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[AZA 7] 
H 210/01 Vr 
 
I. Kammer 
 
Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter 
Meyer, Kernen und Ursprung; Gerichtsschreiberin Helfenstein 
Franke 
 
Urteil vom 13. November 2001 
 
in Sachen 
A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Peter Niggli, Eichwaldstrasse 7, 6005 Luzern, 
 
gegen 
Ausgleichskasse Luzern, Würzenbachstrasse 8, 6006 Luzern, Beschwerdegegnerin, 
und 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern 
 
A.- Der Sport-Club X.________ wurde 1965 als Verein mit Sitz in Y.________ gegründet und war nicht im Handelsregister eingetragen. A.________ wurde an der Generalversammlung vom 22. Juni 1995 als Finanzchef in den Ausschuss des Vereins gewählt. Der Ausgleichskasse Luzern (nachfolgend: 
Ausgleichskasse), welcher der Verein seit 1983 als abrechnungspflichtiger Arbeitgeber angeschlossen war, wurden am 8. April sowie 25. Juni 1998 diverse Pfändungsverlustscheine ausgestellt. 
Mit Verfügungen vom 5. März 1999 verpflichtete die Ausgleichskasse Luzern sechs Personen in solidarischer Haftbarkeit zur Leistung von Schadenersatz gemäss Art. 52 AHVG für entgangene Sozialversicherungsbeiträge (einschliesslich Verwaltungskostenbeiträge, Verzugszinsen, Mahngebühren und Betreibungskosten): M.________ und R.________ in der Höhe von jeweils Fr. 66'676. 70; A.________, K.________ und O.________ im Betrag von Fr. 63'090. 80 sowie B.________ in der Höhe von Fr. 30'141. 90. Die Betroffenen erhoben hiegegen Einspruch, A.________ am 31. März 1999. 
 
B.- Die von der Ausgleichskasse gegen A.________ am 22. April 1999 im verfügten Umfang eingereichte Klage hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 20. April 2001 gut und verpflichtete A.________ zur Bezahlung von Schadenersatz in der Höhe von Fr. 63'090. 80. 
 
 
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt A.________ beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Klage sei abzuweisen. 
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann nur so weit eingetreten werden, als die Schadenersatzforderung kraft Bundesrechts streitig ist. Im vorliegenden Verfahren ist deshalb auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in dem Umfang nicht einzutreten, als sie sich gegen die Schadenersatzforderung für entgangene Beiträge an die kantonale Familienausgleichskasse richtet (vgl. BGE 119 V 80 Erw. 1b, 118 V 69 Erw. 1b mit Hinweis). 
b) Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
 
2.- Die Vorinstanz hat die in materiellrechtlicher Hinsicht massgebenden Normen (Art. 52 AHVG, Art. 14 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Art. 34 ff. AHVV) und die Rechtsprechung zur subsidiären Haftbarkeit der Organe (BGE 114 V 220 mit Hinweisen), zur Haftungsvoraussetzung des qualifizierten Verschuldens (BGE 108 V 186 Erw. 1b, 193 Erw. 2b) sowie bezüglich dem dabei zu berücksichtigenden - differenzierten - Sorgfaltsmassstab (BGE 108 V 202 Erw. 3a; vgl. auch Thomas Nussbaumer, Die Haftung des Verwaltungsrates nach Art. 52 AHVG, in: AJP 9/96, S. 1081) zutreffend wiedergegeben. 
Darauf wird verwiesen. 
 
3.- Wie das kantonale Gericht verbindlich festgestellt hat (vgl. Erw. 1b hievor), lieferte der Verein die an sich quartalsweise auf Grund einer Pauschale zu leistenden paritätischen Sozialversicherungsbeiträge wiederholt verspätet ab, musste gemahnt, betrieben und gepfändet werden. Die Beiträge der Jahresabrechnung 1994 und des 1. Quartals 1996 über insgesamt Fr. 41'187. 20 wurden erst auf Grund eines Tilgungsplans im April 1997 vollständig beglichen. Die Beiträge der Pauschalrechnungen für das 2., 3. und 4. Quartal 1996 sowie das 1. Quartal 1997 wie auch der Jahresabrechnungen 1995 und 1996 blieben gänzlich unbezahlt. Damit verstiess der Verein während längerer Zeit gegen die Beitragszahlungs- und Abrechnungspflicht und missachtete Vorschriften im Sinne von Art. 52 AHVG. Das kantonale Gericht hat mit sorgfältiger und überzeugender Begründung, auf die verwiesen wird, dargelegt, dass dieses Verschulden des Vereins als Arbeitgeber dem Beschwerdeführer als grobfahrlässiges Verhalten angerechnet werden muss. 
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nichts vorgebracht, was die tatsächlichen Feststellungen als mangelhaft im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG oder die rechtliche Würdigung als bundesrechtswidrig erscheinen liesse. 
 
a) Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, die Vorinstanz verkenne die Besonderheiten des Vereinsrechts, vor allem seine ideelle, nicht gewinnorientierte Zielsetzung und die ehrenamtliche Tätigkeit des Vorstandes, was zu einer weniger strengen Haftung führen müsse, als diese für die Organe von Aktiengesellschaften gelte. 
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers besteht keine Veranlassung, bei einem Verein eine weniger strenge Haftung anzuwenden. So kann es keine Rolle spielen, ob der Verein gewinnorientiert ist oder nicht; eine ideelle Zielsetzung ändert nichts daran, dass auf ausbezahlten Löhnen Sozialversicherungsbeiträge abgerechnet und bezahlt werden müssen und die Verantwortlichen für eine allfällige Nichtablieferung dieser Beiträge einzustehen haben. Insbesondere kann Ehrenamtlichkeit des Vorstandes nicht zu einer Entlastung der Organe führen. Ehrenamtlichkeit bedeutet einzig, dass für die zu Gunsten des Vereins erbrachten Leistungen keine Entschädigung beansprucht wird. Mit der Übernahme eines Ehrenamtes unterwirft sich indessen der Mandatsträger den statutarischen Pflichten. Die Ehrenamtlichkeit führt nicht dazu, dass diese Pflichten weniger sorgfältig wahrgenommen werden dürfen. Die in Art. 52 AHVG konstituierte Arbeitgeberhaftung und die damit verbundene Organhaftung unterscheidet nicht nach der Rechtsform des Arbeitgebers (vgl. hiezu auch BGE 114 V 220, wonach die öffentlich-rechtliche Abrechnungs- und Beitragspflicht nicht nur eine Aufgabe der juristischen Person ist, sondern ebenso sehr und unmittelbar jener natürlichen Personen, welche für sie in massgeblicher Weise tätig sind und ihre Willensbildung massgeblich beeinflussen). So hat denn das Eidgenössische Versicherungsgericht bereits entschieden, dass der Organhaftung gemäss Art. 52 AHVG auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung (BGE 126 V 237) und Stiftungen unterstehen (Urteil F. vom 30. Juli 2001, H 14/00). 
 
b) Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er sei nur bis zum 27. Februar 1997 verantwortlicher Finanzchef gewesen, kann er nicht gehört werden. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (vgl. Erw. 1b hievor) erfolgte sein Rücktritt frühestens auf die nächstfolgende Vorstandssitzung, zudem war er noch zumindest bis Mitte April tatsächlich als Finanzchef tätig. So hat er die Jahresabrechnungen 1996/97 ausgearbeitet und im März 1997 noch an einer Vorstandssitzung teilgenommen, anlässlich welcher er gemäss Protokoll vom 12. März 1997 für verschiedene Massnahmen im Finanzbereich als Verantwortlicher angegeben wurde. 
 
c) Der Beschwerdeführer kann sich auch nicht damit entlasten, dass er auf die Vereinsführung keinen Einfluss habe nehmen können und deshalb für die Ausstände nicht verantwortlich sei. Ihm war die missliche wirtschaftliche Situation des Vereins bei seinem Amtsantritt bekannt, wie das bereits aus seinem Schreiben an die Ausgleichskasse vom 4. Oktober 1995 hervorgeht. Gemäss dem ausführlichen Pflichtenheft war ihm die Verantwortung im Finanzbereich übertragen (siehe dazu auch Erw. 3b hievor). Dieser Verantwortung ist er nicht nachgekommen, indem die Ausstände offen blieben. Gründe für eine Exkulpation liegen somit nicht vor. 
 
 
d) Schliesslich ist der Ausgleichskasse kein Vorwurf zu machen, dass sie darauf verzichtet hat, die Spieleinnahmen mit einem Arrest zu belegen. Diesbezüglich kann auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden. 
Ein Mitverschulden der Ausgleichskasse, das zu einer Herabsetzung der Schadenersatzpflicht führen würde, könnte nach der Rechtsprechung (BGE 122 V 189 Erw. 3c; SVR 2000 AHV Nr. 16 S. 50 Erw. 7a) nur bei einer groben Pflichtverletzung durch die Verwaltung angenommen werden, so bei Missachtung elementarer Vorschriften der Beitragsveranlagung und des Beitragsbezugs, etwa durch lange Untätigkeit beim Beitragsinkasso. Davon kann indes vorliegend nicht die Rede sein, nachdem die Beschwerdegegnerin den Verein nicht nur regelmässig mahnte und betrieb, sondern auch mehrere Pfändungsbegehren stellte. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit 
darauf einzutreten ist. 
 
II.Die Gerichtskosten von Fr. 4000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Sie sind durch den geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 4000.- gedeckt. 
 
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Abgaberechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
 
Luzern, 13. November 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Vorsitzende der I. Kammer: 
 
Die Gerichtsschreiberin: