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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_458/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 14. Juli 2017  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichter Schöbi, Bovey, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Bezirksgericht Baden, Familiengericht. 
 
Gegenstand 
Prüfung einer Massnahme (Vertretungsbeistandschaft), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Kammer für Kindes- und Erwachsenenschutz, vom 2. Mai 2017. 
 
 
Sachverhalt:  
Mit Entscheid vom 16. Februar 2017 errichtete das Familiengericht Baden für A.________ eine Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung. 
Dagegen erhob A.________ beim Obergericht des Kantons Aargau Beschwerde. 
Mit Entscheid vom 2. Mai 2017 trat das Obergericht darauf nicht ein. 
Gegen diesen Entscheid hat A.________ am 19. Juni 2017 eine Beschwerde erhoben. Das Familiengericht Baden hat mit Schreiben vom 22. Juni 2017 (Postaufgabe 26. Juni 2017) und das Obergericht mit Schreiben vom 21. Juni 2017 (Postaufgabe 28. Juni 2017) auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Fristgerecht angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Entscheid betreffend eine Erwachsenenschutzmassnahme; auf die Beschwerde in Zivilsachen ist einzutreten (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6, Art. 75 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 45 Abs. 1 BGG). 
 
2.   
Das Obergericht ist auf die kantonale Beschwerde nicht eingetreten mit der Begründung, diese sei am 28. März 2017 und somit um einen Tag verspätet eingereicht worden; der Entscheid des Familiengerichts Baden sei vom Beschwerdeführer am 24. Februar 2017 in Empfang genommen worden und die Frist somit am 26. März 2017 abgelaufen, wobei sie sich auf Montag, 27. März 2017 verlängert habe. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer erklärt, dass er die zwei Sendungen (zweite Sendung enthaltend die Doppel der Unterlagen für das Gericht) am 27. März 2017 gegen 22:30 Uhr auf der Sihlpost aufgegeben habe, indem er dort die nötigen Briefmarken erworben und die Postangestellte diese auf den Paketen angebracht habe. 
Er legt die am 27. März 2017 um 22:33 Uhr ausgestellte Quittung der Post für den Erwerb von Briefmarken im Wert von Fr. 102.--, die am 28. März 2017 um 06:37 ausgestellte Quittung für zwei Sendungen "SameDay Nachmittag" zum Preis von je Fr. 51.-- sowie ein Schreiben der Post vom 19. Juni 2017 bei, wonach die internen Abklärungen ergeben hätten, dass die Sendungen am 27. März 2017 spätabends bei der Poststelle 8021 Zürich Sihlpost aufgegeben, jedoch aus systemtechnischen Gründen mit dem Aufgabedatum vom 28. März 2017 erfasst worden seien. 
Diese Urkunden können gestützt auf Art. 99 Abs. 1 BGG berücksichtigt werden, weil es sich jedenfalls bei den Quittungen um unechte Noven handelt und im Übrigen sämtliche Urkunden die von Amtes wegen zu klärende Eintretensfrage betreffen. Ferner gab erst der angefochtene Entscheid Anlass zur Einreichung, weil dem Beschwerdeführer bei der Aufgabe am Schalter nicht bewusst sein konnte, dass bei der betreffenden Versendungsart, soweit die Sendung nicht mehr am gleichen Tag zugestellt werden kann, diese systemtechnisch erst auf den Folgetag erfasst wird, weshalb für ihn auch kein Anlass bestand, in der kantonalen Beschwerde nähere Ausführungen zu den konkreten Umständen zu machen. Ebenso wenig muss sich das Obergericht einen Vorwurf gefallen lassen. Die Sendungen wurden ihm noch am 28. April 2017 ausgehändigt, was aber für "SameDay"-Lieferungen typisch ist, und im Übrigen ist auf dem Umschlag auf die Erfassungszeit 06:37 Uhr deutlich sichtbar. Mithin musste das Obergericht davon ausgehen, dass die Sendungen erst am Morgen des 28. April 2017 der Post übergeben worden seien. 
Die kantonalen Gerichte, welchen die Beschwerde samt den vom Beschwerdeführer eingereichten Belegen zugestellt worden ist, haben auf eine Vernehmlassung verzichtet und stellen somit den Standpunkt des Beschwerdeführers nicht in Frage. Angesichts der vorgelegten Urkunden darf von dessen Richtigkeit und somit davon ausgegangen werden, dass die Sendungen noch am 27. März 2017 der Schweizerischen Post übergeben wurden. 
 
4.   
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. b BGG gutzuheissen und das Obergericht anzuweisen, die kantonale Beschwerde an die Hand zu nehmen. 
Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
 
5.   
Von Gemeinwesen werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Dem obsiegenden Beschwerdeführer erwachsen keine Kosten, weshalb sein für den gegenteiligen Fall sicherheitshalber erhobenes Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (Art. 64 Abs. 1 BGG) gegenstandslos ist. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
In Gutheissung der Beschwerde wird der Entscheid des Obergerichtes des Kantons Aargau vom 2. Mai 2017 aufgehoben und das Obergericht angewiesen, die kantonale Beschwerde an die Hand zu nehmen. 
 
2.   
Die Gesuche um aufschiebende Wirkung und unentgeltliche Rechtspflege sind gegenstandslos. 
 
3.   
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
4.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bezirksgericht Baden, Familiengericht, und dem Obergericht des Kantons Aargau, Kammer für Kindes- und Erwachsenenschutz, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. Juli 2017 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli