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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_876/2022  
 
 
Urteil vom 14. November 2022  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Gerichtsschreiber Matt. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Drohung, Hausfriedensbruch, Beschimpfung; Strafzumessung; Massnahme, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, vom 15. Juni 2022 (SST.2021.287). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 24. August 2021 verurteilte das Bezirksgericht Baden A.________ wegen mehrfacher Drohung, Hausfriedensbruchs und mehrfacher Beschimpfung zu 30 Tagessätzen Geldstrafe und ordnete eine stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 StGB an. Auf Berufung von A.________ hin reduzierte das Obergericht des Kantons Aargau am 15. Juni 2022 die Tagessatzhöhe von Fr. 30.-- auf Fr. 10.--, bestätigte aber im Übrigen das erstinstanzliche Urteil. 
 
B.  
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt die "sofortige Freilassung". 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1.  
 
1.1.1. Gemäss Art. 56 Abs. 1 StGB ist eine Massnahme anzuordnen, wenn eine Strafe alleine nicht geeignet ist, der Gefahr weiterer Straftaten des Täters zu begegnen (lit. a), ein Behandlungsbedürfnis des Täters besteht oder die öffentliche Sicherheit dies erfordert (lit. b) und die Voraussetzungen der Art. 59- 61, 63 oder 64 StGB erfüllt sind (lit. c). Eine stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 StGB zur Behandlung von psychischen Störungen ist anzuordnen, wenn der Täter psychisch schwer gestört ist, er ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, das mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang steht, und zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang stehender Taten begegnen (Art. 59 Abs. 1 StGB).  
D ie stationäre therapeutische Massnahme muss verhältnismässig sein (Art. 36 Abs. 2 und 3 BV; Art. 56 Abs. 2 StGB). Das Verhältnis mässigkeitsprinzip verlangt, dass die Massnahme geeignet ist, beim Betroffenen die Legalprognose zu verbessern. Weiter muss die Massnahme notwendig sein. Sie hat zu unterbleiben, wenn eine gleich geeignete, aber mildere Massnahme für den angestrebten Erfolg ausreichen würde. Schliesslich muss zwischen dem Eingriff und dem angestrebten Zweck eine vernünftige Relation bestehen (Verhältnismässigkeit im engeren Sinne). Das bedeutet, dass die betroffenen Interessen gegeneinander abgewogen werden müssen. 
Bei einer Prüfung des Zweck-Mittel-Verhältnisses fallen im Rahmen der Gesamtwürdigung auf der einen Seite insbesondere die Schwere des Eingriffs in die Freiheitsrechte des Betroffenen in Betracht. Auf der anderen Seite sind das Behandlungsbedürfnis sowie die Schwere und die Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten relevant (BGE 142 IV 105 E. 5.4; 137 IV 201 E. 1.2; Urteil 6B_321/2021 vom 27. Juli 2022 E. 3.3.1 f. mit Hinweisen). 
 
1.1.2. Die Beschwerde ist zu begründen, wobei anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids in gedrängter Form darzulegen ist, inwiefern dieser Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und 42 Abs. 2 Satz 1 BGG). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten einschliesslich des Sachverhalts wegen Willkür bestehen qualifizierte Rügeanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Willkürrüge ist in der Beschwerde präzise vorzubringen und substanziiert zu begründen, anderenfalls darauf nicht eingetreten wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 146 IV 114 E. 2.1; 145 I 26 E. 1.3; 144 V 50 E. 4.2; je mit Hinweisen). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (vgl. Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, deren Beweiswürdigung erweise sich als willkürlich (BGE 143 IV 241 E. 2.3.1; I 310 E. 2.2; je mit Hinweis). Der Entscheid muss nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich sein (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es unter Berücksichtigung der Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1; 134 I 65 E. 1.3).  
 
1.2. Die kantonalen Instanzen haben eine stationäre Massnahme angeordnet. Wie dem angefochtenen Urteil zu entnehmen ist, geschah dies aufgrund der gutachterlichen Diagnose eines paranoiden Zustandsbilds, welches sowohl einer "anhaltenden wahnhaften Störung", welche sich auf dem Boden einer paranoiden Persönlichkeitsstörung entwickelt habe, als auch einer symptomarm verlaufenden paranoiden Schizophrenie entsprechen könnte.  
Demnach liege, so die Vorinstanz, eine schwere psychische Störung vor. Diese habe gemäss Darstellung des Experten bereits zum Tatzeitpunkt bestanden und stehe mit den inkriminierten Taten im Zusammenhang. Ein tatpsychologischer Kausalzusammenhang mit den konsumierten Substanzen - Alkohol und Cannabinoide - dürfte hingegen marginal gewesen sein. Sodann sei zu erwarten, dass sich die Gefahr weiterer mit der psychischen Störung in Zusammenhang stehenden Taten mit einer stationären Massnahme begegnen lasse. Ohne Behandlung sei hingegen mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Rückfall in die bereits gezeigten Deliktskategorien zu erwarten. Bei Konflikteskalationen könne es ohne Behandlung zudem mit mittelhoher Wahrscheinlichkeit zu gewalttätigen Übergriffen kommen. Tödliche Aggressionen seien mit eher geringer Wahrscheinlichkeit zu erwarten, aber nicht auszuschliessen. Auch die Eignung einer stationären Massnahme zur Verhinderung weiterer Straftaten sei, zumindest in begrenztem Umfang, zu bejahen. Gegen eine paranoide Störung helfe eine konsequente antipsychotische respektive neuroleptische Behandlung. Aufgrund der fehlenden Therapiewilligkeit und Krankheitseinsicht des Beschwerdeführers sei eine kriminalprognostische Risikoreduktion auf Null wohl nicht möglich. Zu Beginn der Therapie sei zudem möglicherweise ein Sonderarrangement mit mehr oder weniger Einzelbetreuung nötig. Auch um eine Zwangsmedikation werde man wohl kaum herumkommen. Indes sei es durch die Medikamenteneinwirkung möglich, dass auch die inneren Widerstände gegen ein solches Verfahren aufgeweicht würden, sodass zu einem späteren Zeitpunkt mit besserer Kooperativität gerechnet werden könne. Eine ambulante Massnahme könne angesichts der mehr als nur dubiosen Motivationslage des Beschwerdeführers sicher nicht empfohlen werden, da auf diesem Wege kaum eine genügende therapeutische Einflussnahme möglich sei. Auch andere mildere Massnahmen wie ein Kontakt- oder Rayonverbot seien nach Ansicht des Gutachters keinesfalls erfolgsversprechend. 
Aufgrund der Eignung und Erforderlichkeit komme nur eine stationäre Massnahme in Frage, so die Vorinstanz abschliessend. Die Massnahme sei daher verhältnismässig. Dies gelte angesichts der mit einiger Wahrscheinlichkeit drohenden schweren Rechtsgutsverletzungen trotz des erheblichen Eingriffs in die Freiheitsrechte des Beschwerdeführers. 
 
1.3. Die Beschwerde erfüllt die qualifizierten bundesrechtlichen Begründungsanforderungen hinsichtlich Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG auch eingedenk einer bei Laienbeschwerden üblichen wohlwollenden Betrachtungsweise (vgl. dazu Urteile 6B_865/2020 vom 17. September 2020 E. 1.2; 6B_123/2019 vom 19. Juni 2019 E. 3.2; je mit Hinweisen) nicht. Ihr ist nicht einmal zu entnehmen, wie der Beschwerdeführer die beantragte Freilassung, richtig wohl die Entlassung aus der stationären Massnahme, begründet. Auch setzt er sich mit dem angefochtenen Entscheid nicht auseinander und legt nicht dar, inwiefern dieser Recht verletzt.  
Auf die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG nicht einzutreten. Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer - reduzierte - Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten von 1'200.--. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. November 2022 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Der Gerichtsschreiber: Matt