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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 241/05 
 
Urteil vom 15. März 2006 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber Hochuli 
 
Parteien 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
N.________, 1970, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin Christine Fleisch, Langstrasse 4, 8004 Zürich 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 14. Juni 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Verfügung vom 15. Oktober 2004 stellte die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) die bisher aufgrund eines Unfalles vom 5. Juni 2003 an N.________, geboren 1970, ausgerichteten Leistungen ein, was sie mit Einspracheentscheid vom 18. Januar 2005 bestätigte. 
B. 
Auf die dagegen erhobene Beschwerde trat das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Zwischenentscheid vom 14. Juni 2005 ein, lehnte eine Sistierung des Verfahrens ab und setzte der SUVA Frist zur materiellen Stellungnahme, nachdem diese vorher Nichteintreten auf das Rechtsmittel wegen verspäteter Eingabe geltend gemacht hatte. 
C. 
Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, den vorinstanzlichen Entscheid aufzuheben. 
 
N.________ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, während das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Eidgenössische Versicherungsgericht letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 97, 98 lit. b-h und 98a OG auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Hinsichtlich des Begriffs der mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbaren Verfügungen verweist Art. 97 OG auf Art. 5 VwVG. Nach Art. 5 Abs. 1 VwVG gelten als Verfügungen Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen (und im Übrigen noch weitere, nach dem Verfügungsgegenstand näher umschriebene Voraussetzungen erfüllen). Verfügungen im Sinne dieser Umschreibung können nach dem Wortlaut des zweiten Absatzes von Art. 5 VwVG auch Zwischenverfügungen sein, insoweit sie den Anforderungen des vorangehenden ersten Absatzes entsprechen. Zudem verweist Art. 5 Abs. 2 VwVG bezüglich der Zwischenverfügungen auf Art. 45 des gleichen Gesetzes, laut dem nur solche Zwischenverfügungen anfechtbar sind, die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 45 Abs. 1 VwVG). Dieser grundsätzliche Vorbehalt gilt als Voraussetzung für die Zulässigkeit eines selbstständigen, der Endverfügung vorangehenden Beschwerdeverfahrens, insbesondere für alle in Art. 45 Abs. 2 VwVG - nicht abschliessend - aufgezählten Zwischenverfügungen. Für das letztinstanzliche Beschwerdeverfahren ist ferner zu beachten, dass gemäss Art. 129 Abs. 2 OG in Verbindung mit Art. 101 lit. a OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Zwischenverfügungen nur zulässig ist, wenn sie auch gegen die Endverfügung offen steht (BGE 128 V 201 Erw. 2a, 124 V 85 Erw. 2 mit Hinweisen). 
1.2 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich zunächst gegen die Annahme der Rechtzeitigkeit der erstinstanzlichen Beschwerde und damit gegen das Eintreten auf das Rechtsmittel. 
 
Beim vorinstanzlichen Entscheid handelt es sich um eine Zwischenverfügung im Sinne des Art. 45 VwVG, welche im Hinblick darauf, dass gegen die Endverfügung gemäss Art. 62 ATSG Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben werden kann, selbstständig anfechtbar ist, sofern sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirkt. Die SUVA hat ein Rechtsschutzinteresse an der richterlichen Überprüfung der vom kantonalen Gericht angenommenen Rechtzeitigkeit der Beschwerde, da hievon der Entscheid über das Eintreten in der Hauptsache abhängig ist. Zu bejahen ist auch der für die selbstständige Anfechtbarkeit der Zwischenverfügung vorausgesetzte irreparable Nachteil, weil ein Nichteintreten auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zur Folge hätte, dass die Beschwerdeführerin sich einem möglicherweise längerdauernden materiellen Beschwerdeverfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht zu unterziehen hätte, für das sie auch bei einem für sie günstigen Ausgang des Verfahrens nicht entschädigt würde. Weil das Eidgenössische Versicherungsgericht die Rechtzeitigkeit der Beschwerde von Amtes wegen zu prüfen hat und sich das kantonale Hauptverfahren bei Gutheissung der Verspätungseinrede im letztinstanzlichen Verfahren nachträglich als hinfällig erweisen könnte, sprechen auch die Prozessökonomie sowie der Grundsatz der Einfachheit und Raschheit des Verfahrens (Art. 61 lit. a ATSG) für eine selbstständige Anfechtbarkeit der Zwischenverfügung (SVR 1998 UV Nr. 10 S. 26 Erw. 1b mit Hinweisen; Urteil O. vom 7. Oktober 2005, U 181/04, Erw. 1). 
Nachdem auch die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde insoweit einzutreten. 
1.3 Nach Art. 108 Abs. 2 OG hat die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unter anderem die Begehren und deren Begründung mit Angabe der Beweismittel zu enthalten. Diese Bestimmung soll dem Gericht hinreichende Klarheit darüber verschaffen, worum es beim Rechtsstreit geht (BGE 123 V 336 Erw. 1a mit Hinweisen). Soweit die SUVA die von der Vorinstanz abgelehnte Sistierung des Verfahrens anfechten will, mangelt es der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an einer Begründung. Insoweit kann deshalb auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht eingetreten werden. Es kann offen bleiben, ob in dieser Hinsicht nicht schon deshalb auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht eingetreten werden könnte, da es an einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil fehlt (vgl. dazu SVR 1996 IV Nr. 93 S. 283 Erw. 4). 
2. 
Da es sich beim angefochtenen kantonalen Zwischenentscheid über die Eintretensfrage nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 OG in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b OG sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
3. 
Zutreffend sind die Erwägungen des kantonalen Gerichts über die anwendbaren Bestimmungen betreffend Fristenstillstand im erstinstanzlichen Verfahren (Art. 60 Abs. 2 ATSG in Verbindung mit Art. 38 Abs. 4 ATSG sowie § 13 Abs. 3 des zürcherischen Gesetzes über das Sozialversicherungsgericht vom 7. März 1993 [GSVGer ZH; LS 212.81]) und die im Kanton Zürich auf den 1. Januar 2005 hin in Kraft getretene Änderung der Fristenstillstandsregelung in § 13 Abs. 3 GSVGer ZH, wonach der Fristenstillstand fortan auch für mehrmonatige Beschwerdefristen zu beachten ist. Dasselbe gilt für die Ausführungen über die dreimonatige Beschwerdefrist gemäss Art. 106 UVG sowie über die Übergangsvorschrift des Art. 82 Abs. 2 ATSG (vgl. dazu BGE 131 V 313 Erw. 5, 322 Erw. 5 sowie 326 Erw. 4 [zusammengefasst in ZBJV 2005 S. 810 ff.]). Darauf wird verwiesen. 
4. 
Streitig ist die Einhaltung der Beschwerdefrist im kantonalen Verfahren. 
4.1 Das kantonale Gericht ist der Auffassung, dass gemäss der neuen kantonalrechtlichen Regelung ab Januar 2005 der Fristenstillstand auch für mehrmonatige Fristen zu berücksichtigen sei. Unter Berücksichtigung des Fristenstillstandes über Ostern sei die Beschwerde deshalb rechtzeitig erhoben worden. 
 
Die Beschwerde führende SUVA ist demgegenüber der Ansicht, dass die Fristenstillstandsbestimmung des Art. 38 Abs. 4 ATSG im Rechtspflegeverfahren der Unfallversicherung keine Geltung habe. Zwar erkläre Art. 60 ATSG die Verfahrensbestimmungen der Art. 38 bis 41 ATSG als sinngemäss anwendbar, jedoch werde diese Bestimmung durch Art. 106 UVG derogiert, welcher "in Abweichung von Art. 60 ATSG" eine Beschwerdefrist von drei Monaten vorsehe. 
4.2 Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat entschieden, dass der Fristenstillstand gemäss Art. 60 Abs. 2 ATSG in Verbindung mit Art. 38 Abs. 4 ATSG auch bei mehrmonatigen Beschwerdefristen zu beachten ist. Jedoch findet diese Regelung während der fünfjährigen Übergangszeit gemäss Art. 82 Abs. 2 ATSG keine Anwendung, wenn das kantonale Recht für die nach Monaten berechneten Fristen (noch) keinen Fristenstillstand vorsieht (BGE 131 V 314 und 325 sowie seitherige Rechtsprechung [letztmals Urteil B. vom 4. November 2005, U 240/05]; vgl. auch die Zusammenfassung der Urteile in ZBJV 2005 S. 810 ff.). Damit ist bis Ende 2004 grundsätzlich die alte kantonalrechtliche Regelung des Fristenstillstandes gemäss § 13 Abs. 3 GSVGer ZH massgebend, wonach die Gerichtsferien nur für die nach Tagen bestimmten Fristen zu berücksichtigen sind. Da die Änderung des § 13 Abs. 3 GSVGer ZH auf den 1. Januar 2005 in Kraft gesetzt worden ist, gilt folglich der Fristenstillstand für mehrmonatige Fristen grundsätzlich ab diesem Zeitpunkt. Dies korreliert mit der Grundregel, dass neue Verfahrensvorschriften mangels anders lautender Übergangsbestimmungen mit dem Tag des In-Kraft-Tretens sofort und in vollem Umfang anwendbar sind (BGE 130 V 4 Erw. 3.2). 
 
Damit konnte das kantonale Gericht ohne Verletzung von Bundesrecht (Art. 104 lit. a OG) davon ausgehen, dass ab Januar 2005 der Fristenstillstand im Kanton Zürich auch für mehrmonatige Fristen zu berücksichtigen ist. 
4.3 Die Vorinstanz hat für das Eidgenössische Versicherungsgericht verbindlich festgestellt (Art. 105 Abs. 2 OG), dass der Einspracheentscheid am 19. Januar 2005 zugestellt und die Beschwerde am 26. April 2005 eingereicht worden ist. Wegen des Fristenstillstandes über Ostern (§ 13 Abs. 3 lit. a GSVGer ZH in der ab Januar 2005 geltenden Fassung; zur Anwendbarkeit des kantonalen Rechts: BGE 130 V 320) verlängert sich die Rechtsmittelfrist um fünfzehn Tage (BGE 131 V 321 Erw. 4.6), so dass die erstinstanzliche Beschwerde rechtzeitig erhoben worden und das kantonale Gericht zu Recht darauf eingetreten ist. 
5. 
Dem Prozessausgang entsprechend ist die Beschwerde führende SUVA kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 134 OG e contrario; Art. 135 OG in Verbindung Art.156 Abs. 1 OG und Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der SUVA auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
3. 
Die SUVA hat dem Beschwerdegegner für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 200.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt. 
Luzern, 15. März 2006 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: