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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_371/2008/sst 
 
Urteil vom 15. Juli 2008 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd, 
Gerichtsschreiber Thommen. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokatin Renate Jäggi, 
 
gegen 
 
Besonderes Untersuchungsrichteramt des Kantons Basel-Landschaft, Rheinstrasse 21, Postfach, 4410 Liestal, Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Mehrfache qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfache qualifizierte Geldwäscherei; Herausgabe beschlagnahmter Gegenstände, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, 
vom 29. Januar 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit Urteil vom 3. November 2006 wurde X.________ vom Strafgericht des Kantons Basel-Landschaft der mehrfachen qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie der mehrfachen qualifizierten Geldwäscherei schuldig erklärt und zu einer Zuchthausstrafe von 6 Jahren verurteilt. 
 
E.R.________, ihr Ehemann O.R.________ und ihr Bruder B.S.________ wurden im gleichen Verfahren ebenfalls der mehrfachen qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie der mehrfachen qualifizierten Geldwäscherei schuldig erklärt und zu mehrjährigen Zuchthausstrafen verurteilt. Das strafgerichtliche Urteil gegen diese drei Mitangeklagten ist in Rechtskraft erwachsen. 
 
B. 
In Abweisung der Appellation von X.________ sowie in teilweiser Gutheissung der Appellation des Besonderen Untersuchungsrichteramts bestätigte das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Urteil vom 29. Januar 2008 den erstinstanzlichen Schuldspruch und verurteilte X.________ zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren sowie zu einer Busse von CHF 4'000.--. 
 
C. 
Am 14. Mai 2008 erhob X.________ Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt einen vollumfänglichen Freispruch, eventuell sei die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sämtliches beschlagnahmte Gut sei mit Ausnahme beschlagnahmter Vermögenswerte an ihn herauszugeben. Ferner ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
D. 
Mit Schreiben vom 27. Juni 2008 stellte das Besondere Untersuchungsrichteramt Basel-Landschaft einen "Antrag auf Aufhebung der aufschiebenden Wirkung der beim Bundesgericht am 15. Mai 2008 eingegangenen Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 29. Januar 2008". 
 
E. 
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Der Beschwerdeführer wendet sich ausschliesslich gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung. Er macht diesbezüglich eine Verletzung des Willkürverbots, der Unschuldsvermutung und des rechtlichen Gehörs geltend. 
 
1.1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht sowie behauptete Mängel in der Sachverhaltsfeststellung prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und substantiiert begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 IV 286 E. 1). 
 
1.2 Art. 9 BV gewährleistet den Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür behandelt zu werden. Willkür in der Beweiswürdigung liegt vor, wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen (BGE 127 I 38 E. 2a; 124 IV 86 E. 2a). 
 
1.3 Aus der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK verankerten Unschuldsvermutung wird die Rechtsregel "in dubio pro reo" abgeleitet. Als Beweiswürdigungsregel besagt sie, dass sich der Strafrichter nicht von einem für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalt überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Als Beweislastregel besagt der Grundsatz, dass es Sache des Staates ist, die Schuld des Angeklagten zu beweisen, und nicht dieser seine Unschuld nachweisen muss (vgl. BGE 127 I 38 E. 2a). 
 
1.4 Art. 29 Abs. 2 BV gewährleistet den Anspruch auf rechtliches Gehör. Daraus ergibt sich der Anspruch der Parteien, mit rechtzeitig und formgültig angebotenen Beweisanträgen und Vorbringen gehört zu werden, soweit diese erhebliche Tatsachen betreffen und nicht offensichtlich beweisuntauglich sind (BGE 129 II 396 E. 2.1; 120 Ib 379 E. 3b, mit Hinweisen). 
 
2. 
Die Vorinstanz legt der Verurteilung zusammengefasst folgendes Beweisergebnis zugrunde: 
 
Am 23. September 2004 übergab der Beschwerdeführer dem Ehepaar R.________ sowie B.S.________ beim Hotel Löwen in Kilchberg/ZH 13 kg Heroin. Am 14. Oktober 2004 erhielt der Beschwerdeführer an der Rebgasse in Basel von B.S.________ aus dem Drogenhandel stammende Gelder im Gesamtbetrag von CHF 134'500.--. Am frühen Morgen des 21. Oktober 2004 übergab er dem Ehepaar R.________ wiederum beim Hotel Löwen in Kilchberg/ZH eine graue Sporttasche, welche 23 kg Heroin enthielt. Dabei händigte O.R.________ dem Beschwerdeführer Drogengelder im Umfang von CHF 98'000.-- aus. Ende November 2004 lieferte der Beschwerdeführer weitere 15 kg Heroin an die R.________s. Die Übergabe fand auf einem Parkplatz beim Wettsteinplatz in Basel statt. Ende Dezember 2004 gab E.R.________ dem Beschwerdeführer beim Swissôtel in Basel ein Couvert mit aus dem Drogenhandel stammenden Geldern im Gesamtbetrag von CHF 25'000.--. Am gleichen Ort übergab das Ehepaar R.________ dem Beschwerdeführer am 7. Januar 2005 wiederum Drogengelder (CHF 39'730.-- und Euro 150.--). Insgesamt wurden dem Beschwerdeführer die Lieferung von 51 kg Heroin mit einem durchschnittlichen Reinheitsgrad von 50% sowie das Waschen von Drogengeldern im Umfang von CHF 297'230.-- sowie Euro 150.-- nachgewiesen. Die Vorinstanz stützt dieses Beweisergebnis auf die Auswertung der Aussagen von E.________ und O.R.________ sowie von B.S.________. Aufgrund der Konstanz, der gegenseitigen Übereinstimmung, der Detailliertheit sowie des Umstands, dass sich die Mitangeschuldigten damit selbst schwer belasteten, stuft die Vorinstanz die Aussagen als glaubhaft ein. Die Aussagen des Beschwerdeführers andererseits wiesen diverse Widersprüche und Inkohärenzen auf. Die nachgeschobenen Alibis seien als Schutzbehauptungen zu werten. Der Beschwerdeführer wurde anhand von Fotos identifiziert und die Belastungsaussagen wurden in Konfrontationseinvernahmen bestätigt. Ferner werden die Tatsachenfeststellungen durch diverse Telefonauswertungen gestützt. 
 
2.1 Was der Beschwerdeführer gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung vorbringt, erweist sich durchwegs als appellatorische Kritik. Er verkennt, dass das Verfahren der Beschwerde in Strafsachen keine Berufung ist. Das Bundesgericht ist keine dritte Tatsacheninstanz, welche die im kantonalen Verfahren bereits vorgebrachten und abgehandelten Rügen nochmals mit voller Kognition in tatsächlicher Hinsicht überprüfen kann. Vielmehr ist aufzuzeigen, inwiefern die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz qualifiziert fehlerhaft sind. Diesen Begründungsanforderungen genügen die Ausführungen zu den drei Heroinlieferungen im Herbst 2004 ebenso wenig wie diejenigen zur Zuordnung der österreichischen Mobiltelefonnummer. Er legt damit lediglich seine Version der Geschehnisse dar und versucht aufzuzeigen, weshalb die herangezogenen Aussagen seines Erachtens als unglaubhaft einzustufen seien. Auch mit seiner Kritik an den vorgeworfenen Geldübergaben vermag er keine Willkür in den vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen aufzuzeigen. In Bezug auf die angeblich suggestive Befragung wiederholt er Argumente, die bereits von der Vorinstanz mit zutreffender Begründung widerlegt wurden. Darauf ist nicht mehr einzugehen. Das gleiche gilt für die Ausführungen zur Erkennung der Automarke durch B.S.________. Nicht ersichtlich ist, inwiefern sein rechtliches Gehör dadurch verletzt worden sein soll, dass ihm die Heroinlieferung von Ende November 2004 angeblich nur in der Konfrontationseinvernahme mit E.R.________ vorgehalten wurde. Die entsprechenden Vorwürfe sind im Übrigen auch in der Anklageschrift enthalten. Die geltend gemachte Verletzung der Unschuldsvermutung bleibt gänzlich unsubstantiiert. 
 
2.2 Die Beschwerde ist daher kostenpflichtig abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Begehren um unentgeltliche Rechtspflege kann infolge Aussichtslosigkeit nicht stattgegeben werden (Art. 68 Abs. 1 BGG). Der Bedürftigkeit des Beschwerdeführers ist im Rahmen der Gebührenfestsetzung Rechnung zu tragen. 
 
3. 
Das Besondere Untersuchungsrichteramt Basel-Landschaft beantragte am 27. Juni 2008 die Aufhebung der aufschiebenden Wirkung. 
 
3.1 Die Beschwerde hat in der Regel keine aufschiebende Wirkung (Art. 103 Abs. 1 BGG). In Strafsachen hat die Beschwerde im Umfang der Begehren aufschiebende Wirkung, wenn sie sich gegen einen Entscheid richtet, der eine unbedingte Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Massnahme ausspricht; die aufschiebende Wirkung erstreckt sich nicht auf den Entscheid über Zivilansprüche (Art. 103 Abs. 2 lit. b BGG). Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann über die aufschiebende Wirkung von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei eine andere Anordnung treffen (Art. 103 Abs. 3 BGG). 
 
3.2 Mit Urteil vom 29. Januar 2008 sprach das Kantonsgericht Basel-Landschaft eine unbedingte Freiheitsstrafe von 6 Jahren aus. Angesichts dieser Strafe kommt der dagegen gerichteten Beschwerde im Rahmen der Begehren aufschiebende Wirkung zu. In der Beschwerde in Strafsachen vom 14. Mai 2008 wird unter anderem das Begehren gestellt, den Beschwerdeführer in Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils vollumfänglich freizusprechen. In diesem Begehren auf Freispruch ist auch der Antrag mitenthalten, einstweilen auf den Vollzug der Strafe zu verzichten. Die gestellten Rechtsbegehren stehen der nach Art. 103 Abs. 2 lit. b BGG von Gesetzes wegen eintretenden Suspensivwirkung somit nicht entgegen. Für eine abweichende instruktionsrichterliche Anordnung nach Art. 103 Abs. 3 BGG, wie sie vom Besonderen Untersuchungsrichteramt im Schreiben vom 27. Juni 2008 sinngemäss beantragt wurde, besteht kein Anlass. Mit dem Institut der aufschiebenden Wirkung werden durch ein vorinstanzliches Urteil angeordnete Rechtsfolgen bis zum endgültigen Entscheid des Bundesgerichts einstweilen suspendiert. Gerade im Bereich unbedingter Freiheitsstrafen soll mit der gesetzlichen Suspensivwirkung verhindert werden, dass durch den umgehenden Vollzug nur schwer wieder gutzumachende Nachteile geschaffen werden. Die vorliegend beantragte Aufhebung der aufschiebenden Wirkung führte zur sofortigen Vollstreckbarkeit der ausgesprochenen Freiheitsstrafe. Es wird vom Untersuchungsrichteramt nicht überzeugend dargelegt, weshalb es in casu notwendig gewesen sein sollte, vor der materiellen Behandlung der Beschwerde durch das Bundesgericht mit der Vollstreckung der ausgesprochenen Freiheitsstrafe zu beginnen. Die von ihr zur Begründung angeführte Fluchtgefahr ist gebannt, zumal das Kantonsgericht mit Verfügung vom 25. Juni 2008 die Sicherheitshaft des Beschwerdeführers bis zum 25. Dezember 2008 verlängerte. Mit dem bundesgerichtlichen Entscheid in der Sache erübrigen sich vorliegend weitere Anordnungen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Das Begehren um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 15. Juli 2008 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Schneider Thommen