Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_632/2022
Urteil vom 13. September 2022
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Bundesrichter Beusch,
Bundesrichterin Ryter,
Gerichtsschreiber Kocher.
Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
Beschwerdeführerin,
gegen
Steuerverwaltung des Kantons Thurgau, Schlossmühlestrasse 9, 8510 Frauenfeld Kant. Verwaltung.
Gegenstand
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2019,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 18. Mai 2022 (VG.2021.184/E).
Sachverhalt:
A.
Die A.________ AG (nachfolgend: die Steuerpflichtige) hat statutarischen Sitz in U.________, Gemeinde V.________/TG. In der hier interessierenden Steuerperiode 2019 verbuchte sie - wie in den Jahren zuvor - ihre im Dezember an die Kunden erbrachten, aber erst im Januar 2020 fakturierten Leistungen auf dem Konto "Angefangene Arbeiten". Die Steuerpflichtige bewertete diese Leistungen mit ihren
Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, je unter Abzug des Warendrittels. Dabei handelte es sich um die Lieferung von Kies und Frischbeton, Transport-, Aushub- und Entsorgungsleistungen, die zu festen Kubikmeter- und Fuhrpreisen erbracht wurden. Der Saldo des Kontos "Angefangene Arbeiten" belief sich zu Ende des Geschäftsjahrs 2019 auf Fr. 404'000.--. Am Ende der Vorperiode hatte er Fr. 444'000.-- betragen. Die Steuerpflichtige verbuchte daher im Geschäftsjahr 2019 die Abnahme des Bestandes um Fr. 40'000.--.
B.
Die Steuerverwaltung des Kantons Thurgau (KSTV/TG; nachfolgend: die Veranlagungsbehörde) führte am 7. September 2020 bei der Steuerpflichtigen eine Buchprüfung durch. Die Veranlagungsbehörde stellte sich auf den Standpunkt, dass es sich bei den "Angefangenen Arbeiten" um verkaufte Waren handle, die als transitorische Aktiven zum
vollständigen Netto-Verkaufspreis hätten verbucht werden müssen. Die im Dezember 2019 abgeschlossenen, aber bis Ende 2019 noch nicht fakturierten Leistungen von Fr. 732'540.-- seien nicht als Vorräte (bzw. "Angefangene Arbeiten"), sondern als Forderungen (bzw., da die Rechnungsstellung noch nicht erfolgt sei, als Transitorische Aktiven) zu verbuchen. Dabei könne ein pauschales Delkredere berücksichtigt werden und sei die Steuerrückstellung entsprechend anzupassen. Im Einzelnen ging die Veranlagungsbehörde, sowohl für die Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau als auch die direkte Bundessteuer, von folgenden Zahlen aus:
Nicht verbuchter Umsatz
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732'541.--
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Delkredere, pauschal 5,0 Prozent
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-36'627.--
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Soll-Umsatz
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695'914.--
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Ist-Umsatz
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404'000.--
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Differenz (aufzurechnen)
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291'914.--
|
In der Folge nahm die Veranlagungsbehörde für die Zwecke der Gewinnsteuer eine Aufrechnung von Fr. 291'914.-- vor ("Rückstellung angefangene Arbeiten - verkaufte Ware") und erhöhte sie die Steuerrückstellung um Fr. 58'630.-- (pauschal 20 Prozent aller Aufrechnungen). Dasselbe tat sie im Bereich der Kapitalsteuer. Dagegen erhob die Steuerpflichtige am 23. November 2020 Einsprache, was erfolglos blieb (Einspracheentscheid vom 8. Februar 2021).
C.
Daraufhin gelangte die Steuerpflichtige am 2. März 2021 an die Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau. Mit Entscheid vom 24. August 2021 gelangte diese zur Gutheissung der Rechtsmittel (unter Aufhebung des angefochtenen Einspracheentscheids und Rückweisung der Sache zur neuen Veranlagung).
Die Steuerrekurskommission erwog, dass die Steuerpflichtige durchwegs, also nicht nur am Jahresende, die erbrachten Arbeiten jeweils im Folgemonat fakturiere. Die Verbuchung erfolge einstweilen auf den Konti "Angefangene Arbeiten" und "Bestandesänderungen an angefangenen Arbeiten". Die Bezeichnung "Angefangene Arbeiten" greife zwar zu kurz, gehe es doch auch um die Verbuchung bereits erbrachter, aber noch nicht fakturierter Leistungen. Da aber eine erfolgswirksame Verbuchung erfolge, liege kein Verstoss gegen die Abgrenzungsregeln ("matching of cost and revenue") vor.
Das gewählte Vorgehen bewege sich insgesamt im Rahmen des Ermessensspielraums, welcher der Steuerpflichtigen von Handelsrechts wegen zukomme. Die Darstellung erfolge transparent, neben der Stetigkeit seien auch die Grundsätze der Vorsicht, der Bilanzwahrheit und Bilanzklarheit erfüllt, zumal die Jahresrechnung von der Revisionsstelle genehmigt worden sei.
D.
Die Veranlagungsbehörde wandte sich an das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, das die Beschwerde guthiess, den angefochtenen Entscheid aufhob und den Einspracheentscheid vom 8. Februar 2021 bestätigte (Entscheid VG.2021.184 vom 18. Mai 2022). Die Begründung ging im Wesentlichen dahin, dass von "Teilleistungen mit klar vordefiniertem und separat abrechenbarem Umfang" zu sprechen sei. Zivilrechtlich lägen keine werkvertraglichen Leistungen, sondern "separat und sofort abrechenbare Transportaufträge und Standardmateriallieferungen auf Abruf" vor, die kurzfristig hätten bestellt und erbracht werden können. Handelsrechtskonformes Vorgehen hätte, so das Verwaltungsgericht, darin bestanden, die Leistungen mit ihrem jeweiligen Verkaufspreis einzubuchen. Deswegen sei es unzutreffend, wenn die Steuerpflichtige lediglich die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten berücksichtigt und davon den Warendrittel in Abzug gebracht habe. Nichts an der Handelsrechtswidrigkeit ändere, dass die Buchungspraxis offenbar von der Veranlagungsbehörde während Jahren hingenommen worden sei.
E.
Mit Eingabe vom 3. August 2022 erhebt die Steuerpflichtige beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei der Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau vom 24. August 2021 zu bestätigen. In prozessualer Hinsicht seien die Verfahren hinsichtlich der Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau und der direkten Bundessteuer zu vereinigen.
F.
Das Bundesgericht hat von Instruktionsmassnahmen, insbesondere von einem Schriftenwechsel gemäss Art. 102 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110) abgesehen.
Erwägungen:
I. Formelles
1.
1.1. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art. 146 DBG [SR 642.11] und Art. 73 StHG [SR 642.14]) sind gegeben.
1.2. Die Vorinstanz hat zur streitbetroffenen Steuerperiode 2019 hinsichtlich der Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau einerseits und der direkten Bundessteuer anderseits ein einziges Urteil gefällt. Die Steuerpflichtige ficht dieses Urteil mit einer einzigen Beschwerdeeingabe an. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind im Bundesrecht und im harmonisierten Steuerrecht des Kantons Thurgau übereinstimmend geregelt. Es rechtfertigt sich, die Sache in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 71 BGG i. V. m. Art. 24 BZP [SR 273]; BGE 142 II 293 E. 1.2). Dadurch wird der gestellte Antrag auf Verfahrensvereinigung gegenstandslos.
1.3. Das Bundesgericht wendet das Bundesgesetzesrecht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und prüft es mit uneingeschränkter (voller) Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 148 II 73 E. 8.3.1; 148 V 21 E. 2; 148 V 209 E. 2.2; 147 II 300 E. 1).
1.4. Im Unterschied zum Bundesgesetzesrecht geht das Bundesgericht der Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte (einschliesslich der Grundrechte) nur nach, falls und soweit eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 194 E. 3.4; 147 II 44 E. 1.2; 147 V 156 E. 7.2.3). Die beschwerdeführende Person hat daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 147 I 478 E. 2.4 Ingress; 147 IV 453 E. 1 Ingress; 146 I 62 E. 3; 146 IV 114 E. 2.1).
1.5. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 148 V 209 E. 2.2; 147 V 124 E. 1.1). Es stellt deshalb grundsätzlich auf die sachverhaltlichen Elemente im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids ab (BGE 147 II 49 E. 3.3). Die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen können von Amtes wegen oder auf Rüge hin berichtigt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und wenn zudem die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 und Art. 97 Abs. 1 BGG ; BGE 148 V 209 E. 2.2; 147 I 73 E. 2.2; 147 V 16 E. 4.1.1). "Offensichtlich unrichtig" ist mit "willkürlich" gleichzusetzen (zum Ganzen: BGE 146 IV 88 E. 1.3.1). Tatfrage ist auch die Beweiswürdigung, namentlich die antizipierte Beweiswürdigung (BGE 147 IV 534 E. 2.5.1; 146 V 240 E. 8.2). Die Anfechtung der vorinstanzlichen Feststellungen unterliegt der qualifizierten Rüge- und Begründungsobliegenheit (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; vorne E. 1.4).
II. Direkte Bundessteuer
2.
2.1. Abgaberechtlich ist zur Klärung buchtechnischer Fragen vom Handelsrecht auszugehen. Das Handelsrecht ist für die Zwecke der direkten Steuern massgebend (Art. 58 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11]; BGE 147 II 209 E. 3.1.1; 143 II 8 E. 7.1; 141 II 8 E. 7.1; Massgeblichkeitsprinzip bzw. "principe de l'autorité du bilan commercial" oder "principe de déterminance").
2.2. Das Handelsrecht bildet damit in Fragen der Buchführung und Rechnungslegung das "Leitrecht" und beruht seinerseits auf der Betriebswirtschaftslehre. Nach dem Prinzip der Massgeblichkeit bildet die nach den Regeln des Handelsrechts aufgestellte Handelsbilanz - unter Vorbehalt der steuerrechtlichen Korrekturvorschriften sowie der zwingenden handelsrechtlichen Vorschriften - den Ausgangspunkt und die Grundlage für die steuerliche Gewinnermittlung (BGE 141 II 83 E. 3.1; 141 IV 369 E. 7.5; 137 II 353 E. 6; 136 II 88 E. 3.1). Die Massgeblichkeit wird namentlich eingeschränkt durch die Korrekturen aufgrund abgaberechtlicher Vorschriften, mit welchen das Abgaberecht bewusst vom Handelsrecht abweicht (auch dazu BGE 141 II 83 E. 3.1). Die handelsrechtskonforme Jahresrechnung bindet in diesem Umfang neben der Veranlagungsbehörde auch die steuerpflichtige Person; diese muss sich darauf behaften lassen (Urteile 2C_680/2021 vom 31. Mai 2022 E. 3.4.7; 2C_886/2020 vom 23. November 2020 E. 3.2.2). In begründeten Fällen ist allerdings denkbar, zugunsten der steuerpflichtigen Person von der Massgeblichkeit abzuweichen (BGE 143 II 674 E. 4.2).
2.3.
2.3.1. Die aufgeworfene Fragestellung ruft nach Klärung der handelsrechtlichen Begriffe "Vorräte" ("stocks"), "aktive Rechnungsabgrenzungen" ("actifs de régularisation") und "Debitoren" ("créances"). Allen drei Instituten gemeinsam ist, dass die für die Hauptleistung (Lieferung einer Ware oder Erbringung einer Dienstleistung) geschuldete Gegenleistung (das Entgelt) noch nicht eingegangen, dass der Vorgang buchhalterisch also noch nicht abgeschlossen ist. Die faktischen Unterschiede liegen einerseits im Ausmass der Fertigstellung und anderseits in der Rechnungsstellung.
2.3.2. Von "Debitoren" (oder "Forderungen aus Lieferungen und Leistungen"; Art. 959a Abs. 1 Ziff. 1 lit. b OR in der Fassung vom 23. Dezember 2011, in Kraft seit dem 1. Januar 2013 (AS 2012 6679) und damit auf dem vorliegenden Fall anwendbar [nachfolgend: OR 2011]) ist zu sprechen, wenn die Lieferung oder Dienstleistung
erbracht und fakturiert worden ist (Treuhandkammer [Hrsg.], Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, Band "Buchführung und Rechnungslegung", 2014 [nachfolgend: HWP], Ziff. IV.2.5.1). Kennzeichnend ist das Vorliegen eines Kreditverkaufs, der sich vom Barverkauf (Abwicklung Zug um Zug) unterscheidet. Debitoren sind zu buchen, wenn die Hauptleistung fakturiert wird, was wiederum bedingt, dass der Anspruch auf Gegenleistung entstanden ist. Handelsrechtlicher Praxis zufolge entsteht der Anspruch auf Gegenleistung, sobald die Ware ausgeliefert bzw. die Dienstleistung vorgenommen wird. Im Fall werkvertraglicher Lieferungen tritt der Anspruch gemäss dem Arbeitsfortschritt ein (HWP, a.a.O., Ziff. IV.2.5.2). Als Forderung zu buchen ist der Betrag, der sich aus der Rechnung ergibt, gemeinhin also der Verkehrswert der Lieferung oder Leistung.
2.3.3. Der Begriff der "Vorräte" (Art. 959a Abs. 1 Ziff. 1 lit. d in Verbindung mit Art. 960c Abs. 2 OR 2011) erfasst vornehmlich bewegliche Sachen, so insbesondere Rohmaterialien, Halbfabrikate, Fertigfabrikate und Handelswaren. Als Halbfabrikat gelten auch die "angefangenen Arbeiten" (Peter Böckli, OR-Rechnungslegung, 2. Aufl. 2019, N. 358; Tobias Hüttche, in: Pfaff/Glanz/Stenz/Zihler [Hrsg.], Rechnungslegung nach Obligationenrecht, 2. Aufl. 2019 [nachfolgend: Komm. Rechnungslegung], N. 8 zu Art. 960c OR 2011). Die weder abgeschlossenen noch fakturierten Dienstleistungen sind buchhalterisch den Vorräten gleichgestellt (Markus R. Neuhaus/Rodolfo Gerber, in: Basler Kommentar, OR II, 5. Aufl. 2016, N. 35 zu Art. 959a OR 2011; Urteil 2C_302/2018 vom 9. August 2018 E. 3.2 zu den noch nicht abgeschlossenen Leistungen einer Urkundsperson). Vorräte werden erst in der Zukunft in ein Umsatzgeschäft einfliessen. Sie verleihen aus diesem Grund am Bilanzstichtag noch keinen Anspruch auf eine Gegenleistung. Dies hat seinerseits zur Folge, dass die Vorräte (höchstens) zum Wert ihrer Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktiviert werden dürfen (Art. 960a Abs. 1 [Ersterfassung] bzw. Art. 960c Abs. 1 [Folgebewertung] OR 2011). Als Herstellungskosten gelten die Einzelkosten des Vorratsguts, die Gemeinkosten von Material, Belegschaft und Fertigung, nicht aber die allgemeinen Verwaltungs- und Vertriebskosten (HWP, a.a.O., Ziff. IV.2.10.3.2; siehe auch Henri Torrione/Aurélien Barakat, in: Commentaire romand, CO, 2. Aufl. 2017, N. 8 zu Art. 959a OR). Nicht aktiviert werden darf grundsätzlich ein Gewinnanteil (Hüttche, in: Komm. Rechnungslegung, a.a.O., N. 138 zu Art. 960a und N. 9 zu Art. 960c OR 2011).
2.3.4. Zwischen den Debitoren und den Vorräten stehen die aktiven Rechnungsabgrenzungen. Ausgangspunkt bildet Art. 958b Abs. 1 OR 2011. Danach müssen Aufwände und Erträge voneinander in zeitlicher und sachlicher Hinsicht abgegrenzt werden. Im Rahmen der zeitlichen Abgrenzung geht es darum, Aufwände und Erträge jener Berichtsperiode zuzuweisen, welcher sie betriebswirtschaftlich zugehörig sind. Keine Rolle spielt der Zeitpunkt des Geldflusses (Lukas Müller/David P. Henry/Peter Barmettler, in: Komm. Rechnungslegung, a.a.O., N. 10 zu Art. 958b OR 2011).
Die zeitliche Abgrenzung führt zur transitorischen Verbuchung. Lieferungen und Leistungen, die am Bilanzstichtag erbracht waren und damit Anspruch auf eine Gegenleistung verleihen, ohne dass sie bis zum Bilanzstichtag fakturiert worden sind, gehören betriebswirtschaftlich dem bis zum Bilanzstichtag laufenden Geschäftsjahr an. Um diese zeitliche Zuweisung auch buchhalterisch sicherzustellen, ist "Ertragsnachtrag" nach klarem Handelsrecht zum Gegenstand einer aktiven Rechnungsabgrenzung zu machen (Art. 958a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 959a Abs. 1 Ziff. 1 lit. e OR 2011; Müller/Henry/Barmettler, in: Komm. Rechnungslegung, a.a.O., N. 12 zu Art. 958b OR). Der Vorgang ist kurzfristiger Natur (HWP, a.a.O., Ziff. IV.2.11.1) : Der Buchung am Bilanzstichtag folgt unmittelbar am Folgetag die Rückbuchung (HWP, a.a.O., Ziff. IV.2.11.2).
Bei den "aktiven Rechnungsabgrenzungen" handelt es sich um einen Oberbegriff, der die transitorischen Aktiven ("deferred"; Aufwand des Folgejahrs, der bereits zu Auszahlungen geführt hat) und die antizipativen Aktiven ("accrued"; Ertrag des Laufjahrs, der noch nicht zu Einzahlungen geführt hat) umfasst (Karl Käfer, in: Berner Kommentar, Obligationenrecht, Band VIII/2/1, 1981, N. 6.234; Böckli, a.a.O., N. 362; Lukas Handschin, Rechnungslegung im Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2016, N. 319; Ulrike Stefani, in: Komm. Rechnungslegung, a.a.O., N. 43 zu Art. 959 OR 2011). Die Pflicht zur erfolgswirksamen Verbuchung ist unbestritten, diskutiert wird einzig, ob die antizipativen Posten als Rechnungsabgrenzung (so die genannte herrschende Lehre) oder als Debitor zu behandeln seien (dieser Minderheitsmeinung, soweit ersichtlich, einzig Robert Gutsche, in: Komm. Rechnungslegung, a.a.O., N. 70 zu Art. 959a OR 2011).
Wiederum von Handelsrechts wegen besteht keine Pflicht zur zeitlichen Abgrenzung, wenn die Nettoerlöse aus Lieferungen und Leistungen oder die Finanzerträge im Geschäftsjahr Fr. 100'000.-- nicht überschreiben (Art. 958b Abs. 2 OR 2011). Diesfalls reicht eine "comptabilité de trésorerie" aus (Torrione/Barakat, a.a.O., N. 5 und 6 zu Art. 958b OR 2011).
3.
3.1. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die insofern nicht bestritten werden und für das Bundesgericht verbindlich sind (Art. 105 Abs. 1 BGG; vorne E. 1.5), erbrachte die Steuerpflichtige im Dezember 2019 Umsätze von Fr. 732'541.-- (Sachverhalt, lit. B), die sie erst nach dem Bilanzstichtag in Rechnung stellte. Sie aktivierte diese Leistungen mit ihren jeweiligen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten und brachte den Warendrittel zum Abzug (Sachverhalt, lit. A). Mit der Veranlagungsbehörde ist die Vorinstanz der Ansicht, dass die abgeschlossenen, aber noch nicht fakturierten Lieferungen und Leistungen mit ihrem Verkaufspreis zu bewerten gewesen wären (Sachverhalt, lit. D).
3.2.
3.2.1. Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen wäre eine Aktivierung zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zutreffend, soweit es sich bei den streitbetroffenen Lieferungen und Leistungen um Vorräte handeln würde (vorne E. 2.3.3). Die Vorinstanz hat hierzu festgehalten, dass von "Teilleistungen mit klar vordefiniertem und separat abrechenbarem Umfang" zu sprechen sei. Zivilrechtlich lägen keine werkvertraglichen Leistungen, sondern "separat und sofort abrechenbare Transportaufträge und Standardmateriallieferungen auf Abruf" vor, die kurzfristig hätten bestellt und erbracht werden können (Sachverhalt, lit. D). Im einzelnen handelte es sich um die Lieferung von Kies und Frischbeton, Transport-, Aushub- und Entsorgungsleistungen, die zu festen Kubikmeter- und Fuhrpreisen erbracht wurden (Sachverhalt, lit. A).
3.2.2. Die beweiswürdigende Einschätzung der Vorinstanz, wonach die Lieferung von "Standardmaterial" und die Leistung von Transporten als "sofort abrechenbar" zu gelten hätten, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Art. 105 Abs. 1 BGG; vorne E. 1.5), zumal keine Vorhalte ersichtlich sind, mit welchen die Steuerpflichtige der sie insofern treffenden qualifizierten Rüge- und Begründungsobliegenheit genügen könnte (Art. 106 Abs. 2 BGG; vorne E. 1.4). Die Steuerpflichtige zeigt nicht auf, dass und inwiefern sie insofern in verfassungsmässigen Individualrechten verletzt sein könnte. Mit Blick auf die beschriebenen Geschäftsvorfälle darf es als allgemein notorisch gelten, dass die Lieferung oder Leistung unmittelbar mit der Vornahme der vertraglich geschuldeten Leistung abgeschlossen ist. Die Leistungen haben damit als erbracht zu gelten.
3.2.3. Nichts daran ändert, dass die Steuerpflichtige in ständiger Praxis ihre Lieferungen und Leistungen erst im Folgemonat fakturiert. Dieser Umstand berührt zwar den Geldfluss, nicht aber den Zeitpunkt, in welchem die Gegenleistung geschuldet ist. Von allgemeinem Schuldrechts wegen stünde nichts im Weg, die Lieferung oder Leistung unmittelbar in Rechnung zu stellen (Art. 82 OR; BGE 127 III 199 E. 3a; 111 II 463 E. 3). Wartet die leistende Person (hier: die Steuerpflichtige) mit der Fakturierung zu, bleibt die leistungsempfangende Partei zur Gegenleistung - wenn auch aufgeschoben - verpflichtet.
3.2.4. Die streitbetroffenen Lieferungen und Leistungen sind damit am Bilanzstichtag als erbracht und die Gegenleistungen als geschuldet zu betrachten. Dies steht einer Verbuchung als "Angefangene Arbeiten" und zu Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, je unter Abzug des Warendrittels (Sachverhalt, lit. A), entgegen. Hätte die Steuerpflichtige die Rechnungen bereits erstellt gehabt, wäre ausser Frage, dass der volle Rechnungsbetrag zu verbuchen gewesen wäre. Der Umstand, dass einzig noch die Rechnungsstellung aussteht, kann an der Höhe der Bewertung für sich alleine nichts ändern. Massgebend ist, dass der Anspruch auf die Gegenleistung entstanden ist. Die Gegenleistung erstreckt sich auf die jeweiligen Einzelkosten, die damit zusammenhängenden Gemeinkosten und den Gewinnzuschlag. Dieser Betrag ist am Bilanzstichtag als antizipatives Aktivum einzubuchen (vorne E. 2.3.4). Die Ausnahmeregel von Art. 958b Abs. 2 OR 2011 (auch dazu vorne E. 2.3.4) greift nicht. Nach den verbindlichen Feststellungen erbrachte die Steuerpflichtige alleine im Dezember 2019 Umsätze von Fr. 732'541.-- (Sachverhalt, lit. B), womit der Grenzbetrag von Fr.100'000.-- überschritten ist.
3.2.5. Entgegen der Annahme der Steuerpflichtigen begründet die Würdigung als antizipatives Aktivum keinen Verstoss gegen das Imparitätsprinzip. Nach dem Vorsichtsprinzip (Art. 958c Abs. 1 Ziff. 5 bzw. Art. 960 Abs. 2 OR 2011), dem das Imparitätsprinzip innewohnt, dürfen Erträge erst ausgewiesen werden, sobald sie feststehen oder realisiert sind (Urteil 2C_404/2013 vom 2. Mai 2014 E. 3.3.4). Im vorliegenden Fall war diese Bedingung am Bilanzstichtag erfüllt. Die streitbetroffenen Erträge waren realisiert. Die Steuerpflichtige beansprucht für sich, ihre Buchhaltung stetig, vollständig, klar geführt zu haben. Zudem liege das Testat der Revisionsstelle vor. Ihr ist im letztgenannten Punkt entgegenzuhalten, dass die Revisionsstelle eine eingeschränkte Revision ("Review") vorzunehmen hatte (Art. 727a OR). Eine solche beschränkt sich auf Befragungen, analytische Prüfungshandlungen und angemessene Detailprüfungen. Die Geschäftsführung des Verwaltungsrats ist nicht Gegenstand der Prüfung durch die Revisionsstelle ( Art. 729a Abs. 2 und 3 OR ). Selbst wenn es sich so verhalten haben sollte, dass die Revisionsstelle den streitbetroffenen Punkt geprüft und für unbedenklich gehalten haben sollte, vermöchte dies die gesetzliche Ordnung nicht zurückzudrängen. Etwaiges Fehlverhalten ihrer Hilfspersonen hat die Steuerpflichtige zu vertreten (ausführlich dazu Urteil 2C_189/2022 vom 8. März 2022 E. 3.2.4). Eine Missbrauchsabsicht ist dabei nicht erforderlich.
3.3.
3.3.1. Die Steuerpflichtige scheint schliesslich dartun zu wollen, dass das Steuerrecht und das Handelsrecht in der streitbetroffenen Frage zu unterschiedlichen Antworten führten. Dies trifft unter den gegebenen Umständen nicht zu: Ausgehend vom Massgeblichkeitsprinzip (vorne E. 2.1), ist festzuhalten, dass das Steuerrecht dem handelsrechtlichen "Soll-Prinzip" folgt. Eine abgaberechtliche Sondervorschrift, die zum "Ist-Prinzip" zu führen hätte, vermag auch die Steuerpflichtige nicht aufzuzeigen.
3.3.2. Mithin ist es von Bundesrechts wegen nicht zu beanstanden, dass die Veranlagungsbehörde eine Aufrechnung von Fr. 291'914.-- ("Rückstellung angefangene Arbeiten - verkaufte Ware") vornahm. In Übereinstimmung mit der bundesgerichtlichen Praxis hat sie gleichzeitig die Steuerrückstellung angepasst (BGE 143 II 674 E. 3.4.2; 141 II 83 E. 5). Ihr Vorgehen entspricht in allen Teilen dem Bundesrecht, was die Vorinstanz im Ergebnis zutreffend festgehalten hat. Die Beschwerde ist, soweit die direkte Bundessteuer betreffend, unbegründet und daher abzuweisen.
III. Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau
4.
Dem harmonisierten Steuerrecht von Kantonen und Gemeinden lassen sich im hier interessierenden Bereich keinerlei Abweichungen von der direkten Bundessteuer entnehmen. In der Folge hat der Kanton Thurgau die harmonisierungsrechtlichen Vorgaben in sein Gesetz vom 14. September 1992 über die Staats- und Gemeindesteuern (StG/TG; RB 640.1) überführt. Es kann damit uneingeschränkt auf die Darlegungen zur direkten Bundessteuer verwiesen werden. Die Beschwerde ist auch insofern unbegründet und daher abzuweisen.
IV. Kosten und Entschädigungen
5.
Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Steuerpflichtigen aufzuerlegen (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG ). Dem Kanton Thurgau, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, ist keine Entschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer wird abgewiesen.
2.
Die Beschwerde betreffend die Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau wird abgewiesen.
3.
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 3'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung mitgeteilt.
Lausanne, 13. September 2022
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Der Gerichtsschreiber: Kocher