Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B_645/2024
Urteil vom 14. November 2024
I. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
Bundesrichter Denys, von Felten,
Gerichtsschreiberin Frey Krieger.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Revisionsgesuch (Urkundenfälschung),
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 21. August 2024 (SR240010-O/U/bs).
Erwägungen:
1.
1.1. Mit Strafbefehl vom 13. Januar 2020 wurde der Beschwerdeführer wegen Urkundenfälschung schuldig gesprochen und mit einer bedingt ausgesprochenen Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je Fr. 30.-- bestraft. Der Strafbefehl erwuchs in Rechtskraft.
1.2. Auf das vom Beschwerdeführer mit Eingabe vom 15. Juli 2024 gestellte Revisionsgesuch trat das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 21. August 2024 nicht ein. Es erachtet sein Vorbringen, die Staatsanwaltschaft habe ihm für den Fall einer belastenden Aussage eine Verfahrenseinstellung in Aussicht gestellt, als gänzlich unbelegt gebliebene und damit nicht glaubhaft gemachte Behauptung, die überdies weder plausibel noch sinnmachend sei; zudem wäre es ihm offen gestanden, Einsprache gegen den Strafbefehl zu erheben. Weitgehend unklar bleibe sein Einwand einer unterbliebenen Belehrung betreffend ein "Aussagewiderrufsrecht". Eine solche sei nicht vorgesehen. Abgesehen davon mache der Beschwerdeführer erst gar nicht geltend, dass er seine Aussage im Nachhinein tatsächlich widerrufen hätte bzw. zeige er nicht konkret auf, dass und inwiefern der Strafbefehl vom 13. Januar 2020 auf einem falschen Sachverhalt beruhe. Ein rechtskräftiges Strafurteil könne nicht dadurch umgestossen werden, dass eine einvernommene Person sich nachträglich entscheide, schlichtweg einen anderen Standpunkt zu vertreten oder ihre Aussage pauschal zu widerrufen. Es sei kein Revisionsgrund zu erkennen und das Revisionsgesuch erweise sich als offensichtlich unbegründet.
2.
Der Beschwerdeführer wendet sich mit mehreren, fristgerecht eingereichten Eingaben (Art. 100 Abs. 1 BGG) an das Bundesgericht. Er macht unter anderem geltend, dass es auch in der Schweiz Korruption gebe, indes seine Erklärung, von der damaligen Staatsanwältin getäuscht worden zu sein, nicht "der springende Punkt" seiner Revision gewesen sei. Dieser liege vielmehr darin, dass es die Staatsanwältin unterlassen habe, ihn über sein "Recht der Aussagewiderrufung" zu belehren, womit Art. 32 Abs. 2 BV verletzt sei. Auch von seiner damaligen Anwältin sei er nicht über dieses Recht aufgeklärt worden.
3.
3.1. Wer als verurteilte Person durch einen rechtskräftigen Strafbefehl beschwert ist, kann gemäss Art. 410 Abs. 1 StPO die Revision verlangen, wenn neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch oder eine wesentlich mildere Bestrafung herbeizuführen (lit. a), wenn der Strafbefehl mit einem späteren Strafentscheid, der den gleichen Sachverhalt betrifft, in unverträglichem Widerspruch steht (lit. b) oder wenn sich in einem anderen Strafverfahren erweist, dass durch eine strafbare Handlung auf das Ergebnis des Verfahrens eingewirkt worden ist (lit. c).
3.2. Das Revisionsverfahren gliedert sich grundsätzlich in eine Vorprüfung ( Art. 412 Abs. 1 und 2 StPO ) und eine nachfolgende materielle Prüfung der geltend gemachten Revisionsgründe (Art. 412 Abs. 3 und 4 sowie Art. 413 StPO). Gemäss Art. 412 Abs. 2 StPO tritt das Gericht auf das Revisionsgesuch nicht ein, wenn es offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist oder wenn es mit den gleichen Vorbringen schon früher gestellt und abgelehnt wurde. Bei dieser vorläufigen und summarischen Prüfung sind grundsätzlich die formellen Voraussetzungen zu klären. Das Gericht kann aber auch einen Nichteintretensentscheid fällen, wenn die geltend gemachten Revisionsgründe offensichtlich unwahrscheinlich oder unbegründet sind (BGE 146 IV 185 E. 6.6; 144 IV 121 E. 1.8; Urteile 6B_593/2023 vom 26. Februar 2024 E. 2.4; 6B_907/2023 vom 27. September 2023 E. 1.3.3; 6B_698/2023 vom 6. Juli 2023 E. 2.2; 6B_1381/2022 vom 26. April 2023 E. 3.2.2).
3.3. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zu begründen (Art. 42 Abs. 1 BGG). In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Begründung muss sachbezogen sein und erkennen lassen, dass und weshalb nach Auffassung des Beschwerdeführers Recht verletzt ist (BGE 142 I 99 E. 1.7.1). Die beschwerdeführende Partei kann in der Beschwerdeschrift nicht bloss erneut die Rechtsstandpunkte bekräftigen, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, sondern hat mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz anzusetzen (BGE 146 IV 297 E. 1.2 mit Hinweisen). Eine qualifizierte Begründungspflicht gilt, soweit die Verletzung von Grundrechten einschliesslich Willkür behauptet wird (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 148 IV 39 E. 2.3.5). Die Bestimmungen von Art. 95 ff. BGG nennen die vor Bundesgericht zulässigen Beschwerdegründe. Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 39 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2; je mit Hinweisen).
4.
Der Beschwerdeführer vermag nicht darzutun, dass die Vorinstanz fälschlicherweise keinen Revisionsgrund erkennt, respektive sie zu Unrecht zum Schluss gelangt, das Revisionsgesuch erweise sich als offensichtlich unbegründet.
4.1. Insoweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 32 Abs. 2 BV rügt und dabei geltend macht, weder die Staatsanwältin noch seine eigene Vertreterin hätten ihn über sein "Recht der Aussagewiderrufung" belehrt, beruft er sich - zumindest sinngemäss - auf die Verletzung von (angeblichen) Verfahrensrechten. Dabei übersieht er zweierlei.
Einerseits, dass es sich beim geltend gemachten "Recht der Aussagewiderrufung" um keinen belehrungspflichtigen Aspekt im Sinne einer bundes- oder verfassungsrechtlich geschützten Verfahrensgarantie handelt. Verfahrensrechtlich massgebend ist, dass die beschuldigte Person rechtskonform (vgl. hierzu Art. 158 aber auch Art. 143 Abs. 1 lit. c StPO) und dabei namentlich und insbesondere darüber belehrt worden ist, dass sie die Aussagen und die Mitwirkung verweigern kann (Art. 158 Abs. 1 lit. b StPO). Ob und inwieweit sie sich in Kenntnis ihres Aussage- und Mitwirkungsverweigerungsrechts bereit erklärt, mitzuwirken und Aussagen zu machen, unterliegt allein ihrer Entscheidung; damit einhergehend und selbstredend ebenfalls, ob sie einmal getätigte Aussagen ergänzen, korrigieren oder gar widerrufen will.
Andererseits kann sich die Revision nur gegen materielle Urteilsgrundlagen richten. Verfahrensverstösse bzw. -mängel sind grundsätzlich nicht mittels Revision korrigierbar und ist namentlich die nachträgliche Erkenntnis über eine angeblich ungenügende Verteidigung als solche keine Tatsache im Sinne von Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO (BGE 145 IV 197 E. 1.1; Urteile 6B_593/2023 vom 26. Februar 2024 E. 2.2.1; 6B_965/2017 vom 18. April 2018 E. 4.2; 6B_1192/2020 vom 17. Januar 2022 E. 2.3.3; 6B_425/2014 vom 21. Juli 2014 E. 5; 6B_22/2018 vom 15. März 2018 E. 5; 6B_986/2013 vom 11. Juli 2014 E. 4.1).
4.2. Überdies gilt, dass ein Revisionsgesuch strengen Anforderungen an die Begründung zu genügen hat. Die Revisionsgründe und die Ziele sind zu benennen und damit auch, von welchem Beweisergebnis bzw. korrigiertem Sachverhalt aus Sicht des Gesuchstellers auszugehen ist. Widerspricht ein behauptetes Beweisergebnis seiner eigenen früheren Darstellung des Sachverhalts, besteht Erklärungsbedarf. Der Widerruf oder die Ergänzung früherer Aussagen der beschuldigten Person (aber auch von Zeuginnen und Zeugen) ist nur aufgrund von besonderen und einleuchtenden Umständen glaubhaft, die darzulegen sind (vgl. MARIANNE HEER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2023, N. 3 zu Art. 410 StPO, N. 7 zu Art. 411 StPO und N. 1 f. und 3 zu Art. 412 StPO; zum Widerruf eines Geständnisses und der Notwendigkeit des Vorliegens offensichtlicher neuer Tatsachen als Beweggrund für den Widerruf eines Geständnisses vgl. ebenfalls MARIANNE HEER, a.a.O., N. 58 zu Art. 410 StPO).
4.2.1. Die Vorinstanz erwägt, der Gesuchsteller zeige nicht konkret auf, inwiefern der Strafbefehl auf einem falschen Sachverhalt beruhe. Dass dieser vorinstanzliche Schluss falsch wäre, er mithin entgegen der Vorinstanz aufgezeigt hätte, von welchem korrigierten Sachverhalt aus seiner Sicht auszugehen wäre, tut der Beschwerdeführer nicht dar (Art. 42 Abs. 2 BGG) und ist auch nicht ersichtlich. Mithin ist und bleibt offen und unklar, ob der Gesuchsteller überhaupt Aussagen widerrufen wissen will (vgl. hierzu auch die Eingabe "Addendum Beschwerde vom 02.09.24") und falls dem so sein sollte, welche Aussagen hiervon konkret betroffen sind. Damit einhergehend bleibt ebenso unklar, von welchem korrigierten Sachverhalt aus seiner Sicht auszugehen wäre.
4.2.2. Schliesslich macht der Beschwerdeführer auch nicht geltend, dass er der Vorinstanz entgegen deren Erwägungen die Umstände dargelegt hätte, wegen welcher er seine Aussagen (allenfalls) widerrufen hat. Insofern er einen solchen Umstand trotzdem, das heisst obwohl er dies nicht als "springenden Punkt" seiner Beschwerde verstanden wissen will, in einer angeblich durch die Staatsanwältin in Aussicht gestellten Verfahrenseinstellung erkennt, ist mit der Vorinstanz nicht nachvollziehbar, weshalb es dem (anwaltlich vertretenen) Beschwerdeführer diesfalls nicht möglich gewesen wäre, Einsprache gegen den (trotzdem) erlassenen Strafbefehl zu erheben.
4.3. Insofern der Beschwerdeführer schliesslich kritisiert, lediglich anhand seiner Aussagen und damit ohne "eigenständigen" Beweis verurteilt worden zu sein, gehen seine Ausführungen nicht über eine abweichende Beweiswürdigung hinaus. Damit übersieht er, dass das Rechtsmittel der Revision nicht dazu dient, rechtskräftige Entscheide jederzeit infrage zu stellen oder frühere prozessuale Versäumnisse zu beheben (BGE 145 IV 197 E. 1.1). Auf sein Vorbringen ist folglich nicht weiter einzugehen. Nichts anderes gilt hinsichtlich der betreffend die vorinstanzlichen Richter geltend gemachten Befangenheit. Der Beschwerdeführer legt nicht ansatzweise anhand von objektiven Anhaltspunkten dar, was ihn zu einer solchen Annahme veranlasst (Art. 42 Abs. 2 BGG). Hierfür reicht nicht aus, dass sein Revisionsgesuch nicht in seinem Sinn entschieden worden ist (vgl. Urteil 6B_971/2010 vom 10. Mai 2011 E. 2.2.2). Umso weniger, als sich im angefochtenen Entscheid entgegen seinen Vorbringen keine Anhaltspunkte dafür finden, dass dieser nicht auf "objektiven Rechtsaspekten" beruhen würde.
5.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). In Berücksichtigung des relativ geringen Aufwandes ist eine Entscheidgebühr von Fr. 1'500.-- angemessen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. November 2024
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
Die Gerichtsschreiberin: Frey Krieger