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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.48/2002/bmt 
 
Urteil vom 14. August 2002 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Müller, Bundesrichterin Yersin, 
Ersatzrichter Seiler, 
Gerichtsschreiberin Müller. 
 
Staat Zürich, 
Beschwerdeführer, vertreten durch die Finanzdirektion des Kantons Zürich, Walcheplatz 1, Postfach, 8090 Zürich, 
 
gegen 
 
X.________ und 15 weitere kantonal besoldete Handarbeitslehrerinnen resp. deren Erben, 
Y.________ und 9 weitere Haushaltslehrerinnen resp. deren Erben, 
Beschwerdegegnerinnen, 
alle vertreten durch Rechtsanwältin Gabriela Gwerder, 
Langstrasse 4, 8004 Zürich, 
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 
3. Kammer, Militärstrasse 36, Postfach, 8021 Zürich. 
 
Besoldung der Handarbeits- und Haushaltungslehrerinnen (Gleichstellungsgesetz), 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 6. Dezember 2001. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 1. Juli 1994 reichten X.________ und 15 weitere kantonal besoldete Handarbeitslehrerinnen beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich eine Lohngleichheitsklage nach Art. 4 Abs. 2 Satz 3 der damals geltenden alten Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 (aBV) ein, worin sie eine der Lohnklasse 19 entsprechende Besoldung verlangten. Am 11. Januar 1995 reichten Y.________ und neun weitere Haushaltungslehrerinnen eine analoge Klage ein. Die Klagen wurden damit begründet, die bisherige Lohneinreihung der Handarbeits- und Haushaltungslehrerinnen in eine der Besoldungsklasse 17 entsprechende Kategorie sei diskriminierend gegenüber den Primarschullehrkräften, welche in eine der Besoldungsklasse 19 oder 20 entsprechende Kategorie eingereiht seien. Zudem sei es diskriminierend, dass für sie die Pflichtstundenzahl von 24 auf 26 Stunden pro Woche angehoben worden sei. 
 
Das Verwaltungsgericht hiess mit Urteil vom 10. Juli 1996 die Klagen teilweise gut und stellte fest, dass der Kanton Zürich verpflichtet sei, ab 1. Juli 1991 einen der Lohnklasse 18 entsprechenden und von einer wöchentlichen Pflichtstundenzahl von 24 ausgehenden Lohn zu bezahlen. Nachdem das Bundesgericht am 8. Juni 1998 die Verwaltungsgerichtsbeschwerden des Kantons Zürich teilweise gutgeheissen und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen hatte (BGE 124 II 409; nicht publ. Urteil 2A.529/1996), stellte dieses mit rechtskräftigem Teilurteil vom 11. Mai 2000 fest, dass der Kanton Zürich den Klägerinnen ab 1. Juli 1991 einen der Lohnklasse 18 entsprechenden und von einer wöchentlichen Pflichtstundenzahl von 26 ausgehenden Lohn zu bezahlen habe. 
B. 
In der Folge blieb die konkrete Berechnung der den einzelnen Klägerinnen zustehenden Forderungen streitig. Mit Urteil vom 6. Dezember 2001 setzte das Verwaltungsgericht in teilweiser Gutheissung der Klage die für die einzelnen Klägerinnen geschuldeten Nachzahlungen fest (insgesamt rund Fr. 820'000.--, zuzüglich Zins). 
C. 
Der Kanton Zürich hat am 24. Januar 2002 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Er beantragt, die geschuldeten Nachzahlungen tiefer (auf insgesamt rund Fr. 270'000.-- zuzüglich Zins) anzusetzen. Eventuell sei festzustellen, dass das angefochtene Urteil Art. 3 und 6 des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG; SR 151.1) sowie Art. 9 BV verletze und die Sache sei zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
D. 
Das Verwaltungsgericht beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Beschwerdegegnerinnen schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann äussert die Ansicht, die Beschwerde sei abzuweisen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das angefochtene Urteil betrifft die Besoldung kantonaler öffentlichrechtlich Angestellter. Es erging im Rahmen von Lohngleichheitsklagen gemäss Art. 8 Abs. 3 Satz 3 BV bzw. Art. 5 Abs. 1 lit. d GlG und unterliegt damit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht (Art. 97 ff. OG; Art. 13 Abs. 1 GlG; BGE 124 II 409 E. 1d S. 413 ff.). Der Beschwerdeführer ist als öffentlichrechtlicher Arbeitgeber zur Beschwerde legitimiert (Art. 103 lit. a OG; BGE 124 II 409 E. 1e S. 417 ff.). Auf die Beschwerde ist einzutreten. 
2. 
2.1 Nach den bisherigen rechtskräftigen Urteilen steht fest, dass der Beschwerdeführer den Beschwerdegegnerinnen einen der Lohnklasse 18 entsprechenden und von einer wöchentlichen Pflichtstundenzahl von 26 ausgehenden Lohn zu bezahlen hat. Umstritten ist, auf welcher Stufe der Lohnklasse 18 dieser Lohn zu berechnen ist. 
 
2.2 Der Kanton Zürich hat mit Wirkung ab 1. Juli 1991 für die Kantonsangestellten ein neues Besoldungssystem mit 29 Lohnklassen eingeführt. Die Handarbeits- und Haushaltungslehrerinnen wurden dabei in die Lohnklasse 17 eingereiht. Innerhalb der Lohnklassen wurden für Lehrkräfte 22 Stufen eingeführt, wobei grundsätzlich jedes Jahr um eine Stufe aufgestiegen wird. In der Regel entspricht ein Stufenaufstieg auch einem Besoldungsaufstieg, doch sind so genannte Wartejahre vorgesehen, in denen der Stufenaufstieg nicht zu einer Besoldungserhöhung führt. 
 
Die Überführung vom alten in das neue Besoldungssystem erfolgte ausgehend vom frankenmässigen bisherigen Lohn. Dieser wurde mit den Lohnbeträgen der neuen Besoldungsklasse verglichen. Die Einstufung innerhalb der neuen Lohnklasse erfolgte in der frankenmässig nächsten oder übernächsten höheren Besoldungsstufe. Damit wurden im Interesse der finanziellen Tragbarkeit der Besoldungsrevision die Aufholbewegungen begrenzt. Dies führte teilweise dazu, dass die Einstufung in der neuen Besoldungsklasse tiefer war als die Stufenhöhe in den alten Klassen. 
2.3 Der Beschwerdeführer hat nun auch für die aufgrund der bisherigen Urteile durchzuführende Überführung der Handarbeits- und Haushaltungslehrerinnen von der Lohnklasse 17 in die Lohnklasse 18 dieses System angewendet: Er hat die Beschwerdegegnerinnen in diejenige Stufe der Lohnklasse 18 eingestuft, in der sie eingestuft wären, wenn sie per 1. Juli 1991 unter Anwendung der genannten Überführungsregelung in die Lohnklasse 18 (statt 17) eingereiht worden wären. Da somit für die Einstufung per 1. Juli 1991 ebenfalls der frankenmässige frühere Lohn Ausgangspunkt gebildet hat und die Neueinreihung nur in die frankenmässig nächst- oder übernächsthöhere Stufe erfolgte, ergaben sich teilweise in der Lohnklasse 18 tiefere Stufen als in der Klasse 17. Diese tiefere Einstufung war auch Ausgangspunkt für den weiteren Stufenaufstieg. Dies, verbunden mit den allenfalls folgenden Wartejahren, führte dazu, dass die Beschwerdegegnerinnen teilweise frankenmässig trotz Einreihung in der neuen Lohnklasse 18 nicht mehr oder sogar weniger verdienten als in der alten Klasse 17. 
2.4 Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Beschwerdegegnerinnen wird mit dieser Methode die festgestellte Lohndiskriminierung nicht behoben. In Frage komme nur eine stufengleiche parallele Verschiebung von der einen in die andere Lohnklasse. Der Beschwerdeführer ist demgegenüber der Ansicht, die von ihm angewendete Überführungsregelung sei nicht diskriminierend. 
2.4.1 Wird eine Lohndiskriminierung festgestellt, so haben die von der Diskriminierung Betroffenen Anspruch auf Zahlung des geschuldeten Lohns (Art. 5 Abs. 1 lit. d GlG). Geschuldet ist eine im Ergebnis betragsmässig diskriminierungsfreie Entlöhnung (BGE 124 I 223 E. 2e S. 229; 124 II 436 E. 8e S. 445 f.). Ist eine Besoldungsdiskriminierung erstellt, kann diese jedenfalls für die Vergangenheit nicht anders behoben werden als durch Nachzahlung der diskriminierenden Lohndifferenz (BGE 124 II 436 E. 11d S. 458). Erfolgt die Berechnung des nachzuzahlenden Lohnes so, dass der Lohn betragsmässig praktisch gleich bleibt, so ist die Diskriminierung im Ergebnis nicht behoben. 
2.4.2 Die vom Beschwerdeführer angewendete Überführungsregelung nimmt - wie dargestellt - die altrechtlichen frankenmässigen Besoldungen als Ausgangspunkt für die Neueinstufung. Die Neueinstufung und damit auch der neue frankenmässige Lohn werden somit durch den altrechtlichen Lohn begrenzt, auch wenn - innerhalb der Systematik des neuen Lohnsystems - eigentlich eine höhere Einstufung angebracht wäre. Diese Überführungsregelung bezweckt, bei der Einführung der Besoldungsrevision ausserordentliche Besoldungserhöhungen zu vermeiden. Eine solche Regelung ist finanzpolitisch gerechtfertigt und nicht diskriminierend, solange sie innerhalb eines Systems angewendet wird, welches als solches diskriminierungsfrei ist. Hingegen kann eine solche Überführungsregelung nicht eine innerhalb des Lohnsystems liegende Diskriminierung beseitigen (vgl. BGE 124 I 223 E. 2e S. 229). Ist nämlich bereits der altrechtliche Lohn diskriminierend, dann führt die Anwendung dieser Überführungsregelung die Diskriminierung weiter, insofern sie den frankenmässigen altrechtlichen Lohn als Ausgangspunkt und begrenzenden Faktor für die Neueinstufung heranzieht. 
2.4.3 Vorliegend ist rechtskräftig festgestellt, dass die neurechtliche Klasseneinreihung der Handarbeits- und Haushaltungslehrerinnen in die Lohnklasse 17 im Verhältnis zu den Primarlehrkräften diskriminierend gewesen ist. Soweit ersichtlich, ist durch die Besoldungsrevision von 1991 die Lohndifferenz zu den Primarlehrkräften nicht vergrössert worden. Es ist deshalb durchaus möglich oder gar wahrscheinlich, dass bereits die altrechtliche Klasseneinreihung diskriminierend gewesen ist. Zwar könnte eine solche Diskriminierung für die Zeit vor dem 1. Juli 1991 infolge Verjährung (vgl. BGE 124 II 436 E. 10k S. 456) heute nicht mehr behoben werden. Mit der Methode des Beschwerdeführers würde aber der allenfalls diskriminierende altrechtliche Lohn als frankenmässig begrenzendes Element für die hier zur Diskussion stehende neurechtliche Einstufung herangezogen; damit könnte die Lohndiskriminierung, die in der zu tiefen Klasseneinreihung lag, gerade nicht beseitigt werden. 
2.4.4 Hinzu kommt, dass das zeitliche Zusammenfallen der Lohnklage und der Besoldungsrevision gewissermassen zufällig ist. Wäre die Besoldungsklasse 17 bereits früher festgelegt worden und 1991 keine Besoldungsrevision durchgeführt worden, stünde von vornherein nicht zur Diskussion, für die Bemessung der geschuldeten Nachzahlung eine Überführungsregelung heranzuziehen. Dies zeigt auf, dass die Überführungsregelung für die Besoldungsrevision und die Behebung der festgestellten lohnklassenmässigen Diskriminierung zwei verschiedene Aspekte sind, die nicht miteinander vermischt werden dürfen. 
2.5 Der Beschwerdeführer macht geltend, im Ergebnis seien bei dem von ihm gewählten Vorgehen die Handarbeits- und Haushaltungslehrerinnen bei gleichem Lebensalter durchschnittlich ziemlich genau in der gleichen Stufe wie die Primarlehrkräfte und auch der durchschnittliche jährliche Stufenaufstieg sei identisch. Die Methode des Verwaltungsgerichts führe demgegenüber dazu, dass die Handarbeits- und Haushaltungslehrerinnen im Durchschnitt etwa 2,5 Stufen höher eingestuft wären als die Primarlehrkräfte und damit diesen gegenüber privilegiert wären. 
 
Die vom Kanton gewählte Überführungsregelung hat zwangsläufig dazu geführt, dass die Stufenhöhe individuell sehr unterschiedlich sein kann, je nach dem vor der Besoldungsrevision erzielten frankenmässigen Einkommen und der seitherigen Stufenentwicklung, die nicht nur vom Lebensalter, sondern auch von der individuellen Berufskarriere (Eintritts- und Dienstalter, allfällige Berufsunterbrüche) abhängt. Dass nach der vom Verwaltungsgericht gewählten Methode die durchschnittliche Einstufung der Handarbeits- und Haushaltungslehrerinnen höher ist als diejenige der Primarlehrkräfte, kann durch solche Faktoren begründet sein, aber auch dadurch, dass - wie dargestellt - die Aufholbewegung 1991 durch die frankenmässige Bindung an den möglicherweise diskriminierenden altrechtlichen Lohn begrenzt worden ist. Wohl wird durch die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Einstufung die Aufholbewegung verstärkt; dies ist aber nichts anderes als die Beseitigung der Lohndiskriminierung, die in der zu tiefen Klasseneinreihung gelegen hat. 
2.6 Nachdem die vom Verwaltungsgericht angewandte Berechnungsmethode für die Leistungsansprüche der einzelnen Beschwerdegegnerinnen nicht zu beanstanden ist, erweist sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet. 
3. 
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 13 Abs. 5 GlG). Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegnerinnen die Parteikosten für das bundesgerichtliche Verfahren zu ersetzen (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
3. 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerinnen für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich sowie dem Eidgenössischen Departement des Innern schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 14. August 2002 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: