Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
5A_632/2012
Urteil vom 14. Dezember 2012
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter L. Meyer, von Werdt,
Gerichtsschreiber Möckli.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Till Gontersweiler,
Beschwerdeführerin,
gegen
Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Renzo Guzzi,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Vorsorgliche Massnahmen im Scheidungsprozess,
Beschwerde gegen die Beschlüsse des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 6. Juli 2012.
Sachverhalt:
A.
Zwischen den rubrizierten Parteien ist das Ehescheidungsverfahren hängig. Am 30. Oktober 2008 stellte der Ehemann ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, welches am 27. Mai 2009 erst- und am 16. Februar 2010 zweitinstanzlich abgewiesen wurde mit der Begründung, dem Ehemann sei es möglich und zumutbar, die bestehenden Hypothekarschulden zur Tilgung der mutmasslichen Prozesskosten zu erhöhen.
B.
In der Folge ersuchte der Ehemann zwecks Finanzierung des Scheidungsprozesses um vorsorgliche Massnahmen mit dem Antrag, die Ehefrau sei zu verpflichten, ihre Zustimmung zur Erhöhung der Hypothek auf seinem Miteigentumsanteil an der Liegenschaft A.________ um Fr. 100'000.-- bzw. im Minimum um Fr. 40'000.-- zu geben; eventualiter ersuchte er um Verpflichtung der Ehefrau zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses von Fr. 40'000.--.
Mit Verfügung vom 20. Juli 2010 setzte das Bezirksgericht Meilen der Ehefrau eine Frist von 20 Tagen, um die notwendigen Mitwirkungshandlungen vorzunehmen, damit die auf der Liegenschaft der Parteien lastende Hypothek bei der Bank B.________ um Fr. 40'000.-- erhöht werden könne. Ferner ordnete das Bezirksgericht an, dass von diesem Betrag unverzüglich Fr. 10'000.-- an die Gerichtskasse zur Sicherstellung des Barvorschusses für das Beweisverfahren zu überweisen seien.
Gegen diese Verfügung erhoben beide Parteien Rekurs; die Ehefrau verlangte die Aufhebung der Verfügung, während der Ehemann ersuchte, die Ehefrau sei zu den nötigen Mitwirkungshandlungen für eine Erhöhung um weitere Fr. 60'000.-- zu verpflichten, so dass die Hypothek gesamthaft um Fr. 100'000.-- erhöht werden könne.
Mit Entscheid vom 6. Juli 2012 hat das Obergericht des Kantons Zürich den Rekurs der Ehefrau abgewiesen und denjenigen des Ehemannes teilweise gutgeheissen, indem es die Ehefrau verpflichtete, innerhalb von 20 Tagen die notwendigen Mitwirkungshandlungen (insb. Abgabe der erforderlichen Willensäusserungen gegenüber den zuständigen Personen) vorzunehmen, damit die auf der Liegenschaft der Parteien lastende Hypothek bei der Bank B.________ um den Betrag von Fr. 65'000.-- erhöht werden kann.
C.
Gegen diesen Entscheid hat die Ehefrau am 29. August 2012 eine Beschwerde in Zivilsachen eingereicht, mit welcher sie dessen Aufhebung und die Abweisung des Begehrens um Erlass vorsorglicher Massnahmen, eventualiter die Rückweisung der Sache an das Obergericht verlangt. Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
Erwägungen:
1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer Zivilsache mit Fr. 30'000.-- übersteigendem Streitwert; die Beschwerde in Zivilsachen ist mithin gegeben (Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b und Art. 75 Abs. 1 BGG ). Freilich geht es um vorsorgliche Massnahmen, weshalb nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden kann (Art. 98 BGG), wofür das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eintritt. Wird die Verletzung des Willkürverbots gerügt, reicht es sodann nicht aus, die Lage aus Sicht des Beschwerdeführers darzulegen und den davon abweichenden angefochtenen Entscheid als willkürlich zu bezeichnen; vielmehr ist im Einzelnen darzulegen, inwiefern das kantonale Gericht willkürlich entschieden haben soll und der angefochtene Entscheid deshalb an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246).
2.
Nach der Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Entscheid wurde die Ehe der Parteien mit Urteil vom 15. Dezember 2010 rechtskräftig geschieden. In Bezug auf die vermögensrechtlichen Nebenfolgen (Unterhalt und Güterrecht) focht der Ehemann das Scheidungsurteil an und das Obergericht wies das Verfahren diesbezüglich an die erste Instanz zurück.
Das Obergericht hat daraus gefolgert, dass die erstinstanzlich angeordnete Verpflichtung des Ehemannes zur Übertragung der Liegenschaft in das Alleineigentum der Ehefrau nicht in Rechtskraft erwachsen und er nach wie vor hälftiger Miteigentümer sei. Weiter hat es erwogen, dass vorsorgliche Massnahmen, welche sich auf Pflichten der ehelichen Gemeinschaft bezögen, weiterhin angeordnet werden könnten, wenn der Prozess über einzelne Scheidungsfolgen weitergeführt werde.
Das Obergericht hat sodann festgestellt, dass der Ehemann die Anwalts- und Gerichtskosten nicht aus seinen laufenden Einkünften decken könne und er auch nicht über freies Vermögen verfüge, weshalb er - wie bereits bei der obergerichtlichen Abweisung des Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege festgehalten - auf die Erhöhung der Hypothek bei der Bank B.________ angewiesen sei. Hierfür verlange die Bank die Zustimmung der Ehefrau, was diese verweigere. Ferner mache die Bank die Erhöhung der Hypothek auf dem Miteigentumsanteil des Beschwerdeführers davon abhängig, dass die bestehenden Sollschulden von rund Fr. 24'260.-- sichergestellt würden. Mithin sei der betreffende Betrag zu den mutmasslich anfallenden Gerichts- und Parteikosten hinzuzurechnen. Diese seien schon im Rekursentscheid vom 16. Februar 2010 auf Fr. 40'000.-- geschätzt worden und dieser Betrag sei (aufgrund einer detailliert vorgenommenen Berechnung) nach wie vor aktuell. Die Ehefrau sei demzufolge zu verpflichten, für eine Erhöhung der Hypothek um insgesamt Fr. 65'000.-- mitzuwirken.
3.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, es möge zwar sein, dass der Beschwerdegegner momentan formell noch als Miteigentümer der Liegenschaft im Grundbuch eingetragen sei und es möge auch sein, dass das Obergericht die Scheidungsnebenfolgen u.a. im Güterrechtspunkt an das Bezirksgericht zurückgewiesen habe. Es sei jedoch nicht zutreffend, dass der Beschwerdegegner tatsächlich Miteigentümer an der Liegenschaft sei. In der Entscheidbegründung lasse das Obergericht nämlich diejenige aus seinem früheren Beschluss vom 29. November 2011 völlig ausser Acht, in welchem es zum Schluss gekommen sei, dass die Liegenschaft ins Alleineigentum der Ehefrau zu übertragen sei. Indem es jetzt wenige Monate später davon ausgehe, dass der Beschwerdegegner tatsächlich Miteigentümer an der Liegenschaft sei, komme es zu einem Entscheid, welcher in klarem Widerspruch zur tatsächlichen Situation stehe. Das Obergericht sei deshalb in Willkür verfallen.
Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, es sei stossend, dass das Obergericht seinen früheren Ausführungen keinerlei Beachtung schenke, weil der angefochtene Entscheid anders ausgefallen wäre, wenn ihm der korrekte Sachverhalt zugrunde gelegt worden wäre. Das Obergericht hätte dann nämlich zum Schluss kommen müssen, dass der Beschwerdegegner die Hypothek mangels Verfügungsberechtigung gar nicht erhöhen könne, weil die Liegenschaft gemäss Beschluss vom 29. November 2011 in ihr Alleineigentum zu übertragen sei.
Schliesslich hält die Beschwerdeführerin dafür, dass es auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, mithin wiederum gegen Art. 9 BV verstosse, dass das Obergericht nunmehr zu einem ganz anderen Schluss als in seiner früheren Rechtsprechung komme, zumal das Bezirksgericht bei seinem Entscheid betreffend Güterrecht an den rechtskräftigen Beschluss vom 29. November 2011 gebunden sei und deshalb bereits jetzt feststehe, dass die Liegenschaft in ihr Alleineigentum übergehen werde.
All diesen um das stets gleiche Argument kreisenden Gedankengängen der Beschwerdeführerin ist nicht zu folgen. Wie sie selbst einräumt, ist das Güterrecht Gegenstand des noch hängigen Prozesses über die vermögensrechtlichen Scheidungsnebenfolgen und sind beide Parteien als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen. Für die Rechtszuständigkeit mit Bezug auf das Grundstück und die Hypothek ist offensichtlich die im Zeitpunkt des vorliegend angefochtenen Entscheides über die Zustimmungsverpflichtung gegebene Rechtslage bestimmend und nicht diejenige, wie sie voraussichtlich bestehen wird, wenn dereinst über den Güterrechtspunkt rechtskräftig entschieden sein wird. Was daran willkürlich sein soll, dass das Obergericht für den vorliegend interessierenden Entscheid betreffend vorsorgliche Massnahmen von der gegenwärtigen tatsächlichen Situation ausgegangen ist, bleibt unerfindlich.
4.
Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, dass sie entgegen der Ansicht des Obergerichts bei der Erhöhung der Hypothek sehr wohl schlechter gestellt werde als wenn sie dem Beschwerdegegner einen Prozesskostenvorschuss aus ihrem Vermögen leisten müsste, da absehbar sei, dass sie für die Verpflichtungen in Anspruch genommen werde. Dem Beschwerdeführer fehle es an einer genügenden Leistungsfähigkeit, um die Hypothekarzinsen zu bedienen; sie zahle diese denn auch seit Jahren allein, wie die Beschwerdebeilagen dokumentierten. Im Übrigen sei die Erhöhung der Hypothek nicht nur im Umfang der zu erwartenden Prozesskosten von Fr. 40'000.-- gewährt worden; vielmehr seien auch noch die Sollbestände bei der Bank B.________ von rund Fr. 24'260.-- hinzugeschlagen und die Aufnahme einer Darlehenssumme von insgesamt Fr. 65'000.-- erlaubt worden. Dadurch hafte sie für weitere Schulden des Beschwerdegegners in der Höhe von rund Fr. 25'000.-- mit, was nicht der Fall wäre, wenn sie zu einem Prozesskostenvorschuss aus eigenem Vermögen verpflichtet worden wäre. Auch insofern werde sie schlechter gestellt, umso mehr als die Zinsen auf Vermögen heutzutage um einiges tiefer seien als die zu bezahlenden Schuldzinsen.
Zunächst ist fraglich, ob die vorstehenden Ausführungen dadurch ihre an sich appellatorische Natur verlieren und zu tauglichen Willkürrügen werden, dass ganz am Schluss der Satz angehängt wird, indem das Obergericht all dies verkannt habe, sei es von einem falschen Sachverhalt ausgegangen und in Willkür verfallen. Ohnehin aber scheitert die Rüge bereits daran, dass die Beschwerdeführerin nicht dartut, ob und an welcher Stelle sie kantonal die Verpflichtung zu einem Prozesskostenvorschuss als mildere Massnahme verlangt hätte. Nur der Vollständigkeit halber sei deshalb erwähnt, dass die Ausführungen auch in den übrigen Belangen den an Willkürrügen zu stellenden Substanziierungsanforderungen nicht genügen: Inhaltlich geht es bei der anvisierten Aufnahme von Fr. 65'000.-- um einen Betrag, mit dem teilweise frühere Schulden abgelöst würden, in welcher Hinsicht folglich eine Umschuldung vorläge, und mit welchem der Beschwerdeführer im Umfang von Fr. 40'000.-- effektiv eine zusätzliche Verpflichtung einginge. Mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass sie in der Vergangenheit sämtliche Hypothekarzinsen bezahlt habe, ist noch nichts gesagt in Bezug auf die effektive Tragung der Schuldzinsen aus der neu einzugehenden Verpflichtung; Fakt ist einzig, dass sie im Namen des Beschwerdegegners eingegangen würde. Was sodann spezifisch die abgelösten früheren Schulden (Sollbestände bei der Bank B.________) anbelangt, legt die Beschwerdeführerin nicht dar, dass und inwiefern sie hierfür nicht ohnehin schon mitgehaftet hat; der blosse Hinweis auf einen allfälligen Parteikostenvorschuss ist hierfür jedenfalls ungenügend. Mit Bezug auf die zusätzlich aufzunehmenden Gelder ist schliesslich festzuhalten, dass der Beschwerdeführerin im betreffenden Umfang Aktivzinsen verlustig gingen, wenn sie stattdessen einen Prozesskostenvorschuss aus ihrem Vermögen leisten würde, und sie nicht detailliert substanziiert, inwiefern ihr daraus ein Schaden entstünde, welcher den angefochtenen Entscheid als unhaltbar erscheinen lassen würde.
Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, ob es sich bei den eingereichten Bankunterlagen, mit welchen die Beschwerdeführerin nachweisen will, dass in der Vergangenheit sie allein für die Hypothekarzinsen aufgekommen ist, um - wie sie behauptet - unechte Noven handelt, welche im Rahmen von Art. 99 Abs. 1 BGG in zulässiger Weise nachgereicht werden könnten.
5.
Im Zusammenhang mit der abschliessenden Bemerkung der Beschwerdeführerin, es treffe sie generell keine Beistandspflicht gegenüber dem Beschwerdegegner, zumal sich dieser während der Ehe unsolidarisch verhalten habe, werden keine verfassungsmässigen Rechte als verletzt angerufen, weshalb darauf nicht näher einzugehen ist.
6.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde in Zivilsachen abzuweisen ist, soweit auf sie eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Gegenpartei ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. Dezember 2012
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Hohl
Der Gerichtsschreiber: Möckli