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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
4A_643/2017  
 
 
Urteil vom 15. März 2018  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Klett, May Canellas, 
Gerichtsschreiber Leemann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Lücke, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Friedensrichter Kreis XVI, 
Beschwerdegegner, 
 
Gegenstand 
Rechtsverweigerung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer, vom 13. November 2017 (ZSU.2017.139). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (Beschwerdeführer) reichte am 9. November 2016 beim Friedensrichteramt Kreis XVI ein Schlichtungsgesuch gegen die Dr. med. B.________ GmbH, vertreten durch Dr. B.________, ein. 
Der Friedensrichter Kreis XVI (Beschwerdegegner) erteilte dem Beschwerdeführer am 26. Januar 2017 die Klagebewilligung lautend auf B.________. 
Mit Schreiben vom 30. März 2017 ersuchte der Beschwerdeführer den Beschwerdegegner um Berichtigung der Parteibezeichnung der beklagten Partei. Der Beschwerdegegner erklärte mit E-Mail vom 9. April 2017, er werde sich der Sache annehmen und ein neues Dokument zustellen. Mit Schreiben vom 22. Mai 2017 teilte er dem Beschwerdeführer mit, er entschuldige sich für den Fehler, könne ihn jedoch nicht ändern. Der Beschwerdeführer hielt mit Schreiben vom 30. Mai 2017 an seinem Gesuch um Berichtigung der Parteibezeichnung fest, was vom Beschwerdegegner unbeantwortet blieb. 
 
B.  
Mit Rechtsverweigerungsbeschwerde vom 15. August 2017 beantragte der Beschwerdeführer dem Obergericht des Kantons Aargau, es sei der Beschwerdegegner anzuweisen, auf das Berichtigungsgesuch vom 30. März 2017 einzutreten und das Gesuch materiell zu behandeln. 
Mit Entscheid vom 13. November 2017 trat das Obergericht des Kantons Aargau auf die Beschwerde zufolge fehlenden Rechtsschutzinteresses nicht ein. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht, es sei der Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau vom 13. November 2017 aufzuheben, es hätten Oberrichter Bürgi, Lienhard und Richli in den Ausstand zu treten und es habe die Vorinstanz in einer gesetzlich im Voraus bestimmten Besetzung des Spruchkörpers neu zu urteilen (Antrags-Ziffer 1). Die Vorinstanz sei anzuweisen, auf die Rechtsverweigerungsbeschwerde einzutreten und diese materiell zu behandeln (Antrags-Ziffer 2). Zudem sei der vorinstanzliche Kostenentscheid dahingehend zu ändern, dass die Gerichtskosten dem Kanton Aargau auferlegt werden (Antrags-Ziffer 3) und dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- (inkl. MWST und Auslagen), eventualiter eine nach Ermessen festgesetzte Entschädigung, zugesprochen wird (Antrags-Ziffer 4). Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen (Antrags-Ziffer 5). 
In prozessualer Hinsicht lehnt der Beschwerdeführer "die von der zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts bestimmte Besetzung des Spruchkörpers" wegen eines Verstosses gegen Art. 6 EMRK vollständig ab (Antrags-Ziffer 6). 
Auf die Einholung von Vernehmlassungen wurde verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 141 III 395 E. 2.1). 
 
1.1. Die Beschwerde betrifft eine Zivilrechtsstreitigkeit (Art. 72 BGG) und richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) eines oberen kantonalen Gerichts, das als Rechtsmittelinstanz entschieden hat (Art. 75 BGG). Das Streitwerterfordernis (Art. 74 Abs. 1 BGG) ist erfüllt, die Beschwerdeführerin ist mit ihren Begehren unterlegen (Art. 76 BGG) und die Beschwerde ist innert der Beschwerdefrist eingereicht worden (Art. 100 Abs. 1 BGG).  
Auf die Beschwerde ist demnach - unter Vorbehalt zulässiger Anträge (Art. 42 Abs. 1 BGG) und einer hinreichenden Begründung (Art. 42 Abs. 2 sowie Art. 106 Abs. 2 BGG) -einzutreten. 
 
1.2. Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Die Beschwerde ist hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116; 134 II 244 E. 2.1). In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Unerlässlich ist, dass die Beschwerde auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt. Die beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 140 III 86 E. 2 S. 89, 115 E. 2 S. 116).  
Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 I 99 E. 1.7.2 mit Hinweis). Soweit die Beschwerdeschrift diesen Begründungsanforderungen nicht genügt, so ist darauf nicht einzutreten (BGE 142 I 99 E. 1.7.2; 140 III 115 E. 2 S. 116; 136 I 65 E. 1.3.1). 
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2 S. 117; 135 III 397 E. 1.5). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18 mit Hinweisen). Wenn sie den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei der Vorinstanz prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2 S. 90). Auf eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht genügt, ist nicht einzutreten (BGE 140 III 16 E. 1.3.1; 133 II 249 E. 1.4.3). 
 
1.4. Der Beschwerdeführer formuliert hinsichtlich des vorinstanzlichen Kostenentscheids separate Rechtsbegehren (Antrags-Ziffern 3 und 4). Aus seiner Beschwerdebegründung, der sich keine Rüge der bundesrechtswidrigen Festsetzung der Prozesskosten entnehmen lässt, ergibt sich jedoch, dass er den obergerichtlichen Kostenentscheid nicht gesondert, d.h. unabhängig vom Ausgang in der Sache, anfechten will.  
 
2.  
Der Beschwerdeführer lehnt die von der I. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts bestimmte Besetzung des Spruchkörpers ab und rügt in diesem Zusammenhang einen Verstoss gegen den Anspruch auf ein auf Gesetz beruhendes und unabhängiges Gericht gemäss Art. 6 EMRK (Antrags-Ziffer 6). 
 
2.1. Er führt aus, die Besetzung der I. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts sei mangels gesetzlicher Grundlage nicht der "gesetzliche Richter" im Sinne von Art. 6 EMRK. Die Besetzung des Spruchkörpers im Einzelfall beruhe nicht auf einem gesetzlichen Geschäftsverteilungsplan, sondern liege im Ermessen der Abteilungspräsidentin. Die in Art. 22 BGG in Verbindung mit Art. 16 Abs. 3 und Art. 40 des Reglements über das Bundesgericht vom 20. November 2006 (BGerR; SR 173.110.131) für die Gerichtsbesetzung vorgesehenen Kriterien böten keine Gewähr dafür, dass der Spruchkörper gegen Einflussnahme von aussen hinreichend geschützt sei. Die Fallzuteilung durch die Abteilungspräsidentin verstosse zudem gegen Art. 6 EMRK in seiner Ausprägung als Anspruch auf ein unabhängiges Gericht und sei "eo ipso" konventionswidrig.  
 
2.2. Der Antrag gemäss Ziffer 6 der Rechtsbegehren des Beschwerdeführers ist abzuweisen. Diesbezüglich kann vollumfänglich auf die ausführliche Begründung im zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenen Urteil 6B_1356/2016 vom 5. Januar 2018 E. 2 verwiesen werden (vgl. bereits Urteil 6B_568/2017 vom 11. Januar 2018 E. 2). Das Bundesgericht gelangte zum Schluss, der Ermessensspielraum der Abteilungspräsidentin bzw. des Abteilungspräsidenten bei der Fallzuteilung sei mit Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 EMRK vereinbar.  
 
3.  
Der Beschwerdeführer verkennt auch hinsichtlich der Bildung des Spruchkörpers im vorinstanzlichen Verfahren, dass der verfassungsmässige Anspruch auf richtige Zusammensetzung des Gerichts ein gewisses Ermessen bei der Besetzung des Spruchkörpers nicht ausschliesst (BGE 137 I 340 E. 2.2.1; 105 Ia 172 E. 5b; Urteile 6B_1356/2016 vom 5. Januar 2018 E. 2.1, zur Publikation vorgesehen; 1B_491/2016 vom 24. März 2017 E. 1.3). Entgegen dem, was der Beschwerdeführer anzunehmen scheint, stehen weder die Bundesverfassung noch die EMRK bzw. die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichts oder des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) einer "aktiven", mithin nicht bloss auf Zufall basierenden Zusammensetzung des Spruchkörpers entgegen, solange diese gesetzlich geregelt ist und auf sachlichen Kriterien beruht (Urteil 6B_1356/2016 vom 5. Januar 2018 E. 2.3, zur Publikation vorgesehen). Inwiefern die Bildung des Spruchkörpers im vorinstanzlichen Verfahren diesen Anforderungen nicht genügt hätte, vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
4.  
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz sei auf seine Rechtsverweigerungsbeschwerde zu Unrecht nicht eingetreten. 
 
4.1. Die Vorinstanz führte zur Begründung des fehlenden Rechtsschutzinteresses des Beschwerdeführers aus, dass die Klagebewilligung nach Eröffnung während dreier Monate zur Einreichung der Klage beim Gericht berechtige (Art. 209 Abs. 3 ZPO). Nach unbenutztem Ablauf der Frist erlösche die Klagebewilligung und die Rechtshängigkeit entfalle. Die umstrittene Klagebewilligung datiere vom 26. Januar 2017; die Frist von drei Monaten sei in der Zwischenzeit abgelaufen, ohne dass der Beschwerdeführer Klage erhoben hätte. Damit sei die Klagebewilligung erloschen und der Beschwerdeführer habe das schutzwürdige Interesse an der Berichtigung der Parteibezeichnung in der Klagebewilligung verloren. Auf die Beschwerde sei daher zufolge des fehlenden Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten (Art. 59 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a ZPO). Im Übrigen wies die Vorinstanz darauf hin, dass der Beschwerdeführer dadurch keinen Rechtsverlust erleide, weil die Klage nicht einer Verwirkungsfrist unterworfen sei und er deshalb jederzeit erneut ein Schlichtungsgesuch einreichen könne.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer bestreitet vor Bundesgericht zu Recht nicht, dass die dreimonatige Frist nach Art. 209 Abs. 3 ZPO im Zeitpunkt der Beschwerde an die Vorinstanz bereits seit mehreren Monaten abgelaufen war. Wie die Vorinstanz zutreffend erwog, entfiel mit dem Ablauf der Frist, ohne dass eine Klage beim Gericht eingereicht wurde, die - mit der Einreichung des Schlichtungsgesuchs begründete (Art. 62 Abs. 1 ZPO) - Rechtshängigkeit (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7333 zu Art. 206 E-ZPO). Dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer musste bewusst sein, dass die dreimonatige Klagefrist (Art. 209 Abs. 3 ZPO) als gesetzliche Frist weder erstreckt (Art. 144 Abs. 1 ZPO) noch mit einem blossen Gesuch um Berichtigung des Versehens an den Beschwerdegegner gewahrt werden konnte. Nachdem die Klagebewilligung erloschen und die Rechtshängigkeit entfallen war, hat die Vorinstanz ein schutzwürdiges Interesse an der Beschwerde ohne Verletzung von Bundesrecht verneint. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführte, bleibt es dem Beschwerdeführer unbenommen, ein erneutes Schlichtungsgesuch einzureichen (vgl. BBl 2006 7333 zu Art. 206 E-ZPO).  
 
5.  
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der Beschwerdeführer wird bei diesem Ausgang des Verfahrens kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. März 2018 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Kiss 
 
Der Gerichtsschreiber: Leemann