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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_95/2007 
 
Urteil vom 13. August 2007 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard, 
Gerichtsschreiberin Heine. 
 
Parteien 
T.________, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Gemeinde X.________, Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch die Sozialbehörde Y.________. 
 
Gegenstand 
Fürsorge, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 23. Januar 2007. 
 
Sachverhalt: 
A. 
T.________, 1948, stellte am 2. März 2006 bei der Sozialbehörde Y.________ ein Gesuch um wirtschaftliche Hilfe ab 1. April 2006, die ihr mit Beschluss vom 19. April 2006 ab 1. Mai 2006 in Höhe von monatlich Fr. 2'124.- zuzüglich der Krankenkassenprämien in der Höhe von Fr. 275.50 gewährt wurde. Für die Wohnkosten wurden dabei Fr. 1'275.- (zuzüglich Fr. 175.- Nebenkosten) ins Budget aufgenommen, wobei ihr nahegelegt wurde, das Einfamilienhaus spätestens bis Ende September 2006 zu kündigen, da ab 1. Oktober 2006 als Wohnkosten nur noch der Maximalbetrag von Fr. 700.- inkl. Nebenkosten angerechnet werde. Nachdem T.________ erfolglos ein Wiedererwägungsgesuch gestellt hatte, hiess der Bezirksrat Z.________ mit Beschluss vom 26. September 2006 den eingereichten Rekurs insofern teilweise gut, als T.________ bis am 31. März 2007 Zeit gelassen werde, eine günstigere Wohnung zu finden. Spätestens ab 1. April 2007 seien die Wohnkosten entsprechend Beschluss vom 19. April 2006 zu kürzen. Im Übrigen wurde der Rekurs und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung abgewiesen (Beschluss vom 26. September 2006). 
B. 
Die hiegegen eingereichte Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, soweit darauf eingetreten wurde, teilweise gut und sprach T.________ rückwirkend ab 1. Mai 2006 eine minimale Integrationszulage von monatlich Fr. 100.- zu (Entscheid vom 23. Januar 2007). 
C. 
T.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit folgenden Rechtsbegehren: 
"1. es sei der Beschwerdeführerin vor Bundesgericht die unentgeltli- che Prozessführung zu bestellen. 
 
2. es sei die Beschwerdeführerin von der Vorschusspflicht wegen Be- dürftigkeit Für die Gerichtskosten zu befreien, wobei auf die finan- ziellen Verhältnisse abzustellen ist. 
 
3. es sei Rechtsanwalt Dr. jur. Maag, Schulstrasse 136, 8105 Re- gensdorf Für das erstinstanzliche Verfahren einen angemesse- nen Betrag zuzusprechen. 
4. An meinen Anträgen Ziffer 5-8 wird festgehalten 
 
5. an den Anträgen Beschluss des Rekurses in Abänderung Ziffer 5 und 6 wird festgehalten. 
 
6. Es sei die aufschiebende Wirkung weiterhin zu gewähren 
 
7. Die zuwenig ausbezahlten Nebenkosten im Totalbetrag von Fr. 1'214.25 der Hälfte für Wasserrechnung 2006, Abonnements- gebühr Cablecom 2007 und Heizungskosten 2006 seien an mich nachzuzahlen." 
Die Gemeinde X.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde während der als Mitinteressierte beigeladene Bezirksrat Z.________ auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Sozialhilfe. Gemäss Art. 95 in Verbindung mit Art. 97 BGG prüft das Bundesgericht daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde. 
2. 
2.1 Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe (§ 14 SHG), das soziale Existenzminimum, das neben den üblichen Aufwendungen für den Lebensunterhalt auch individuelle Bedürfnisse angemessen berücksichtigt (§ 15 Abs. SHG), die Integrationszulage (SKOS-Richtlinie in der Fassung von Dezember 2004 Kap. C2) sowie die Grundlagen für die Bemessung (§ 17 SHV; SKOS-Richtlinien) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
2.2 Ist die neue Kognitionsregelung (E. 1.) anwendbar, ist aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde zu prüfen, ob der angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen (Erw. 1.2) Bundesrecht verletzt (Art. 95 BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 97 BGG). Hingegen hat eine freie Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheides in tatsächlicher Hinsicht ebenso zu unterbleiben wie eine Prüfung der Ermessensbestätigung nach den Grundsätzen zur Angemessenheitskontrolle (BGE 126 V 75 E. 6 S. 81 mit Hinweisen). Auch besteht Bindung an die Parteianträge. Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
3. 
Anfechtungs- und Streitgegenstand bilden Umfang und Dauer der von der Sozialhilfe zu übernehmenden Wohnkosten, sowie der Beginn der Gewährung der wirtschaftlichen Hilfe. 
3.1 Im Lichte der kognitionsrechtlichen Grundsätze über die Abgrenzung von Tat- und Rechtsfragen ergibt sich Folgendes: Als Ergebnis einer umfassenden, sorgfältigen Beweiswürdigung und unbestrittenen Sachverhaltsfeststellung hat das kantonale Gericht eine Wohngemeinschaft festgestellt, weshalb Miet- und Nebenkosten nach Pro-Kopf-Anteilen zu berechnen sei; es bestätigte die Kürzung der Wohnkosten auf Fr. 700.- inklusiv Nebenkosten ab 1. April 2007. Ferner hielt es fest, vor dem Verwaltungsgericht könne nicht erstmals eine Fristerstreckung geltend gemacht werden, weshalb hierauf nicht einzutreten sei. 
3.2 In der Beschwerde wird dagegen gehalten, es sei der Beschwerdeführerin aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich, innert der ihr gesetzten Frist eine neue Wohnung zu suchen und umzuziehen. Ferner sei die hälftige Aufteilung der Miet- und Nebenkosten unberechtigt, zumal eine interne Vereinbarung vom 30. Juni 2004 mit dem Wohnungspartner bestehe, dieser nicht sämtliche Räumlichkeiten benütze und sie alleine Vertragspartnerin des Heizöllieferanten und der Cablecom sei. 
3.3 Das von den Verfassungsbestimmungen garantierte Grundrecht auf Hilfe in Notlagen beschränkt sich auf ein Minimum im Sinne einer Überlebenshilfe (BGE 130 I 71 E. 4.1 S. 75 mit Hinweisen). Streitig ist vorliegend der Umfang der von der Sozialhilfe zu übernehmenden Wohnkosten. Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, dass die sich in einer Notlage befindende und Sozialhilfe beanspruchende Person unmittelbar gestützt auf das vorstehend umschriebene Grundrecht keinen Anspruch auf Übernahme der Mietkosten einer beliebigen Wohnung durch das Gemeinwesen hat; vielmehr darf dieses, immerhin unter Berücksichtigung ausserordentlicher persönlicher Verhältnisse des Einzelfalles, seinen Beitrag an die Wohnkosten auf das beschränken, was für eine elementaren Unterkunftsbedürfnissen genügende Wohnung aufgewendet werden muss. Für die Festlegung dieses Betrags ist grundsätzlich das kantonale Recht massgeblich. Überhöhte Wohnkosten sind nur so lange zu übernehmen, bis eine zumutbare günstigere Lösung zur Verfügung steht, wobei die Sozialhilfeorgane die Aufgabe haben, die Sozialhilfebezüger bei der Suche nach günstigem Wohnraum aktiv zu unterstützen (Urteil vom 7. September 2004 [2P.207/2004]). 
Inwiefern das Vorgehen der Verwaltung und das Verfahren nicht mit Art. 9 und 12 BV vereinbar wären, ist nicht ersichtlich. Von Anbeginn an wurde der Beschwerdeführerin eine mehrmonatige Umzugsfrist zugebilligt, und der überhöhte Mietzins wurde schliesslich während fast einem Jahr vollumfänglich von der Gemeinde bezahlt. Soweit die Beschwerdeführerin gesundheitliche Gründe angibt, die einen Umzug verhindern, ist sie nicht zu hören, ist ihr doch von den Behörden diesbezügliche organisatorische und finanzielle Hilfe in Aussicht gestellt worden. Sodann sind weder anstehende Operationen noch knappe Arztzeugnisse, welche eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit zwar attestieren jedoch keine weiteren Informationen enthalten, ein mehrmonatiger Hinderungsgrund. Die Beschwerdeführerin meint denn auch vielmehr, es sei ihr nicht zumutbar, einen Nachmieter zu suchen. Dabei wurde sie bereits mit Beschluss vom 26. September 2006 darauf hingewiesen, dass die Sozialbehörde eine ausserordentliche Kündigung veranlassen könnte. Auf Grund der Unterlagen ist die Beschwerdeführerin nicht bereit, das heute von ihr belegte Einfamilienhaus zu verlassen. Die Tatsache allein, dass sie und ihre fünf Katzen in einer günstigeren und damit kleineren Wohnung nicht optimal untergebracht wären, steht nach den vorstehend wiedergegebenen sozialhilferechtlichen Grundsätzen einem Umzug von vornherein nicht entgegen. 
Da die Beschwerdeführerin im Laufe des Verfahrens unter sozialhilferechtlichen Gesichtspunkten keinen substantiellen Grund für ihre Weigerung, in eine andere Wohnung zu ziehen, hat namhaft machen können, durfte die Vorinstanz die Kürzung der Wohnkosten auf einen Betrag von Fr. 700.- ab 1. April 2007 bestätigen, ohne dabei Bundesrecht zu verletzen (Art. 95 BGG). 
3.4 Hinsichtlich der Nebenkosten hat das kantonale Gericht zutreffend festgehalten, vorliegend sei eine Pro-Kopf-Anteil Aufteilung vorzunehmen. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin ändern daran nichts. Dass eine Wohngemeinschaft besteht, wird nicht bestritten, weshalb die wirtschaftliche Hilfe auf eine Person ausgerichtet ist und die Nebenkosten gemäss SKOS-Richtlinien Pro-Kopf-Anteil berechnet werden (Kap. 5.1 SKOS-Richtlinien 04/05). Alleine die Beschwerdeführerin ist Empfängerin der Sozialhilfe, weshalb es nicht angehen kann, dass eine indirekte Mitfinanzierung des Wohnungspartners auf Kosten des Sozialhilfegesetzes stattfindet. 
3.5 Gemäss Abrechnung der Arbeitslosenkasse Unia erfolgte die letzte Auszahlung in der Rahmenfrist vom 1. April 2004 bis 31. März 2006 für den Monat März am 28. März 2006. Während die erste Auszahlung der Sozialhilfe für den Monat Mai am 26. April 2006 erfolgte. Unabhängig davon, ob die Beschwerdeführerin das monatliche Einkommen für den vergangenen oder für den kommenden Monat verwendet, blieb der Zahlungsrhythmus gleich, da die Sozialbehörden ihre Leistungen Anfang des Monats überweisen. Erst wenn die Beschwerdeführerin keine Leistungen der Sozialbehörde mehr in Anspruch nimmt, stellt sich anhand des folgenden Einkommens und des Zeitpunkts der Überweisung die Frage, ob eine Überbrückung durch die Sozialbehörde notwendig wird. Die Vorinstanz durfte demnach den Beginn der wirtschaftlichen Hilfe ab 1. Mai 2006 bestätigen ohne dabei Bundesrecht zu verletzen. 
4. 
Die Begehren der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege unter Beigabe eines Rechtsbeistands sind sowohl im Verfahren vor dem Bezirksrat als auch vor dem Verwaltungsgericht abgelehnt worden. Dadurch wurden keine Rechte der Beschwerdeführerin verletzt; es kann diesbezüglich auf Ziff. 4 des angefochtenen Urteils verwiesen werden, denen, auch angesichts der Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, nichts beizufügen ist (Art. 109 BGG). 
5. 
Die Beschwerdeführerin hat auch für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht. 
5.1 Die unentgeltliche Rechtspflege kann gewährt werden (Art. 64 BGG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist und die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen war (BGE 125 V 201 E. 4a S. 202 und 371 E. 5b S. 372). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist. 
5.2 Die Gewährung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes wird abgewiesen, da das vorliegende Verfahren keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Probleme darstellte und die Beschwerdeführerin durchaus in der Lage war, ihre rechtlichen Anliegen genügend zu vertreten. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege werden sie einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. 
3. 
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, dem Bezirksrat Z.________, dem Regierungsrat des Kantons Zürich und der Sicherheitsdirektion, Kantonales Sozialamt Zürich, zugestellt. 
Luzern, 13. August 2007 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: