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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4A_67/2007/len 
 
Urteil vom 15. Juni 2007 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Klett, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Kolly, 
Bundesrichterin Kiss, 
Gerichtsschreiber Hatzinger. 
 
Parteien 
A.X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Hans Rudolf Gantenbein, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Hagmann. 
 
Gegenstand 
Kaufvertrag, 
 
Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid 
des Kantonsgerichts St. Gallen, Einzelrichter für 
Rekurse im Personen-, Erb- und Sachenrecht, 
vom 19. Februar 2007. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die X.________ & Co. (Gesuchsgegnerin) war als Kollektivgesellschaft Eigentümerin des genannten Tierparks. Am 21. Mai 2005 schlossen die beiden Kollektivgesellschafter B.X.________ und A.X.________ mit ihrem Sohn C.X.________ sowie Y.________ (Gesuchsteller, Beschwerdegegner) und dessen Lebenspartnerin D.________ folgende "Kaufbestätigung" ab: 
"Die Veräusserer (B.X.________ und A.X.________) bestätigen den Erwerb der Showtiere, gemäss unten aufgeführter Liste, durch Herrn Y.________ und D.________. Sie dienen als Sicherstellung der eingeschossenen Gelder und Bürgschaften zur Rettung des Greifvogelparks. Summe der gesamten Verbindlichkeiten/Verpflichtungen per Dato Fr. 150'000.--" 
... 
"Wir treffen diese Vereinbarung in der Hoffnung, nach der Tilgung der Verbindlichkeiten/Verpflichtungen des Parks die Tiere zum gleichen Preis an die Veräusserer zurück zu geben." 
D.________ übertrug am 20. Oktober 2005 ihren Anteil an den Tieren auf den Gesuchsteller. Am 10. November 2005 schlossen dieselben fünf Personen einen durch eine öffentliche Urkundsperson (Rechtsvertreter der Gesuchsgegnerin) beglaubigten "Geschäftsführervertrag mit Sanierungsauftrag an alle Beteiligten" ab. Darin wurde u.a. festgehalten, dass die Gesuchsgegnerin Eigentümerin sämtlicher Betriebseinrichtungen und Tiere im Vogelpark sei, mit Ausnahme der Showtiere, die gemäss separatem Vertrag bis zur vollständigen Sanierung dem Gesuchsteller gehörten. Die Geschäftsführung des Vogelparks wurde C.X.________ und dem Gesuchsteller übertragen. Am 23. Mai 2006 wurde der Gesuchsteller wegen Streitigkeiten mit der Gesuchsgegnerin als Geschäftsführer freigestellt. 
Der Gesuchsteller reichte am 11. August 2006 beim Kreisgericht Werdenberg-Sargans ein Begehren um raschen Rechtsschutz ein. Er verlangte, die Gesuchsgegnerin sei zu verpflichten, ihm verschiedene, in seinem Eigentum stehende Tiere herauszugeben. Im Hinblick auf bereits vereinbarte Vogelshows sei der Gesuchsgegnerin mit dringlicher Anordnung zudem die sofortige Herausgabe des Steinadlers E.________, des Uhus F.________ und des Waldkauzes G.________ zu befehlen. In Bezug auf diese drei Tiere hiess der Präsident des Kreisgerichts das Gesuch mit superprovisorischer Verfügung vom 14. August 2006 gut. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung verpflichtete der Kreisgerichtspräsident mit Entscheid vom 15. September 2006 die Gesuchsgegnerin verschiedene, im Eigentum des Gesuchstellers stehende Tiere herauszugeben bzw. die gemäss dringlicher Verfügung bereits herausgegebenen Tiere diesem zu belassen. Für den Fall der Nichtbefolgung wurde der Gesuchsgegnerin für jeden Tag eine Busse von Fr. 50.-- pro Tier angedroht. Gegen diesen Entscheid erhob die Gesuchsgegnerin am 23. Oktober 2006 Rekurs. 
B. 
Der Einzelrichter für Rekurse im Personen-, Erb- und Sachenrecht des Kantonsgerichts St. Gallen wies am 19. Februar 2007 den Rekurs im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Gesuchsteller sei Eigentümer der fraglichen Tiere. 
C. 
Am 23. März 2007 hat die Gesuchsgegnerin beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht. Sie beantragt, den Entscheid des Kantonsgerichts vom 19. Februar 2007 und denjenigen des Kreisgerichts vom 15. September 2006 vollumfänglich aufzuheben. Der Beschwerdegegner sei zu verpflichten, die drei Tiere Steinadler E.________, Uhu F.________ und Waldkauz G.________ innert 5 Tagen seit Entscheiderlass zurückzugeben. Eventuell sei diesbezüglich die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Im Übrigen sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und diesbezüglich vorsorgliche Massnahmen zu erlassen. 
Der Beschwerdegegner beantragt vorab die Abweisung des Gesuchs um aufschiebende Wirkung, soweit darauf einzutreten sei. Er bestreitet namentlich die Parteifähigkeit der Gesuchsgegnerin, die am 19. Februar 2007 aufgelöst worden sei. 
Antragsgemäss hat der Abteilungspräsident mit Verfügung vom 2. Mai 2007 der Beschwerde aufschiebende Wirkung gewährt. Gleichzeitig hat er die Gesuchsgegnerin aufgefordert, zu ihrer Parteifähigkeit Stellung zu nehmen. 
Der Beschwerdegegner beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Innert Frist hat A.X.________ (Beschwerdeführer) zur Frage der Parteifähigkeit Stellung genommen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Weil der angefochtene Entscheid nach dem Datum des Inkrafttretens des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110), dem 1. Januar 2007 (AS 2006, 1242) ergangen ist, untersteht die Beschwerde neuem Recht (Art. 132 Abs. 1 BGG). 
2. 
2.1 Die Beschwerde in Zivilsachen ist in der vorliegenden Streitigkeit grundsätzlich zulässig (Art. 72 BGG), zumal der Streitwert mit Fr. 38'910.-- die Grenze von Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG übersteigt. Die Gesuchsgegnerin, mithin die Kollektivgesellschaft, existierte im Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde (23. März 2007) indes nicht mehr; sie wurde gemäss Handelsregisterauszug am 19. Februar 2007 infolge Ausscheidens der einen Gesellschafterin aufgelöst; die Firma ist erloschen. Jedoch führt der andere Gesellschafter das Geschäft im Sinne von Art. 579 Abs. 1 OR als Einzelfirma fort. Der verbleibende Gesellschafter hat damit das gesamte Gesellschaftsvermögen durch Anwachsung zu Alleineigentum erhalten (BGE 81 II 358 E. 1 S. 362); die Fortsetzung gemäss Art. 579 OR gilt nicht als Auflösung der Gesellschaft (BGE 101 Ib 456 E. 2c S. 460 f.; 75 I 273; Daniel Staehelin, in: Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel etc. 2002, N. 2 zu Art. 579 OR, mit Hinweisen). Das Verfahren wird durch den Einzelfirmeninhaber weitergeführt (vgl. Alfred Siegwart, in: Zürcher Kommentar, Bern 1938/ 1978, N. 7 zu Art. 562 OR); ihm ist die Aktivlegitimation zugewachsen (vgl. Karl Wieland, Handelsrecht, Erster Band, München/Leipzig 1921, S. 726). Die Parteibezeichnung im vorliegenden Verfahren ist entsprechend zu berichtigen. 
2.2 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen (Art. 75 Abs. 1 BGG). Die Nichtigkeitsbeschwerde an das kantonale Kassationsgericht ist u.a. gegeben, wenn der Kammerpräsident des Kantonsgerichts nach Art. 20 Abs. 2 ZPO/SG über eine Berufung allein entscheidet; unzulässig ist sie aber gegen Rekursentscheide des Einzelrichters des Kantonsgerichts, ausser im Fall von Art. 237 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO/SG (Christoph Leuenberger/Beatrice Uffer-Tobler, Kommentar zur Zivilprozessordnung des Kantons St. Gallen, Bern 1999, N. 3 zu Art. 237 ZPO/SG). Diese Bestimmung bezieht sich indes auf die Mitwirkungspflicht Dritter, welche im konkreten Fall nicht betroffen ist. Insofern ist der kantonale Instanzenzug hier erschöpft. Der angefochtene Entscheid schliesst das Verfahren ab (Art. 90 BGG). Die Beschwerdefrist von 30 Tagen nach Art. 100 Abs. 1 BGG wurde eingehalten (vgl. Art. 44 ff. BGG). 
2.3 Mit der Beschwerde kann nach Art. 95 lit. a BGG insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden. Dieses umfasst sowohl die Bundesgesetze wie Verordnungs- und Verfassungsrecht. Richtet sich die Beschwerde aber gegen einen Entscheid über vorsorgliche Massnahmen, kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 98 BGG). Der angefochtene Entscheid ist im Verfahren nach Art. 197 ZPO/SG ergangen. Gemäss Art. 197 Abs. 1 lit. a ZPO/SG gewährt der Richter raschen Rechtsschutz für die schnelle Handhabung klaren Rechts und über den Besitzesschutz, wenn der Sachverhalt nicht streitig oder sofort feststellbar ist. Der Prozess vor dem ordentlichen Richter bleibt vorbehalten. Dieser Vorbehalt ist dahin zu verstehen, dass den Parteien freisteht, entweder das ordentliche Verfahren oder dasjenige zur Handhabung klaren Rechts zu wählen (Leuenberger/Uffer-Tobler, a.a.O., N. 4b zu Art. 197 ZPO/SG). Der angefochtene Entscheid ist daher nicht bloss eine vorsorgliche Massnahme im Sinne von Art. 98 BGG (vgl. Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4336); er ist der materiellen Rechtskraft fähig. 
2.4 Soweit eine Verletzung von Art. 18 OR bzw. eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz (Art. 97 Abs. 1 BGG) gerügt wird, werden dem Grundsatz nach zulässige Rügen erhoben (vgl. Art. 95 lit. a BGG). Unzulässig ist indes der Einwand, die Vorinstanz hätte nicht feststellen dürfen, dass klares Recht und liquide tatsächliche Verhältnisse vorliegen, geht es dabei doch um die Anwendung kantonalen Rechts (Art. 197 lit. a ZPO/SG). Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ist die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten. Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden Fragen zu prüfen, wenn diese nicht mehr vorgetragen worden sind. 
3. 
Gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG kann die Feststellung des Sachverhalts nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig festgestellt, wenn sie von einem klaren Wortlaut der "Kaufbestätigung" vom 21. Mai 2005 ausgegangen ist. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Vorinstanz habe die angebliche Widersprüchlichkeit dieser Bestätigung nicht erkannt und sie sei jedenfalls in diesem Zusammenhang darauf nicht eingegangen, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen, welche Grundrechte die Vorinstanz inwiefern verletzt haben sollte (Art. 106 Abs. 2 BGG). Soweit der Beschwerdeführer die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz beanstandet, ist auf seine Rügen nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 2 BGG). 
4. 
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe die Regeln der Vertragsauslegung missachtet und damit Bundesrecht (Art. 18 OR) verletzt. 
4.1 Der Inhalt eines Vertrags bestimmt sich in erster Linie durch subjektive Auslegung, das heisst nach dem übereinstimmenden wirklichen Parteiwillen (Art. 18 Abs. 1 OR). Nur wenn eine tatsächliche Willensübereinstimmung unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten (BGE 131 III 467 E. 1.1 S. 469). Das Bundesgericht überprüft diese objektivierte Auslegung von Willenserklärungen als Rechtsfrage, wobei es an die Feststellungen des kantonalen Richters über die äusseren Umstände sowie das Wissen und Wollen der Beteiligten grundsätzlich gebunden ist (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 133 III 61 E. 2.2.1 S. 67). 
4.2 Soweit die Beschwerde hinreichend begründet worden (Art. 42 Abs. 2 BGG) und die Auslegung nach dem Vertrauensprinzip insofern überhaupt zu prüfen ist, ist keine Rechtsverletzung ersichtlich. Die Vorinstanz hat festgehalten, sowohl aus der "Kaufbestätigung" vom 21. Mai 2005 als auch aus dem Geschäftsführervertrag vom 10. November 2005 gehe ohne weiteres hervor, dass der Beschwerdeführer die fraglichen Tiere erworben hat. Die "Kaufbestätigung" ist nicht nur als solche überschrieben, sondern die Veräusserer bestätigen im Text ausdrücklich den Erwerb der Showtiere durch den Beschwerdegegner. Die Vorinstanz hat den bundesrechtlichen Vertrauensgrundsatz nicht verletzt, wenn sie aus dem in der "Kaufbestätigung" erwähnten Zweck der Sicherstellung nicht auf eine blosse Pfandbestellung schloss, für die keinerlei Anhaltspunkte bestehen (vgl. Art. 884 ZGB). Zwar ist in der Vereinbarung vom 21. Mai 2005 von "Sicherstellung" die Rede. Die Vereinbarung kann aber nicht anders interpretiert werden denn als Kauf, zumal die Parteien darin die "Hoffnung, nach der Tilgung der Verbindlichkeiten/Verpflichtungen der Parks die Tiere zum gleichen Preis an die Veräusserer zurück zu geben" ausdrücken. Weder leidet die "Kaufbestätigung" an einem Widerspruch noch hat die Vorinstanz diese widersprüchlich interpretiert, wenn sie annahm, der Zweck der Sicherstellung beeinträchtige die Gültigkeit des Kaufs nicht, zumal die Möglichkeit eines Rückkaufs erwähnt wurde. 
5. 
Die Beschwerde in Zivilsachen ist als unbegründet abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtsgebühr ist bei diesem Verfahrensausgang dem Beschwerdeführer aufzuerlegen; deren Höhe richtet sich grundsätzlich nach dem Streitwert (Art. 65 BGG). Der Beschwerdeführer hat ausserdem dem Beschwerdegegner dessen Parteikosten für das vorliegende Verfahren zu ersetzen (Art. 68 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Einzelrichter für Rekurse im Personen-, Erb- und Sachenrecht, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 15. Juni 2007 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: