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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_167/2024  
 
 
Urteil vom 15. April 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiber Hochuli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Advokatin Anouck Zehntner, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, 
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 29. Januar 2024 (VBE.2023/347). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________, geboren 1966, bezog ab 1. April 2002 eine halbe, ab 1. Januar 2004 eine Dreiviertels- und ab 1. März 2004 eine ganze Invalidenrente (Verfügung der IV-Stelle des Kantons Aargau [fortan: IV-Stelle oder Beschwerdegegnerin] vom 3. August 2005). Nach Observation hob die IV-Stelle die Rente bei einem verbleibenden Invaliditätsgrad von 27% per Ende Oktober 2015 auf (Verfügung vom 7. September 2015, bestätigt durch Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 18. Februar 2016). Auf das Neuanmeldungsgesuch vom Juni 2016 trat die IV-Stelle nicht ein (Verfügung vom 10. März 2017), bestätigt durch Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 19. September 2017. Auf die hiergegen erhobene Beschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil 8C_747/2017 vom 6. November 2017 ebenfalls nicht ein. 
Am 10. April 2017 reichte A.________ erneut ein Leistungsgesuch ein, auf welches die IV-Stelle zunächst wiederum nicht eintrat (Verfügung vom 15. April 2019). Die hiergegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau in dem Sinne gut, als es die Sache zur materiellen Prüfung und Neuverfügung über das Leistungsbegehren an die IV-Stelle zurückwies (Urteil vom 14. April 2020). Nach Einholung des polydisziplinären Gutachtens der asim Begutachtungsstelle in Basel vom 31. Dezember 2020 (fortan: asim-Gutachten) und weiteren medizinischen Abklärungen kündigte die IV-Stelle am 25. April 2023 an, es sei zusätzlich eine bidisziplinäre (orthopädische und psychiatrische) Begutachtung erforderlich. Dagegen liess A.________ einwenden, bei der beabsichtigten bidisziplilnären Begutachtung handle es sich um eine unzulässige "second opinion", weshalb er damit nicht einverstanden sei. Die IV-Stelle hielt mit Zwischenverfügung vom 24. Juli 2023 an der angekündigten bidisziplinären Begutachtung unter Bekanntgabe der vorgesehenen Gutachter fest. 
 
B.  
Hiergegen beantragte A.________ beschwerdeweise die Aufhebung der Zwischenverfügung und den materiellen Entscheid über den Leistungsanspruch "gestützt auf das [asim-]Gutachten". Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau trat auf die Beschwerde nicht ein (Urteil vom 29. Januar 2024). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten "betreffend Rechtsverweigerung" stellt A.________ das Rechtsbegehren, das kantonale Urteil sei aufzuheben und die Vorinstanz zu verpflichten, auf die Beschwerde vom 24. August 2023 einzutreten und darüber materiell zu entscheiden. 
Nach Beizug der Akten verzichtet das Bundesgericht auf einen Schriftenwechsel. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (BGE 146 II 276 E. 1 mit Hinweis; SVR 2021 IV Nr. 79 S. 266, 8C_296/2021 E. 1). 
 
2.  
Gegen das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern eines anfechtbaren Entscheids (Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung) kann gemäss Art. 94 BGG Beschwerde geführt werden. Eröffnet allerdings eine Behörde oder ein Gericht ihre Weigerung, einen Entscheid zu treffen, der betroffenen Person förmlich, so liegt keine Rechtsverweigerung im Sinne von Art. 94 BGG vor. Vielmehr ist ein solcher Nichteintretensentscheid unter den Voraussetzungen von Art. 90 ff. BGG anfechtbar (vgl. FELIX UHLMANN, Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 2 zu Art. 94 BGG mit weiteren Hinweisen; Urteil 8C_69/2013 vom 5. Juni 2013 E. 2, nicht publ. in: BGE 139 V 339, aber in: SVR 2013 IV Nr. 27 S. 77; vgl. auch Urteil 5A_170/2022 vom 3. November 2022 E. 2.3). Wo die Beschwerde in der Hauptsache nicht zulässig ist, ist auch keine Beschwerde wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung möglich (vgl. FELIX UHLMANN, a.a.O., N. 5 zu Art. 94 BGG mit weiteren Hinweisen; vgl. auch Urteil 9C_74/2021 vom 11. März 2021 E. 2 mit Hinweis). 
 
3.  
 
3.1. Das BGG unterscheidet in Art. 90 bis 93 zwischen End-, Teil- sowie Vor- und Zwischenentscheiden und schafft damit eine für alle Verfahren einheitliche Terminologie (Urteil 8C_627/2016 vom 17. November 2016 E. 2.1). Gemäss Art. 90 und 91 BGG ist die Beschwerde gegen End- und Teilentscheide zulässig, gegen Vor- und Zwischenentscheide jedoch nur unter den Voraussetzungen von Art. 92 und 93 BGG (vgl. Urteil 1C_354/2022 vom 10. Juli 2023 E. 1.2 mit Hinweisen).  
 
3.2. Damit ein Entscheid der Vorinstanz als Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG qualifiziert werden kann, muss er das Verfahren vor der ersten Instanz abschliessen. Befindet das kantonale Gericht über einen Zwischenentscheid einer unteren Instanz, so stellt der Rechtsmittelentscheid regelmässig ebenfalls einen Zwischenentscheid dar: Mit einem solchen Entscheid wird nicht über ein Rechtsverhältnis endgültig entschieden, sondern nur über einen Schritt auf dem Weg zum Endentscheid (BGE 142 III 653 E. 1.1; 139 V 604 E. 2.1; 139 V 339 E. 3.2; vgl. auch Urteil 8C_54/2024 vom 6. Februar 2024 E. 3 mit Hinweis). Anders ist lediglich dann zu entscheiden, wenn durch den Entscheid der letzten kantonalen Instanz ein Zwischenentscheid der ersten Instanz umgestossen und das Verfahren vor erster Instanz damit abgeschlossen wird (BGE 139 V 604 E. 2.1; 139 V 339 E. 3.2 mit Hinweisen; Urteil 8C_699/2009 vom 22. April 2010 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 136 V 156, aber in: SVR 2011 IV Nr. 16 S. 41).  
 
3.3. Beschwerden an das Bundesgericht gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide sind nur zulässig, wenn sie die Zuständigkeit oder den Ausstand betreffen (Art. 92 BGG), einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Ist die Beschwerde nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, bleibt ein Zwischenentscheid im Rahmen einer Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, sofern er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG; BGE 140 V 282 E. 2 mit Hinweisen; Urteil 8C_862/2017 vom 23. April 2018 E. 2.1).  
 
3.4. Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll. Sie ist mit Blick auf Art. 93 Abs. 3 BGG (vgl. E. 3.3 i.f.) restriktiv zu handhaben (vgl. BGE 144 III 253 E. 1.3 mit Hinweisen). Es obliegt der beschwerdeführenden Partei darzutun, dass die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Anfechtbarkeit eines Zwischenentscheids erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich ist (BGE 149 II 170 E. 1.3; 148 IV 155 E. 1.1 i.f.; je mit Hinweis).  
 
4.  
 
4.1. Die Beweisverfügung der IV-Stelle vom 24. Juli 2023 schliesst das Verwaltungsverfahren betreffend Neuanmeldung vom 10. April 2017 nicht ab und betrifft weder die Zuständigkeit noch den Ausstand. Bei dieser Anordnung einer (zusätzlichen) Expertise in der Form einer Verfügung (Art. 49 ATSG) handelt es sich um einen selbstständig eröffneten, das Administrativverfahren nicht abschliessenden Zwischenentscheid (vgl. Urteile 4A_366/2023 vom 1. September 2023 E. 2; 8C_862/2017 vom 23. April 2018 E. 2; vgl. auch BGE 137 V 210 E. 3.4.2.7). Gleiches gilt nach dem Gesagten (vgl. E. 3.2) auch in Bezug auf das im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren nach Art. 56 ATSG ff. ergangene Nichteintretensurteil, womit die kantonale Rechtsmittelinstanz das Neuanmeldungsverfahren ebenfalls nicht abschloss. Auch dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG (vgl. Urteile 9C_522/2020 vom 15. Januar 2021 E. 2.2; 8C_393/2014 vom 24. September 2014 E. 3.2.2).  
 
4.2. Die Einwände des Beschwerdeführers gegen die Beweisverfügung vom 24. Juli 2023 richten sich einzig gegen die Anordnung einer bidisziplinären Begutachtung, weil der rechtserhebliche medizinische Sachverhalt angeblich gemäss asim-Gutachten bereits vollständig geklärt sei. Insbesondere macht der Beschwerdeführer nicht geltend und es ist nicht ersichtlich, dass die Vorinstanz entgegen BGE 137 V 210 E. 3.4.2.7 (vgl. auch BGE 138 V 271 E. 1.2.2 mit Hinweisen; SVR 2021 IV Nr. 16 S. 45, 9C_174/2020 E. 6.2.1) und Art. 69 Abs. 1 lit. a IVG regelmässig auf Beschwerden gegen Zwischenverfügungen über die Anordnung von medizinischen Expertisen nicht eintreten würde (vgl. BGE 139 V 99 E. 2.5 mit Hinweis).  
 
4.3. Was der Beschwerdeführer gegen das angefochtene Nichteintretensurteil vorbringt, ist nicht geeignet, daran etwas zu ändern.  
 
4.3.1. Zum einen ist der Einwand, es handle sich bei einer (erneuten) Begutachtung um eine unnötige "second opinion", gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht formeller, sondern materieller Natur, weshalb er erst im Rahmen der Beweiswürdigung in der Hauptsache zu behandeln ist (BGE 138 V 271 E. 1.1; Urteil 9C_542/2022 vom 15. November 2023 E. 4.1 mit Hinweisen). Ein triftiger Grund für ein Abweichen von dieser Rechtsprechung (vgl. zu den Voraussetzungen für eine Praxisänderung BGE 145 V 304 E. 4.4; 141 II 297 E. 5.5.1) legt der Beschwerdeführer nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Soweit aus dem obiter dictum am Ende von E. 4.4 des Urteils 8C_393/2014 vom 24. September 2014 gegenteilige Schlussfolgerungen gezogen werden könnten, ist daran nicht festzuhalten.  
 
4.3.2. Zum anderen macht der Beschwerdeführer nicht geltend, inwiefern er durch das angefochtene Nichteintretensurteil einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil erleiden könnte, zumal entscheidwesentliche Einwände im Beschwerdeverfahren gegen den Endentscheid im Neuanmeldungsverfahren zu prüfen sein werden (E. 3.3 i.f.), ohne dass dem Beschwerdeführer dadurch ein ersichtlicher Nachteil entstünde.  
 
5.  
Auf die unzulässige Beschwerde ist nicht einzutreten. 
 
6.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 15. April 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Hochuli