Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess {T 7}
C 127/06
Urteil vom 14. September 2006
IV. Kammer
Besetzung
Präsident Ursprung, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Frésard; Gerichtsschreiberin Hofer
Parteien
Y.________, Beschwerdeführer,
gegen
Amt für den Arbeitsmarkt, bd de Pérolles 24,
1700 Freiburg, Beschwerdegegner
Vorinstanz
Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg, Givisiez
(Entscheid vom 20. Januar 2006)
Sachverhalt:
A.
Der 1947 geborene, diplomierte Mathematiker Y.________ war vom 1. September 2001 bis 31. Dezember 2003 bei der Hochschule Z.________ürich als Informatikkoordinator angestellt. Am 1. Januar 2004 meldete er sich bei der Arbeitslosenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 19. Oktober 2004 wies ihn das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) an, den vom 2. November bis 20. Dezember 2004 dauernden Kurs "Modul 2 'Evolution' für Kader" der Firma C.________ zu besuchen. Da der Versicherte gemäss Meldung des Veranstalters den Seminarverlauf wiederholt störte, wurde die Teilnahme nach Absprache mit der Direktion der Firma C.________ und der Beraterin des RAV abgebrochen und Y.________ mit Verfügung vom 10. November 2004 verpflichtet, ein individuelles Coaching desselben Organisators zu befolgen. Da sich der Versicherte laut den Angaben des Kursleiters nicht kooperativ zeigte, wurde das Kursverhältnis vorzeitig beendet. Am 6. Dezember 2004 gab das RAV Y.________ Gelegenheit, sich zu den Vorwürfen zu äussern, wovon dieser am 31. Dezember 2004 Gebrauch machte. Das Amt für den Arbeitsmarkt des Kantons Freiburg, welchem das RAV die Sache daraufhin zum Entscheid überwiesen hatte, stellte Y.________ mit Verfügung vom 11. Februar 2005 im Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung für die Dauer von 12 Tagen ab 2. November 2004 wegen Nichtbefolgung von Weisungen der zuständigen Amtsstelle ein. Daran hielt es mit Einspracheentscheid vom 1. Juni 2005 fest.
B.
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg mit Entscheid vom 20. Januar 2006 ab.
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Y.________ die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids.
Das Amt für den Arbeitsmarkt schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) verzichtet auf eine Vernehmlassung.
D.
Mit Eingabe vom 11. August 2006 verlangt Y.________ unter anderem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss der Rechtsprechung zu Art. 108 Abs. 2 OG ist es im letztinstanzlichen Verfahren grundsätzlich unzulässig, nach Ablauf der Beschwerdefrist neue Beweismittel beizubringen, wenn, wie hier, kein zweiter Schriftenwechsel (Art. 110 Abs. 4 OG) angeordnet wurde. Zu berücksichtigen sind in der Regel nur Eingaben, welche dem Gericht innert der gesetzlichen Frist (Art. 106 Abs. 1 OG) vorliegen (BGE 127 V 357 Erw. 4a). Anders verhält es sich lediglich dann, wenn zu einem späteren Zeitpunkt unaufgefordert eingereichte Schriftstücke neue erhebliche Tatsachen oder schlüssige Beweismittel enthalten, welche eine Revision im Sinne von Art. 137 lit. b OG zu rechtfertigen vermöchten (BGE 127 V 357 Erw. 4b).
Die Eingabe des Beschwerdeführers vom 11. August 2006, in welcher er die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ergänzende Ausführungen macht, ist nicht zu berücksichtigen, da sie nach Ablauf der Beschwerdefrist gemacht wurde und keine neuen erheblichen Tatsachen oder schlüssigen Beweismittel enthält.
1.2 Das Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist grundsätzlich schriftlich (Art. 110 OG). Der Präsident kann zwar eine mündliche Parteiverhandlung anordnen (Art. 112 OG). Dies geschieht indessen nur ausnahmsweise, wenn der zu beurteilende Fall tatsächliche oder rechtliche Fragen aufwirft, die nicht allein auf Grund der Akten entschieden werden können (Urteil A. vom 22. Januar 2003, 4A.5/2002; RKUV 2003 Nr. KV 250 S. 222 Erw. 4.2.3 mit Hinweisen). Da der zu beurteilende Fall keine tatsächlichen oder rechtlichen Fragen aufwirft, die nicht in angemessener Weise auf Grund der Akten entschieden werden können, ist darauf und auf die persönliche Befragung des Beschwerdeführers zu verzichten.
1.3 Ein Antrag auf öffentliche Verhandlung im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK muss klar und unmissverständlich gestellt werden; das Begehren um eine persönliche Anhörung oder Befragung, ein Parteiverhör, eine Zeugeneinvernahme oder einen Augenschein stellt einen blossen Beweisantrag dar, dem nicht die Bedeutung eines Antrages auf konventionskonforme öffentliche Verhandlung zukommt (BGE 122 V 55 Erw. 3a). Zudem muss der Antrag frühzeitig gestellt werden (BGE 122 V 47). In diesem Sinne hat es das Eidgenössische Versicherungsgericht abgelehnt, einem ausserhalb des ordentlichen Schriftenwechsels erfolgten Antrag Folge zu leisten (nicht veröffentlichtes Urteil B. vom 4. September 1995 [U 190/93]; vgl. auch BGE 121 I 38 Erw. 5f und 41 Erw. 6a; ZBl 1995 S. 92 ff. Erw. 3d-f, je mit Hinweisen). Dies hat auch im vorliegenden Fall zu gelten.
2.
Der Beschwerdeführer ist gestützt auf Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG (in der seit 1. Juli 2003 geltenden Fassung) in der Anspruchsberechtigung einzustellen, wenn er die Bildungsmassnahme (Art. 60 Abs. 1 AVIG), welcher er sich in der Firma C.________ zu unterziehen hatte, durch sein Verhalten beeinträchtigte und dessen Leiter hinreichenden Anlass für den Abbruch des Kurses bot. Die Dauer der Einstellung ist verschuldensabhängig und beträgt bis zu 15 Tagen bei leichtem, 16 bis 30 Tage bei mittelschwerem und 31 bis 60 Tage bei schwerem Verschulden (Art. 30 Abs. 3 AVIG und Art. 45 Abs. 2 AVIV).
3.
3.1 Laut Angaben des Leiters des Kurses Modul 2 hat ihm der Versicherte bereits am ersten Tag Inkompetenz vorgeworfen und sich über mangelnde Information seitens des RAV bezüglich der Kursinhalte beklagt. Er sei mit der methodischen und didaktischen Vorgehensweise nicht einverstanden gewesen. Weiter habe er sich über das Fehlen von Pissoirs beschwert. Durch das negative Verhalten des Versicherten sei der Kurs gestört worden, weswegen er mit seinem Einverständnis dem Kurs Modul 3 (individuelles Coaching) zugewiesen worden sei. Dieser Lehrgang wurde seitens der Schule abgebrochen. Gemäss Angaben des zweiten Coaches zeigte sich der Versicherte aggressiv und verschlossen gegenüber Bewerbungsinstrumenten und -möglichkeiten, welche über die normale standardisierte Inseratenbewerbung hinausgingen. Als Argument habe er seine Erfahrung und die anscheinende Unkenntnis des Coaches gegenüber den Verhältnissen in der IT-Branche angeführt.
3.2 Das kantonale Gericht hat erwogen, aufgrund der Aussagen des Beschwerdeführers sei zu schliessen, dass er seinen Unmut über den ihm angebotenen Kurs, die angewandten Methoden, die Unzulänglichkeit des Kurses in Bezug auf seine eigene Situation und die mangelnde Infrastruktur deutlich zum Ausdruck gebracht habe. Dabei hätte ihm bewusst sein müssen, dass er mit der zahlreich angeführten Kritik den Unterricht zwangsläufig störte und die Zusammenarbeit in untragbarer Weise erschwerte. Die Vorinstanz erachtete dieses Verhalten als klar schuldhaft. Auch bezüglich des individuellen Coachings gehe aus den Angaben des Versicherten hervor, dass er zu stark auf seine eigenen Vorstellungen fixiert gewesen sei. Es hätte von ihm erwartet werden können, zu einer offenen Zusammenarbeit Hand zu bieten, zumal ihm eine Speziallösung offeriert worden sei. Dies sei indessen nicht der Fall gewesen, weswegen die Verwaltung zur Recht davon ausgegangen sei, dass der Beschwerdeführer mit seinem Verhalten den Abbruch der arbeitsmarktlichen Massnahme selbst verschuldet habe.
3.3 Der Beschwerdeführer bestreitet, den Kursablauf schuldhaft beeinträchtigt zu haben. Er bringt vor, der Schulungsleiter sei nicht genügend qualifiziert gewesen zur Feststellung der für ihn angemessenen Bewerbungsmethode. Er habe sich aggressiv und ausländerfeindlich verhalten. Zudem sei ihm die benötigte sprachliche Hilfe nicht erteilt worden und der Kursleiter habe sich wiederholt verspätet.
4.
4.1 Wie die Vorinstanz richtig festgestellt hat, war der Besuch des Kurses für den Beschwerdeführer durchaus zumutbar, zumal diesbezüglich die Anforderungen nicht hoch gesteckt werden dürfen. Insbesondere genügt es für die Annahme von Unzumutbarkeit nicht, dass der Versicherte in der angeordneten Schulungsmassnahme keinen oder nur wenig Sinn zu erblicken vermochte. Sein Verhalten hat zu wiederholten Störungen des Kurses geführt und dessen Durchführung beeinträchtigt. Durch den Wechsel in den Kurs Modul 3 wurde versucht, seinen Bedürfnissen durch ein Individualcoaching besser gerecht zu werden. Im Rahmen der Absprache über den Wechsel wurde der Vesicherte unbestrittenermassen auf die Konsequenzen eines Abbruchs - die Einstellung in der Anspruchsberechtigung - aufmerksam gemacht. Er war in diesem Sinne vorgewarnt, und es war unter diesen Umständen vom ihm zu erwarten, dass er in einer individuellen Beratung zu konstruktiver Zusammenarbeit bereit war, d.h. Offenheit gegenüber den verschiedenen Bewerbungsinstrumenten und den Methodenansätzen bei deren Umsetzung zeigte. Die Tatsache, dass er mit anderen Bewerbungsinstrumenten als der Inseratenbewerbung keinen Erfolg gehabt hatte, unterstreicht die Notwendigkeit der Umsetzung neuer Methoden, deren Durchführung der Kurs hätte vermitteln sollen. Da aufgrund der verschlossenen Haltung auch nach zwei von fünf Terminen kein konstruktives Zusammenarbeiten möglich war, machte die Fortführung des Kurses keinen Sinn. Der Abbruch des Kurses durch die Kursleitung erfolgte zu Recht und wurde durch den Versicherten verschuldet. Dies hat die Vorinstanz richtig erkannt. Sämtliche in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebrachten Einwendungen vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Insbesondere ist es nicht Aufgabe des Sozialversicherungsgerichts zu beurteilen, ob die Schule von der Arbeitslosenversicherung ein zu hohes Schulgeld verlangt hat. Ebenso wenig hat es die Qualität der Schule und der Kursleiter zu überprüfen.
4.2 Was die Dauer der Einstellung betrifft, ist diese in Berücksichtigung der gesamten objektiven und subjektiven Umstände und in Anlehnung an den "Einstellraster" des seco (Kreisschreiben über die Arbeitslosenentschädigung Januar 2003 Sanktionen [Teil D]), welcher bei Abbruch oder Nichtbesuch eines Kurses ohne entschuldbaren Grund auf die Dauer der Kurstage abstellt, im Rahmen der Ermessensprüfung (Art. 132 OG; vgl. BGE 123 V 152 Erw. 2 mit Hinweisen) nicht zu beanstanden. Bei Abbruch eines Kurses ohne entschuldbaren Grund entsprechen die Einstelltage bei weniger als 10 Kurstagen der effektiven Anzahl nicht besuchter Kurstage. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer zwei von fünf Terminen wahrgenommen. Die nicht besuchten Kurstage und dementsprechend die Einstelltage wären deren drei. Unter Berücksichtigung, dass der ursprüngliche Kurs 16 Tage gedauert hätte, und der Versicherte mit dem Wechsel ins Modul 3 eine Speziallösung offeriert bekommen hat, sind die 12 Einstelltage jedoch gerechtfertigt. Dies entspricht auch der Anzahl Einstelltage, die gemäss Einstellraster des seco bei Abbruch eines ca. dreiwöchigen Kurses zu verhängen sind.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg, Sozialversicherungsgerichtshof, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 14. September 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: