34;
M.M. gegen Schweiz vom 8. Dezember 2020, Nr. 59006/18, § 49; je mit zahlreichen Hinweisen; Urteile 6B_1024/2021 vom 2. Juni 2022 E. 3.3; 6B_1178/2019 vom 10. März 2021 E. 3.2.5, nicht publ. in: BGE 147 IV 340). Sodann ist dem Alter der Person im Zeitpunkt der Straftaten sowie den weiteren Umständen beispielsweise medizinischer Natur Rechnung zu tragen (Urteile des EGMR
E.V. gegen Schweiz vom 18. Mai 2021, Nr. 77220/16, §§ 35 f.;
M.M. gegen Schweiz vom 8. Dezember 2020, Nr. 59006/18, §§ 50 f.).
1.3.
1.3.1. Das durch Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV geschützte Recht auf Achtung des Familienlebens ist berührt, wenn eine staatliche Entfernungs- oder Fernhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass es dieser ohne Weiteres möglich bzw. zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen (BGE 144 I 266 E. 3.3, 91 E. 4.2; 144 II 1 E. 6.1; je mit Hinweisen).
Für die Frage, ob der Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens "notwendig" im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK ist, sind nach der Rechtsprechung des EGMR nebst den zuvor erwähnten Kriterien (oben E. 1.2.4; insbesondere Natur und Schwere der Straftaten, die Dauer des Aufenthalts im Lande, die seit der Begehung der Straftaten verstrichene Zeit, das Verhalten des Betroffenen in dieser Zeit sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen im Aufnahme- und im Heimatstaat) auch die Staatsangehörigkeit der betroffenen Familienmitglieder, die familiäre Situation des von der Massnahme Betroffenen, wie etwa die Dauer der Ehe oder andere Faktoren, welche für ein effektives Familienleben sprechen, eine allfällige Kenntnis des Ehegatten von der Straftat zu Beginn der familiären Bindung, ob Kinder aus der Ehe hervorgingen und falls ja, deren Alter, sowie die Schwierigkeiten, mit welchen der Ehegatte im Heimatland des anderen konfrontiert sein könnte, zu berücksichtigen (Urteile 6B_1319/2020 vom 1. Dezember 2021 E. 1.2.2; 6B_855/2020 vom 25. Oktober 2021 E. 3.3.1 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR).
1.3.2. Sind Kinder involviert, ist bei der Interessenabwägung als wesentliches Element zudem den Kindesinteressen und dem Kindeswohl Rechnung zu tragen (BGE 143 I 21 E. 5.5.1; Urteile 6B_1024/2021 vom 2. Juni 2022 E. 3.3; 6B_1319/2020 vom 1. Dezember 2021 E. 1.2.3; 6B_855/2020 vom 25. Oktober 2021 E. 3.3.2; Urteile des EGMR
Usmanov gegen Russland vom 22. Dezember 2020, Nr. 43936/18, § 56;
Üner gegen Niederlande vom 18. Oktober 2006, Nr. 46410/99, § 58). In Bezug auf die Kinder des von der Landesverweisung betroffenen Elternteils berücksichtigt die Rechtsprechung insbesondere, ob die Eltern des Kindes zusammenleben und ein gemeinsames Sorge- und Obhutsrecht haben oder ob der von der Landesverweisung betroffene Elternteil das alleinige Sorge- und Obhutsrecht hat bzw. ob er gar nicht sorge- und obhutsberechtigt ist und seine Kontakte zum Kind daher nur im Rahmen eines Besuchsrechts pflegt (Urteile 6B_1024/2021 vom 2. Juni 2022 E. 3.3; 6B_1319/2020 vom 1. Dezember 2021 E. 1.2.3; 6B_855/2020 vom 25. Oktober 2021 E. 3.3.2).
1.3.3. Minderjährige Kinder teilen regelmässig das ausländerrechtliche Schicksal des obhutsberechtigten Elternteils (BGE 143 I 21 E. 5.4; Urteile 2C_384/2021 vom 22. November 2021 E. 6.2.1; 6B_188/2021 vom 23. Juni 2021 E. 2.2.5; je mit Hinweisen). Die Landesverweisung des Elternteils, welcher die elterliche Sorge und alleinige Obhut über das Kind hat, führt daher dazu, dass das Kind faktisch gezwungen ist, die Schweiz zu verlassen (BGE 143 I 21 E. 5.4; 140 I 145 E. 3.3). Sind Kinder von der Landesverweisung mitbetroffen, sind insbesondere auch die Schwierigkeiten zu berücksichtigen, auf welche diese im Zielland treffen könnten (Urteile 6B_855/2020 vom 25. Oktober 2021 E. 3.3.2; 6B_131/2019 vom 27. September 2019 E. 2.5.3; Urteil des EGMR
Üner gegen Niederlande vom 18. Oktober 2006, Nr. 46410/99, § 58), wobei Kindern im anpassungsfähigen Alter der Umzug in das Heimatland nach der Rechtsprechung grundsätzlich zumutbar ist (BGE 143 I 21 E. 5.4; Urteil 6B_188/2021 vom 23. Juni 2021 E. 2.2.5).
Bei intakten familiären Verhältnissen mit gemeinsamem Sorge- und Obhutsrecht der Eltern führt die Landesverweisung zum Abbruch der eng gelebten Beziehung des Kindes zu einem Elternteil, wenn den übrigen Familienmitgliedern und insbesondere dem anderen, ebenfalls sorge- und obhutsberechtigten Elternteil ein Wegzug in das Heimatland des anderen Elternteils nicht zumutbar ist. Dies ist nicht im Interesse des Kindeswohls und spricht daher grundsätzlich gegen eine Landesverweisung. Eine Landesverweisung, die zu einer Trennung der vormals intakten Familiengemeinschaft von Eltern und Kindern führt, bildet einen Eingriff in das durch Art. 8 Ziff. 1 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Familienlebens (vgl. Urteile des EGMR
Sezen gegen Niederlande vom 31. Januar 2006, Nr. 50252/99, § 49;
Mehemi gegen Frankreich [Nr. 2] vom 10. April 2003, Nr. 53470/99, § 45), welcher im Interesse des Kindes nur nach einer eingehenden und umfassenden Interessenabwägung und nur aus ausreichend soliden und gewichtigen Überlegungen ("sufficiently sound and weighty considerations") erfolgen darf (vgl. Urteil des EGMR
Olsson gegen Schweden [Nr. 1] vom 24. März 1988, Nr. 10465/83, § 72, zitiert im Urteil des EGMR
Mehemi gegen Frankreich [Nr. 2] vom 10. April 2003; Urteile 6B_1319/2020 vom 1. Dezember 2021 E. 1.2.3; 6B_855/2020 vom 25. Oktober 2021 E. 3.3.2).
Der Umstand, dass ein straffällig gewordener Ausländer in der Schweiz mit seinem Ehepartner und gemeinsamen Kindern in einer intakten familiären Beziehung lebt, bildet jedoch kein absolutes Hindernis für eine Landesverweisung (vgl. BGE 139 I 145 E. 2.3; 135 II 377 E. 4.4). Auch im Falle einer gelebten Ehe kann sich der Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens als "notwendig" im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK erweisen (Urteile des EGMR
Usmanov gegen Russland vom 22. Dezember 2020, Nr. 43936/18, § 56;
Boultif gegen Schweiz vom 2. August 2001, Nr. 54273/00, §§ 46 ff.; Urteil 6B_855/2020 vom 25. Oktober 2021 E. 3.3.3). Das Kindeswohl ist ausländerrechtlich in der Interessenabwägung gemäss Art. 8 EMRK ein - wenn auch wesentliches - Element unter anderen und somit nicht alleine ausschlaggebend (BGE 144 I 91 E. 5.2; Urteil 2C_831/2021 vom 16. März 2022 E. 3.4.4).
1.3.4. Die Rauschgiftsucht ist ein grosses Übel für den Einzelnen und eine soziale und wirtschaftliche Gefahr für die Menschheit. Der qualifizierte Drogenhandel aus rein pekuniären Motiven gilt daher als schwere Straftat, von welcher eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung ausgeht. Bei Straftaten von Ausländern gegen das Betäubungsmittelgesetz zeigt sich das Bundesgericht hinsichtlich der Landesverweisung zwecks Verhinderung neuer Straftaten zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit daher rigoros (vgl. BGE 139 I 145 E. 2.5; Urteile 6B_1024/2021 vom 2. Juni 2022 E. 4.3; 6B_1306/2019 vom 15. Oktober 2020 E. 3.2.4; 6B_1424/2019 vom 15. September 2020 E. 3.4.10). Auch der EGMR akzeptiert ausdrücklich, dass bei Betäubungsmitteldelinquenz von einer gewissen Schwere angesichts der damit einhergehenden schweren Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der Gesundheit anderer ein strenger Massstab angelegt wird (siehe etwa Urteile des EGMR
Kissiwa Koffi gegen Schweiz vom 15. November 2012, Nr. 38005/07, § 65;
Maslov gegen Österreich vom 23. Juni 2008, Nr. 1638/03, § 80).
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 114 E. 2.1, 88 E. 1.3.1).
1.5.
1.5.1. Der Beschwerdeführer (Jahrgang 1976) ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er wuchs in Nigeria bei seiner Familie auf, besuchte dort gemäss eigenen Angaben während zwölf Jahren die Schule und absolvierte anschliessend eine dreijährige Lehre als "Unternehmer". Im Jahr 2001 reiste er in die Schweiz ein, wobei er eine Bewilligung für Familiennachzug erhielt. 2015 wurde ihm die Niederlassungsbewilligung (C-Ausweis) erteilt (angefochtenes Urteil S. 51). Er hat aus seiner ersten Ehe mit einer Schweizerin, mit welcher er von 2000 bis 2005 verheiratet war, einen volljährigen Sohn (geb. 2002), der in Kloten bei seiner Mutter lebt. Seine heutige Ehefrau stammt ebenfalls aus Nigeria. Sie spricht Igbo und Englisch, allerdings kaum Deutsch. Die Heirat fand 2007 oder 2008 in Nigeria statt. Seine Ehefrau reiste im Jahr 2014 mit der 2012 geborenen gemeinsamen Tochter in die Schweiz ein. Der Beschwerdeführer lebte vor seiner Verhaftung mit seiner Ehefrau und seiner Tochter zusammen. Letztere ist gegenwärtig in der Schweiz eingeschult. Der Beschwerdeführer hat vier Geschwister, wovon drei in Genf leben. Er hat nach wie vor Verwandte in Nigeria und reiste in der Vergangenheit regelmässig nach Nigeria (angefochtenes Urteil S. 53).
1.5.2. Die Vorinstanz stellt zudem fest, der Beschwerdeführer sei der deutschen Sprache in den Grundzügen mächtig. Bei den Einvernahmen sei er jeweils auf einen Übersetzer angewiesen gewesen. Trotzdem sei es ihm mit seinen Sprachkenntnissen möglich gewesen, den Beruf als Taxichauffeur auszuüben. Aufgrund des laufenden Verfahrens sei ihm schliesslich gekündigt worden. Vor seiner Tätigkeit als Taxichauffeur sei er bei verschiedenen Unternehmen als temporärer Angestellter tätig gewesen. Soweit ersichtlich habe er aber nie eine Lehre oder eine (Berufs-) Ausbildung in der Schweiz absolviert (angefochtenes Urteil S. 52). Er habe seinen Lebensunterhalt weitgehend selbstständig mit seiner Tätigkeit als Taxichauffeur bestritten. Allerdings habe er teilweise Sozialhilfe beanspruchen müssen. Auch sei er nicht in der Lage gewesen, den Unterhaltspflichten gegenüber seinem Sohn vollumfänglich nachzukommen. Seit dem 1. April 2017 sei er bei der Sozialhilfe gemeldet (angefochtenes Urteil S. 52). Der Beschwerdeführer pflege Kontakte vor allem zu seiner Familie und seinen Verwandten. Sein gesellschaftliches Leben spiele sich primär in der Familiengemeinschaft ab. In der Schweiz bestünden ausser seiner Ehefrau und seiner Tochter keine tieferen Beziehungen. Dass er über private Beziehungen gesellschaftlicher Natur verfügen würde, welche über eine normale Integration hinausgingen, sei nicht ersichtlich und auch in keiner Weise dargetan. Zwar sei er zu einem gewissen Grad beruflich integriert. Es sei beim ihm jedoch keine soziale oder kulturelle Integration auszumachen. Er weise gemäss Strafregisterauszug zwei Vorstrafen aus den Jahren 2012 und 2013 wegen Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz und eine Vorstrafe aus dem Jahr 2015 wegen Betrugs auf (angefochtenes Urteil S. 52 f.). Abgesehen von einem erhöhten Blutdruck sei er körperlich gesund (angefochtenes Urteil S. 53).
1.5.3. Die Vorinstanz verneint einen persönlichen Härtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB. Sie erwägt dazu im Wesentlichen, der Beschwerdeführer unterhalte zu seinem Heimatland nach wie vor stabile Verbindungen. Er verfüge über ein bestehendes familiäres Netzwerk und sei mit der dortigen Sprache und Kultur sowie den dortigen Gegebenheiten nach wie vor vertraut. Wie sein letzter dortiger Aufenthalt von Dezember 2016 bis Februar 2017 zeige, könne er in Nigeria uneingeschränkt ein- und ausreisen. Ihm drohe weder eine Verfolgung noch wäre seine Rückkehr mit anderen völker- bzw. landesrechtlichen Nachteilen verbunden. Die Resozialisierungschancen im Herkunftsland seien grundsätzlich gut. Es bestehe durchaus die Möglichkeit, dass der Beschwerdeführer auf dem Arbeitsmarkt in Nigeria - anders als in der Schweiz - Fuss fassen könne und es ihm gelingen werde, eine Existenz aufzubauen (angefochtenes Urteil S. 54). Die Integration des Beschwerdeführers, seine finanziellen Verhältnisse, sein Gesundheitszustand, die Möglichkeit der Wiedereingliederung im Herkunftsland, die sozialen Eingliederungsaussichten, die Rückfallgefahr und seine strafrechtliche Vorbelastung - insbesondere die mit einer Freiheitsstrafe von 6 ¾ Jahren sanktionierten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz - sprächen gegen die Annahme eines schweren persönlichen Härtefalls (angefochtenes Urteil S. 55).
Der Ehefrau und der gemeinsamen Tochter, welche ebenfalls nigerianische Staatsangehörige seien und Igbo sowie Englisch sprächen, sei es zumutbar, nach Nigeria zu ziehen und das Familienleben mit dem Beschwerdeführer dort fortzusetzen. Die Ehefrau des Beschwerdeführers habe ebenfalls Verbindungen zu Nigeria. Die Tochter des Beschwerdeführers befinde sich mit neun Jahren noch im anpassungsfähigen Alter. Sollte sich die Ehefrau des Beschwerdeführers gegen eine Ausreise entscheiden, stünde es ihr und der Tochter offen, den Kontakt zum Vater durch Kommunikationsmittel oder Besuche aufrechtzuerhalten. Dies gelte erst recht für den volljährigen Sohn des Beschwerdeführers. Soweit ersichtlich bestehe zwischen ihm und seinem Vater keine genügend nahe, echte und tatsächlich gelebte Beziehung, weshalb er nicht zur Kernfamilie gehöre (angefochtenes Urteil S. 54 f. und S. 56).
Selbst bei Annahme eines persönlichen Härtefalls würde die Interessenabwägung nicht zugunsten des Beschwerdeführers ausfallen, da unter den gegebenen Umständen das öffentliche Interesse an der Landesverweisung gegenüber dem privaten Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz klar überwiege (angefochtenes Urteil S. 56).
1.6. Der angefochtene Entscheid lässt keine Verletzung von Bundesrecht erkennen. Die Vorinstanz legt zutreffend dar, dass dem Beschwerdeführer angesichts der nach wie vor bestehenden Beziehungen zu seinem Heimatland eine Ausreise nach Nigeria zumutbar ist. Dass die Wirtschaftslage im Herkunftsland schwieriger als in der Schweiz ist, vermag nach ständiger Rechtsprechung keinen persönlichen Härtefall zu begründen (vgl. Urteile 6B_1372/2021 vom 3. März 2022 E. 2.2.5; 6B_759/2021 vom 16. Dezember 2021 E. 4.3.3; 6B_118/2020 vom 2. September 2020 E. 1.4). Beim Beschwerdeführer sind gemäss den willkürfreien und damit verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz auch keine besonders intensiven, über eine normale Integration hinausgehenden Beziehungen beruflicher oder gesellschaftlicher Natur zur Schweiz auszumachen (vgl. dazu BGE 144 II 1 E. 6.1; Urteile 6B_1368/2020 vom 30. Mai 2022 E. 4.3.1; 6B_369/2021 vom 5. Mai 2022 E. 3.2). Gleiches gilt für seine Ehefrau, die ebenfalls aus Nigeria stammt, erst im Jahr 2014 in die Schweiz einreiste und hier gemäss der Vorinstanz nicht als integriert gelten kann. Die gemeinsame Tochter spricht gemäss der Vorinstanz nebst Deutsch und Englisch auch Igbo. Ihr ist eine Ausreise nach Nigeria daher ebenfalls zumutbar. Ob sie sich mit ihren neun Jahren (im Zeitpunkt der Ausfertigung des vorinstanzlichen Entscheids) noch im anpassungsfähigen Alter im engeren Sinne befindet, in welchem ein Verlassen der Schweiz zusammen mit den Eltern unabhängig von den übrigen Umständen zumutbar ist, kann offenbleiben. Auch für schulpflichtige Kinder erachtet die Rechtsprechung einen Umzug in die Heimat zusammen mit den Eltern oder einem Elternteil als zumutbar, wenn sie durch Sprachkenntnisse, gelegentliche Ferienaufenthalte und eine entsprechende Kulturvermittlung im familiären Rahmen mit den Verhältnissen im Heimatland vertraut sind (Urteile 2C_834/2021 vom 24. Februar 2022 E. 5.2; 2C_311/2021 vom 7. Oktober 2021 E. 4.4.2; 2C_826/2020 vom 4. Juni 2021 E. 5.5.3; je mit Hinweisen). Zwar äussert sich der angefochtene Entscheid nicht explizit dazu, ob die Tochter des Beschwerdeführers nach ihrer Ausreise aus Nigeria im Jahr 2014 mit ihren Eltern nach Nigeria zurückkehrte. Hingegen geht die Vorinstanz angesichts des Umstands, dass beide Eltern aus Nigeria stammen und die Tochter des Beschwerdeführers selber in diesem Land geboren ist, willkürfrei davon aus, diese spreche die Sprache ihres Heimatlandes und sie sei mit dessen Kultur nicht gänzlich unvertraut. Gegenteiliges kann der Beschwerde des Beschwerdeführers zudem nicht entnommen werden. Insgesamt ist - auch in Berücksichtigung des trotz allem noch jungen Alters der Tochter des Beschwerdeführers - nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz die Zumutbarkeit der Ausreise nach Nigeria auch dieser gegenüber bejaht. Die Vorinstanz weist zudem zutreffend darauf hin, dass die Landesverweisung des Beschwerdeführers nicht zwingend mit einem Umzug der Tochter des Beschwerdeführers nach Nigeria einhergeht, da sich dessen Ehefrau auch für den Verbleib mit ihrer Tochter in der Schweiz entscheiden kann. Die Vorinstanz durfte einen persönlichen Härtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB daher ohne Verletzung von Bundesrecht verneinen.
Selbst wenn ein persönlicher Härtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB aufgrund der möglichen Trennung des Beschwerdeführers von seiner Familie zu bejahen wäre, würde die kumulativ erforderliche Interessenabwägung zuungunsten des Beschwerdeführers ausfallen. Dieser beging als Erwachsener ein schweres Drogendelikt aus rein finanziellen Motiven, ohne selber süchtig zu sein. Der qualifizierte Drogenhandel aus rein pekuniären Motiven gilt nach der Rechtsprechung als schwere Straftat, von welcher eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung ausgeht (vgl. oben E. 1.3.4). Die Vorinstanz geht beim Beschwerdeführer zudem willkürfrei von einer grundsätzlich bestehenden Rückfallgefahr aus, zumal seine finanziellen Verhältnisse relativ schlecht (gewesen) seien und er den Betäubungsmittelhandel vorab aus finanziellen Gründen betrieben habe (angefochtenes Urteil S. 54). Alleine aus der Anwesenheit der schulpflichtigen Tochter des Beschwerdeführers in der Schweiz lässt sich unter diesen Umständen kein das öffentliche Interesse an der Landesverweisung überwiegendes privates Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz ableiten (vgl. oben E. 1.3.3).
1.7. Die Vorinstanz sprach nach dem Gesagten zu Recht eine Landesverweisung des Beschwerdeführers aus.
2.
2.1. Eventualiter beantragt der Beschwerdeführer, die Dauer der Landesverweisung sei auf fünf Jahre zu reduzieren. Von ihm gehe keine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus. Nicht einleuchtend sei, warum die Vorinstanz die von der ersten Instanz ausgesprochene Dauer der Landesverweisung bei fast gleichbleibender Strafdauer von sieben auf neun Jahre erhöht habe, was gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip verstosse.
2.2.
2.2.1. Die Dauer der Landesverweisung muss verhältnismässig sein (vgl. Art. 5 Abs. 2 BV, Art. 36 Abs. 3 BV; Art. 8 Ziff. 2 EMRK). Dem Sachgericht kommt bei der Festlegung der Dauer der Landesverweisung ein weites Ermessen zu (Urteile 6B_914/2021 vom 3. März 2022 E. 1.2; 6B_445/2021 vom 6. September 2021 E. 2; 6B_249/2020 vom 27. Mai 2021 E. 6.3).
2.2.2. In Ermessensentscheide greift das Bundesgericht nach ständiger Rechtsprechung nur ein, wenn das Sachgericht grundlos von den in bewährter Lehre und Rechtsprechung anerkannten Beurteilungsgrundsätzen abweicht oder Tatsachen berücksichtigt, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle spielen oder umgekehrt Umstände ausser Betracht lässt, die es in die Beurteilung hätte einbeziehen müssen oder wenn sich der Beurteilungs- oder Ermessensentscheid als offensichtlich unbillig bzw. als in stossender Weise ungerecht erweist (vgl. BGE 146 IV 231 E. 2.3.1; 143 IV 339 E. 3.1; Urteil 6B_914/2021 vom 3. März 2022 E. 1.3 betreffend die Dauer der Landesverweisung).
2.3. Weshalb dies vorliegend der Fall sein soll, vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen. Die vorinstanzliche Relativierung des Tatverschuldens des Beschwerdeführers von "leicht bis mittel" (vgl. angefochtenes Urteil S. 42 und 57) betrifft lediglich die Einordnung innerhalb des von 1 bis 20 Jahren Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmens für qualifizierte Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz gemäss Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG, woraus der Beschwerdeführer für die Landesverweisung und deren Dauer nichts zu seinen Gunsten ableiten kann (vgl. Urteile 6B_249/2020 vom 27. Mai 2021 E. 5.4.2; 6B_736/2019 vom 3. April 2020 E. 1.2.3). Beim qualifizierten Betäubungsmittelhandel im grossen Rahmen, wie er dem Beschwerdeführer vorgeworfen wird, ist von einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung auszugehen, welche eine über die Mindestdauer von fünf Jahren hinausgehende Landesverweisung rechtfertigen kann (vgl. Urteil 6B_249/2020 vom 27. Mai 2021 E. 6). Der Beschwerdeführer verkennt weiter, dass die Vorinstanz nicht verpflichtet war, sich für die Dauer der Landesverweisung an der Erhöhung des Strafmasses im Vergleich zum erstinstanzlichen Urteil zu orientieren. Soweit der Beschwerdeführer seine positive Entwicklung betont und eine Rückfallgefahr verneint, weicht er von der vorinstanzlichen Einschätzung ab, ohne jedoch Willkür darzutun. Insgesamt liegt die Dauer der Landesverweisung von neun Jahren im Rahmen des weiten sachrichterlichen Ermessens. Eine Verletzung von Bundesrecht ist auch insofern nicht ersichtlich.
3.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen, weil die Beschwerde von vornherein aussichtslos war. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist mit herabgesetzten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 13. Juli 2022
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
Die Gerichtsschreiberin: Unseld