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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_627/2024  
 
 
Urteil vom 13. Dezember 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hänni, präsidierendes Mitglied, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Schroff, 
 
gegen  
 
1. Migrationsamt des Kantons Thurgau, 
Multiplex 1, Langfeldstrasse 53a, 8510 Frauenfeld, 
2. Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau, Generalsekretariat, Regierungsgebäude, 8510 Frauenfeld, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Ausweisungsentscheid sowie Einreiseverbot infolge Landesverweisung; vorsorgliche Massnahmen, 
 
Beschwerde gegen das Schreiben des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau 
vom 11. November 2024 (VG.2024.112). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1979), portugiesischer Staatsangehöriger, war seit dem 18. Februar 2010 im Besitz einer Niederlassungsbewilligung EU/EFTA, deren Kontrollfrist zuletzt bis 15. Februar 2025 verlängert worden war.  
Mit Entscheid vom 28. November 2019 verurteilte ihn das Bezirksgericht Weinfelden wegen mehrfacher Vergewaltigung, mehrfacher sexueller Nötigung und Fahrens in fahrunfähigem Zustand zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je Fr. 30.--, sowie einer Busse von Fr. 600.--. Dieser Entscheid wurde vom Obergericht des Kantons Thurgau (Urteil vom 9. Juli 2020) und vom Bundesgericht (Urteile 6B_1105/2020 und 6B_1108/2020 vom 13. Oktober 2021) bestätigt. 
 
1.2. Am 22. November 2022 verfügte das Migrationsamt des Kantons Thurgau den Widerruf der Niederlassungsbewilligung von A.________ und wies diesen an, die Schweiz innert 90 Tagen nach Rechtskraft des Entscheids zu verlassen. Einen gegen diese Verfügung erhobenen Rekurs wies das Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 6. März 2023 ab. Hiergegen gelangte A.________ mit Beschwerde vom 13. April 2023 an das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und ersuchte unter anderem um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und um Bewilligung eines unentgeltlichen Anwalts.  
Mit Zwischenentscheid vom 18. Juli 2023 wies das Verwaltungsgericht das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Bewilligung eines unentgeltlichen Rechtsanwalts ab und forderte A.________ - unter Androhung des Nichteintretens - auf, innert 20-tägiger Frist ab Rechtskraft des Entscheids einen Kostenvorschuss zu bezahlen. 
Eine gegen diesen Zwischenentscheid erhobene Beschwerde von A.________ wies das Bundesgericht mit Urteil 2C_412/2023 vom 22. Dezember 2023 ab. 
Mit Urteil 2F_2/2024 vom 6. Februar 2024 wies das Bundesgericht ein Revisionsgesuch von A.________ gegen das Urteil 2C_412/2023 vom 22. Dezember 2023 ab, soweit es darauf eintrat. Auf ein weiteres, gegen das Urteil 2F_2/2024 vom 6. Februar 2024 gerichtetes Revisionsgesuch von A.________ trat das Bundesgericht mit Urteil 2F_5/2024 vom 16. Mai 2024 nicht ein. 
 
1.3. Am 18. Juni 2024 setzte der verfahrensleitende Vizepräsident des Verwaltungsgerichts A.________ eine nicht erstreckbare Frist bis 12. Juli 2024 zur Leistung des mit Zwischenentscheid vom 18. Juli 2023 einverlangten Kostenvorschusses an.  
Mit Entscheid vom 28. August 2024 trat das Verwaltungsgericht auf die Beschwerde vom 13. April 2023 wegen Nichtleistung des Kostenvorschusses androhungsgemäss nicht ein (Verfahren VG.2023.39/E). 
Auf eine dagegen erhobene Beschwerde von A.________ trat das Bundesgericht mit Urteil 2C_481/2024 vom 8. Oktober 2024 mangels rechtsgenügender Begründung nicht ein. 
 
1.4. Am 2. Oktober 2024 stellte A.________ beim Verwaltungsgericht ein Revisionsgesuch gegen den Entscheid vom 28. August 2024 (Verfahren VG.2023.39/E). In diesem Rahmen ersuchte A.________ mit Eingabe vom 7. November 2024 um vorsorgliche Massnahmen. Konkret beantragte er, es seien zwei Verfügungen des Migrationsamts vom 23. Oktober 2024 betreffend seine Ausweisung sowie die Anordnung eines Einreiseverbots superprovisorisch und mit sofortiger Wirkung aufzuheben. Mit Schreiben vom 11. November 2024 teilte der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts A.________ mit, dass er seinen Antrag abweise.  
 
1.5. A.________ gelangt mit Eingabe vom 10. Dezember 2024 an das Bundesgericht und beantragt, es sei der Entscheid vom 11. November 2024 aufzuheben und es sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Prozessual beantragt er, es sei der Beschwerde superprovisorisch die aufschiebende Wirkung bezüglich Ausweisung sowie Einreiseverbot zu erteilen.  
Es wurden keine Instruktionsmassnahmen angeordnet. 
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist namentlich zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen (Art. 86 lit. d BGG). Ob das vorliegend angefochtene Schreiben des Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts vom 11. November 2024 materiell einen Entscheid bzw. eine Verfügung und somit ein gültiges Anfechtungsobjekt darstellt, kann offenbleiben (zum Verfügungsbegriff vgl. u.a. BGE 143 II 268 E. 4.2.1; 141 II 233 E. 3.1; 139 V 143 E. 1.2). Denn selbst wenn der Verfügungscharakter zu bejahen wäre, könnte auf die Beschwerde aus den nachfolgenden Gründen nicht eingetreten werden.  
 
2.2. Mit dem angefochtenen Schreiben vom 11. November 2024 teilte der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts dem Beschwerdeführer unter anderem mit, dass sein Antrag um Anordnung vorsorglicher Massnahmen mit superprovisorischer Wirkung in einem vor dem Verwaltungsgericht hängigen Revisionsverfahren abzuweisen sei. Selbst wenn von einer Verfügung auszugehen wäre, läge einzig ein Zwischenentscheid über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 93 BGG vor, wobei angesichts des Verfahrensausgangs offenbleiben kann, ob in der Hauptsache die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit Blick auf Art. 83 lit. c BGG zulässig wäre (zum Rechtsweg bei Zwischenentscheiden vgl. BGE 137 III 380 E. 1.1; Urteile 2C_477/2021 vom 24. Juni 2021 E. 1.2; 2C_1062/2020 vom 25. März 2021 E. 1.1).  
 
2.3. Gegen selbständig eröffnete Zwischenentscheide, die weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen (Art. 92 BGG), ist die Beschwerde - abgesehen vom hier nicht massgebenden Fall gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG - nur zulässig, wenn der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (vgl. Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG), welcher grundsätzlich rechtlicher Natur sein muss (BGE 143 III 416 E. 1.3; 141 III 80 E. 1.2; Urteil 2C_310/2024 vom 24. Juni 2024 E. 2.4). Dass im konkreten Fall ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht, ist in der Beschwerdebegründung aufzuzeigen, soweit ein solcher nicht ohne Weiteres ins Auge springt. Andernfalls ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (BGE 144 III 475 E. 1.2; 142 III 798 E. 2.2; 141 III 80 E. 1.2).  
Im Schreiben des Migrationsamts vom 23. Oktober 2024 mit dem Betreff "Rechtliches Gehör zur Anordnung eines Einreiseverbots" wurde dem Beschwerdeführer lediglich die Möglichkeit eingeräumt, sich zur Absicht des Migrationsamts zu äussern, beim Staatssekretariat für Migration (SEM) einen Antrag auf ein langjähriges Einreiseverbot zu stellen. Ein Entscheid in der Sache ist noch nicht ergangen. Es ist somit nicht ersichtlich und es wird vom Beschwerdeführer nicht dargetan, inwiefern ihm daraus ein nicht wiedergutzumachender Nachteil droht, sodass auf die Beschwerde in diesem Punkt bereits aus diesem Grund nicht einzutreten ist. 
Mit dem zweiten Schreiben des Migrationsamts vom 23. Oktober 2024 mit dem Betreff "Pflicht zur Ausreise" wurde dem Beschwerdeführer eine am 6. Januar 2024 ablaufende Frist angesetzt, um die Schweiz zu verlassen. Ob dieses Schreiben geeignet sei, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zu bewirken, so insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers rechtskräftig widerrufen wurde, kann mit Blick auf die nachfolgenden Erwägungen offen bleiben. 
 
2.4. Mit der Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 98 BGG; vgl. BGE 147 II 44 E. 1.2; Urteil 2C_490/2020 vom 23. November 2020 E. 1.3). Das Bundesgericht prüft Rügen wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte nur insofern, als sie in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden sind (qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht; vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.1; 146 III 303 E. 2; 142 III 364 E. 2.4; 135 III 232 E. 1.2).  
 
2.5. In seiner Eingabe an das Bundesgericht beschränkt sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen darauf, den Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts auf seine Beschwerde gegen den Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung sowie seine strafrechtliche Verurteilung, u.a. wegen mehrfacher Vergewaltigung, zu beanstanden bzw. darzulegen, weshalb der Widerruf der Niederlassungsbewilligung aus seiner Sicht Recht verletze. Diese Entscheide sind jedoch rechtskräftig und können im Rahmen des vorliegenden Verfahrens, bei welchem es einzig um die Anordnung vorsorglicher Massnahmen (mit superprovisorischer Wirkung) in einem bei der Vorinstanz hängigen Revisionsverfahren geht, nicht mehr infrage gestellt werden.  
Soweit der Beschwerdeführer überhaupt Verletzungen verfassungsmässiger Rechte (Art. 29 Abs. 2 und Abs. 3 BV sowie Art. 8 Ziff. 1 EMRK) geltend macht, ist gestützt auf seine Ausführungen davon auszugehen, dass sich diese Rügen nicht auf das vorliegend angefochtene Schreiben betreffend vorsorgliche Massnahmen beziehen, sondern auf den Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung bzw. auf den in diesem Zusammenhang ergangenen Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts. Inwiefern das vorliegend angefochtene Schreiben verfassungsmässige Rechte verletzen soll, wird nicht konkret dargetan. Insbesondere zeigt der Beschwerdeführer nicht substanziiert auf, dass die Vorinstanz wesentliche Interessen ausser Acht gelassen oder offensichtlich falsch bewertet hätte bzw. dass die von ihr vorgenommene Interessenabwägung jeglicher vernünftiger Grundlage entbehren würde (vgl. auch Urteil 2C_517/2024 vom 24. Oktober 2024 E. 4.2 mit Hinweisen). Die Eingabe entbehrt einer hinreichenden Begründung (Art. 98 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
3.  
 
3.1. Auf die offensichtlich unbegründete Beschwerde ist mit Entscheid des präsidierenden Mitglieds der Abteilung als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. b) nicht einzutreten. Damit werden die Anträge um Anordnung vorsorglicher Massnahmen (mit superprovisorischer Wirkung) gegenstandslos.  
 
3.2. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt umständehalber reduzierte Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 13. Dezember 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: J. Hänni 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov