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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_246/2010 
 
Urteil vom 15. Juli 2010 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Favre, Präsident, 
Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger, 
Gerichtsschreiberin Häne. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, vertreten durch Fürsprecher Bruno Nüssli, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, Postfach, 4001 Basel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Grobe Verletzung der Verkehrsregeln; willkürliche Beweiswürdigung, Grundsatz "in dubio pro reo", 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, vom 2. Februar 2010. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der Strafbefehlsrichter Basel-Stadt verurteilte X.________ am 28. Januar 2009 wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln, begangen am 12. Februar 2008 in Basel (Verzweigung Steinenring/Bachlettenstrasse) durch Missachten eines Rotlichtsignals, zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von drei Tagessätzen zu Fr. 30.-- sowie zu einer Busse von Fr. 300.--, bei einer Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen. 
Auf Einsprache von X.________ hin bestätigte der Präsident des Strafgerichts Basel-Stadt am 24. Juni 2009 sowohl den Schuldspruch als auch die ausgefällte Strafe. 
Die von X.________ erhobene Beschwerde gegen das Urteil des Strafgerichtspräsidenten wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, am 2. Februar 2010 ab. 
 
B. 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, (1) das Urteil des Appellationsgerichts sei aufzuheben, und er sei vom Vorwurf der groben Verletzung der Verkehrsregeln freizusprechen, eventualiter sei das betreffende Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, sowie (2) der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen, (3) unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten des Kantons Basel-Stadt für die vorinstanzlichen und das bundesgerichtliche Verfahren. 
 
C. 
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt. 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Beweiswürdigung. Das angefochtene Urteil verletze den aus der Unschuldsvermutung abgeleiteten Grundsatz "in dubio pro reo", da sich der Sachverhalt nicht zweifelsfrei feststellen lasse und die Vorinstanz daher von der für ihn günstigeren Version hätte ausgehen müssen. 
 
1.2 Willkür in der Beweiswürdigung nach Art. 9 BV liegt vor, wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Für die Annahme von Willkür genügt es nicht, dass eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre. Willkür liegt nur vor, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheids, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (BGE 135 V 2 E. 1.3 S. 4 f. mit Hinweisen). Wird eine Verletzung des Willkürverbots geltend gemacht, muss anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (vgl. BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246 mit Hinweis). 
 
1.3 Aus der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK verankerten Unschuldsvermutung wird die Rechtsregel "in dubio pro reo" abgeleitet. In seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel besagt dieser Grundsatz, dass sich der Strafrichter nicht von einem für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalt überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Inwiefern dieser Grundsatz als Beweiswürdigungsregel verletzt ist, prüft das Bundesgericht unter dem Gesichtspunkt der Willkür (BGE 127 I 38 E. 2a und 2b S. 40 ff. mit Hinweisen). 
 
2. 
Die Vorinstanz hält fest, die Behauptung des Beschwerdeführers, bei Grünlicht über die Haltelinie gefahren zu sein, könne aufgrund der Radarbilder als widerlegt gelten. Die Ampel habe zum Zeitpunkt, als dieser auf der Haltelinie gestanden sei, bereits seit 8,77 Sekunden rot angezeigt. Zudem werde die Rotlichtsituation auch durch das aus der Bachlettenstrasse ausfahrende Fahrzeug belegt. Der Beschwerdeführer könne nicht gleichzeitig Grünlicht gehabt haben. Des Weiteren sei die Rotlichtsituation aufgrund des rechts neben dem Fahrzeug des Beschwerdeführers vor der Haltelinie wartenden Fahrradfahrers erwiesen. Es erstaune, dass der Beschwerdeführer sich in seinen ersten Schreiben kaum an die betreffende Situation habe erinnern können, aber nach Erhalt der Radarbilder genaue Rekonstruktionen einer alltäglichen Situation habe geben können, die ein halbes Jahr zurückgelegen habe. Entgegen den Einwänden des Beschwerdeführers bestehe hinsichtlich der Zeitangaben auf den Aufnahmen kein Widerspruch. Zwar sei sowohl auf dem zweiten Bild, welches das Fahrzeug des Beschwerdeführers in Fahrtrichtung zeige, als auch auf dem von vorne aufgenommenen Bild die Zeit "13.22.30 Uhr" angegeben. Es sei aber möglich, dass die zweite Aufnahme in Fahrtrichtung zu Beginn der Sekunde 30 und das von vorne aufgenommene Bild am Ende dieser Sekunde, also kurz vor der Sekunde 31, gemacht worden sei. Es liege keine offensichtlich falsche Würdigung des Sachverhalts durch den Strafgerichtspräsidenten vor. Offenbleiben könne, ob sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt, als er sich an der Haltelinie befunden und die Ampel seit 8,77 Sekunden Rotlicht angezeigt habe, in Fahrt befunden habe oder stillgestanden sei. In beiden Fällen sei das Überfahren der Haltelinie bei diesem Stand der Signalanlage ein grober Verkehrsregelverstoss. Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers lägen keinerlei Anhaltspunkte für die mangelnde Funktionsfähigkeit der Signalanlage vor. Zudem gehe die Rotlichtsituation auch aus der Verkehrssituation hervor. Es beständen bei objektiver Betrachtung keine erheblichen Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer bei Rotlicht die Haltelinie überfahren und die Kreuzung befahren habe. Auch sei kein Zweifel im Sinne von Ziffer 4.6 der Weisung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements über den Einsatz fotografischer Rotlicht-Überwachungsgeräte gegeben (angefochtenes Urteil S. 4 ff.). 
 
3. 
3.1 Soweit der Beschwerdeführer der vorinstanzlichen Beweiswürdigung lediglich seine eigene Sicht der Dinge gegenüberstellt, ohne näher zu erörtern, inwiefern der Entscheid (auch) im Ergebnis schlechterdings unhaltbar sein sollte, erschöpfen sich seine Ausführungen in einer unzulässigen appellatorischen Kritik. Darauf ist nicht einzutreten. 
 
3.2 Der Beschwerdeführer wendet ein, die Ausführungen der Vorinstanz hinsichtlich der Zeitangaben auf der Bildabfolge würden jeglicher Logik entbehren. Wäre das in Fahrtrichtung aufgenommene Bild tatsächlich zu Beginn der Sekunde 30 und das von vorne aufgenommene Bild am Ende derselben Sekunde aufgenommen worden, hätte sich das Fahrzeug rückwärts bewegt (Beschwerde S. 6). 
Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, dass die diesbezüglichen Ausführungen der Vorinstanz unrichtig sind. Allerdings handelt es sich offensichtlich um ein Versehen bzw. um eine Verwechslung der Aufnahmen. Bei richtiger Betrachtung wurde die Aufnahme, die das Fahrzeug zum Zeitpunkt "13.22.30 Uhr" von vorne mit den Vorderrädern auf der Haltelinie zeigt, vor der Aufnahme gemacht, die das Fahrzeug zum Zeitpunkt "13.22.30 Uhr" - gemäss der Argumentation der Vorinstanz am Ende der Sekunde - von hinten nach dem Überqueren des Fussgängerstreifens zeigt. Der zeitliche Ablauf ist im Übrigen aufgrund der Abfolge der Positionen des Fahrzeugs des Beschwerdeführers und der sonstigen Verkehrssituation aus den Aufnahmen ersichtlich. 
 
3.3 Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei nicht nachvollziehbar, dass gemäss den Ausführungen der Vorinstanz offen bleiben könne, ob sich das Fahrzeug im Zeitpunkt, als es sich während der Rotlichtphase über der Haltelinie befunden habe, in Fahrt oder im Stillstand befunden habe. Wenn er bei Grünlicht über die Haltelinie gefahren sei, wo er in der Folge aufgrund der durch einen vorschriftswidrig parkierten Lastwagen versperrten Fahrbahn der Bachlettenstrasse angehalten habe, und anschliessend losgefahren sei, ohne dass der Stand der Signalanlage für ihn erkennbar gewesen sei, könne ihm kein strafbares Verhalten vorgeworfen werden (Beschwerde S. 7). Des Weiteren vermöge die Vorinstanz nicht zu erklären, weshalb betreffend das um "13.22.28 Uhr" in Fahrtrichtung aufgenommene Bild die Geschwindigkeit mit "--- km/h" angegeben werde, aber hinsichtlich des Bildes mit der Zeitangabe "13.22.30 Uhr" von 20 km/h die Rede sei (Beschwerde S. 6). 
Aus den Aufnahmen geht hervor, dass das Fahrzeug des Beschwerdeführers sich während der Rotlichtphase auf der Haltelinie befand (Zeitangaben der Kameras: 13.22.28 bzw. 13.22.30 Uhr; vorinstanzliche Akten Bel. 4) und in der Folge die Kreuzung befuhr (Zeitangabe der Kamera: 13.22.30 Uhr). Dass die Vorinstanz hinsichtlich der Feststellung, der Beschwerdeführer habe das Rotlicht missachtet, indem er die Haltelinie überfahren habe, eine willkürliche Beweiswürdigung verneint, ist nicht zu beanstanden. Die Frage, ob das Fahrzeug zunächst stillstand, durfte sie offen lassen. Aufgrund der gesamten Beweiswürdigung ist dieser Punkt im Ergebnis nicht von ausschlaggebender Bedeutung, da die Vorinstanz willkürfrei als erstellt erachtet, dass der Beschwerdeführer die Kreuzung darauf in der Rotlichtphase befuhr. Sein Einwand, er habe nicht erkennen können, ob die Ampel grün oder rot angezeigt habe, als sich sein Fahrzeug mit den Vorderrädern auf der Haltelinie befunden habe, ist unbehelflich. Die gesamte Verkehrssituation deutete darauf hin, dass die Ampel für den Beschwerdeführer rot anzeigte. Es kann dahingestellt bleiben, ob er aus der Position auf der Haltelinie erkennen konnte, dass die Lichtsignalanlage auf rot stand, als er die Verzweigung befuhr. Denn auch wenn dies für ihn nicht ersichtlich war, hätte er die Verzweigung nicht befahren dürfen. Er hätte sich vergewissern müssen, dass die Ampel grün anzeigt, bzw. auf Zeichen anderer Verkehrsteilnehmer warten müssen. 
 
3.4 Mit den Vorbringen, dass man den Schattenwurf des die rechte Fahrspur der Bachlettenstrasse versperrenden Fahrzeugs auf den Radarbildern erkennen könne und in der Mitte der Verzweigung ein Fahrradfahrer ebenfalls gewartet habe, um in jene Strasse einbiegen zu können, vermag der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten darzutun. Der Fahrradfahrer war im Übrigen schon an jener Position, als sich das Fahrzeug des Beschwerdeführers noch auf der Haltelinie befand (vgl. Abbildung zum Zeitpunkt 13.22.28 Uhr; vorinstanzliche Akten Bel. 4). 
 
3.5 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz zweifle zu Unrecht und in willkürlicher Weise an der Glaubwürdigkeit seiner Aussagen. Offensichtlich übersehe diese, dass das von seiner Ehefrau am 28. Juli 2008 verfasste Schreiben sich auf die Mitteilung der Kantonspolizei Basel-Stadt vom 30. Juli 2008 beziehe, wonach der Lenker angeblich nach links in die Bachlettenstrasse abgebogen sei. Erst im Anschluss an die Richtigstellung durch die Kantonspolizei vom 30. Juli 2008, dass das Abbiegen nach rechts erfolgt sei, habe er die Situation zutreffend darlegen können. Seine Ausführungen seien kohärent und glaubwürdig (Beschwerde S. 5). Die Vorinstanz hätte im Zweifel davon ausgehen müssen, er sei während der Grünphase in den Kreuzungsbereich eingefahren und habe dort anhalten müssen, da er nicht nach rechts habe abbiegen können (Beschwerde S. 8). 
Die Vorinstanz stützt sich bei der Beweiswürdigung hauptsächlich auf die Radarbilder, was nicht zu beanstanden ist. Im Übrigen würde sich am Ergebnis nichts ändern, wenn man der Darstellung des Beschwerdeführers folgte (vgl. oben E. 3.3). Der Beschwerdeführer vermag somit nicht darzutun, dass und inwiefern die Beweiswürdigung unhaltbar im Sinne der Rechtsprechung sein soll. 
 
4. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
5. 
Mit dem Entscheid in der Sache ist das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos geworden. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 15. Juli 2010 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Favre Häne