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«AZA 7» 
U 358/99 Vr 
 
II. Kammer 
Bundesrichter Meyer, Ferrari und nebenamtlicher Richter Maeschi; Gerichtsschreiber Maillard 
 
 
Urteil vom 15. September 2000 
 
in Sachen 
D.________, 1962, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Nikolaus Tamm, Spalenberg 20, Basel, 
 
gegen 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Luzern, Beschwerdegegnerin, 
und 
Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Liestal 
 
 
In Erwägung, 
 
dass D.________ (geb. 1962), seit 1. Juni 1994 Depositär der Firma X.________ AG, laut Unfallmeldung vom 21. September 1994 beim Liefern der Firma X.________ ausgerutscht und hingefallen war, 
dass die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), nach Beizug eines Arztzeugnisses UVG vom 28. September 1994, worin Dr. B.________, Chiropraktor, je ein posttraumatisches Lumbal- und Cerviko-Thorakalsyndrom diagnostizierte, den Fall vorerst übernahm, Krankenpflegeleistungen erbrachte und Taggelder auf der Grundlage einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit ausrichtete, 
dass die SUVA, auf Vorschlag ihres Kreisarztes in Basel, Dr. med. S.________, vom 20. Dezember 1994, welcher von einer "Traumatisierung eines pathologischen Vorzustandes mit erheblicher funktioneller Überlagerung" ausging, den Versicherten in die Rehabilitationsklinik Y.________ schickte, wo er sich vom 9. Januar bis 17. Februar 1995 aufhielt (Austrittsbericht vom 24. Februar 1995), 
dass gestützt darauf in der Folge einerseits rehabilitative Massnahmen medizinischer Natur (Muskeltraining in einem Fitnesszentrum unter physiotherapeutischer Anleitung) und Abklärungsschritte im Hinblick auf die berufliche Eingliederung durch die Invalidenversicherung (IV) eingeleitet wurden, letztes allerdings vorläufig ohne Erfolg, bezeichnete doch die IV-Stelle Basel-Landschaft den Versicherten als nicht eingliederungsfähig, nachdem dieser trotz intensiver Befragung an der Ansicht festhielt, es liessen sich keine beruflichen Massnahmen durchführen und er sei in sämtlichen aufgezeigten Umschulungsmöglichkeiten (Bürobereich, Autofahrlehrer, Carchauffeur, Hauswart, Magaziner, Wirt) arbeitsunfähig (Bericht der IV-Stelle vom 26. Juni 1995), 
dass Dr. med. S.________ den Versicherten am 8. August 1995 ein zweites Mal kreisärztlich untersuchte und den unfallbedingten Integritätsschaden auf "netto 7,5 %" schätzte, 
dass die SUVA am 23. August 1995 dem Versicherten mitteilte, sie betrachte ihn ab 1. September 1995 wieder zu 50 % arbeitsfähig, woran sie mit Schreiben vom 13. Mai 1996 festhielt, 
dass die SUVA am 18. Juli 1996 den Fallabschluss auf 30. September 1996 anordnete sowie die Zusprechung einer Invalidenrente und einer Integritätsentschädigung in Aussicht stellte, 
dass die SUVA bezüglich Rente und Integritätsentschädigung eine Kehrtwendung vollzog, indem Dr. med. S.________ in einer ärztlichen Beurteilung vom 28. Oktober 1996 darauf hinwies, die kreisärztliche Abschlussuntersuchung vom 8. August 1995 sei "in Unkenntnis eines ausführlichen rheumatologischen Gutachtens, welches durch die IV in Auftrag gegeben worden war", erfolgt, 
dass es sich hiebei um das Gutachten des Dr. med. M.________, Spezialarzt FMH für Rheumatologie, vom 23. November 1995 an die IV-Stelle handelt, worin ein grösserer struktureller Schaden an der Wirbelsäule klinisch und radiologisch ausgeschlossen wurde (keine Fraktur, keine segmentalen Wirbelinstabilitäten), was Dr. med. S.________ unter weiterer Berücksichtigung der erheblichen psychischen Überlagerung der Schmerzsituation zum Schluss führte, der Status quo sine sei erreicht, weswegen Entschädigung aus Unfall nicht geschuldet sei, 
dass die SUVA mit Verfügung vom 29. Oktober 1996 die bisherigen Leistungen auf Ende September 1996 einstellte und für die Zeit ab 1. Oktober 1996 Ansprüche auf Invalidenrente und Integritätsentschädigung ablehnte, 
dass die Anstalt die hiegegen eingereichte Einsprache abwies, soweit sie darauf eintrat (Entscheid vom 25. August 1997), nachdem sie das zuhanden der IV erstellte Gutachten des Zentrums für Medizinische Begutachtung (ZMB) vom 18. März 1997 zu den Akten genommen und der Versicherte seinerseits ein Privatgutachten des Dr. med. M.________, Facharzt FMH für Innere Medizin, speziell Rheumatologie, vom 17. Juli 1997 eingereicht hatte, 
dass das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft die hiegegen erhobene Beschwerde, nach Beizug einer ablehnenden Beschwerdeantwort der SUVA, mit Entscheid vom 5. Mai 1999 abwies, 
dass D.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen lässt mit dem Rechtsbegehren, es sei ihm, unter Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides, "mit Wirkung ab 1. September 1995 ein volles Taggeld und mit Wirkung ab 1. Oktober 1996 eine Rente auf der Basis eines Invaliditätsgrades von mindestens 50 % sowie eine Integritätsentschädigung, ausgehend von einer Integritätseinbusse von mindestens 20 %, zuzusprechen", 
dass die SUVA die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt, 
dass der Versicherte einen Kurzbericht von Dr. med. M.________ vom 10. Januar 2000 sowie zwei Untersuchungsberichte des PD Dr. med. N.________, Spezialarzt für Radiologie und Nuklearmedizin FMH, vom 17. Dezember 1997 zu den Akten gibt, 
dass das kantonale Gericht die zum gesetzlichen Leistungserfordernis der Unfallkausalität (Art. 6 Abs. 1 UVG) geltenden Grundsätze gemäss der Rechtsprechung in materiell- (BGE 122 V 415, 115 V 133) und beweisrechtlicher Hinsicht (BGE 122 V 157) zutreffend dargelegt hat, weshalb in rechtlicher Beziehung auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen wird, 
dass die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgetragenen Gründe eine Änderung der Rechtsprechung gemäss BGE 115 V 133 und seitherige Urteile nicht zu rechtfertigen vermögen, zumal, worauf die SUVA zutreffend hinweist, diese Praxis eben erst bestätigt worden ist (SVR 1999 UV Nr. 10 S. 31), 
dass die SUVA für die Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit sowie die integritätsmässigen und erwerblichen Folgen des Beschwerdebildes, soweit daran unstreitig psychische Faktoren beteiligt sind, mangels eines adäquaten Kausalzusammenhanges von vornherein keine Leistungspflicht trifft, handelt es sich bei dem vom Versicherten erlittenen Sturz auf den Rücken fraglos um einen leichten Unfall, andernfalls es nicht zu erklären wäre, dass er die Arbeit zunächst noch fortgesetzt und erst sechs Tage später, am 13. September 1994, Dr. B.________ zur chiropraktorischen Behandlung aufgesucht hatte, 
dass an dieser Qualifikation des Unfalles die Unfallbeschreibung des Versicherten ("Als ich ausrutschte und auf den Rücken stürzte, 'klöpfte' es richtiggehend in meinem Rücken.") nichts zu ändern vermag, wird doch damit nichts über das Unfallereignis, sondern allenfalls etwas über das Unfallerlebnis ausgesagt, was für die Adäquanzbeurteilung unmassgeblich ist, 
dass sich damit einzig noch die Frage stellt, ob der Unfall vom 7. September 1994 auf der organischen Ebene zu einer Richtung gebenden Verschlimmerung geführt hat, was gerade gestützt auf die Ausführungen des Privatgutachters Dr. med. M.________ zu verneinen ist, der u.a. dargelegt hatte: 
 
"Als schmerzunterhaltende Faktoren, welche fortge- 
setzte Schmerzreize setzen, lassen sich derzeit nur 
wieder die beschriebenen Fehlhaltungen sowie sämt- 
liche mechanischen Belastungen ansehen. Grössere 
Schädigungen der Wirbelsäule sind keine vorhanden. 
Dass jetzt relativ geringe Reize, die bei einem nor- 
malen Menschen anerkanntermassen keinen wesentlichen 
Schmerz verursachen, bei Herrn D.________ starke 
chronisch-rezidivierende Rückenschmerzen auslösen 
können, muss auf einer herabgesetzten Reizschwelle 
der schmerzleitenden Nervenfasern beruhen. Diese 
Annahme beruht auf experimentellen Daten, welche für 
einen solchen Mechanismus bei 
Schmerzchronifizierungen sprechen.", 
 
dass die Wirkung des Unfalles vom 7. September 1994 als einer auslösenden, am Anfang der protrahierten Schmerzentwicklung stehenden Ursache nicht bestritten werden kann, womit aber die Frage der Richtung gebenden Verschlimmerung, d.h. der anhaltenden Kausalität des Unfalles noch nicht entschieden ist, vielmehr diesbezüglich, d.h. in Bezug auf die "schmerzunterhaltenden Faktoren" von fehlender nachwirkender Unfallkausalität gesprochen werden muss, ist doch aus den gesamten medizinischen Akten keine einwandfrei feststellbare morphologische Schädigung oder funktionelle Einschränkung sichtbar, welche durch den Sturz auf den Rücken vom 7. September 1994 bewirkt worden wäre, 
dass indes diese Schlussfolgerung teilweise verunsichert wird durch die nachträglich eingereichten medizinischen Unterlagen, so zwar nicht durch die Ergebnisse der an der Klinik Z.________ im Rahmen eines Konsiliums mit PD Dr. med. G.________, Spezialarzt für Orthopädie FMH, angeordneten Zusatzuntersuchungen vom 13. Dezember 1999, welche "erhebliche spondylotische Veränderungen (und) erhebliche spondylarthrotische Veränderungen Th8/9 bis Th11/12 mit ossären Foraminalstenosen" ergeben hat, was keine unfallmässigen Befunde sind, so jedoch durch die im Schreiben vom 10. Januar 2000 geäusserte abschliessende Meinung des Dr. med. M.________, "dass die Entwicklung der Spondylarthrosen durch den Unfall eine Richtung gebende Verschlimmerung erfahren hat und der heutige Zustand ohne das Ereignis von 1994 nicht ohne Weiteres eingetreten wäre", weshalb diese Frage zumindest gutachtlich abgeklärt werden müsse, 
dass die Beschwerdegegnerin aufgefordert wurde, den Bericht des Dr. med. M.________ und die Ergebnisse der Computertomo- und skelettszintigraphischen Abklärungen vom 13. Dezember 1999 der medizinischen Abteilung zur fachärztlichen Stellungnahme zu unterbreiten, 
dass dem die SUVA durch Einreichung einer vom 27. Juni 2000 datierenden ärztlichen Beurteilung ihres Dr. med. E.________, Facharzt FMH für orthopädische Chirurgie, nachkam, 
dass dem Beschwerdeführer Gelegenheit eingeräumt wurde, sich zur Aktenergänzung zu äussern, woraufhin er eine Stellungnahme des Dr. med. M.________ vom 14. Juli 2000 ins Recht legte, worin sich der Arzt u.a. äusserte: 
 
"Ob Unfälle zu richtunggebender Verstärkung arthroti- 
scher Prozesse beitragen können, ist meines Wissens 
wissenschaftlich weder erwiesen noch widerlegt. Dass 
mechanische Faktoren, auch einmalige Ereignisse, eine 
ätiopathogenetische Rolle bei Arthrosen spielen kön- 
nen, gilt aber als wahrscheinlich. Eine radiologische 
Verlaufsdokumentation der Entwicklung der thorako- 
lumbalen Spondylarthrosen liegt leider nicht vor. Die 
knochenszintigraphische Aktivität im Bereich der 
unteren Brustwirbelsäule ist jedoch 1999 gegenüber 
1994 erhöht. Leider liegt auch hier keine Dokumenta- 
tion vor dem Ereignis vom September 1994 vor. Immer- 
hin bestehen mit den szintigraphischen Aufnahmen aber 
Hinweise auf eine Aktivierung von Spondylarthrosen, 
bei welcher ein grösserer mechanischer Stress durch- 
aus eine massgebliche Rolle hätte spielen können.", 
 
 
dass auf Grund dieser Darlegungen ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall vom 7. September 1994 und den (verstärkten) spondylarthrotischen Veränderungen weder bewiesen noch durch weitere Abklärungen beweisbar ist, hatte doch der Unfall, wie Dr. med. E.________ in der Stellungnahme vom 27. Juni 2000 im Einzelnen darlegte, Wirbelsäulenabschnitte ausserhalb des spondylarthrotisch veränderten unteren Brustwirbelsäulen-Bereiches betroffen, hinsichtlich dessen nur eine geringfügige Weichteilverletzung denkbar ist, 
dass angesichts dieser schwachen unfallmässigen Einwirkung auf die spondylarthrotisch veränderten Wirbelsäulenbereiche auch ein externer Administrativ- oder ein Gerichtsgutachter nicht in der Lage wäre, in Anbetracht der unstreitig vorbestehenden durchgemachten Scheuermannschen Krankheit (Kyphose), welche die Bildung spondylarthrotischer Veränderungen bewirken kann, einen andauernden natürlichen Kausalzusammenhang der unfallbedingten Beschwerden zu bestätigen, welche noch ab 1. September 1995 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit und eine Erwerbsunfähigkeit begründeten, 
 
erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungs- 
gericht des Kantons Basel-Landschaft und dem Bundesamt 
für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 15. September 2000 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Vorsitzende der II. Kammer: 
 
 
 
 
Der Gerichtsschreiber: