Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
" 4C.12/2002 /rnd 
 
Urteil vom 14. Mai 2002 
I. Zivilabteilung 
 
Bundesrichterin und Bundesrichter Walter, Präsident, 
Klett, Nyffeler 
Gerichtsschreiberin Boutellier 
 
A.________ AG, 
Klägerin und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Henrik Kaestlin, Limmatquai 2, 8024 Zürich, 
 
gegen 
 
B.________, 
C.________, 
Beklagte und Berufungsbeklagte, beide vertreten durch Rechtsanwalt Thomas H. Blattmann, Talacker 50, 8001 Zürich, 
 
Werkvertrag; Passivlegitimation 
 
(Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 8. November 2001) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Im Herbst 1990 wurde die A.________ AG (Klägerin) beauftragt, im Gewerbehaus X.________ Gipserarbeiten auszuführen. Das Grundstück in Y.________ gehört dem Vater der beiden Beklagten. Dieser hat der D.________ AG auf diesem Grundstück ein Baurecht eingeräumt. Die Brüder B.________ und C.________ (Beklagte) waren von 1988 bis 1998 Kollektivzeichnungsberechtigte der D.________ AG. Die D.________ AG übertrug die Ausführung der Bauarbeiten der Firma E.________ AG, die insbesondere für Architektur und Bauleitung zuständig war. Als Architekt wurde anfänglich F.________ beigezogen, später dann G.________, der die Klägerin im Herbst 1990 mit Gipserarbeiten beauftragte, da er mit den Arbeiten des ursprünglich eingesetzten Gipserunternehmens nicht zufrieden war. Zwischen dem 3. Oktober 1990 und dem 6. Mai 1991 war die Klägerin vertragsgemäss tätig und stellte in der Folge den Beklagten für die Arbeiten auch mehrere Rechnungen. Zwei dieser Rechnungen wurden von der D.________ AG bezahlt, eine weitere von der H.________ AG. Die Bezahlung des restlichen Rechnungsbetrages erfolgte trotz zweifacher Mahnung und verschiedenen Zahlungsbefehlen nicht. 
B. 
Am 22. Oktober 1998 stellte die Klägerin beim Bezirksgericht Zürich das Begehren, die Beklagten seien zur Zahlung von Fr. 138'667.80 zuzüglich Zins zu verpflichten. Die Beklagten beantragten mit Klageantwort vom 18. Januar 1999 unter anderem, das Prozessthema sei auf die Frage der Passivlegitimation zu beschränken. Mit Vorurteil vom 8. Januar 2001 bejahte das Bezirksgericht die Passivlegitimation der Beklagten. Die Beklagten erhoben beim Obergericht des Kantons Zürich Berufung mit dem Antrag, das Vorurteil des Bezirksgerichts sei aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das Obergericht hiess die Berufung mit Urteil vom 8. November 2001 gut und wies die Klage ab. 
C. 
Gegen diesen Entscheid hat die Klägerin am 17. Dezember 2001 beim Bundesgericht Berufung erhoben. Sie beantragt, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 8. November 2001 sei aufzuheben und das Verfahren zur vollständigen Durchführung an die Vorinstanz zurückzuweisen, da die materielle Forderung der Beklagten nicht beurteilt sei. Die Beklagten schliessen auf Abweisung der Berufung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die Vorinstanz hat die kantonale Berufung der Beklagten gegen das Vorurteil des Bezirksgerichts gutgeheissen und die Passivlegitimation verneint. Mit diesem Entscheid wurde auch die Klage abgewiesen. Dieses Urteil ist materiell ein Endentscheid im Sinne von Art. 48 OG, der es endgültig verbietet, denselben Anspruch zwischen denselben Parteien nochmals geltend zu machen (BGE 127 III 474 E. 1a mit Hinweisen). Ein neuer Prozess in derselben Sache zwischen denselben Parteien wird mit Abweisung der Klage rechtlich unmöglich. Die Berufung ist insoweit zulässig. 
2. 
2.1 In der Berufungsschrift ist darzulegen, welche Bundesrechtssätze der angefochtene Entscheid verletzt und inwiefern er gegen sie verstösst. Unzulässig sind dagegen Rügen, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen und die Beweiswürdigung der Vorinstanz richten, es sei denn, es werde ein offensichtliches Versehen, eine Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften oder eine unvollständige Ermittlung des Sachverhalts behauptet (Art. 55 Abs. 1 lit. c, 63 Abs. 2 und 64 OG; BGE 127 III 390 E. 1f mit Hinweisen). 
2.2 Die Klägerin macht geltend, die Argumentation der Vorinstanz weise einen offensichtlichen Widerspruch auf. Soweit dies als Versehensrüge zu verstehen sein sollte, ist diese unbegründet. Die Vorinstanz stellte fest, dass zwischen der Klägerin und dem Architekten G.________ ein Konsens über die Vertragsparteien bestand. In den weiteren Erwägungen kommt sie zum Schluss, dass Architekt G.________ aus den dargelegten Gründen die Beklagten nicht vertrat. Darin liegt kein Widerspruch. 
2.3 Soweit die Klägerin in ihre Ausführungen tatbeständliche Elemente einfliessen lässt, die in den Feststellungen der Vorinstanz keine Stütze finden, ohne zugleich eine substanziierte Rüge im Sinne der vorgenannten Ausnahmen zu erheben, ist darauf nicht einzutreten. 
3. 
Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass Architekt G.________ nicht zur Vertretung der Beklagten bevollmächtigt war, eine Genehmigung des Vertrages nicht erfolgt sei, und der Rechtsmangel der fehlenden Vollmacht auch nicht durch eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht geheilt wurde. Die Klägerin macht geltend, die Vorinstanz habe Bundesrecht unrichtig angewandt, indem sie davon ausging, dass die Beklagten im vor Bezirksgericht Zürich hängigen Verfahren nicht passivlegitimiert seien. 
3.1 Gemäss Art. 32 ff. OR tritt eine Vertretungswirkung grundsätzlich nur ein, wenn der Vertreter über eine entsprechende Vollmacht des Vertretenen verfügt. Fehlt es an einer Vollmacht, wird der Vertretene weder berechtigt noch verpflichtet, ausser bei nachträglicher Genehmigung durch den Vertretenen, oder wenn der Dritte in berechtigtem gutem Glauben auf das Bestehen der Vollmacht vertraut hat. Die Bindung des ungewollt Vertretenen beruht auf dem Vertrauensprinzip. Er ist nicht gebunden, weil er einen bestimmt gearteten Willen hat, sondern weil er ein Verhalten an den Tag legt, aus dem die Gegenseite in guten Treuen auf einen bestimmt gearteten Willen schliessen darf. Der Vertretene ist auf der Äusserung des vollmachtlosen Vertreters zu behaften, wenn der gutgläubige Dritte, gegenüber dem der vollmachtlose Vertreter handelt, diese Äusserung in guten Treuen als Vollmachtskundgabe verstehen darf und auf diese vertraut. Wer auf einen Rechtsschein vertraut, darf nach Treu und Glauben verlangen, dass dieses Vertrauen gegenüber demjenigen geschützt wird, der diesen Rechtsschein hervorgerufen oder mitveranlasst und somit auch zu vertreten hat (BGE 120 II 197 E. 2 a mit Hinweisen). 
 
Die Vorinstanz hat verbindlich festgestellt, dass die Beklagten Architekt G.________ nicht ausdrücklich bevollmächtigt haben, mit der Klägerin einen Werkvertrag abzuschliessen; auch haben die Beklagten nicht nachträglich einen Vertrag genehmigt, durch den sie persönlich verpflichtet worden wären. Es bleibt lediglich zu prüfen, ob die Vorinstanz, wie von der Klägerin gerügt, bundesrechtswidrig davon ausgegangen ist, dass keine so genannte externe Duldungs- oder Anscheinsvollmacht bestand. 
3.2 Die Vertrauenshaftung des durch eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht Vertretenen setzt voraus, dass der Vertreter dem Dritten gegenüber in fremdem Namen gehandelt hat (BGE 120 II 197 E. 2b/aa), und dass das tatsächliche Verhalten des Vertretenen nach Treu und Glauben auf einen Mitteilungswillen schliessen lässt (BGE 120 II 197 E. 2b/bb). Zudem tritt die Vertretungswirkung bei fehlender Vollmacht nur ein, wenn der gute Glaube des Dritten berechtigt ist (BGE 120 II 197 E. 2b/cc). 
 
Die Vorinstanz hat festgestellt, dass Architekt G.________ den Werkvertrag mit der Klägerin in fremdem Namen abschloss; gegenüber der Klägerin äusserte er, die Beklagten seien Bauherren. Er trat somit als Vertreter der Beklagten auf. Nach den Feststellungen der Vorinstanz durften die Beklagten hingegen davon ausgehen, Architekt G.________ sei über die Bauherrschaft der D.________ AG informiert gewesen und habe daher auch die Verträge in deren Namen abgeschlossen. Weiter stellte die Vorinstanz fest, dass die Beklagten zuerst Bauherren waren und die Bauherrschaft später auf die D.________ AG überging. Daher wären die Beklagten verpflichtet gewesen, für Klarheit bezüglich der effektiven Bauherrschaft zu sorgen. Indem sie nicht dafür sorgten, dass z.B. die früher erstellten Pläne entsprechend abgeändert wurden, verletzten sie zwar die ihnen obliegende Aufmerksamkeit und haben den dadurch bewirkten Rechtsschein zu verantworten. Da der Vertrag jedoch telefonisch abgeschlossen wurde, konnte sich die Klägerin beim Vertragsabschluss nur auf die Informationen stützen, welche sie anlässlich des Telefongespräches von Architekt G.________ erhielt. Aus dem von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt ist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine Vollmachtskundgabe durch den Beklagten ersichtlich, nicht einmal ein passives Verhalten, welches die Willensentscheidung der Klägerin hätte beeinflussen können. Der Klägerin waren im Zeitpunkt des Vertragsschlusses weder die Pläne noch weitere objektive Umstände bekannt, die den Rechtsschein einer Vollmacht hätten hervorrufen können. 
 
Die Vorinstanz hat aus diesen Feststellungen zutreffend den Schluss gezogen, dass weder eine externe Duldungsvollmacht noch eine Anscheinsvollmacht vorliege, und die Klägerin daher nicht auf ein Vertretungsverhältnis schliessen durfte. 
3.3 Ergänzend hat die Vorinstanz angeführt, dass bei der Bejahung einer Anscheinsvollmacht zu prüfen wäre, ob die Klägerin bei gebührender Aufmerksamkeit den Vollmachtsmangel bei Vertragsschluss hätte erkennen können, oder zumindest für fraglich ansehen müssen. Nur in diesem Zusammenhang hat die Vorinstanz Umstände berücksichtigt, die nach Vertragsschluss eingetreten sind. Die Klägerin behauptet daher zu Unrecht, der Entscheid beruhe auf nach Vertragsschluss eingetretenen Umständen. 
4. 
Die Klägerin macht zudem geltend, die Vorinstanz habe Bundesrecht unrichtig angewendet, indem sie die Regeln über den fahrlässigen Irrtum gemäss Art. 26 OR nicht beachtet habe. 
 
Die Anwendung der Bestimmungen über den Irrtum setzt voraus, dass der Irrende überhaupt irgendein Rechtsgeschäft eingegangen ist oder eine rechtsgeschäftliche Handlung vorgenommen hat. Da die Beklagten, wie von der Vorinstanz zu Recht erkannt wurde, keinen Werkvertrag mit der Klägerin geschlossen haben, kann auch kein Irrtum vorliegen, der Schadenersatzansprüche gemäss Art. 26 OR begründen könnte. 
5. 
Die Berufung ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist, und das angefochtene Urteil zu bestätigen. Dem Verfahrensausgang entsprechend ist die Gerichtsgebühr der Klägerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Sie hat die Beklagten für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 8. November 2001 wird bestätigt. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.- wird der Klägerin auferlegt. 
3. 
Die Klägerin hat die Beklagten für das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 6'000.- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 14. Mai 2002 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: