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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_639/2024  
 
 
Urteil vom 14. November 2024  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Merz, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kenad Melunovic Marini, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Auslieferung an Belgien, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, 
vom 24. Oktober 2024 (RR.2024.100). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Urteil vom 9. Februar 2018 bestätigte der Appellationshof Antwerpen (Belgien) eine gegen den niederländischen Staatsangehörigen A.________ verhängte Freiheitsstrafe von acht Jahren wegen Betäubungsmitteldelikten und Beteiligung an einer kriminellen Organisation. A.________ wurde im Schengener Informationssystem (SIS) zur Verhaftung ausgeschrieben, am 3. April 2024 in der Schweiz festgenommen und vom Bundesamt für Justiz (BJ) in Auslieferungshaft versetzt. 
Am 10. Mai 2024 empfing das BJ von Belgien ein Auslieferungsersuchen zwecks Vollstreckung der erwähnten Freiheitsstrafe. Mit Verfügung vom 18. Juli 2024 bewilligte es die Auslieferung und ordnete zudem an, dass die sichergestellten Gelder gestützt auf Art. 62 IRSG (SR 351.1) für die Deckung der Kosten des Auslieferungsverfahrens verwendet werden. 
Dagegen erhob A.________ Beschwerde an das Bundesstrafgericht. Er beantragte im Wesentlichen, die Auslieferung sei abzulehnen oder eventuell von einer Garantie Belgiens über die Einhaltung der Menschenrechte im Strafvollzug abhängig zu machen. Weiter verlangte er, es sei ein Gutachten zur aktuellen Situation in belgischen Gefängnissen zu erstellen und ein weiteres, rechtsmedizinisches, zu seiner eigenen Hafterstehungsfähigkeit unter Berücksichtigung der Zustände in belgischen Gefängnissen. In seiner Replik im Verfahren vor dem Bundesstrafgericht beantragte er zudem die Sistierung des Verfahrens und seine Entlassung aus der Auslieferungshaft. 
Mit Entscheid vom 24. Oktober 2024 wies das Bundesstrafgericht die Beschwerde ab, ebenso die Gesuche um Sistierung und Haftentlassung. 
 
B.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 4. November 2024 beantragt A.________, die Entscheide des Bundesstrafgerichts und des BJ seien aufzuheben, das Auslieferungsersuchen abzuweisen und er selbst aus der Auslieferungshaft zu entlassen. Eventualiter sei die Sache an das BJ oder das Bundesstrafgericht zurückzuweisen. 
 
Das Bundesgericht hat die Akten des vorinstanzlichen Verfahrens, einem Antrag des Beschwerdeführers entsprechend, beim Bundesstrafgericht eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde jedoch nicht angeordnet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unter den in Art. 84 BGG genannten Voraussetzungen zulässig. Im vorliegenden Fall geht es um eine Auslieferung und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. Weiter ist erforderlich, dass es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt. Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG; BGE 145 IV 99 E. 1 mit Hinweisen).  
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Ein besonders bedeutender Fall ist deshalb mit Zurückhaltung anzunehmen. Dem Bundesgericht steht insofern ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 145 IV 99 E. 1.2 mit Hinweisen). Ein besonders bedeutender Fall kann auch bei einer Auslieferung nur ausnahmsweise angenommen werden. In der Regel stellen sich insoweit keine Rechtsfragen, die der Klärung durch das Bundesgericht bedürfen, und kommt den Fällen auch sonst wie keine besondere Tragweite zu (BGE 134 IV 156 E. 1.3.4). 
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender Fall nach Art. 84 BGG vorliegt, so ist auch auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (BGE 145 IV 99 E. 1.5 mit Hinweisen). 
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet und es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3). 
 
1.2. Der Beschwerdeführer kritisiert in erster Linie die Zustände im belgischen Haftvollzug. Belgien ist ein EMRK-Vertragsstaat und gehört zu den Ländern, an welche die Schweiz Personen praxisgemäss ohne diplomatische Zusicherungen ausliefert (vgl. BGE 149 IV 376 E. 3.4 und die Hinweise in E. 5.1.5 des angefochtenen Entscheids). Das Bundesstrafgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass kein Anlass besteht, von dieser Praxis abzuweichen. Zwar sind die belgischen Gefängnisse gemäss dem jüngsten Bericht des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) überbelegt (vgl. E. 5.2 des angefochtenen Entscheids). Zum einen hat Belgien jedoch in den vergangenen Jahren konkrete Massnahmen ergriffen, um die Situation zu verbessern, zum andern hat die Überbelegung nicht ein Ausmass angenommen, das im Fall einer Auslieferung eine schwere Verletzung der Menschenrechte befürchten liesse (vgl. BGE 149 IV 376 E. 3.4; Urteil 1C_176/2014 vom 12. Mai 2014 E. 3.1.3 und 4.3 ff., in: SJ 2014 I S. 341; je mit Hinweisen). Auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid kann verwiesen werden.  
Zudem rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung elementarer Verfahrensgrundsätze durch das Bundesstrafgericht. Dieses hat seinen Entscheid allerdings hinreichend begründet. Insbesondere hat es dargelegt, dass die vagen Angaben des Beschwerdeführers zu angeblich drohenden Vergeltungsschlägen einer kriminellen Organisation kein Auslieferungshindernis darstellten. Der Beschwerdeführer behauptet zwar, das Bundesstrafgericht habe in dieser Hinsicht die eingereichten Unterlagen ignoriert; er legt jedoch nicht dar, worauf er sich genau bezieht. Auch verletzte das Bundesstrafgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör nicht, wenn es ablehnte, weitere Gutachten einzuholen. Die Situation im belgischen Strafvollzug ist hinreichend dokumentiert. Und weshalb ein Gutachten zur Frage der Hafterstehungsfähigkeit erforderlich sein sollte, ist nicht erkennbar. Der Beschwerdeführer setzt sich auch in dieser Hinsicht mit dem angefochtenen Entscheid kaum auseinander. Seine betreffenden Vorbringen sind teils schlicht eine (nicht als solche gekennzeichnete) Kopie der Erwägung 4.5 von BGE 148 IV 314. Es ist denn auch unklar, wie er zur Behauptung gelangt, er leide gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen und aktenkundigen Arztberichten an diversen somatischen und psychiatrischen Erkrankungen und seine Behandlung könne in Armenien [sic!] nicht problemlos fortgeführt werden. Dasselbe gilt für das Vorbringen, es sei auffällig, dass er sich aufgrund der Akten offenbar nicht in Auslieferungshaft befinde. 
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers handelt es sich vor diesem Hintergrund nicht um einen besonders bedeutenden Fall. Der angefochtene Entscheid überzeugt vollumfänglich. 
 
2.  
Nach dem Ausgeführten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
Der Beschwerdeführer hat ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt (Art. 64 BGG). Er hat seine finanziellen Verhältnisse jedoch nicht offen gelegt, weshalb nicht beurteilt werden kann, ob er nicht über die erforderlichen Mittel verfügt. Abgesehen davon erscheint seine Beschwerde auch als aussichtslos, wobei insofern zu berücksichtigen ist, dass er sich über weite Strecken nicht hinreichend mit dem angefochtenen Entscheid auseinandersetzt und zudem unbelegte, teils sogar offensichtlich falsche Behauptungen aufstellt. Sein Gesuch ist deshalb abzuweisen und die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens ihm aufzuerlegen (Art. 68 Abs. 1 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. November 2024 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Dold