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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6S.144/2005 /rom 
 
Beschluss vom 14. November 2006 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly, Karlen, Zünd, 
Gerichtsschreiber Boog. 
 
Parteien 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, 8090 Zürich, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
X.________, 
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Bernard Rambert, 
 
Gegenstand 
Strafzumessung (Art. 68 Abs. 2 StGB), 
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Geschworenengerichts des Kantons Zürich vom 4. Juni 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Das Geschworenengericht des Kantons Zürich erklärte X.________ mit Urteil vom 4. Juni 2004 des Mordes im Sinne von Art. 112 StGB schuldig und verurteilte ihn zu 17 Jahren Zuchthaus, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungs- und Sicherheitshaft, als Zusatzstrafe zum Urteil des Tribunale di Massa Carrara/I vom 2. April 1993 bzw. des Corte di Appello di Genova/I vom 26. November 1993. Von der Anklage des vollendeten Mordversuches im Sinne von Art. 112 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB sprach es ihn frei. Ferner verpflichtete das Geschworenengericht X.________, der hinterbliebenen Wittwe und dem Sohn des Opfers Genugtuungen in der Höhe von Fr. 60'000.-- bzw. Fr. 40'000.-- zuzüglich 5 % Zins seit dem 3. Dezember 1989 zu bezahlen. 
B. 
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der sie beantragt, das angefochtene Urteil sei wegen Verletzung von Art. 68 Ziff. 2 StGB aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
C. 
Das Geschworenengericht des Kantons Zürich beantragt in seinen Gegenbemerkungen sinngemäss die Abweisung der Beschwerde. X.________ schliesst in seiner Vernehmlassung ebenfalls auf Abweisung der Beschwerde. 
D. 
Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hat mit Zirkulationsbeschluss vom 30. Januar 2006 eine in derselben Sache geführte kantonale Nichtigkeitsbeschwerde abgewiesen, soweit es darauf eingetreten ist. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Bemessung der Zusatzstrafe. 
1.1 Die Vorinstanz gelangt bei der Strafzumessung nach sorgfältiger Abwägung sämtlicher Zumessungsgründe zum Schluss, dass für die Mordtat, sofern sie für sich allein zu beurteilen gewesen wäre, unter Würdigung aller Umstände eine Freiheitsstrafe von 17 Jahren Zuchthaus angemessen wäre (angefochtenes Urteil S. 180). 
 
Im Weiteren nimmt die Vorinstanz an, unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Jahre 1991 in Italien begangenen Straftaten, welche Gegenstand des Urteils des Tribunale di Massa Carrara/I vom 2. April 1993 bzw. des Corte di Appello di Genova/I vom 26. November 1993 bildeten, wäre als Gesamtstrafe eine lebenslängliche Zuchthausstrafe auszusprechen gewesen (angefochtenes Urteil S. 188). 
 
Bei der Festsetzung der Zusatzstrafe geht die Vorinstanz davon aus, dass das erkennende Gericht bei einer lebenslänglichen Gesamtstrafe hinsichtlich der Ausfällung einer Zusatzstrafe gänzlich frei sei, da es rein rechnerisch gesehen unmöglich sei, eine Freiheitsstrafe von 12 Jahren von einer lebenslänglichen Zuchthausstrafe abzuziehen. In Anbetracht aller Umstände erachtet sie es schliesslich für gerechtfertigt, das Strafmass der Zusatzstrafe auf 17 Jahre Zuchthaus festzusetzen (angefochtenes Urteil S. 189). 
1.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe, indem sie eine Zusatzstrafe von 17 Jahren Zuchthaus zu einer 12-jährigen Einsatzstrafe ausgefällt habe, die Strafzumessung nicht in Anwendung der strafgesetzlichen Regelung der retrospektiven Konkurrenz gemäss Art. 68 Ziff. 2 vorgenommen. Denn der Beschwerdegegner fahre mit dieser (endlichen) Zusatzstrafe eindeutig besser, als wenn alle ihm in Italien und der Schweiz zur Last gelegten Delikte in einem einzigen Urteil behandelt worden wären. Die lebenslängliche Zuchthausstrafe, von welcher die Vorinstanz bei der Festsetzung der Gesamtstrafe ausgehe, stelle nämlich eine unendliche Strafe dar, welche grundsätzlich bis zum Lebensende dauere. Dieser Feststellung widerspreche nicht, dass im Rahmen der Vollzugsregelung der zu lebenslänglich Verurteilte nach frühestens 15 Jahren im Sinne von Art. 38 Ziff. 1 Abs. 2 StGB bedingt aus dem Strafvollzug entlassen werden könne. Werde daher zu einer endlichen Grund- oder Einsatzstrafe eine ebenso endliche Zusatzstrafe - wie lange diese auch dauere - ausgefällt, obwohl bei gleichzeitiger Beurteilung eine lebenslängliche Zuchthausstrafe ausgefällt würde, so werde ein solcher Täter durch eine solche zweimalige Aburteilung besser gestellt. Um diese Folge auszuschliessen, müsse das Zweitgericht die Höchststrafe der lebenslänglichen Zuchthausstrafe ausfällen und die früher ausgesprochene Strafe als durch diese abgegolten erklären (Beschwerde S. 3). 
2. 
2.1 Der Kassationshof hat mit Urteil vom heutigen Tag eine vom Beschwerdegegner gegen die Zumessung der Zusatzstrafe erhobene eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde gutgeheissen, soweit er darauf eintrat, und das angefochtene Urteil aufgehoben. Die Nichtigkeitsbeschwerde der Beschwerdeführerin, die sich gegen denselben Punkt richtet, ist daher gegenstandslos geworden. 
2.2 Der Beschwerde wäre aber auch kein Erfolg beschieden, wenn auf sie einzutreten wäre. Dies ergibt sich daraus, dass die Vorinstanz für das Tötungsdelikt von Brusio - hätte sie es für sich allein beurteilt - eine zeitige Strafe von 17 Jahren Zuchthaus ausgesprochen hätte. Gegen diese Strafzumessung wendet sich die Beschwerdeführerin ausdrücklich nicht. Sie macht ausschliesslich eine Verletzung von Art. 68 Ziff. 2 StGB geltend. Dabei übersieht sie, dass die Vorinstanz eine lebenslängliche Zuchthausstrafe als Zusatzstrafe nur dann hätte ausfällen können, wenn sie diese Höchststrafe auch für das Tötungsdelikt für sich allein genommen für angemessen erachtet hätte. Andernfalls würde die Zusatzstrafe schärfer ausfallen, als wenn das Gericht die Strafe für die neu zu beurteilende Tat für sich allein zugemessen hätte, was der Strafzumessung in diesem Punkt widerspricht (vgl. auch Gegenbemerkungen der Vorinstanz S. 2). 
 
Dass die Vorinstanz unter den gegebenen Umständen keine lebenslängliche Zusatzstrafe ausgesprochen hat, verletzt daher kein Bundesrecht. Die Beschwerde wäre aus diesen Gründen abzuweisen. 
3. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden keine Kosten erhoben und ist dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners eine angemessene Parteientschädigung auszurichten. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird als gegenstandslos am Geschäftsverzeichnis abgeschrieben. 
2. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
3. 
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners wird für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet. 
4. 
Dieser Beschluss wird den Parteien und dem Geschworenengericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 14. November 2006 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: