Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
[AZA 7] 
B 71/99 Vr 
 
III. Kammer 
 
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer; 
Gerichtsschreiber Widmer 
 
Urteil vom 14. November 2000 
 
in Sachen 
 
Y.________, 1938, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Pius Gebert, Oberer Graben 42, St. Gallen, 
 
gegen 
 
BVG-Sammelstiftung der Rentenanstalt Swiss Life, Vorsorgewerk der Raduner AG, General Guisan-Quai 40, Zürich, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, Weinfelden 
 
A.- Der 1938 geborene Y.________ war als Hilfsmaschinenführer in der Appretur der Firma X.________ & Co. AG tätig und über deren Vorsorgewerk bei der BVG-Sammelstiftung der Rentenanstalt Swiss Life (im Folgenden: Sammelstiftung) für die obligatorische berufliche Vorsorge versichert. Für die Folgen eines Unfalles, den er am 30. August 1989 erlitten hatte, sprach ihm die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt ab 1. April 1991 eine Invalidenrente bei einer Erwerbsunfähigkeit von 40 % zu. Die Invalidenversicherung ihrerseits gewährte ihm für die Zeit vom 1. August 1990 bis 31. Januar 1991 eine halbe Invalidenrente, vom 1. Februar 1991 bis 31. Mai 1992 eine Viertelsrente, ab 1. Juni 1992 bis 30. November 1993 wiederum eine halbe und ab 1. Dezember 1993 bei einem Invaliditätsgrad von 75 % eine ganze Invalidenrente. In der Folge erklärte sich die Sammelstiftung bereit, ab 1. Juli 1992 eine Invalidenrente aus der beruflichen Vorsorge entsprechend einem Invaliditätsgrad von 40 % auszurichten, während sie die weitergehenden Forderungen ablehnte, worauf Y.________ an das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau gelangte. In teilweiser Gutheissung der am 11. August 1998 erhobenen Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht die Sammelstiftung, dem Versicherten für die Zeit vom 1. August 1990 bis 31. Januar 1991 und vom 1. Juni bis 30. November 1992 sowie wiederum ab 1. Dezember 1993 eine halbe Invalidenrente, je nebst Kinderrente, Letztere befristet bis 30. Juni 1994, zuzüglich Zins zu 5 % ab 11. August 1998, zu bezahlen. 
 
B.- Y.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit den Begehren, unter teilweiser Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihm für die Zeit vom 1. Juni 1992 bis 30. November 1993 (statt bis 30. November 1992) eine Invalidenrente von 50 % samt Kinderrente sowie ab 1. Dezember 1993 eine volle Invalidenrente zuzusprechen. Ferner ersucht er um die Bewilligung der unentgeltlichen Verbeiständung. 
Die Sammelstiftung beantragt sinngemäss, in teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei dem Versicherten zusätzlich vom 1. Dezember 1992 bis 30. November 1993 eine halbe Invalidenrente samt entsprechender Kinderrente auszurichten; im Übrigen sei die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Die Vorinstanz hat die massgeblichen Bestimmungen über den Anspruch auf Invalidenleistungen der obligatorischen beruflichen Vorsorge (Art. 23 BVG), den Umfang der Invalidenrente (Art. 24 Abs. 1 BVG), den Beginn des Anspruchs auf Invalidenleistungen (Art. 26 Abs. 1 BVG), den Invaliditätsbegriff gemäss Art. 5 Ziff. 1 und 2 Satz 3 des Vorsorgereglements der Beschwerdegegnerin (in der ab 1. Januar 1985 gültigen Fassung) sowie die Voraussetzungen, unter denen die Vorsorgeeinrichtung nach der Rechtsprechung an die Invaliditätsbemessung der Invalidenversicherungs- Kommission (IV-Stelle) gebunden ist (BGE 120 V 108 f. Erw. 3c mit Hinweisen; siehe auch SZS 1999 S. 129), zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. 
 
2.- Die Zusprechung einer halben Invalidenrente sowie einer entsprechenden Kinderrente vom 1. Juni 1992 bis 30. November 1992 gemäss Dispositiv-Ziffer 1a und Erw. 2f des angefochtenen Entscheides entspringt einem offenbaren Versehen, das seinen Grund entsprechend den Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde in einem Schreibfehler in der Klageschrift vom 11. August 1998 hat. Denn laut Verfügungen der IV-Stelle des Kantons St. Gallen vom 7. Dezember 1995 wurde dem Versicherten für die Zeit vom 1. Juni 1992 bis 30. November 1993 eine halbe Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 50 % gewährt. Da im Invaliditätsgrad ab Dezember 1992 bis November 1993 keine Änderung eingetreten ist, kann der Beschwerdeführer auch für diesen Zeitraum eine halbe Invalidenrente beanspruchen. Der Entscheid der Vorinstanz ist daher in diesem Sinne zu berichtigen, was auch seitens der Beschwerdegegnerin anerkannt wird. 
 
3.- Zu prüfen bleibt die Höhe der dem Beschwerdeführer ab 1. Dezember 1993 zustehenden Invalidenrente. Massgebend ist diesbezüglich die Rechtsprechung, wonach Vorsorgeeinrichtungen, die wie die Beschwerdegegnerin gemäss Art. 5 Ziff. 1 und 2 Satz 3 ihres Reglements, vom gleichen Invaliditätsbegriff wie die Invalidenversicherung ausgehen, hinsichtlich des versicherten Ereignisses an die Invaliditätsbemessung der Invalidenversicherungs-Kommission (IV- Stelle) gebunden sind, es sei denn, dass diese sich als offensichtlich unhaltbar erweist (BGE 120 V 108 Erw. 3c mit Hinweisen). Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen legte der Verfügung vom 7. Dezember 1995, mit der sie dem Beschwerdeführer rückwirkend ab 1. Dezember 1993 eine ganze Invalidenrente zugesprochen hatte, einen Invaliditätsgrad von 75 % zu Grunde, wie ihn die Regionalstelle in St. Gallen gestützt auf einen Einkommensvergleich ermittelt hatte. Das kantonale Gericht legt nicht dar, inwiefern die Invaliditätsbemessung der Invalidenversicherung offensichtlich unhaltbar sein soll. Bei seiner Kritik an der Invaliditätsbemessung der IV-Stelle hat es anscheinend übersehen, dass für die Festlegung des Invaliditätsgrades nicht die geschätzte Arbeitsunfähigkeit, die im vorliegenden Fall rund 62 % betrug, sondern die Erwerbseinbusse massgebend ist. Nach dem Abklärungsbericht der Regionalstelle, auf den sich auch die Vorinstanz stützt, ist im Rahmen des Einkommensvergleichs dem hypothetischen Einkommen ohne Invalidität von Fr. 55'300. - ein Invalideneinkommen von Fr. 14'196. - im Jahr gegenüberzustellen, was einen Invaliditätsgrad von knapp 75 % ergibt, der den Anspruch auf eine ganze Rente der Invalidenversicherung begründet. Da kein Anlass besteht, hievon abzuweichen, hat auch die Beschwerdegegnerin dem Versicherten ab 1. Dezember 1993 eine volle Invalidenrente zu gewähren. 
 
4.- Für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht werden auf Grund von Art. 134 OG keine Gerichtskosten erhoben. 
Dem Ausgang des letztinstanzlichen Verfahrens entsprechend steht dem Versicherten eine Parteientschädigung zu (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 OG); damit erweist sich sein Antrag auf Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung als gegenstandslos. 
Für das kantonale Verfahren hat die Vorinstanz dem Versicherten eine reduzierte Parteientschädigung zugesprochen. Weil auf dem Gebiete der beruflichen Vorsorge kein bundesrechtlicher Anspruch auf Parteientschädigung für das erstinstanzliche Verfahren besteht (vgl. Art. 73 BVG), ist davon abzusehen, die Akten zu einer allfälligen Neufestsetzung der Parteientschädigung dem kantonalen Gericht zuzustellen. Hingegen ist es dem letztinstanzlich obsiegenden Beschwerdeführer unbenommen, mit Blick auf den Ausgang des Prozesses vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht bei der Vorinstanz einen entsprechenden Antrag zu stellen. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird Ziff. 1a des Entscheides des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 22. September 1999 dahingehend abgeändert, dass die Beschwerdegegnerin verpflichtet wird, dem Beschwerdeführer folgende Leistungen auszurichten: 
 
-Vom 1. Juni 1992 bis 30. November 1993 eine halbe Invalidenrente sowie eine entsprechende Kinderrente; 
-ab 1. Dezember 1993 eine volle Invalidenrente sowie eine entsprechende Kinderrente, Letztere befristet bis 30. Juni 1994. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III. Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500. - (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
 
IV.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
Luzern, 14. November 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: