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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
9C_849/2011 
 
Urteil vom 13. August 2012 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Kernen, Bundesrichterin Pfiffner Rauber, 
Gerichtsschreiberin Helfenstein. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Pensionskasse von Appenzell Ausserrhoden, vertreten durch Rechtsanwalt Hans-Peter Stäger, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
I.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Matthias Leuthold, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Berufliche Vorsorge, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden vom 22. Juni 2011. 
In Erwägung, 
dass das Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden die von I.________ am 29. März 2010 gegen die Pensionskasse Appenzell Ausserrhoden eingereichte Klage auf Ausrichtung einer BVG-Invalidenrente mit Entscheid vom 22. Juni 2011 guthiess und die Sache an diese zurückwies zur weiteren medizinischen Abklärung und anschliessenden Neubeurteilung des zumutbaren Erwerbseinkommens im Sinne von Art. 24 Abs. 2 BVV 2 (Dispositiv-Ziffer 1), 
dass die Pensionskasse Appenzell Ausserrhoden Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führt mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids und vollumfängliche Abweisung der Klage, 
dass I.________ auf Abweisung der Beschwerde schliesst, 
dass das Bundesgericht die Ordnungsmässigkeit der vorinstanzlichen Verfahrensgestaltung von Amtes wegen und unabhängig von den Beschwerdeanträgen prüft (BSK/BGG, 2. Aufl., N 8 zu Art. 106), 
dass die vorliegende Streitigkeit der Gerichtsbarkeit der in Art. 73 BVG erwähnten richterlichen Behörden unterliegt, welche sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht zuständig sind (BGE 122 V 320 E. 2 S. 323, 120 V 15 E. 1a S. 18, je mit Hinweisen), 
dass im Bereich der beruflichen Vorsorge das Gericht rechtsprechungsgemäss nicht befugt ist, die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorsorgeeinrichtung zurückzuweisen, weil Ausgangspunkt des Verfahrens nach Art. 73 BVG nicht eine Verfügung im Rechtssinne ist, sondern eine (ablehnende) Stellungnahme der Vorsorgeeinrichtung, welche der Rechtskraft oder Rechtsbeständigkeit nicht zugänglich ist, weshalb es für die Verpflichtung, Leistungen aus beruflicher Vorsorge zu erbringen, eines auf Klage hin ergehenden Leistungsurteils bedarf (BGE 129 V 450 E. 2 S. 451; 118 V 158 E. 1 S. 162; 117 V 237 E. 2b S. 242, je mit Hinweisen; SZS 2000 S. 172, Urteile B 14/01 vom 4. September 2001 und B 59/00 vom 3. Juni 2002), zu dem es hier bezüglich des eingeklagten Anspruchs bisher nicht gekommen ist, 
dass kein Anlass besteht, diese Rechtsprechung in Frage zu stellen, ist doch eine Rückweisung in einem Klageverfahren der ursprünglichen Verwaltungsrechtspflege, das keine Verfügung zum Ausgangspunkt hat, begrifflich ausgeschlossen, 
dass das angerufene Gericht daher gehalten ist, die sich aufdrängenden zusätzlichen Abklärungen auf dem Weg eines Beweisverfahrens selber vorzunehmen, wobei es ihm unbenommen bleibt, die Vorsorgeeinrichtung im Rahmen der angeordneten Beweismassnahmen, namentlich in Ausübung der richterlichen Fragepflicht, zu den entsprechenden Abklärungen anzuhalten (Urteil B 14/01 vom 4. September 2001; Walser, Der Rechtsschutz der Versicherten bei Rechtsansprüchen aus beruflicher Vorsorge, in: Festschrift 75 Jahre EVG, S. 474), 
dass das kantonale Gericht auch nicht in grundsätzlicher Hinsicht über die Klage geurteilt hat, was zulässig wäre (BGE 129 V 450 E. 3 S. 452 ff.), 
dass demnach die vorinstanzliche Rückweisung an die Pensionskasse Appenzell Ausserrhoden Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a BGG), 
dass das kantonale Gericht somit nach dem Gesagten über das ihm unterbreitete Klagebegehren, so auch gegebenenfalls über die Höhe der berufsvorsorgerechtlichen Invalidenrente, entscheiden und vorgängig allfällige von ihm als erforderlich erkannte ergänzende Abklärungen selber durchführen wird, 
dass die Gerichtskosten von der unterliegenden Beschwerdegegnerin zu tragen sind (Art. 66 Abs. 1 BGG), 
dass jedoch ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entsprochen werden kann (Art. 64 BGG; BGE 125 V 201 E. 4a S. 202), sie aber ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG hingewiesen wird, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn sie später dazu im Stande ist, 
erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden vom 22. Juni 2011 wird aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und über den klageweise geltend gemachten Anspruch der Beschwerdegegnerin neu entscheide. 
 
2. 
Der Beschwerdegegnerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen. 
 
4. 
Rechtsanwalt Dr. Mathias Leuthold wird als unentgeltlicher Anwalt der Beschwerdegegnerin bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.- ausgerichtet. 
 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 13. August 2012 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Meyer 
 
Die Gerichtsschreiberin: Helfenstein