Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_340/2018
Urteil vom 15. Januar 2019
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, von Werdt,
Gerichtsschreiberin Gutzwiller.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Mylène Cina
Beschwerdeführer,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Urban Carlen,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unterhaltsklage,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts
des Kantons Wallis, I. Zivilrechtliche Abteilung,
vom 2. März 2018 (C1 16 61).
Sachverhalt:
A.
A.a. A.________ (geb. 1974) und C.________ (geb. 1976) sind die nicht miteinander verheirateten und nicht gemeinsam wohnenden Eltern der B.________ (geb. 2013). Die Tochter lebt bei der Mutter.
A.b. Am 21. Oktober 2014 klagte B.________, handelnd durch ihre Mutter, vor Bezirksgericht Brig, Östlich-Raron und Goms gegen A.________ und verlangte von diesem einen Beitrag an ihren Unterhalt. Mit Urteil vom 17. Februar 2016 gab das Bezirksgericht dem Begehren nach und verpflichtete A.________, C.________ für den Unterhalt der gemeinsamen Tochter ab 1. September 2013 bis 31. Juli 2019 monatlich Fr. 450.--, danach bis 31. Juli 2025 Fr. 550.-- und anschliessend bis zur Volljährigkeit bzw. bis zum Abschluss einer ordentlichen Ausbildung der Tochter Fr. 650.-- zu bezahlen. Bei der Festlegung des Unterhaltsbeitrages ist das Bezirksgericht von einem monatlichen Nettoeinkommen des Vaters von Fr. 3'168.-- ausgegangen.
B.
Dagegen reichte B.________ Berufung beim Kantonsgericht des Kantons Wallis ein. A.________ erhob Anschlussberufung. In Gutheissung der Berufung verpflichtete das Kantonsgericht A.________ mit Urteil vom 2. März 2018, wie folgt an den Unterhalt seiner Tochter beizutragen: vom 1. September 2013 bis 31. Dezember 2016 monatlich Fr. 700.--, vom 1. Januar 2017 bis 31. Juli 2019 Fr. 1'225.-- (davon Fr. 525.-- als Betreuungsunterhalt), vom 1. August 2019 bis 31. Juli 2025 Fr. 987.50 (davon Fr. 137.50 als Betreuungsunterhalt), vom 1. August 2025 bis 31. Juli 2029 Fr. 1'000.-- und vom 1. August 2029 bis zur Volljährigkeit bzw. bis zum Abschluss einer ordentlichen Ausbildung Fr. 850.--. Allfällige von A.________ bezogene Kinder- und Ausbildungszulagen seien zusätzlich geschuldet. Bei alledem ist das Kantonsgericht von einem teils hypothetischen Einkommen des Vaters von Fr. 5'000.-- ausgegangen.
C.
Mit Beschwerde vom 18. April 2018 wendet sich A.________ (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht, dem er beantragt, ihn zu verpflichten, an den Unterhalt der B.________ (Beschwerdegegnerin) bis und mit Juli 2019 monatlich Fr. 450.--, danach bis und mit Juli 2025 Fr. 550.-- und anschliessend bis zur Volljährigkeit bzw. bis zum Abschluss einer ordentlichen Ausbildung der Tochter Fr. 650.-- zu bezahlen. Dabei sei von einem monatlichen Nettoeinkommen von Fr. 3'168.-- auszugehen.
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG), der den Kindesunterhalt, mithin eine vermögensrechtliche Zivilsache im Sinne von Art. 72 Abs. 1 BGG, zum Gegenstand hat. Die gesetzliche Streitwertgrenze (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) ist erreicht und der Beschwerdeführer ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 76 Abs. 1 BGG). Auf die rechtzeitig (Art. 100 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG) eingereichte Beschwerde ist demnach grundsätzlich einzutreten.
2.
Mit der Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht in diesem Bereich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dabei ist es an den festgestellten Sachverhalt grundsätzlich gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann einzig vorgebracht werden, sie seien offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweis), oder sie würden auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (z.B. Art. 29 Abs. 2 BV oder Art. 8 ZGB) beruhen. Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 141 IV 369 E. 6.3; 140 III 264 E. 2.3). Das bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend substanziierte Rügen nicht eintritt (BGE 142 III 364 E. 2.4 mit Hinweis). Ausserdem muss in der Beschwerde aufgezeigt werden, inwiefern die Behebung der vorerwähnten Mängel für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 137 III 226 E. 4.2 mit Hinweis). Auf rein appellatorische Kritik tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 142 III 364 E. 2.4 mit Hinweis).
3.
Umstritten ist einzig die Höhe des dem Beschwerdeführer anrechenbaren Einkommens.
3.1. In tatsächlicher Hinsicht hat das Kantonsgericht festgestellt, dass der Beschwerdeführer gelernter Metallbauschlosser sei, sich nach einem Unfall zum Shiatsu-Therapeuten habe umschulen lassen, zur Zeit als Selbständigerwerbender ein Wochenprogramm von total 18 Arbeitsstunden als Shiatsu-Therapeut absolviere und dabei monatlich netto Fr. 3'168.-- verdiene. Selbst wenn bei Selbständigerwerbenden nicht jede Stunde produktiv bzw. erwerbsmässig verwertbar sei, entsprächen die 18 Arbeitsstunden einem Halbtagesjob. Mit einem solchen dürfe sich ein Unterhaltspflichtiger, selbst wenn ihm dies aus persönlichen Gründen und Vorlieben bei der Lebensgestaltung an sich passen würde, nicht begnügen. Die persönliche Lebensgestaltung dürfe nicht zu Lasten des eigenen Kindes gehen. Vielmehr sei der Beschwerdeführer grundsätzlich verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit in jenem Umfang auszuüben, welche es ihm erlaube, seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber seiner Tochter nachzukommen. Anders als das Bezirksgericht hat das Kantonsgericht Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer sich ernsthaft bemüht, seine Tätigkeit als Shiatsu-Therapeut auszubauen. Konkrete Schritte und Bemühungen oder auch zwischenzeitliche Fortschritte in Bezug auf den behaupteten Aufbau habe der Beschwerdeführer keine genannt; solche seien weder aktenkundig noch fänden sich dafür irgendwelche Anhaltspunkte. Die Shiatsu-Therapie bilde zwar keine Pflichtleistung der obligatorischen Krankenversicherung. Immerhin sei sie aber in den Zusatzversicherungen der Krankenversicherer enthalten und geniesse als moderne "Fingerdruck-Therapie" mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten breite Akzeptanz. Daher sei ein Pensum von wenigstens 80 % ohne weiteres realisierbar. Mit einem solchen würde der Beschwerdeführer - hochgerechnet von den eingestandenen Fr. 3'168.-- pro Monat für ein Pensum von 50 % - monatlich netto Fr. 5'068.80 verdienen. Soweit es beim Aufbau der Shiatsu-Praxis aber tatsächlich geharzt haben sollte, wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, während der Aufbauphase eine andere, zusätzliche Erwerbsarbeit auszuüben, als Überbrückung gegebenenfalls eine weniger qualifizierte. Nach seinen eigenen Angaben sei der Beschwerdeführer am Montag und Dienstag jeder Woche in U.________ tätig. Für sein Minimalpensum in V.________ (65 Stunden im Jahr 2014, ausmachend 5 1/2 Stunden pro Monat) genüge ein weiterer Tag, so dass er an zwei Tagen, evtl. auch am Samstag, einer anderweitigen Arbeit nachgehen könnte. Eine Teilzeitarbeit im Verkauf würde es ihm beispielsweise ermöglichen, bei zunehmendem Erfolg als Shiatsu-Therapeut die Zusatztätigkeit langsam wieder abzubauen. Bei einem Pensum von 40 % als Verkäufer wäre es ihm möglich, monatlich wenigstens zusätzlich netto Fr. 1'600.-- zu verdienen. Dabei verweist das Kantonsgericht auf www.lohnrechner.ch für ungelerntes Kaufpersonal in V.________ sowie auf www.blick.ch/news/wirtschaft/loehne-im-detailhandel-hier-verdienen-sie-am-besten-id465861.html. So beliefe sich sein Monatseinkommen auf Fr. 4'768.-- (= Fr. 3'168.-- + Fr. 1'600.--). Der Beschwerdeführer habe bereits seit der Schwangerschaft gewusst, dass auf ihn als Vater finanzielle Verpflichtungen zukommen würden. Damit habe er weit mehr als ein halbes Jahr und damit ausreichend Zeit gehabt, um sich beruflich zu organisieren und soweit nötig neu zu orientieren. Deshalb sei ihm keine weitere Anpassungszeit zuzugestehen.
Für die Berechnung der Kinderunterhaltsbeiträge stellte das Kantonsgericht durchgehend auf ein Einkommen des Beschwerdeführers von Fr. 5'000.-- ab.
3.2. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, kommt das Kantonsgericht gestützt auf zwei voneinander unabhängige Begründungslinien zu seinem Ergebnis.
4.
Nach der Rechtsprechung, die das Bundesgericht für alle Matrimonialsachen entwickelt hat, darf das Gericht bei der Festsetzung von Unterhaltsbeiträgen vom tatsächlichen Leistungsvermögen der Unterhaltsberechtigten (wie auch des Unterhaltsverpflichteten) abweichen und stattdessen von einem hypothetischen Einkommen ausgehen, sofern es für den betroffenen Ehegatten, namentlich unter Berücksichtigung des Alters und der Berufsbildung, zumutbar und möglich ist, ein höheres als das tatsächlich erzielte Einkommen zu erreichen (zum Ganzen BGE 128 III 4 E. 4a). Ob einem Elternteil ein hypothetisches Einkommen zugemutet werden kann, ist Rechtsfrage. Die Zumutbarkeit beurteilt sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalls, namentlich mit Rücksicht auf das Alter, die Gesundheit, die Ausbildung und die persönlichen Fähigkeiten sowie mit Blick auf die Arbeitsmarktlage. Ob die Erzielung des Einkommens auch als tatsächlich möglich erscheint, ist hingegen Tatfrage, die durch entsprechende Feststellungen oder durch die allgemeine Lebenserfahrung beantwortet wird (BGE 137 III 118 E. 2.3, 102 E. 4.2.2.2). Auch letzternfalls müssen aber jene Tatsachen als vorhanden festgestellt sein, die eine Anwendung von Erfahrungssätzen überhaupt erst ermöglichen (BGE 128 III 4 E. 4c/bb mit Hinweisen). Um die Höhe des zumutbaren Einkommens zu ermitteln, kann der Richter beispielsweise die Lohnstrukturerhebungen des Bundesamtes für Statistik oder allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge heranziehen (s. Urteil 5A_201/2016 vom 22. März 2017 E. 8.1) und er darf im Sinne einer tatsächlichen Vermutung darauf schliessen, dass der betreffende Lohn im Einzelfall tatsächlich erzielbar ist (Urteil 5A_96/2016 vom 18. November 2016 E. 3.3.2 mit Hinweis).
Im Zusammenhang mit dem Erwerbseinkommen der unterhaltspflichtigen Partei hat das Bundesgericht vor kurzem klargestellt, dass ein hypothetisches Einkommen auch bei unverschuldeter Einkommensverminderung angerechnet werden kann, weil die gesetzliche Unterhaltspflicht zur Folge hat, dass der Pflichtige alles in seiner Macht Stehende unternehmen und insbesondere seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit voll ausschöpfen muss, um das erforderliche Einkommen zu generieren (Urteil 5D_183/2017 vom 13. Juni 2018 E. 4.1). Eltern müssen sich in beruflicher und unter Umständen auch örtlicher Hinsicht so ausrichten, dass sie ihre Arbeitskapazität maximal ausschöpfen können. Im Verhältnis zum unmündigen Kind sind besonders hohe Anforderungen an die Ausnützung der Erwerbskraft zu stellen (BGE 137 III 118 E. 3.1 mit Hinweis).
5.
Der Beschwerdeführer wirft dem Kantonsgericht vor, in mehrfacher Hinsicht den Sachverhalt unrichtig festgestellt zu haben.
5.1. Zum Thema (unterlassener) Ausbau der Praxistätigkeit äussert sich der Beschwerdeführer widersprüchlich. Zum einen scheint er an seinem Standpunkt festzuhalten, wonach sich seine Shiatsu-Praxis im Aufbau befinde, indem er dem Kantonsgericht vorhält, es hätte auf die Lohnstrukturerhebung 2012 des Bundesamtes für Statistik BFS für einen Shiatsu-Therapeuten im Alter des Beschwerdeführers und mit abgeschlossener Berufsbildung bei einer Wochentätigkeit von 18 Stunden (Bruttolohn Fr. 3'439.--) abstützen müssen, womit es zum Schluss gekommen wäre, dass er, der Beschwerdeführer, entsprechend der Aufbauphase der Praxis ausgelastet sei. Zum anderen führt er aus, ein Arbeitspensum von 36 Stunden bedeutete, dass er durchgehend 7,2 Stunden pro Tag behandeln müsste, was "physisch nur schwer machbar" sei und überhaupt sei er "mit seiner Arbeit als Therapeut ausgelastet".
Soweit der Beschwerdeführer mit letzterer Aussage behaupten will, eine Erhöhung seines Arbeitspensums auf 36 Stunden sei von vornherein nicht möglich, begnügt er sich mit einer Schilderung seiner Sicht der Dinge, ohne klar und detailliert aufzuzeigen, weshalb die diesbezügliche tatsächliche Feststellung der Vorinstanz offensichtlich unrichtig sein soll. Darauf ist nicht einzutreten (E. 2).
Zum Vorhalt der Vorinstanz, er bemühe sich nicht ernsthaft um den Ausbau seiner Tätigkeit als Shiatsu-Therapeut, konkrete Schritte und Bemühungen oder auch zwischenzeitliche Fortschritte in Bezug auf den behaupteten Aufbau seien keine genannt, seien weder aktenkundig noch fänden sich dafür irgendwelche Anhaltspunkte, äussert sich der Beschwerdeführer nicht.
Damit bleibt es beim vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt. Die Anwendung des Rechts auf diesen stellt der Beschwerdeführer nicht infrage. Damit erweist sich die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet.
5.2. Erweist sich eine von mehreren voneinander unabhängigen und den Entscheid tragenden Begründungslinien als bundesrechtskonform, siegelt dies das Schicksal der Beschwerde und muss das Bundesgericht nicht noch prüfen, ob auch die andere Begründung (hier: die Möglichkeit, teilzeitlich im Verkauf ein Zusatzeinkommen zu generieren) mit dem Gesetz vereinbar ist.
6.
Gestützt auf die vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ergebnis sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Wallis, I. Zivilrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 15. Januar 2019
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Herrmann
Die Gerichtsschreiberin: Gutzwiller