Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
[AZA 7] 
I 36/01 Gb 
 
III. Kammer 
 
Präsident Borella, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; 
Gerichtsschreiber Jancar 
 
Urteil vom 15. März 2002 
 
in Sachen 
L.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch den Rechtsdienst für Behinderte, Schützenweg 10, 3014 Bern, 
 
gegen 
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
A.- Die 1953 geborene L.________ bezog seit 1. Oktober 1991 eine halbe Härtefallrente gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 44 % (Verfügung der Eidgenössischen Ausgleichskasse vom 12. März 1992). Im Rahmen eines Revisionsverfahrens wurde dieser Rentenanspruch gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 42,5 % bestätigt (Verfügung der IV-Stelle Bern vom 26. Mai 1994). Beide Mal ging die Verwaltung davon aus, dass die Versicherte als Gesunde zu 75 % erwerbstätig und zu 25 % im Haushalt tätig wäre. Mit Verfügungen vom 1. und 2. Juli 1996 sprach die IV-Stelle Bern der Versicherten ab 1. Januar 1994 gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 42 % eine Viertelsrente zu und forderte von ihr für die Zeit von Januar 1994 bis Mai 1996 Fr. 11'676.- zu viel bezogene Leistungen zurück, da wegen der im Jahre 1993 erfolgten, nicht gemeldeten Ehescheidung die Härtefallvoraussetzungen nicht mehr erfüllt seien. Die gegen die beiden letzteren Verfügungen von der Versicherten beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern angehobenen Prozesse wurden bis zum Abschluss des im September 1995 per 
1. November 1995 von Amtes wegen eingeleiteten Rentenrevisionsverfahrens sistiert. Im Rahmen dieses Revisionsverfahrens holte die IV-Stelle verschiedene Arztberichte sowie Gutachten des Spitals X.________, Rheumaklinik (vom 21. Mai 1996 und 13. Februar 1998) und des Dr. med. B.________, Psychiatrie Psychotherapie FMH (vom 31. Juli 1998), ein. 
Zudem liess sie eine Haushaltsabklärung durchführen (Bericht vom 7. Oktober 1998). Gestützt auf diese Unterlagen bestätigte die IV-Stelle den Anspruch der Versicherten auf eine Viertelsrente. Dabei ging sie davon aus, dass die Versicherte als Gesunde zu 75 % erwerbstätig und zu 25 % im Haushalt tätig wäre und ermittelte für die Erwerbstätigkeit eine Einschränkung von 50 % und für die Tätigkeit im Haushalt eine solche von 38 %, was eine Gesamtinvalidität von 47 % ergab (Verfügung vom 7. Mai 1999). 
 
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde mit dem Antrag auf Zusprechung einer halben Invalidenrente ab 1. Oktober 1995 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 23. November 2000 ab. 
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei ihr ab 1. Oktober 1995 anstelle der Viertelsrente eine halbe Invalidenrente zuzusprechen. Sie legt einen Bericht des Hausarztes Dr. med. E.________, Facharzt FMH für Allgemeinmedizin, vom 9. Januar 2001 auf. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und die Grundsätze über den Invaliditätsbegriff (Art. 4 Abs. 1 IVG), die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG), die Invaliditätsbemessung bei erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 104 V 136 Erw. 2a und b), bei nichterwerbstätigen Versicherten nach der spezifischen Methode (Art. 5 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 IVV; BGE 104 V 136 Erw. 2a) und bei Teilerwerbstätigen nach der gemischten Methode (Art. 27bis Abs. 1 IVV; BGE 104 V 136 Erw. 2a) sowie über die Festlegung der Gesamtinvalidität bei teilerwerbstätigen Versicherten (BGE 125 V 149 Erw. 2b mit Hinweisen) richtig wiedergegeben. Beizupflichten ist des Weiteren den vorinstanzlichen Erwägungen hinsichtlich der Praxis bezüglich der geistigen Gesundheitsschäden (BGE 102 V 165; AHI 2001 S. 228 Erw. 2b mit Hinweisen), der Revision einer Invalidenrente (Art. 41 IVG; BGE 117 V 199 Erw. 3b; AHI 1997 S. 288 Erw. 2b), der hierbei zu vergleichenden Sachverhalte (BGE 109 V 265 Erw. 4a) sowie des Beweisgrades der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 125 V 150 Erw. 2c, 195 Erw. 2 mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen. 
 
2.- a) Ab 1. Oktober 1991 bezog die Beschwerdeführerin eine halbe Härtefallrente gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 44 % (Verfügung vom 12. März 1992) bzw. 42,5 % (Verfügung vom 26. Mai 1994). Beide Mal ging die Verwaltung davon aus, dass die Versicherte als Gesunde zu 75 % erwerbstätig und zu 25 % im Haushalt tätig wäre. 
Im Streite liegt die Zusprechung einer Viertelsrente auf Grund des im September 1995 eingeleiteten Revisionsverfahrens (Verfügung vom 7. Mai 1999). Ausser Frage steht, dass die Härtefallvoraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. 
Hingegen ist streitig und zu prüfen, welche Bemessungsmethode der revisionsweisen Überprüfung des Rentenanspruchs zu Grunde zu legen ist. Während die Versicherte geltend macht, ohne den Gesundheitsschaden wäre sie spätestens seit Herbst 1995 voll erwerbstätig (Art. 27bis Abs. 2 IVV), erachten Verwaltung und Vorinstanz die nach Art. 27bis Abs. 1 IVV für Teilerwerbstätige massgebende gemischte Methode der Invaliditätsbemessung bei einer 75%igen Erwerbstätigkeit und einer 25%igen Haushaltsarbeit weiterhin als anwendbar. 
 
b) aa) Unbestritten ist trotz Fehlens eines entsprechenden Vermerks im Haushaltabklärungsbericht vom 7. Oktober 1998, dass die Versicherte gegenüber der Abklärerin angab, sie würde als Gesunde vollerwerbstätig sein, da ihr Sohn seit mehreren Jahren unabhängig sei. 
 
bb) In persönlicher und familiärer Hinsicht ergibt sich, dass die 1953 geborene Versicherte am 28. Juni 1974 heiratete. Am 27. Oktober 1976 gebar sie den Sohn Y.________. Im Jahre 1988 wurde ihre Ehe getrennt und im November 1993 schliesslich geschieden, wobei der Sohn unter ihre Obhut bzw. elterliche Gewalt gestellt wurde. Seit 
1. August 1974 arbeitete die Beschwerdeführerin zu 50 % als Verwaltungsbeamtin beim Bund. Ab 18. Februar 1992 war sie gesundheitsbedingt nicht mehr erwerbstätig. Im Herbst 1995 schloss der Sohn die 2-jährige Verkehrsschule ab und begann eine dreijährige Lehre. Seit Ende 1998 wohnt er nicht mehr bei der Versicherten. 
Die Beschwerdeführerin war mithin vor Eintritt des Gesundheitsschadens trotz Belastung durch den ehelichen Haushalt und die Kindesbetreuung immer zu 50 % erwerbstätig. Im Rahmen der erstmaligen Rentenzusprechung (Verfügung vom 12. März 1992) ging die Verwaltung davon aus, dass die Beschwerdeführerin ohne Gesundheitsschaden nach der Trennung von ihrem Ehemann die Erwerbstätigkeit auf 75 % erhöht hätte, obwohl sie bereits damals Unterhaltsbeiträge bezog. Bei dieser Sachlage besteht Grund für die Annahme, dass die seit 1993 geschiedene Versicherte nach dem Schulabschluss des 19-jährigen Sohnes im Herbst 1995 als gesunde 42-jährige Frau mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Steigerung der Erwerbstätigkeit von 75 % auf 100 % vorgenommen hätte. 
 
 
c) Was die Vorinstanz hiegegen vorbringt, ist nicht stichhaltig genug. 
 
aa) Irrelevant ist das Argument, die Beschwerdeführerin habe im Rahmen der Vorbereitung der Verfügung vom 26. Mai 1994 nicht vorgebracht, ihr Status habe sich verändert, obwohl ihr Sohn bereits damals 17 1/2 Jahre alt und damit weitgehend selbstständig gewesen sei. Denn die Versicherte macht glaubhaft geltend, sie hätte als Gesunde erst nach dem Schulabschluss des Sohnes im Herbst 1995 die volle Erwerbstätigkeit aufgenommen. 
 
 
bb) Weiter legt die Vorinstanz unter Hinweis auf die Berechnung der IV-Stelle dar, auf Grund der finanziellen Verhältnisse hätte keine Notwendigkeit für eine ganztägige Erwerbstätigkeit bestanden. 
Gemäss Berechnung der IV-Stelle betrug das Ausgabenbudget der Versicherten im Jahre 1999 nach den SKÖF/SKOS-Richtlinien unbestrittenermassen Fr. 3542.-. Als Verwaltungsbeamtin beim Bund verdiente sie im Jahr 1991 ohne Gesundheitsschaden bei einem 50%igen Einsatz brutto Fr. 29'020.- inkl. Anteil 13. Monatslohn. Im Jahre 1999 hätte der entsprechende Lohn bei einer 75%igen Tätigkeit monatlich brutto Fr. 3747.- betragen (Fr. 29'020.- x1,5 : 
100 x 111, 9 [Nominallohnentwicklung in der öffentlichen Verwaltung von 1992 bis 1999, vgl. Die Volkswirtschaft 1997, Heft 12, S. 28 Tabelle B10. 2, und 2001, Heft 10, S. 101 Tabelle B10. 2] : 13). Mit dem hieraus resultierenden Nettolohn hätte die Versicherte ihre Ausgaben mithin nicht decken können. 
Verwaltung und Vorinstanz rechnen der Versicherten auf der Einnahmenseite die monatlichen Unterhaltsbeiträge von Fr. 1500.- aus der Scheidung vom 11. November 1993 an. Die Versicherte ging im Scheidungszeitpunkt aus gesundheitlichen Gründen keiner Erwerbstätigkeit mehr nach. Steht jedoch fest, dass sie damals als Gesunde zu 75 % erwerbstätig gewesen wäre, so ist - wie sie unbestrittenermassen vorbringt - anzunehmen, dass ihr diesfalls tiefere Unterhaltsbeiträge zugesprochen worden wären. Aber selbst wenn die Alimente Fr. 1500.- betragen hätten, ist der Wunsch der Versicherten nach einem finanziellen Spielraum nachvollziehbar. 
Schliesslich ist festzuhalten, dass die ökonomische Notwendigkeit einer Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit nur eines von mehreren zu berücksichtigenden Kriterien ist. Auch wenn es sich vorliegend um einen Grenzfall handelt, sprechen die persönlichen und familiären Verhältnisse der Beschwerdeführerin insgesamt doch für die Annahme, dass sie als Gesunde ab Herbst 1995 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer vollen Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre. 
 
cc) Schliesslich ist es auf Grund der dargelegten Umstände nicht ausschlaggebend, dass sich die Versicherte bisher nicht bemüht hat, im Rahmen der ihr verbliebenen Restarbeitsfähigkeit von 50 % eine Arbeitsstelle zu finden, zumal auf Grund des Berichts des Dr. med. E.________ vom 9. Januar 2001 nicht auszuschliessen ist, dass sie es sich aus gesundheitlichen Gründen nicht zutraut. 
 
 
3.- Da die Invaliditätsbemessung nach der Einkommensvergleichsmethode durchzuführen ist und der Invaliditätsgrad im erwerblichen Bereich nach den Feststellungen der IV-Stelle unbestrittenermassen 50 % beträgt, ist der Anspruch der Versicherten auf eine halbe Invalidenrente zu bejahen. 
Da die Rentenrevision von Amtes wegen eingeleitet und per 1. November 1995 vorgesehen wurde, erfolgt die Rentenerhöhung ab diesem Zeitpunkt (Art. 88bis Abs. 1 lit. b IVV). 
 
4.- Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend steht der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 OG; SVR 1997 IV Nr. 110 S. 341 Erw. 3). 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden 
der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons 
Bern vom 23. November 2000 und die Verfügung der 
IV-Stelle Bern vom 7. Mai 1999 aufgehoben, und es wird 
festgestellt, dass die Versicherte ab 1. November 1995 
Anspruch auf eine halbe Invalidenrente hat. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Die IV-Stelle Bern hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 700.- (einschliesslich 
 
 
Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
 
IV. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses 
 
 
zu befinden haben. 
 
V. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht 
des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche 
Abteilung, der Eidgenössischen Ausgleichskasse und dem 
Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 15. März 2002 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: