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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
9C_362/2008 
 
Urteil vom 14. November 2008 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Borella, Seiler, 
Gerichtsschreiberin Amstutz. 
 
Parteien 
C.________, Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Dr. Marco Biaggi, 
St. Jakobs-Strasse 11, 4052 Basel, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 
4052 Basel, Beschwerdegegnerin, 
 
Pensionskasse Basel-Stadt, Clarastrasse 13, 4058 Basel. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt 
vom 27. Februar 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1962 geborene C.________ arbeitete seit Juni 1988 als Betriebsmitarbeiter im Unternehmen W.________, als er sich am 8. April 2003 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug (Rente) anmeldete. Die IV-Stelle Basel-Stadt klärte die beruflichen und medizinischen Verhältnisse ab und holte insbesondere die Gutachten des Dr. med. M.________, Spezialarzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 12. November 2004 und des Zentrums für Medizinische Begutachtung (ZMB) vom 25. April 2006 samt ergänzender Stellungnahme vom 15. August 2006 ein (Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit: Histrionische Persönlichkeitsstörung mit dissoziativer Störung gemischt [Konversionsstörung], leichter Intelligenzminderung, histrionisch-halluzinatorischen Wahrnehmungen; hypochondrische Störung). Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens sprach die Verwaltung dem Versicherten mit Verfügung vom 24. Mai 2007 rückwirkend ab 1. Februar 2003 eine halbe Invalidenrente und ab 1. Juni 2006 eine Dreiviertelsrente zu (je samt Zusatzrente für Ehegattin und Kinderrenten). 
 
B. 
In teilweiser Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde des C.________ hob das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt die Verfügung vom 24. Mai 2007 auf und wies es die Sache an die Verwaltung zurück, damit diese im Sinne der Erwägungen neu verfüge (Zusprechung einer halben Invalidenrente ab 1. Februar 2003 bis 30. Mai 2005 [Invaliditätsgrad: 50 %] und einer Dreiviertelsrente ab 1. Juni 2005 [Invaliditätsgrad im Juni 2005: 61 %; ab Juli 2005: 69 %]; Klärung der Bedürftigkeit und Neuverfügung über den Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung für das Vorbescheidverfahren). Im Übrigen wies es die Beschwerde ab. 
 
C. 
C.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem sinngemässen Rechtsbegehren, in teilweiser Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihm ab 1. Juli 2005 eine ganze Invalidenrente zuzusprechen. Des Weitern ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung für das letztinstanzliche Verfahren. 
 
Die IV-Stelle Basel-Stadt beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen und die mitinteressierte Pensionskasse Basel-Stadt haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Dabei legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG; Ausnahme: Beschwerden gemäss Art. 97 Abs. 2 BGG [Art. 105 Abs. 3 BGG]). Wie die Sachverhaltsfeststellung ist auch die vorinstanzliche Ermessensbetätigung im Verfahren vor Bundesgericht nur beschränkt überprüfbar. Eine Angemessenheitskontrolle (vgl. BGE 126 V 75 E. 6 S. 81 [zu Art. 132 lit. a OG]) ist dem Gericht verwehrt; es hat nur zu prüfen, ob die Vorinstanz ihr Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt, mithin überschritten, unterschritten oder missbraucht hat (vgl. BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). 
 
2. 
Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung der Leistungsstreitigkeit massgebenden materiellrechtlichen ATSG- und IVG-Bestimmungen (je in der bis Ende 2007 gültig gewesenen Fassung) sowie die einschlägige Rechtsprechung - insbesondere zur Ermittlung des trotz Gesundheitsschadens zumutbarerweise erzielbaren Einkommens (Invalideneinkommens) anhand der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen und zum sogenannten leidensbedingten Abzug vom statistischen Durchschnittslohn (vgl. BGE 134 V 322 E. 5.2 S. 327 f., 129 V 472 E. 4.2.1 S. 475 f. und E. 4.2.3 S. 481, 126 V 75 E. 3b S. 76 f., mit Hinweisen; AHI 2002 S. 67 ff., E. 4 [I 82/02]) - zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
3. 
Letztinstanzlich streitig und zu prüfen ist einzig der Invaliditätsgrad ab Juli 2005. Demgegenüber gibt die vorinstanzliche Invaliditätsbemessung für den Zeitraum davor gemäss Parteivorbringen zu keinerlei Beanstandungen tatsächlicher oder rechtlicher Art Anlass (Art. 105 Abs. 2 und Art. 95 BGG) und ist mangels ins Auge springender Sachverhalts- oder Rechtsfehler nicht darauf zurückzukommen (vgl. auch Art. 107 Abs. 1 BGG). 
 
3.1 Bezüglich der Ermittlung des Invaliditätsgrades ab Juli 2005 ist das ohne Gesundheitsschaden zumutbarerweise erzielbare Einkommen von Fr. 66'736.95 unbestritten. Ebenfalls ausser Frage steht, dass das Invalideneinkommen ab Juli 2005 ausgehend von einer Restarbeitsfähigkeit in leidensangepassten Tätigkeiten von 40 % sowie gestützt auf die statistischen Tabellenlöhne gemäss LSE (vgl. E. 2 hievor) zu bestimmen ist und hierbei ein Durchschnittseinkommen von Fr. 4588.- massgebender Ausgangswert bildet (LSE 2004: TA1/ TOTAL/Anforderungsniveau 4/Männer). Der Beschwerdeführer beanstandet letztinstanzlich einzig, dass die Vorinstanz den unter Berücksichtigung der betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit (41.6 Stunden) und der Nominallohnentwicklung 2004-2005 auf Fr. 57'763.60 erhöhten Tabellenlohn lediglich um einen leidensbedingten Abzug (vgl. E. 2 hievor) von 10 % - bei maximal zulässigen 25 % (BGE 134 V 322 E. 5.2 S. 327 f., mit Hinweis) - gekürzt hat, was ab Juli 2005 ein Invalideneinkommen von Fr. 20'794.90 ergab. Die Reduktion um 10 % lasse rechtsfehlerhaft die Tatsache ausser Acht, dass er bloss noch teilzeitlich arbeiten könne. Unter zusätzlicher Berücksichtigung dieses lohnmindernden Faktors müsse der Abzug auf mindestens 15 % beziffert werden, was ab Juli 2005 einen Invaliditätsgrad von über 70 % ergebe und den Anspruch auf eine ganze Invalidenrente begründe. 
3.2 
3.2.1 Die Frage, ob ein Abzug vorzunehmen sei, ist rechtlicher Natur; die Bestimmung der konkreten Höhe eines solchen Abzuges dagegen ist Ermessensfrage, die unter Herrschaft des BGG nur auf Ermessensunter- oder -überschreitung und -missbrauch als Formen rechtsfehlerhafter (Art. 95 lit. a BGG) Ermessensbetätigung hin überprüft werden kann (vgl. E. 2 hievor; BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399; vgl. auch BGE 134 V 322 E. 5.3 S. 328). 
3.2.2 Die Vorinstanz hat den gewährten 10%igen Abzug damit begründet, der - aus körperlicher Sicht für Tätigkeiten ohne stereotype Belastung des rechten Armes 100 % arbeitsfähige, psychisch bedingt jedoch um 50 % (bis Juni 2005) respektive 60 % (ab Juli 2005) eingeschränkte - Beschwerdeführer verfüge nur über geringe intellektuelle und psychische Ressourcen und sei zur Verwirklichung der Restarbeitsfähigkeit auf einen verständnisvollen Arbeitgeber angewiesen. Im Rahmen der Ermessensausübung nicht ausdrücklich gewürdigt hat das kantonale Gericht den Umstand, dass dem Versicherten bloss noch ein teilzeitlicher Arbeitseinsatz - ein 50 %-Arbeitspensum bei noch 40%iger Leistungsfähigkeit ab Juli 2005 - zumutbar ist. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers führt dies jedoch nicht zu einer letztinstanzlichen Ermessenskorrektur, wie sich aus Folgendem ergibt. 
3.2.3 Es trifft zu, dass teilzeitbeschäftigte Männer im Vergleich zu Vollzeitangestellten erfahrungsgemäss überproportional tiefer entlöhnt werden und die Rechtsprechung daher das Kriterium der Teilzeitarbeit bei der ermessensweisen Festsetzung des Abzugs vom Tabellenlohn als grundsätzlich beachtlich einstuft (vgl. BGE 126 V 472 E. 4.2.3 S. 481). In casu ist dem Beschwerdeführer nach den unbestrittenen Feststellungen der Vorinstanz eine 50 %-Anstellung (Halbtagesbeschäftigung) zumutbar, wobei dem bei diesem Beschäftigungsgrad ab Juli 2005 um 10 % reduzierten Leistungsvermögen mit der Anerkennung einer bloss 40%igen Arbeitsfähigkeit Rechnung getragen wird. Männer mit einem Beschäftigungsgrad von 50 % bis 74 % verdienten im hier massgebenden Anforderungsniveau 4 gemäss LSE 2002, Tabelle T8* (S. 28) 10.09 % weniger als vollzeitbeschäftigte Mitarbeiter (>=90 %), und die LSE 2006 weisen für dieselbe Gruppe einen durchschnittlichen Minderverdienst von 10.04 % aus (LSE 2006, T2*, S. 16); dementsprechend ist hier - mit Blick auf eine willkürfreie und rechtsgleiche Ermessensbetätigung (vgl. SVR 2008 IV Nr. 49 S. 163. E. 1.3 [9C_404/2007] mit weiteren Hinweisen) - ein Teilzeit-Abzug von rund 10 % zu gewähren. 
3.2.4 Im vorliegenden Fall rechtfertigt es sich indessen nicht, den erwähnten Abzug wegen Teilzeitarbeit zusätzlich zum vorinstanzlich anerkannten Abzug von 10 % zu berücksichtigen. Denn nebst dem Teilzeitstatus sind keine weiteren, sachbezogenen Gründe für einen Abzug ersichtlich. So erlauben die invaliditätsfremd geringen intellektuellen Fähigkeiten des in Hilfstätigkeiten (mit Ausnahme einer stereotypen Belastung des rechten Armes) körperlich uneingeschränkt einsatzfähigen Versicherten allein keinen Abzug; denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie zu einem unterdurchschnittlichen Valideneinkommen geführt haben, weshalb eine Parallelisierung im Rahmen von Art. 16 ATSG ausser Betracht fällt (vgl. BGE 134 V 322). Des Weitern sind die geringen psychischen Ressourcen des Versicherten mit der Anerkennung einer ausschliesslich psychisch bedingt 40%igen Restarbeitsfähigkeit (ab Juli 2005) sowie mit der zusätzlichen Gewährung eines Teilzeitabzugs von 10 % (E. 3.2.3 hievor) vollumfänglich berücksichtigt; eine weitergehende Anrechnung beim leidensbedingten Abzug lässt sich nicht halten, da sie nach dem vernehmlassungsweise zutreffend erhobenen Einwand der Beschwerdegegnerin einer unzulässigen doppelten Berücksichtigung derselben Einschränkung gleichkäme. Der Umstand schliesslich, dass der Beschwerdeführer auf einen verständnisvollen Arbeitgeber angewiesen ist, beschlägt in erster Linie die realen Chancen, auf dem freien Arbeitsmarkt eine (Teilzeit-) Arbeitsstelle zu finden und stellt kein anerkanntes eigenständiges Abzugskriterium dar. Vor diesem Hintergrund kann der Hinweis des kantonalen Gerichts, der Beschwerdeführer sei auf das Entgegenkommen eines verständnisvollen Arbeitgebers angewiesen, nur als implizite Anerkennung einer Lohnminderung wegen bloss teilzeitlicher Einsatzfähigkeit verstanden werden. Dass weitere, praxisgemäss relevante Kriterien wie Alter, Nationalität oder Dienstjahre einen Abzug vom statistischen Tabellenlohn zu begründen vermöchten, macht der Beschwerdeführer zu Recht nicht geltend. 
3.2.5 Kann nach dem Gesagten einzig ein Abzug von 10 % für Teilzeitarbeit (vgl. E. 3.2.3 hievor) gewährt werden, ist die vorinstanzliche Ermessensausübung - im Ergebnis - nicht missbräuchlich oder geradezu willkürlich, weshalb es dabei zu bleiben hat (vgl. E. 3.2.1 hievor). Dementsprechend ist auch der ansonsten nicht beanstandete Einkommensvergleich gemäss kantonalem Entscheid - mit einem ermittelten Invaliditätsgrad von aufgerundet 69 % ab Juli 2005 (Februar 2003 bis Mai 2005: 50 %; Juni 2005: 61 %) - zu bestätigen. 
 
4. 
Dem Prozessausgang entsprechend ist der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 BGG). Es wird ihm jedoch antragsgemäss - mit ausdrücklichem Hinweis auf die spätere Ersatzleistungspflicht gegenüber dem Gericht gemäss Art. 64 Abs. 4 BGG - die unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der vorläufigen Befreiung von den Gerichtskosten und der unentgeltlichen Verbeiständung gewährt, da die derzeitige Bedürftigkeit ausgewiesen ist, das Rechtsmittel keineswegs als aussichtslos gelten konnte und die anwaltliche Vertretung notwendig war (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen. 
 
4. 
Advokat Dr. Marco Biaggi, Basel, wird als unentgeltlicher Anwalt des Beschwerdeführers bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2500.- ausgerichtet. 
 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, der Ausgleichskasse Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 14. November 2008 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Meyer Amstutz