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[AZA 7] 
H 54/00 Vr 
 
IV. Kammer 
 
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger; 
Gerichtsschreiber Arnold 
 
Urteil vom 14. Juli 2000 
 
in Sachen 
L.________ AG, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
Ausgleichskasse des Kantons Thurgau, St. Gallerstrasse 13, Frauenfeld, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau, Weinfelden 
 
A.- Die Ausgleichskasse des Kantons Thurgau verpflichtete die L.________ AG mit Verfügungen vom 14. Mai 1997 zur Nachzahlung paritätischer bundes- und kantonalrechtlicher Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von gesamthaft Fr. 66'925. 55 (inkl. Verwaltungskosten und Verzugszinsen), nachdem festgestellt worden war, dass die Gesellschaft über verschiedene, u.a. an B.________ in den Jahren 1994-1996 geleistete Entgelte nicht abgerechnet hatte. 
Da die Nachzahlungsverfügungen lediglich der Firma eröffnet wurden und die AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau (mit Entscheid vom 28. Januar 1998) die von der L.________ AG erhobene Beschwerde abwies, ohne B.________ beizuladen, hiess das Eidgenössische Versicherungsgericht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Gesellschaft, soweit sie darauf eintrat, in dem Sinne gut, dass der kantonale Entscheid sowie die Nachzahlungsverfügungen aufgehoben wurden, insoweit sie bundesrechtliche Sozialversicherungsbeiträge auf an B.________ geleistete Entgelte betrafen. 
Die Sache wurde an die Ausgleichskasse zurückgewiesen, damit diese im Sinne der Erwägungen verfahre (Urteil vom 12. Oktober 1998). 
Die Verwaltung schrieb in der Folge (mit Verfügungen vom 22. Dezember 1998) die auf den an B.________ in den Jahren 1994-1996 geleisteten Entgelte erhobenen Beiträge inkl. Akzessorien der L.________ AG gut. 
 
Mit Verfügungen vom 12. Januar 1999 verpflichtete die Ausgleichskasse die L.________ AG zur Nachzahlung paritätischer bundes- und kantonalrechtlicher Sozialversicherungsbeiträge für die an B.________ in den Jahren 1994-1996 geleisteten Entgelte in der Höhe von insgesamt Fr. 51'501. 25 inkl. Verwaltungskosten und Verzugszinsen. 
Der mit eingeschriebener Postsendung bediente B.________ kam der Abholungseinladung nicht nach. Er ist gemäss Bescheinigung der vormaligen Wohnsitzgemeinde Langrickenbach am 5. September 1997 nach Brasilien gezogen. Nachdem sich die L.________ AG auf den Standpunkt gestellt hatte, die Verfügungen vom 12. Januar 1999 seien ihr nicht zugegangen, erliess die Ausgleichskasse ihr gegenüber am 6. Mai 1999 identische Verfügungen ("2. Versand"). 
 
B.- Die von der L.________ AG hiegegen erhobene Beschwerde wies die AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau ab (Entscheid vom 30. Dezember 1999). 
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die L.________ AG Aufhebung der Verfügungen der Ausgleichskasse sowie des vorinstanzlichen Entscheides. 
Die AHV/IV-Rekurskommission und die Ausgleichskasse schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 
Das Bundesamt für Sozialversicherung lässt sich innert Frist nicht vernehmen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann nur so weit eingetreten werden, als Sozialversicherungsbeiträge kraft Bundesrechts streitig sind. Im vorliegenden Verfahren ist daher nicht zu prüfen, wie es sich bezüglich der Beitragsschuld gegenüber der Ausgleichskasse für kantonale Familienzulagen verhält (BGE 124 V 146 Erw. 1 mit Hinweis). 
 
2.- Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
 
3.- Mit Urteil vom 12. Oktober 1998 hob das Eidgenössische Versicherungsgericht die Nachzahlungsverfügungen vom 14. Mai 1997 auf, soweit sie bundesrechtliche Sozialversicherungsbeiträge auf an B.________ geleistete Entgelte betrafen. Die Ausgleichskasse schrieb mit den Verfügungen vom 22. Dezember 1998 die entsprechenden Beiträge einstweilen der Beschwerdeführerin gut (was nicht erforderlich gewesen wäre, nachdem das Eidgenössische Versicherungsgericht zur Eröffnung der Nachzahlungsverfügungen unter Beachtung des rechtlichen Gehörs zurückgewiesen hatte). Die Gutschriftsverfügungen waren noch nicht rechtsbeständig geworden, als die Ausgleichskasse die Nachzahlungsverfügungen am 12. Januar 1999 B.________ und am 19. April 1999 dem damaligen Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin zustellte (BGE 122 V 368 f.). Die Rüge ist demnach unbegründet, die vorliegend strittigen Verwaltungsverfügungen vom 9. Januar/6. Mai 1999 beträfen eine bereits rechtskräftig beurteilte Sache, weshalb die Vorinstanz zu Recht auf die bei ihr anhängig gemachte Beschwerde eingetreten ist. 
 
4.- a) Das kantonale Gericht hat die Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 AHVG und massgebendem Lohn gemäss Art. 5 Abs. 2 AHVG (BGE 122 V 172 Erw. 3c, 119 V 161 Erw. 2 sowie AHI 1998 S. 229 f. Erw. 4a, je mit Hinweisen; vgl. auch BGE 123 V 162 f. Erw. 1 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Richtig ist weiter, dass bei einer versicherten Person, die gleichzeitig mehrere Tätigkeiten ausübt, jedes Erwerbseinkommen dahingehend zu prüfen ist, ob es aus selbstständiger oder unselbstständiger Erwerbstätigkeit stammt (AHI 1995 S. 136 Erw. 5a; siehe auch BGE 122 V 172 Erw. 3b, je mit Hinweisen) und dass es für die Qualifikation eines Entgelts AHV-rechtlich bedeutungslos ist, ob jemand bereits einer Ausgleichskasse als selbstständigerwerbend angeschlossen ist (AHI 1995 S. 136 Erw. 5a am Ende; vgl. auch BGE 119 V 164 f. Erw. 3c). Darauf kann verwiesen werden. 
 
b) Die Vorinstanz ist in eingehender Würdigung der für die beitragsrechtliche Qualifikation massgeblichen Indizien zum Ergebnis gelangt, hinsichtlich der Tätigkeit des B.________ für die L.________ AG in den Jahren 1994 bis 1996 überwögen diejenigen Merkmale, die für eine unselbstständige Erwerbstätigkeit sprächen. 
 
c) Es ist nicht erstellt, dass B.________ für die im Tätigkeitsbereich der Maschinenmontage ("Auf- und Abbau diffiziler Maschinen") benötigten Werkzeuge, wie Schwertransportrollen, Bohr- und Schweissanlagen etc. , erhebliche Investitionen getätigt hätte. Gegenüber dem SUVA-Revisor behauptete er Aufwendungen im Betrage von ca. Fr. 40'000.-, konnte indes keine sachbezüglichen Belege präsentieren. 
Über den Verbleib der Gerätschaften befragt, gab er zur Auskunft, diese seien bei der L.________ AG eingelagert. 
Fritz Hildebrand, vormals Präsident, zwischenzeitlich Mitglied des Verwaltungsrates der L.________ AG, erklärte dem SUVA-Revisor anfänglich, die Gesellschaft habe im Eigentum des B.________ stehende Werkzeuge eingestellt. 
Nachdem diese Aussage angezweifelt wurde, gab er an, Material lasse sich auch ausleihen oder vermieten. Letzteres findet in der Buchhaltung der L.________ AG nach dem Bericht des SUVA-Revisors keine Stütze. Im vorliegenden Verfahren wird nun behauptet, B.________ habe dem SUVA-Revisor nicht sämtliches Werkzeug zeigen können, da dieses im Einsatz gestanden habe. Die letztinstanzlich erneuerte Behauptung, B.________ habe den Kauf eines "Prematic" Gerätes mit eigenen Mitteln getätigt, ist mit Blick auf den Kaufpreis von Fr. 520.- für sich alleine nicht geeignet, erhebliche Investitionen zu beweisen. Der Vorinstanz ist sodann darin zuzustimmen, dass die an die L.________ AG adressierte "Abrechnung Barauslagen" (vom 3. Januar 1995) eher darauf schliessen lässt, dass letztlich die L.________ AG für den Kaufpreis aufkam. 
Es steht sodann fest und ist allseits unbestritten, dass die Beschwerdeführerin B.________ in den Jahren 1994-1996 Entgelte im Betrag von insgesamt Fr. 304'566.- ausgerichtet hat. Nach den für das Eidgenössische Versicherungsgericht verbindlichen (Art. 105 Abs. 2 OG) Feststellungen der Vorinstanz hat B.________ demgegenüber im fraglichen Zeitraum nur wenige, betraglich weit niedrigere Rechnungen an Dritte ausgestellt. Die damit verbundene wirtschaftliche Abhängigkeit von der Beschwerdeführerin spricht ebenfalls klar für unselbstständige Erwerbstätigkeit (BGE 122 V 172 Erw. 3c). 
Der Umstand schliesslich, dass die von B.________ gegenüber der L.________ AG am 3. Januar 1995 erstattete "Stundenrechnung Dez. 95" neben 45 für die L.________ AG geleisteten, deren 113 Arbeitsstunden für die K.________ AG nennt und B.________ dem Total von Fr. 6320.- (Anzahl Stunden x Fr. 40.-) einen Monatslohn von Fr. 6000.- gegenüberstellt und die Differenz von Fr. 320.- als "Defizit" bezeichnet, weist in mehrfacher Hinsicht auf unselbstständige Erwerbstätigkeit hin. Einerseits hat B.________ nach eigener Darlegung von der L.________ AG Lohn bezogen, andererseits ist damit belegt, dass zumindest im Rahmen der verrechneten Arbeitsstunden die L.________ AG für allfällige vertragliche Beziehungen des B.________ mit der K.________ AG einstand. Die Frage, ob und inwieweit B.________ im fraglichen Zeitraum Personal im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Maschinenmonteur (und nicht im Rahmen der bis 31. Dezember 1995 ausgeübten selbstständigen Tätigkeit als Sauerkrautfabrikant) beschäftigt hat und er dadurch ein spezifisches Unternehmerrisiko zu tragen hatte (BGE 119 V 163 Erw. 3b), tritt damit in den Hintergrund. 
Da gesamthaft mit der Vorinstanz jedenfalls diejenigen Merkmale überwiegen, die für eine unselbstständige Erwerbstätigkeit sprechen, sind die der Höhe nach letztinstanzlich unbestrittenen Beitragsverfügungen bundesrechtskonform. 
 
5.- Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Entsprechend dem Ausgang des Prozesses gehen die Kosten zu Lasten der unterliegenden Beschwerdeführerin (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG), der damit auch keine Parteientschädigung zusteht (Art. 159 Abs. 1 e contrario in Verbindung mit Art. 135 OG). 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit 
darauf einzutreten ist. 
 
II.Die Gerichtskosten von Fr. 4000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
 
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
 
Luzern, 14. Juli 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: