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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_597/2007/ble 
 
Urteil vom 14. Februar 2008 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Karlen, 
Gerichtsschreiber Klopfenstein. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Werner Greiner, 
 
gegen 
 
Einwohnerdienste, Migration und Fremdenpolizei 
der Stadt Bern, 
Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 21. September 2007. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der aus Bangladesh stammende X.________ (geb. 1975) reiste am 24. Juni 2002 in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch. Am 2. Juni 2003 heiratete er die in Bern wohnhafte Schweizer Bürgerin Y.________ (geb. 1964), erhielt eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei ihr und zog in der Folge sein Asylgesuch zurück. Bis im Mai 2004 wohnten die Eheleute offiziell gemeinsam am Domizil der Ehefrau an der E.________-Strasse in Bern, doch hielt sich X.________ zur Ausübung seiner Erwerbstätigkeit (Küchengehilfe im Restaurant R.________) bereits damals vorwiegend in Zürich auf. Dort verblieb er auch, nachdem seine Frau polizeilich aus ihrer Wohnung ausgewiesen worden war und später ein anderes Domizil am F.________-Weg in Bern bezog. 
 
B. 
Mit Verfügung vom 19. September 2005 genehmigte der Gerichtspräsident 5 des Gerichtskreises VIII Bern-Laupen die am 25. Mai 2004/16. September 2005 abgeschlossene Trennungsvereinbarung, wonach die Eheleute u.a. feststellen, dass ihr gemeinsamer Haushalt seit Ende Mai 2004 aufgehoben sei. Die Eheleute gaben in diesem Zusammenhang an (nachfolgende Zitate aus den Vorakten), "schwierige soziale, gesundheitliche und finanzielle Umstände" hätten sie "zu diesem Schritt gezwungen". So machte die Ehefrau geltend, "wenn wir jetzt zusammenwohnen würden, verlöre ich die in Aussicht gestellten Ergänzungsleistungen". 
Ab 1. Juli 2006 mietete der Ehemann ein möbliertes Zimmer in einer Drei-Zimmerwohnung am G.________-Weg in Bern. Dort muss er sich jeweils telefonisch bei der Vermieterin anmelden, weil er keinen Wohnungsschlüssel besitzt. In Zürich wohnt er in einem Personalhaus. Seine gesundheitlich angeschlagene Ehefrau, welche eine Teilrente der Invalidenversicherung bezieht und gemäss eigenen Angaben ein "ehemaliges Drogenproblem" hat, besucht er nach eigenen Angaben in Bern "vielleicht so einmal pro Woche, einmal alle zwei Wochen". Übernachten kann er am F.________-Weg nur heimlich, weil dies "wegen der Vermieterin (...) nicht so gerne gesehen" wird. Bei ihren Treffen in Bern oder auch im Personalhaus in Zürich kochen und essen die beiden zusammen bzw. hören Musik. 
 
C. 
Mit Verfügung vom 1. Juni 2005 wiesen die Einwohnerdienste der Stadt Bern (Migration und Fremdenpolizei) das von X.________ am 15. November 2004 gestellte Gesuch um Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung ab, im Wesentlichen mit der Begründung, die Ehegatten hätten nur sehr kurze Zeit ein gemeinsames Domizil gehabt, lebten seit längerem ohne nennenswerten Kontakt getrennt und unternähmen keine erkennbaren aktiven Schritte zu einer Wiedervereinigung, so dass an der inhaltslosen Ehe bloss aus aufenthaltsrechtlichen Zwecken festgehalten werde. Die Aufenthaltsbewilligung sei aus diesem Grund nicht mehr zu verlängern. 
Eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde bei der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern blieb erfolglos, und am 21. September 2007 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern die gegen den Direktionsentscheid vom 29. Januar 2007 gerichtete Beschwerde ebenfalls ab. Die Ausreisefrist wurde dabei auf den 15. November 2007 angesetzt (Ziff. 2 des Urteilsdispositivs). 
 
D. 
Mit Eingabe vom 25. Oktober 2007 führt X.________ beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 21. September 2007 aufzuheben und die Einwohnergemeinde Bern anzuweisen, ihm - dem Beschwerdeführer - die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. Gleichzeitig wird um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung sowie um vorsorgliche Massnahmen (Gewährung der aufschiebenden Wirkung) ersucht. 
Die Einwohnerdienste der Stadt Bern beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Denselben Antrag stellen das Verwaltungsgericht des Kantons Bern und das Bundesamt für Migration. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auf dem Gebiet des Ausländerrechts unzulässig gegen Entscheide betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. 
 
1.2 Zwar ist am 1. Januar 2008 das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG, SR 142.20) in Kraft getreten, doch bestimmt dessen Art. 126 Abs. 1, dass auf Gesuche, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingereicht worden sind, noch das bisherige Recht anwendbar bleibt. Das streitige Gesuch wurde vor Inkrafttreten des Ausländergesetzes gestellt und beurteilt sich daher noch nach dem inzwischen aufgehobenen Bundesgesetz vom 26. Mai 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) und seinen Ausführungserlassen. 
 
1.3 Da der Beschwerdeführer formell mit einer Schweizer Bürgerin verheiratet ist, hat er gestützt auf Art. 7 Abs. 1 ANAG einen grundsätzlichen Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist daher zulässig und der Beschwerdeführer hierzu legitimiert (Art. 89 BGG). 
 
1.4 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). 
 
2. 
2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 2 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers keinen Anspruch auf Erteilung der ihm nach Absatz 1 grundsätzlich zustehenden Bewilligung, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern und namentlich jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen. Erfasst wird davon die sog. Scheinehe bzw. Ausländerrechtsehe, bei der die Ehegatten von vornherein keine echte eheliche Gemeinschaft beabsichtigen (BGE 128 II 145 E. 2.1 S. 151; 127 II 49 E. 4a S. 55, mit Hinweisen). Auch wenn die Ehe nicht bloss zum Schein eingegangen worden ist, heisst dies nicht zwingend, dass dem ausländischen Ehepartner der Aufenthalt bzw. die Niederlassung ungeachtet der weiteren Entwicklung gestattet werden muss. Zu prüfen ist diesfalls, ob sich die Berufung auf die Ehe nicht anderweitig als rechtsmissbräuchlich erweist (BGE 127 II 49 E. 5a S. 56, mit Hinweisen). 
 
2.2 Rechtsmissbrauch im Zusammenhang mit Art. 7 ANAG liegt vor, wenn der Ausländer sich im Verfahren um Erteilung einer fremdenpolizeilichen Anwesenheitsbewilligung auf eine Ehe beruft, welche nur (noch) formell und ohne Aussicht auf Aufnahme bzw. Wiederaufnahme einer ehelichen Gemeinschaft besteht (BGE 128 II 145 E. 2.2 S. 151 mit Hinweisen). Ein Rechtsmissbrauch darf aber nicht leichthin angenommen werden, namentlich nicht schon deshalb, weil die Ehegatten nicht mehr zusammenleben oder ein Eheschutz- oder Scheidungsverfahren eingeleitet worden ist. Gerade weil der ausländische Ehegatte nicht der Willkür des schweizerischen ausgeliefert sein soll, hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung vom ehelichen Zusammenleben abhängig zu machen (ausführlich: BGE 118 Ib 145 E. 3 S. 149 ff.; anders die heutige Rechtslage, vgl. Art. 42 AuG). Erforderlich sind klare Hinweise darauf, dass die Führung einer Lebensgemeinschaft nicht mehr beabsichtigt und nicht mehr zu erwarten ist (BGE 127 II 49 E. 5a S. 56 f. mit Hinweisen). 
 
3. 
3.1 Das Verwaltungsgericht erwog, zwar würde bei einem Zusammenleben der Ehegatten in der Tat die Anspruchsberechtigung der Ehefrau auf Ergänzungsleistungen teilweise entfallen. Die Absicht, eine wirtschaftliche Besserstellung zu erreichen, erscheine daher zumindest auf den ersten Blick als plausibler Grund für das Führen von zwei Haushalten bzw. für den Abschluss einer Trennungsvereinbarung. So könne nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Ehegatten trotz ihrer Wohnsituation eine echte und intakte Lebensgemeinschaft bildeten. Jedoch verhielten sich die Eheleute widersprüchlich, wenn sie sich für den Bezug von Ergänzungsleistungen auf die gerichtlich genehmigte Trennungsvereinbarung berufen würden, im ausländerrechtlichen Verfahren aber geltend machten, sie führten eine intakte Ehe. Das Verwaltungsgericht stellte sodann fest, das Zimmer am G.________-Weg diene dem Beschwerdeführer lediglich hin und wieder als Übernachtungsmöglichkeit. Die Wohnung am F.________-Weg werde ausschliesslich von der Ehefrau benutzt, wobei Besuche und das Übernachten des Ehemannes kaum bzw. nur erschwert möglich seien. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb beide Ehegatten Unterkünfte bewohnten, in welchen Besuche des anderen Ehegatten ausgeschlossen bzw. nur im Versteckten möglich seien. Angesichts der behaupteten Liebesbeziehung wäre zu erwarten, dass "zumindest sie oder er eine Wohnung bezieht, in welcher eine Beziehung in der arbeitsfreien Zeit des Beschwerdeführers tatsächlich gelebt werden kann" (S. 11 des angefochtenen Entscheides). Weil entsprechende Vorkehren weder geltend gemacht geschweige denn belegt würden, habe schon die Vorinstanz rechtsfehlerfrei schliessen dürfen, dass die Eheleute spätestens seit Mai 2004 keine eheliche Gemeinschaft mehr führten. Dies werde durch weitere Indizien noch untermauert: So fehlten Kenntnisse des Ehemannes über die Vergangenheit und das Umfeld der Ehefrau; diese seinerseits sei auch über die Wohnverhältnisse ihres Mannes in Zürich nicht im Bild. In Würdigung aller Umstände sei davon auszugehen, dass vorliegend keine Beziehung in Frage stehe, wie sie zwischen Ehegatten geführt werde. Selbst eine gemeinsame Wohnung würde unter den gegebenen Verhältnissen daran nichts ändern. 
 
3.2 Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was diese tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts und die von ihm daraus gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen in Frage stellen könnte: Vorliegend bestehen gewichtige Indizien dafür, dass es dem Beschwerdeführer schon bei der im Jahre 2003 eingegangenen Ehe in erster Linie um die Erwirkung einer Aufenthaltsbewilligung ging und nicht um die Begründung einer echten, auf Dauer ausgerichteten Lebensgemeinschaft. Besonders zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang sein damals hängiges Asylgesuch sowie der erhebliche Altersunterschied und die Drogensucht bzw. Krankheit der Ehefrau. Die Ehegatten haben ihren gemeinsamen Haushalt bezeichnenderweise schon nach knapp einem Jahr aufgegeben und sind seit dem Jahre 2005 auch gerichtlich getrennt. Die eheliche Gemeinschaft dauerte gemäss der verbindlichen Feststellung des Verwaltungsgerichts (E. 1.4) nur gerade ein Jahr. Seither beschränken sich die Beziehungen der Ehegatten auf gelegentliche Besuche oder - seltenes - gemeinsames Übernachten (vgl. vorne "B."). Das Verwaltungsgericht durfte daraus zulässigerweise den Schluss ziehen, dass diese Ehe inhaltslos geworden ist; dass der Beschwerdeführer zwar auf freundschaftlicher Ebene weiter eine gewisse Beziehung zu seiner Ehefrau pflegt, aber seitens der Ehegatten keine Absicht zur Führung einer echten ehelichen Gemeinschaft mehr besteht. Daran ändert der Einwand des Beschwerdeführers, er habe durchaus detaillierte Angaben über die aktuelle Situation seiner Ehefrau machen können und insbesondere auch gewusst, dass sie IV-Rentnerin sei, nichts, ebensowenig die Erklärung, seine Wohnsituation in Zürich sei "unübersichtlich" gewesen und zahlreiche Ungereimtheiten in den Aussagen seien auf das "gesundheitlich bedingte, beschränkte Erinnerungsvermögen der Ehefrau (...) zurückzuführen" (S. 7 der Beschwerdeschrift). Wer sich als Ausländer auf einer solchen Grundlage darauf einrichtet, das in Art. 7 Abs. 1 ANAG vorgesehene Anwesenheitsrecht in Anspruch zu nehmen, handelt rechtsmissbräuchlich. 
 
4. 
Die Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen. 
Mit dem vorliegenden Entscheid in der Sache wird das gestellte Gesuch um aufschiebende Wirkung hinfällig. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG); seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung kann mangels ernsthafter Erfolgsaussichten der Beschwerde nicht entsprochen werden (vgl. Art. 64 Abs. 1 BGG). Der wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers wird bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung getragen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 14. Februar 2008 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Merkli Klopfenstein